E-Book, Deutsch, Band 8, 241 Seiten
Reihe: Die Katze, die ...
Braun Die Katze, die Leim schnüffelte - Band 8
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95824-827-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die Bestseller-Serie
E-Book, Deutsch, Band 8, 241 Seiten
Reihe: Die Katze, die ...
ISBN: 978-3-95824-827-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lilian Jackson Braun (1913-2011) wurde in Massachusetts geboren. Nach der Highschool arbeitete sie als Journalistin und in der Werbebranche, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihre Katzenkrimis wurden in 16 Sprachen übersetzt und standen regelmäßig auf der 'New York Times'-Bestsellerliste. Bei dotbooks erscheinen alle Bände von Lilian Jackson Brauns Erfolgsserie: »Die Katze, die rückwärts lesen konnte«, »Die Katze, die in den Ohrensessel biss«, »Die Katze, die das Licht löschte«, »Die Katze, die rot sah«, »Die Katze, die Brahms spielte«, »Die Katze, die die Postbote spielte«, »Die Katze, die Shakespeare kannte«, »Die Katze, die Leim schnüffelte«, »Die Katze, die Lippenstift liebte«, »Die Katze, die Geister beschwor«, »Die Katze, die hoch hinaus wollte«, »Die Katze, die einen Kardinal kannte«, »Die Katze, die Berge versetzte«, »Die Katze, die rosa Pillen nahm«, »Die Katze, die im Schrank verschwand«, »Die Katze, die Domino spielte«, »Katze, die Alarm schlug«, »Die Katze, die für Käse schwärmte«, »Die Katze, die den Dieb vertrieb«, »Die Katze, die Gesang studierte«, »Die Katze, die Sterne sah«, »Die Katze, die die Bank ausraubte«, »Die Katze, die den Braten roch«, »Die Katze, die ins Schwimmen kam«, »Die Katze, die Applaus bekam«, »Die Katze, die dem Truthahn lauschte«, »Die Katze, die Bananen stahl«, »Die Katze, die vom Himmel fiel«, »Die Katze, die Gedanken las« und »Die Katze, die zuletzt lachte«
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Erster Akt
Erste Szene
Ort: Eine Junggesellenwohnung in Pickax City
Zeit: Ein früher Morgen Ende Mai
Personen:
JIM QWILLERAN, vormals Journalist, jetzt Erbe des Klingenschoen-Vermögens – ein kräftiger Mann von etwa fünfzig Jahren mit ergrauendem Haar, buschigem Schnauzbart und traurigem Gesichtsausdruck
KAO K'O KUNG, ein Siamkater, allgemein Koko genannt
YUM YUM, ebenfalls eine Siamkatze – Kokos ständige Begleiterin
ANDREW BRODIE, Polizeichef von Pickax
Das Telefon läutete zu früher Stunde, und Qwilleran tastete blind auf seinem Nachttisch herum. Nur halb wach, krächzte er heiser. »Hallo« und hörte eine gebieterische Stimme, die sagte: »Ich möchte mit Ihnen sprechen!«
Die Stimme war ihm bekannt, doch der Tonfall war beunruhigend. Es war Andrew Brodie, der Polizeichef von Pickax, und er klang streng und anklagend.
Vor seiner ersten Tasse Kaffee war Qwilleran immer ziemlich benommen. Mühsam suchte er in seinem Kopf nach einer Erklärung. Hatte er ein kanadisches Fünf-Cent-Stück in die Parkuhr gesteckt? Das Kerngehäuse eines Apfels aus dem Autofenster geworfen? Weniger als hundertfünfzig Meter von einem Krankenhaus entfernt gehupt?
»Haben Sie mich gehört? Ich möchte mit Ihnen sprechen!« Brodie klang jetzt nicht mehr so schroff wie vorher.
Langsam begann sich Qwilleran zurechtzufinden, und er erkannte die rauhe Art von Humor, die unter erwachsenen Männern in Moose County als freundschaftlicher Umgangston galt. »Okay, Brodie«, sagte er. »Muß ich jetzt auf die Polizeistation kommen und mich ergeben? Oder wollen Sie lieber den Streifenwagen mit Handschellen herschicken?«
»Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich bin gleich bei Ihnen«, sagte der Polizeichef. »Es geht um Ihre Katze.« Und er legte auf.
Wieder gingen Qwilleran die verschiedensten Möglichkeiten durch den Kopf. Hatten sich die Katzen etwa der Ruhestörung schuldig gemacht? Sie waren reine Wohnungskatzen, doch der Kater konnte überaus lautstark heulen, und um das Kreischen des Weibchens nachzumachen, hätte man einen Synthesizer gebraucht. An einem windstillen Tag bei offenen Fenstern waren beide etliche Häuserblocks weit zu hören. Es war Ende Mai, und die Fenster waren geöffnet, um die süß duftende, erfrischende Brise hereinzulassen, für die Moose County berühmt war – süß duftend und erfrischend, solange sie nicht aus der Richtung der Kilcally-Milchfarm wehte.
Hastig sprang Qwilleran in Hemd und Hose, fuhr sich mit einem feuchten Kamm durch die Haare, sammelte die Zeitungen auf, die auf dem Fußboden herumlagen, und warf die Tür zum Schlafzimmer mit seinem ungemachten Bett zu. Als er dann aus dem Fenster blickte, bog Brodies Polizeiwagen gerade in die Auffahrt ein.
Qwilleran lebte in einer Wohnung über einer Garage für vier Autos: dem ehemaligen Kutscherhaus des Klingenschoen-Anwesens. Das Kutscherhaus befand sich im hinteren Teil des Grundstückes; das Herrenhaus selbst stand an der Main Street mit Blick auf den Park – es war ein riesiger Steinquader, der gerade zu einem Theater umgebaut wurde. Die ausgedehnten Rasenflächen waren brutal aufgerissen, da der Platz für Lastwagen, Holzstöße und eine provisorische Bauhütte benötigt wurde. Der Polizeiwagen fuhr geschickt um diese Hindernisse herum, und die Zimmerleute und Elektriker, von denen es auf dem Grundstück nur so wimmelte, winkten dem Polizeichef freundlich zu. Brodie war ein beliebter Gesetzeshüter, ein umgänglicher Schotte von hünenhafter Gestalt mit einem muskulösen Oberkörper und stämmigen Beinen, was perfekt zu dem Kilt, der schottischen Tellermütze und dem Dudelsack paßte, die er bei Paraden und Hochzeiten hervorholte.
Als Brodie zur Wohnung hinaufstieg, begrüßte ihn Qwilleran vom oberen Treppenabsatz.
Der Polizeichef murrte. Er beschwerte sich ständig über irgend etwas. »Die haben die Stufen zu steil und zu schmal gemacht, als sie dieses Haus gebaut haben. Für die Füße eines gestandenen Mannes viel zu klein.«
»Steigen Sie seitwärts herauf«, schlug Qwilleran vor.
»Was ist denn das da?« Brodie zeigte auf ein kreisförmiges, reichverziertes schmiedeeisernes Gebilde von etwa einem Meter Durchmesser, das am Ende der Treppe an der Wand lehnte. In der Mitte waren drei sprungbereite Katzen – aggressive Tiere – dargestellt: auf die Hinterbeine aufgerichtet und bereit zum Angriff.
»Das stammt vom Eingangstor zu einem dreihundert Jahre alten schottischen Schloß«, sagte Qwilleran voll Stolz. »Es ist nach dem Wappen der Mackintosh gearbeitet. Meine Mutter war eine Mackintosh.«
»Wo haben Sie es her?« An Brodies neiderfüllter Reaktion war zu erkennen, daß er alles dafür gegeben hätte, ein ähnliches Andenken an seinen eigenen Clan zu bekommen – das heißt, solange sich der Preis in vernünftigen Grenzen hielt; er war ein sparsamer Mensch.
»Aus einem Antiquitätengeschäft unten im Süden. Ich habe es in der Stadt gelassen, als ich nach Pickax heraufzog. Letzte Woche ließ ich es nachschicken.«
»Sieht schwer aus. Muß 'ne Stange Geld gekostet haben, der Transport.«
»Es wiegt zirka hundert Pfund. Ich würde es gerne irgendwie im Wohnzimmer unterbringen, aber ich weiß nicht, wie.«
»Fragen Sie meine Tochter. Sie hat viele tolle Ideen.«
»Machen Sie jetzt Werbung?« fragte Qwilleran. Francesca Brodie war Innenarchitektin.
Mit dem typisch großspurigen Auftreten des Dudelsackpfeifers stolzierte Brodie in das Wohnzimmer und sah sich nach Polizistenart rasch im Raum um, bevor er sich schwer in einen riesigen Klubsessel fallen ließ. »Eine gemütliche kleine Wohnung haben Sie da.«
»Francesca hat mir geholfen, sie einzurichten. Als ich vorne im Herrenhaus wohnte, erholte ich mich hier von dem übertriebenen Luxus. Doch als ich dann ganz hier einzog, wirkte es plötzlich recht karg. Wie gefällt Ihnen der Stoff an der Wand? Handgewebter schottischer Tweed.«
Der Polizeichef wandte sich um und betrachtete die Wandbespannung, die die Farbe und Oberflächenstruktur von Haferbrei hatte. »Ich wette, Sie haben ganz schön geblecht für dieses Zeug. Aber ich nehme an, Sie können es sich leisten.« Dann starrte er auf die Wand an der Schmalseite des Zimmers. »Sie haben viele Regale.«
»Francesca hat die Regalwand entworfen und von ihrem Tischler einbauen lassen. Ich sammle jetzt alte Bücher.«
»Bei Ihrem Vermögen sollten Sie neue Bücher kaufen.«
»Ich mag alte Bücher. Ich habe eine Gesamtausgabe von Dickens für zehn Dollar gekauft. Sie als sparsamer Schotte sollten das doch verstehen.«
»Was ist das für ein Bild?« Brodie zeigte auf ein gerahmtes Bild über dem Sofa.
»Ein Kanonenboot aus dem Jahr 1805, das über die Großen Seen gesegelt ist… Wie wär's mit einer Gratistasse Kaffee?« Qwilleran rührte gehäufte Löffel Instantkaffee in kochendes Wasser und reichte Brodie einen Becher. »Okay, spucken Sie Ihre schlechten Nachrichten schon aus. Was ist so dringend, daß Sie mich deswegen aus dem Bett holen müssen?«
»Ich komme gerade von einer Polizeikonferenz aus dem Süden zurück«, sagte Brodie. »Bin froh, wieder hier zu sein, wo das Leben zivilisiert ist. Ich sage Ihnen, diese Städte da unten sind der reinste Dschungel. Gleich am ersten Konferenztag wurde das Auto des Bürgermeisters gestohlen.« Er trank einen Schluck Kaffee und verschluckte sich fast daran. »Och! Ist das Zeug stark!«
»Worum ging es denn bei der Konferenz?«
»Um Drogendelikte. Einer der Referenten war ein Freund von Ihnen. Lieutenant Harnes. Ich habe beim Mittagessen mit ihm gesprochen.«
»Harnes ist ein hervorragender Kriminalbeamter, auch wenn er sich gerne dumm stellt.«
»Er hat mir auch ein paar Dinge über Sie erzählt. Er sagte, als Sie für den Daily Fluxion arbeiteten, hätten Sie ihm ein paar gute Tips gegeben.«
Qwilleran strich mit bescheidener Miene seinen Schnurrbart glatt. »Nun, Sie wissen ja, wie das ist. Wenn man bei einer Zeitung arbeitet, erfährt man allerhand Dinge. Ich habe einfach Augen und Ohren offengehalten, das ist alles.«
»Harnes hat mir auch noch etwas anderes erzählt. Ich habe geglaubt, er will mich auf den Arm nehmen, aber er schwört, daß es wahr ist. Er sagt, Sie haben einen sehr ungewöhnlichen Kater. Ein sehr kluges Tier.«
»Da hat er recht. Siamkatzen sind bemerkenswert intelligent.«
Brodie sah seinen Gastgeber scharf an. »Er sagt, Ihr Kater hat das, was man… übernatürliche Fähigkeiten nennt!«
»Moment mal. So weit würde ich nicht gehen, Brodie.«
»Er sagte, Ihr Kater habe der Polizei Hinweise geliefert, die zur Lösung einiger Fälle geführt haben.«
Qwilleran räusperte sich, wie immer, bevor er eine formelle Erklärung abgab. »Sie sind ein Hundeliebhaber, Brodie, daher wissen Sie das vielleicht nicht, aber Katzen sind die Detektive der Tierwelt. Sie sind von Natur aus neugierig. Sie schnüffeln immer herum, kratzen mal hier, mal da, machen kleine Schlupflöcher ausfindig, in die sie hineinkriechen können, angeln aus irgendwelchen Löchern irgendwelche Dinge hervor. Wenn mein Kater Hinweise entdeckt hat, dann war das rein zufällig.«
»Wie heißt er? Ich möchte mir dieses Tier gerne mal ansehen.«
»Koko ist ein Sealpoint-Siamkater, ein kastriertes Männchen mit einem langen Stammbaum. Und sagen Sie nicht ›dieses Tier‹ zu ihm, sonst zieht er Ihnen eins über.«
Irgendwo am Ende der Diele ertönte ein herrisch fordernder Schrei.
»Das ist Koko«, sagte Qwilleran. »Er hat seinen Namen gehört, und...