E-Book, Deutsch, Band 3, 241 Seiten
Bond Monsieur Pamplemousse und der tödliche Kampf gegen die Kilos
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-6311-1
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 3, 241 Seiten
Reihe: Ein kulinarischer Frankreich-Krimi
ISBN: 978-3-7325-6311-1
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Monsieur Pamplemousse und sein Bluthund Pommes Frites sind unermüdlich für Frankreichs berühmtesten Restaurantführer Le Guide tätig. Dort will man mit der Zeit gehen und auch Schlankheitsfarmen einer strengen Prüfung unterziehen. Pamplemousse soll eines dieser Etablissements selbst testen, da er in den Augen seines Chefs ohnehin ein paar Kilos zu viel mit sich herumschleppt. Obwohl die strenge Diät dem ehemaligen Kommissar arg zusetzt, findet er schon bald heraus, dass es im Kurbetrieb Château Morgue nicht mit rechten Dingen zugeht. Als immer mehr ältere wohlbetuchte Damen das Zeitliche segnen, beginnt er zu ermitteln ... Eine kulinarische Cosy-Krimi-Reihe für Fans des englischen Humors und der französischen Küche. Jetzt als eBook bei beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung. Dieser Krimi ist in einer früheren Ausgabe unter dem Titel 'Monsieur Pamplemousse blickt durch' erschienen. 'Pamplemousse und sein treuer Hund Pommes Frites sind ein wundervolles Ermittlerduo und ein Garant für einen heiteren Leseabend.' Publishers Weekly
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2. DER DOPPELGÄNGER
Nachdem Monsieur Pamplemousse in einem Abteil am Ende des Waggons seinen Koffer verstaut und Mantel und Hut oben auf der Gepäckablage untergebracht hatte, nahm er die dunkle Brille ab, sammelte seine letzten Kräfte und sah düster aus dem Fenster des Capitole, der sich langsam von den verlassenen Bahnsteigen des Gare d’Austerlitz löste und dann rasch sein Tempo beschleunigte. Der Tag hatte sich schlecht genug angelassen. Kaum waren sie aus dem Haus getreten, hatten die Schwierigkeiten begonnen, was Pommes Frites, der jetzt eingerollt auf dem Boden lag und entschlossen schien, den versäumten Schlaf zumindest teilweise nachzuholen, nur allzu bereitwillig bestätigt hätte, wäre er danach gefragt worden. Monsieur Pamplemousse hatte eigentlich die Hoffnung gehegt, sein »Zustand« werde ihm auf der Reise gewisse kleine Vorrechte einbringen, musste jedoch alsbald erkennen, wie trügerisch diese Hoffnung war. Die leidvolle Erfahrung, dass die Milch der frommen Denkungsart an diesem Tag recht früh sauer geworden war, machte er schon, als er in der Station Lamarck-Caulaincourt in einen vollbesetzten Zug der Pariser métro steigen wollte. Das Gezische und Gemecker, das sich von allen Seiten erhob, als er sich zu den Sitzen durchzukämpfen versuchte, die den mutilés de guerre, den femmes enceintes und sonstigen schutzbedürftigen Reisenden in absteigender Reihenfolge vorbehalten waren, musste man mit eigenen Ohren gehört haben, so unglaublich war es. Im Nu stand er wieder draußen auf dem Bahnsteig, die Brille saß schief auf seiner Nase, und der Koffer drohte an den Nähten auseinanderzuplatzen. Und hätte er nicht seinen Stock mehrmals schnell und gezielt eingesetzt, so wäre zumindest Pommes Frites der Schwanz eingeklemmt worden, als die Türen hinter ihnen zukrachten und der Zug anfuhr. Gerade als ihnen der Zug davonbrauste, trat ein Pendler – einer von der hilfsbereiteren Sorte – auf den Bahnsteig und eilte in Verkennung der Situation herbei, um ihnen den Weg zu dem wartenden Fahrstuhl zu weisen. Seine guten Umgangsformen verboten es Monsieur Pamplemousse, diese menschliche Geste zurückzuweisen, und so gestattete er seinem unbekannten Wohltäter, ihn in den Fahrstuhl zu geleiten, wobei er im Hintergrund Ankunft und Abfahrt des nächsten Zuges wahrnehmen musste. Beim Verlassen des Fahrstuhls war er mit einem ehemaligen Kollegen von der Sûreté zusammengestoßen. Dem Mann stand die Empörung und Verachtung deutlich ins Gesicht geschrieben, als er eines Monsieur Pamplemousse ansichtig wurde, der seine dunkle Brille abnahm, um sich zu orientieren. Inzwischen hatte die Nachricht gewiss in allen Polizeirevieren, wahrscheinlich sogar bis zum Quai des Orfèvres die Runde gemacht: »Der alte Pamplemousse ist völlig am Boden. Jetzt spielt er schon den ›Blinden in der métro‹. Es muss ihm wirklich schlecht gehen. Zuerst die Folies-Bergère und jetzt das. Eindeutig ein œuf mauvais, ein faules Ei.« Der Ausblick aus dem Fenster des Capitole, den er dann endlich doch erreicht hatte, war ganz in Grau getaucht. Die Seine, die einige Male kurz vor seinen Augen vorbeizog, sah dunkel und abweisend aus. Weiter vorn blinzelten die Lichter anonymer Büroblocks durch den Nebel und winkten den langsam herbeitröpfelnden Frühaufstehern, die sich beeilten, dem morgendlichen Gedränge zuvorzukommen. Als draußen vor dem Fenster die Seine die Marne in sich aufnahm und dann aus seinem Blickfeld verschwand, war er plötzlich froh, nach Süden zu fahren und der Hektik der Hauptstadt zu entkommen. Er verspürte eine innere Wärme, die ebenso gut von der Spannung einer Reise ins Unbekannte wie von dem ungewohnten Frühsport herrühren mochte. Dieses Gefühl verstärkte sich noch, als fast unmittelbar darauf die Einladung zum Frühstück im Speisewagen aus dem Lautsprecher ertönte. Zum Teufel mit dem Direktor und seinen Anweisungen! Mit einem dezenten Stups weckte er Pommes Frites und setzte sich in Bewegung. Falls andere Fahrgäste seine Gefühle teilten, gäbe es bald einen Ansturm auf die Tische. Wäre nur Ananas nicht im selben Zug gewesen! Aber es kam noch schlimmer: Er saß sogar im selben Waggon. Ein harter Schlag für Monsieur Pamplemousse, so, als streute man ihm noch Salz in die Wunde. Wieder einmal ereignete sich einer jener bizarren Zufälle, auf die er gerne verzichtet hätte. Seine Geheimdiensterfahrung lehrte ihn, dass fast jeder Mensch irgendwo auf der Welt einen Doppelgänger hatte, dessen Wege er jedoch nur selten kreuzte – und auch dann ging man vermutlich ahnungslos auf der Straße aneinander vorüber und war sich höchstens eines seltsamen Déjà-vu-Gefühls bewusst. Monsieur Pamplemousse hatte das besondere Pech, einen Doppelgänger zu haben, dessen Gesicht ständig in der Öffentlichkeit zu sehen war und überlebensgroß auf Plakatwänden kreuz und quer durch Frankreich prangte, was ihn in seinen Augen – ungeachtet der damit verbundenen Selbstkritik – nicht eben sympathisch machte. Als er den Korridor entlang dem Speisewagen zustrebte, spähte er kurz in das Abteil, in dem Ananas Hof hielt. Sein Doppelgänger hatte sich so in Pose gesetzt, dass niemand vorbeigehen konnte, ohne sein Profil zu sehen, und war ins Gespräch mit einem Mann von höchst unerfreulichem Äußeren vertieft. Insgeheim traute Monsieur Pamplemousse dem Begleiter von Ananas noch zweifelhaftere Neigungen zu als seinem Herrn und Meister, und das wollte etwas heißen. Wenn Ananas in Monsieur Pamplemousse sein Spiegelbild erkannte, so ließ er sich jedenfalls nichts anmerken, zudem waren für ihn gewiss auch nicht dieselben Probleme damit verbunden. Gelegentlich konnte schon das Essen in einem Restaurant für Monsieur Pamplemousse zur Tortur werden, wenn er ständig allen möglichen Gästen, die sich nicht einigen konnten, ob sie nun den Echten vor sich hatten oder nicht, zu verstehen geben musste, dass er eben nicht der sei, für den man ihn hielt. Croissants, Toast, confiture und café wurden in Windeseile serviert, und als sie Brétigny durchfuhren, nippte Monsieur Pamplemousse bereits an einem Glas Orangensaft und fühlte sich wieder wohler. Träge überlegte er, wohin Ananas zu dieser Jahreszeit wohl fahren mochte. Es war durchaus denkbar, dass seine Fernsehshow gerade eine Zeit lang Pause hatte. Ananas war überaus gewitzt und raffiniert, und es stand zu viel auf dem Spiel für ihn, als dass er seinen Platz einem Ersatzmann abgetreten hätte. Mochten die Zuschauer ihn derzeit noch so bejubeln, sie waren ein wankelmütiges Volk, und Ananas kannte gewiss das doppelte Risiko, das ein Stellvertreter mit sich brachte. Dieser konnte ihn durchaus um die Gunst des Publikums bringen, indem er entweder wesentlich besser oder wesentlich schlechter war. Beides hätte fatale Konsequenzen für die eigene Popularität. Vor einigen Jahren war Ananas als Onkel Hubert im Kinderprogramm aufgetaucht. Onkel Hubert verstand sich ausgezeichnet auf kleine Kinder, ganz besonders – wie sich später herausstellen sollte – auf kleine Mädchen. Den zahlreichen Ananas-Fanclubs hätte Monsieur Pamplemousse über ihren Star so einiges erzählen können. Es hatte fast einen Skandal gegeben, und wäre die Wahrheit tatsächlich ans Licht gekommen, so hätte die Karriere des Fernsehonkels angesichts der damals herrschenden größeren Sittenstrenge wohl ein jähes Ende gefunden. Offenbar hatte aber jemand in den höchsten Kreisen seine Hand schützend über Onkel Hubert gehalten, denn dieser verschwand unter dem Vorwand, durch die Arbeitsüberlastung einen Nervenzusammenbruch erlitten zu haben, lediglich eine Zeit lang von der Bildfläche. Später tauchte er unter seinem neuen Namen im Nachmittagsprogramm als Gastgeber eines höchst infantilen Quizspiels wieder auf, das beim Publikum seltsamerweise enorm einschlug. Die Einschaltquoten schossen in kurzer Zeit in die Höhe und mit ihnen stieg auch Ananas’ Popularität: Fortan trat er zweimal wöchentlich zur besten Sendezeit im Abendprogramm auf. Seine Vergangenheit hatte er einfach abgelegt. Fast über Nacht wurde er zum gefeierten ›Fernsehstar‹ – jenem seltsamen Produkt des zwanzigsten Jahrhunderts, dem die Öffentlichkeit in gewichtigen Belangen Gehör schenkt. Vermutlich nahm Ananas sich seither sehr in Acht, keinen neuen Skandal heraufzubeschwören. Um 8:25 Uhr befanden sie sich bereits nördlich von Orléans, am Anfang jener etwa fünfundzwanzig Kilometer langen einschienigen Trasse aus Beton, die früher einmal die Teststrecke für einen geplanten Luftkissenzug gewesen war. Inzwischen lugte die Sonne durch die Wolkendecke, und Monsieur Pamplemousse’ Laune besserte sich zusehends. Selbst der Anblick seines Doppelgängers, der sich ebenfalls an einem Tisch des Speisewagens niedergelassen hatte, konnte seiner Stimmung keinen Abbruch tun. Ananas, der sich gern gebärdete, als wäre er von königlichem Geblüt, fand es unter seiner Würde, sich die Finger mit Geld zu beschmutzen, und wenn es ausnahmsweise einmal nicht zu vermeiden war, ließ er...