Both | Drei Küsse zum Dinner | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: Freche Mädchen - freche Bücher

Both Drei Küsse zum Dinner

aus der Reihe Freche Mädchen – freche Bücher!
11001. Auflage 2011
ISBN: 978-3-522-65137-0
Verlag: Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

aus der Reihe Freche Mädchen – freche Bücher!

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: Freche Mädchen - freche Bücher

ISBN: 978-3-522-65137-0
Verlag: Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nougatpralinen und Linzer Torte oder vielleicht doch lieber Lachs-Crêpe-Röllchen mit Meerrettichsahne? Womit könnte Romi wohl Pascals Herz erobern? Sie kocht für ihr Leben gern und natürlich auch für die Liebe. Aber wenn sich Pascal nicht allein mit gutem Essen ködern lässt, hilft vielleicht auch ein dreiwöchiges Fastencamp, um sich den Traumprinzen zu schnappen. Reihe 'Freche Mädchen - freche Bücher!'

Sabine Both, Jahrgang 1970, lebt und arbeitet als freie Autorin in Neuss. Eine rabaukige Kindheit, eine rebellische Pubertät und ein paar turbulente Jahre als Sozialarbeiterin haben genügend Stoff für jede Menge frecher Bücher angehäuft. Wenn Sabine Both gerade nicht mit ihren Zwillingen spielt, beackert sie ihren Garten und kocht für ihre Freunde.
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Mousse au Chocolat


Als ich wieder das Esszimmer betrete, geht ein Raunen durch den Raum. Mir gilt es nicht, denn von mir ist nicht viel zu sehen. Nicht die verschwitzt an der Stirn klebenden Haare. Nicht die dicken Schokoladenflecken auf der Schürze. Nicht mal das Strahlen, das auf meinem Gesicht liegt. Zu sehen ist nur ein grandioses Funkeln, weil ich kurz zuvor das Licht gelöscht habe und drei besonders lange Wunderkerzen um die Wette brennen. 

So ist es mir am liebsten. Der Star des Abends soll, angekündigt von einem Thunfisch-Carpaccio mit Fenchelcreme und der herrlich knusprig gebratenen, innen leicht rosa belassenen Ente à la Romi, die Mousse au Chocolat sein. Wie in Sternenlicht getaucht, lasse ich sie auf meinen Händen in den Raum schweben, wo sie sofort ihren betörenden Duft verbreitet. Eine Ahnung von Mandeln, Zimt und etwas, das ganz sicher keiner am Tisch erschmecken kann. Meine Geheimzutat. So einfach und doch so schwer herauszufinden. 

Ich kann mir das Rätselraten später schon vorstellen. Tante Louise wird wie immer auf etwas Orientalisches tippen und dafür von Onkel Mathias hochgezogene Augenbrauen ernten, weil Tante Louise dieses von ihm ungeteiltes Faible für alles Ägyptische hat, besonders für ägyptische Tauchlehrer. Oma und Opa werden es bei erstaunten Ohs und Ahs belassen. Und Papa wird schließlich auf den Tisch hauen, »Ich habs!« rufen und wie immer voll daneben liegen. Auch wenn sein Ehrgeiz der größte ist, Papas Zunge ist von allen die unbegabteste. 

Durch die Wunderkerzenfunken hindurch lasse ich meine Augen über die erwartungsvollen Gesichter gleiten. Tante Louise bekommt eine ganz passable Sahnetorte hin, Onkel Mathias nennt sich selbst Grillkönig, weil er jedes Fleisch in ein und derselben Spezialgewürzmischung mariniert, Oma ist nicht schlecht im Einmachen von Gurken und Opa versteht sich auf das Brennen von Wacholderschnaps – den durfte ich allerdings noch nie probieren, weil ich für jede Art von Alkohol, wenn er nicht gerade einen Coq au Vin verfeinert oder für eine Zabaione unerlässlich ist, noch zu jung bin. 

Aber alle Spezialitäten, auf die meine Verwandten sich verstehen, sind von Generation zu Generation weitergegebenen Rezepten zu verdanken. Aus dem Bauch heraus koche nur ich. Und darum enden meine Gedanken auch heute wieder bei dem Foto auf der Anrichte. Ich bin mir sicher, dass ich meine feine Zunge von der zierlichen blonden Frau mit der Wespentaille geerbt habe. Wenn schon sonst nichts, dann wenigstens das. 

»Der Mann, der dich mal kriegt, der kann sich glücklich schätzen«, sagt Papa zufrieden.

Tante Louise leckt den blitzblanken Löffel ab, als hinge noch ein Rest Aroma daran. »Wenn du das dem, wie heißt der noch, vorkochst, dann kriegst du bestimmt mehr Lohn!«

»Ich werde da keinen Lohn bekommen«, erkläre ich Tante Louise. »Das wird ein Praktikum, da bekommt man kein Geld.«

»Der, wie heißt der doch gleich«, fügt Papa an, »nimmt normalerweise gar keine Praktikanten in seiner Küche. Er hat Romi nur deswegen angenommen, weil sie so ein tolles Bewerbungsschreiben, oder besser gesagt, so ein tolles Bewerbungspaket, geschickt hat.«

»Was denn?«

»Sie hat ihm eine Auswahl ihrer besten kalten Speisen ins Restaurant gebracht«, sagt Papa stolz. »Und der, der Dings, der hat tatsächlich probiert und war sehr angetan von dem jungen Talent!«

»Der Dings, wie heißt der noch mal, der heißt André Soubrié«, werfe ich ein, »und sein Restaurant hat schon seit Jahren zwei Michelin-Sterne.«

»Und was machste dann da?«, fragt Onkel Mathias. 

»Ich darf bei allem zusehen«, erzähle ich und merke, wie ich vor lauter Vorfreude ganz heiße Wangen bekomme. »Und ich darf beiarbeiten, spülen, Gemüse schneiden, den Boden wischen.«

»Und das willste freiwillig in deinen Ferien machen?« Onkel Mathias schüttelt verständnislos den Kopf. 

»Ja!«, sage ich aus tiefstem Herzen. »Es gibt nichts, was ich in den Ferien lieber machen möchte als das.«

Tante Louise hat sich mittlerweile darangemacht, ihr blitzsauber ausgelöffeltes Schälchen mit der Fingerspitze auszuputzen. »Und jetzt mal raus mit der Sprache, was ist alles drin in deinem Nachtisch?«

Darauf habe ich gewartet. Ich atme tief durch und räuspere mich. Über das Menü zu sprechen, ist mindestens genauso gut, wie es zu planen, zu kochen und zu verzehren. 

»Sahne. Viel Sahne«, fange ich an und Tante Louise greift sich mit einem Seufzen an die knochige Hüfte, was so viel heißen soll wie: Das Kind ruiniert noch meine Figur! Und auf ihre Figur ist Tante Louise besonders stolz, weil auch der ägyptische Tauchlehrer gesagt hat, für ihr Alter wäre sie noch ziemlich gut in Schuss. Sie weiß ja nicht, dass Onkel Mathias nach mindestens vier Verdauungsschnäpsen, wenn Tante Louise aufs Klo geht, sagt, dass es sich anfühlt wie mit einem Knorpelfisch. 

Es. Ich habe nicht nachgefragt, aber ich kann mir schon denken, was Onkel Mathias damit meint. Es mit einem Knorpelfisch machen. Da fällt mir eine Menge ein, was man stattdessen mit einem Knorpelfisch tun sollte. Etwa Knorpelfisch in Limettensoße baden. Oder Knorpelfisch zusammen mit Gemüse und Küchenkräutern in Alufolie dünsten.

»… und eine besondere Schokolade ist drin. Die habe ich im belgischen Supermarkt gefunden«, berichte ich weiter. 

»Da hast du dich durch alle Sorten durchprobiert, was?«, fragt Onkel Mathias und erntet allgemeines Grinsen. 

Ich zucke nur mit den Schultern. Leute, die quadratisch praktisch gut nicht von der zartesten Versuchung unterscheiden können, haben von den feinen Nuancen im Schmelz und im Kakaogehalt verschiedener Schokoladensorten nun mal keine Ahnung. 

Während ich weiter die Zutaten der Mousse aufzähle, kann ich jede einzelne noch einmal auf der Zunge schmecken, nachfühlen, wie sie sich miteinander verbinden und am Ende eine ausgewogene Komposition ergeben. »Mandelöl und Puderzucker im gleichen Verhältnis mit Honig, Lavendelblütenhonig aus der Provence. Zehn Eier, das Eiweiß steif geschlagen, das Eigelb im Wasserbad aufgeschäumt mit einer Prise Kardamom und einer Prise Zimt. Und dann noch eine Sache, die ich nicht verrate.«

»Och«, macht Tante Louise. »Sag doch mal. Immer diese Geheimniskrämerei.«

Aber ich bleibe eisern. Eine Köchin muss ihre Geheimnisse haben. Das gewisse Etwas sollte stets eine offene Frage bleiben, an die sich die Zunge wehmütig erinnert. Nur wer es aus eigenen Stücken herausfinden kann, hat die Chance, den Kern des Gerichts zu erfassen. Genauso, da bin ich mir sicher, verhält es sich auch mit dem Kern eines Menschen.

»Jaja, sie war eine wunderbare Frau«, seufzt Papa, lässt sich von Opa noch mal das Schnapsglas nachfüllen und stößt zum x-ten Mal mit allen an. So läuft das jedes Mal, wenn ich drei Gänge gekocht habe. »Es muss schließlich verdaut werden«, sagt Opa immer nach dem Nachtisch und holt die Flasche aus dem Kühlfach. Und dann wird angestoßen. Das erste Mal noch auf die Köchin. Das zweite Mal auf die Familie. Und spätestens der dritte Schnaps geht auf Ehefrau, Schwiegertochter, Schwester, Schwägerin und, wenn ich mit einer Apfelschorle anstoße, auch auf die Mutter. Alles in einer Person. Elvira, die das Schauspiel wie immer mit einem milden Lächeln von der Anrichte aus beobachtet. 

»Zu schade, dass du nicht bei uns sein kannst, Elvira!«, prostet Onkel Mathias zur Zimmerdecke. 

»Viel zu früh bist du von uns gegangen, Kind«, hängt sich Opa dran. »Nicht mal dein Töchterchen hast du gesehen!«

Und dann prosten sie um die Wette und zählen dabei eine wundervolle Eigenschaft von Elvira nach der anderen auf und setzen Stein um Stein an das perfekte Mama-Mosaik, das ich mir, seit ich denken kann, im Kopf zusammengebaut habe. 

Schließlich ist es wie immer Oma, die die Schnapsflasche vom Tisch nimmt und mit strengem Blick das Ende des Abends einläutet. 

»Abräumen und abwaschen tun wir«, entscheidet sie. »Das Kind muss ins Bett. Morgen ist schließlich Schule.«

Wie ein unerwarteter Blitzschlag aus heiterem Himmel fährt es mir durch den Magen. Schule?! Die habe ich über das Wochenende völlig vergessen! Mit Pfannen und Töpfen hantierend, die Nase in köstlichen Dampfschwaden, verschwindet einfach alles um mich herum, sodass ich mich nicht länger wie eine Schülerin der achten Klasse am Gymnasium, sondern wie eine Sterneköchin im eigenen hochgepriesenen Restaurant fühle. So sehr haben sich meine Gedanken beim Reduzieren von Soßen und Blanchieren von Gemüse mit dem Entwurf der Menükarte und dem Kreieren neuer Gerichte beschäftigt, dass ich die Hausaufgaben völlig vergessen habe. 

»Mist!«, sage ich noch einmal, als ich die Zimmertür hinter mir schließe und die Schultasche nach einem Zettel, auf dem ich hoffentlich notiert habe, was zu tun ist, durchsuche. 

So habe ich mir den Ausklang des Abends nun wirklich nicht vorgestellt. Eigentlich wollte ich noch duschen, um die Küchendünste abzuwaschen, mich wie ein unbeschriebenes Blatt ins Bett zu legen und an die Sommerferien zu denken. An sechs Wochen im Land meiner Träume. André Soubriés Küche. 

Ich habe sie schon so oft in Zeitschriften gesehen. Ein blitzblank gescheuertes Eldorado aus Edelstahl. Ein unüberblickbares Gewusel von Köchen. Ein Gardemanager, ein Entremetier, ein Sous-Chef, jede Menge Beiköche und Lehrköche. Über allem wacht mit Strenge und Genialität André Soubrié, der keinen Soßenkleks auf dem Tellerrand billigt und berühmt ist für seine hundert Variationen vom Petersfisch. Und mitten drin ich, in einer strahlend weißen Kochuniform, mit aufgerissenen...


Schössow, Birgit
Birgit Schössow wurde 1963 in Hamburg geboren. Sie gestaltet die Cover der Frechen-Mädchen-Bücher. Außerdem macht sie Bilderbücher, Presseillustrationen und Trickfilme. Begonnen hat Birgit Schössow damit schon als Kind. Eigentlich malt und zeichnet die ganze Familie. Und weil es zu Hause einfach alles gab, mit dem man zeichnen, malen und basteln konnte, hat sie als kleines Mädchen vieles ausprobiert. Ein Vorbild war Peter, ihr Bruder. Und weil sie, wie er auch, Illustratorin werden wollte, besuchte sie nach dem Abitur die Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg. Heute lebt sie in einem Häuschen in der Nähe der Ostsee.

Both, Sabine
Sabine Both, Jahrgang 1970, lebt und arbeitet als freie Autorin in Neuss. Eine rabaukige Kindheit, eine rebellische Pubertät und ein paar turbulente Jahre als Sozialarbeiterin haben genügend Stoff für jede Menge frecher Bücher angehäuft. Wenn Sabine Both gerade nicht mit ihren Zwillingen spielt, beackert sie ihren Garten und kocht für ihre Freunde.



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