Buch, Deutsch, 172 Seiten, KART, Format (B × H): 135 mm x 195 mm, Gewicht: 214 g
Buch, Deutsch, 172 Seiten, KART, Format (B × H): 135 mm x 195 mm, Gewicht: 214 g
Reihe: Ubuntu - Außenseiterthemen, die alle angehen
ISBN: 978-3-95667-302-3
Verlag: Verlag 3.0
Menschen fliehen nach Deutschland. Um sich vor Not, Verfolgung und Todesgefahr in Sicherheit zu bringen, nehmen sie unendliche Mühen und lebensgefährliche Wege auf sich. Nicht alle schaffen es. Aber die, die angekommen sind, werden sie auch „angenommen“?
Andere wurden hier geboren, leben nach gelungener Flucht schon seit vielen Jahren in Deutschland oder wurden irgendwann einmal als Arbeitsimmigrant*innen angeworben.
Dennoch werden sie oft als die „Anderen“, die Fremden gesehen. Weil sie von Migrant*innen abstammen, weil sie Schwarz sind oder weil sie ein Kopftuch tragen.
Sie alle verbindet, dass sie oft nicht als Gleiche unter Gleichen akzeptiert werden.
Zielgruppe
Eine Anthologie zum Thema "Die Anderen sind immer diejenigen, die wir selbst gerade nicht sind."
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
INHALTSVERZEICHNIS
Karl Valentin – Lehrstunde
Maria Braig – Vorab
Astrid North – Ein Vorwort
1. Teil – ANGEKOMMEN
Salam Ibrahim – Ich brach auf zu einer Reise
Adem Othman – Der Buchstabe H
Salam Ibrahim – Ich komme aus einem wunderbaren Land
Safak Saricicek – Rohrschach – oder: Warum Seyit Mineralwasser mag
Salam Ibrahim – Im Garten Eden
Malik Tanga – Abandonné (ein Drehbuch)
Salam Ibrahim – Sehnsucht
anonym – Hello Deutschland
Rayaan Mahfouz – Krieg
2. Teil – ANGENOMMEN
Ali Gharagozlou – Ich bin jetzt Deutscher
Samira – Hijab und Beruf
Lynn Pham – Da drinnen macht ein blonder Typ mit einer Asiatin rum
Marina Maggio – Sie sprechen aber gut Deutsch
Sally Mangalathu Arumana – Die Anderen Deutschen
Veia Mohr – Warum kann ich nicht deutsch sein?
Akampita Steiner – Eine Andere Deutsche
Akampita Steiner – Meine Heimat
Emine Elemenler – Titellos
Silvia Hosch – Muslimin werden in Deutschland – eine Entdeckungsreise
Marina Maggio – Zwei-Welten-Kind
Warum kann ich nicht deutsch sein?
von Veia Mohr
Ich kann es nicht mehr hören: Ich sei nicht deutsch. Ich würde nie eine Deutsche sein.
Das sagt mein Vater ständig und zerstört jedes Mal meinen Traum davon, eine richtige Identität zu haben und hierher zu gehören, hierher nach Deutschland. Ich sei jugoslawisch, nein halb ungarisch, halb kroatisch, nein Moment, was denn nun? Er kann es mir nicht sagen. Er spricht immer nur von Heimat. Welche Heimat? Ein Ort, den ich alle zwei Jahre besuche, nur weil dort Verwandte wohnen, denen ich im Grunde ja vollkommen egal bin? Heimat, dachte ich, ist doch der Ort, an dem man geboren und aufgewachsen ist, an dem man sich zu Hause fühlt. Deutschland ist mein Zuhause. Wieso bin ich nicht deutsch? Mache ich etwas falsch? Ich verhalte mich doch genauso. Mein Vater will das nicht. Er will nicht, dass ich deutsch bin. Der Antrag auf Einbürgerung kratzt wohl auch an seiner Sehnsucht nach Heimat. Er selbst hat immer gesagt, er habe unten nichts mehr. Er ist damals nach Deutschland gekommen, um neu anzufangen. Vielleicht hat sein Herz nicht neu angefangen. Vielleicht ist er heimatlos geworden, weil er nirgends mehr dazugehört. Nie vollkommen angepasst, nie vollkommen losgelassen. Die Unsicherheit treibt ihn vielleicht immer wieder zurück zu seinem Ursprungsort, schwemmt die vergangenen Werte und Gefühle an.
Doch ich stehe hier, standfest, weiß, wo ich dazugehöre. Die deutsche Gesellschaft ist meine, alles andere wäre falsch. Warum also muss er mich bestrafen? Warum muss auch ich zwischen zwei Welten gefangen sein, wenn ich mich mit Leichtigkeit für die eine Richtige entscheiden könnte? Warum kann ich nicht ich sein? Warum kann ich nicht deutsch sein?