Brausewetter | Sommernachtsträume | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 261 Seiten

Brausewetter Sommernachtsträume


1. Auflage 2016
ISBN: 978-87-11-48779-2
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 261 Seiten

ISBN: 978-87-11-48779-2
Verlag: SAGA Egmont
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der Band enthält die drei Novellen 'Die Adebare', 'In der Heilanstalt' und 'Sommernachtsträume'. 'Die Adebare' handelt vom Leben einer Pfarrersfamilie und der traurigen Erkrankung ihres Kindes, die zur Krise der ganzen Familie führt. Der Ich-Erzähler von 'In der Heilanstalt' berichtet von seinen Erlebnissen in einer Heilanstalt für Nervenkranke, in die er sich als junger Arzt immer weiter einlebt, bis er sich in eine Insassin verliebt und seine tagebuchartigen Aufzeichnungen nun unvermittelt abbrechen - die von dritter Hand angehängten Ergänzungen bieten ein ganz anderes Bild der Geschehnisse ... Die abschließende Titelnovelle 'Sommernachtsträume' schließlich, eine heiter-wehmütige Liebesgeschichte, erzählt vom jungen Fräulein von Fehrbach und ihrem 'kurzen Sommernachtstraum in Heidelberg, der schönste, den sie je geträumt'. In allen drei Erzählungen erweist sich Arthur Brausewetter als ein großer deutscher Erzähler, der eine Wiederentdeckung lohnt.-

Artur Brausewetter (vollständiger Name Arthur Friedrich Leon Brausewetter; 1864-1946; Pseudonyme: Arthur Sewett, Friedrich Leoni) war ein deutscher evangelischer Pfarrer und Schriftsteller. Artur Brausewetter studierte Rechtswissenschaften, Philosophie und Theologie an der Universität Berlin und der Universität Bonn. Später wurde er Pfarrer. Seit 1908 war er Archidiakon an der Oberpfarrkirche St. Marien in Danzig, wo er bis zur Vertreibung infolge des Zweiten Weltkriegs lebte. In den Jahren 1933 und 1934 wurde er von den Deutschen Christen im Danziger Landessynodalverband aus dem Amt gedrängt. Brausewetter war Mitarbeiter der Zeitungen 'Der Tag' und 'Tägliche Rundschau' und schrieb zahlreiche Romane, die hohe Auflagen erzielten und in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Sein Schauspiel 'Ich bin Doktor Eckart' wurde 1944 in Weimar uraufgeführt. 1946 vollendete er seinen letzten Roman 'Die höheren Mächte', der das Schicksal der Bewohner Ostdeutschlands von 1933 bis 1945 behandelt.

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In der Heilanstalt
Ich hatte vor kurzem die Staatsprüfung bestanden und war bereits längere Zeit als Assistent eines berühmten Arztes für Nervenkrankheiten tätig gewesen. Nachdem ich diese Stellung aufgegeben, war ich nach einer kurzen Rheinreise in das Elternhaus zurückgekehrt, um von hier aus Bemühungen um eine praktische Beschäftigung anzustellen oder den Erfolg der bereits begonnenen abzuwarten. Mein Aufenthalt währte länger, als es in meinen Wünschen lag, und schon begann ich, der fruchtlosen Bewerbungen müde, Fachblätter und Zeitungen mit einer gewissen Nachlässigkeit zu lesen, als ich eines Tages einen Brief erhielt, der mir eine Erfüllung meiner Wünsche zeigte, wo ich sie am wenigsten geahnt hatte. Er kam von einem Freunde meines verstorbenen Vaters, der in einer kleinen Stadt Mitteldeutschlands eine in ärztlichen Kreisen angesehene Heilanstalt für Nervenkranke besass und mir jetzt mitteilte, dass die Stelle eines zweiten Arztes an seiner Anstalt zum folgenden Monat frei würde, und er mich, falls ich einverstanden wäre, für den scheidenden Kollegen ausersehen hätte. Ich entschied mich ohne Bedenken. Die Stellung war für einen jungen Arzt die denkbar günstigste. Sie gab mir Gelegenheit, gerade in dem Fache, das ich mir zu meinem besonderen Berufsfelde ausersehen hatte, eingehende Studien zu machen. Noch heute sehe ich den prangenden Frühlingsmorgen, der sich damals duftend und glückverheissend vor meinen Blicken ausdehnte, indes mich die Eisenbahn pfeilschnell durch jungbelaubte Wälder und grünende Täler trug, und noch heute fühle ich den Widerhall der mutigen, zuversichtlichen Ahnung, mit der mein Herz der erwachenden Welt und der neuen Zukunft entgegenschlug. Ich befand mich in jener gehobenen Stimmung, die jungen strebenden Männern eigen ist, die ein lang erwünschtes Wirkungsfeld vor Augen haben, das ihnen zur Erfüllung aller nach Betätigung eifernden Kräfte, zur Verwirklichung aller längst gehegten Gedanken und Pläne die erste Gelegenheit bieten soll. In diesem Augenblicke sieht der gespannte Blick nichts von den Enttäuschungen und Niederlagen der Wirklichkeit, von all den Hindernissen und trüben Erfahrungen, die zwischen dem Anfang und dem Ende liegen, nichts von den steilen, ermüdenden Umwegen, den kaufend Wirnissen und entmutigenden Misserfolgen, die durchkämpft sein wollen, bevor das Ziel winkt. Was sollte ich auch von Sorgen und Schatten wissen, die stolze Träume zerstören könnten? Ich war jung, und um mich keimte und blühte der Lenz. Und dieselbe gehobene Frühlingsstimmung berauschte noch mein Herz, als ich an meinem Bestimmungsorte angelangt war und in der Begleitung eines alten Dieners, der sich Bandtlow nannte und schon seit zwanzig Jähren im Dienste des leitenden Arztes stand, der kleinen Stadt zuschritt. Wir waren vom Bahnsteig quer über die am Bahnhof liegende Strasse gegangen und in eine kleine Waldanlage gelangt, durch die hindurch ein schmaler Fusssteig den Pfad zeigte. Am Ende des Parkes tauchte ein grosses, mit einem düsteren Baumwalle umgebenes Gebäude auf. Die beiden kahlen, frisch getünchten Flügel schienen erst später angebaut zu sein; über dem hohen Mitteltore hing, in Stein gemeisselt, ein viereckiger Schild mit einem Wappen, dessen einzelne Felder ich auf die noch zu beträchtliche Entfernung nicht zu erkennen vermochte. Es war die Anstalt des Doktor Wolters, ein ehemaliges Schloss, das, einst im Besitze eines alten Geschlechtes, in späterer Zeit an die Stadkgemeinde gefallen und von dieser wiederum an Doktor Wolters verkauft worden war, der es seinen Zwecken dienstbar gemacht hatte. Mein Begleiter hatte mir diese Erklärungen gegeben, während wir nun die Anstalt zu unserer Linken liegen liessen und auf die schmale, kiesbestreute Landstrasse traten, die zwischen grünen Sommersaaten hindurch zu den Ausläufern der Gebirgskette führte, die, von einem leisen Nebelschleier umhüllt, jetzt am Horizonte auftauchte. „Und hier werden der Herr Doktor wohnen.“ sagte er und wies auf ein kleines Haus, das ein wenig abseits der Landstrasse lag und mit den beiden mächtigen Kastanienbäumen, die, es hoch überschattend, vor seinem Eingange standen, einen gar behaglichen Eindruck machte. Er hatte mir bald mein Zimmer angewiesen und mich dann allein gelassen mit meinen Gedanken. — Doktor Wolters liess mich bitten, am Abend, nachdem er die Geschäfte seines Berufes erledigt hätte, bei ihm zu essen. Die Abendröte am Himmel war erblasst, und die Schatten der einbrechenden Dämmerung lagerten sich auf die Wege, als ich in den grossen Garten der Anstalt trat. Eben wollte ich mich in die Wohnung meines Chefs begeben, die sich im Anstaltsgebäude selbst befand, als in einem Fenster im Erdgeschoss des linken Seitenflügels Licht aufblitzte und zugleich ein Gesang an meine Ohren drang, der mich zwang, stehen zu bleiben. Es war die Weise eines unserer schönsten Volkslieder, und die Frauenstimme, die sie sang, war voll des weichsten Wohlklanges, der je mein Herz berührt hatte. Nicht als ob ich nicht schon einen viel kunstvolleren Gesang, eine weit grössere Ausbildung und Fülle der Stimme gehört hätte, aber der innige Vortrag, den ein nur leises Klavierspiel begleitete, war von einer so fesselnden Schwermut durchzittert, der Ausdruck so einfach und dem innersten Sinn der Dichtung so angemessen, dass mich dünkte, ich hätte nie eine wahrere und tiefere Wiedergabe dieses so oft gesungenen Liedes gehört. Die Sängerin war vom Klavier aufgestanden, an den herabgelassenen seidenen Vorhängen huschte eine schlanke Gestalt vorüber, die sich dann auf einem Sessel im Hintergrund des Zimmers niederliess, und mir war, als hörte ich sie die letzten Worte des Liedes noch einmal wie traumbefangen vor sich hin summen. Ich weiss nicht, wie lange ich, den Widerhall ihres Gesanges im Herzen, an jener Stelle gestanden habe; ich weiss nur, dass plötzlich der alte Bandtlow vor mir stand und mir ankündete, dass man mit dem Essen auf mich wartete und er mich schon vergeblich in meinem Hause gesucht hätte. „Wer wohnt in diesem Zimmer?“ fragte ich ihn. Er blickte mich ein wenig erstaunt an, gleich als hätte er mich nicht verstanden. Ich wies mit der Hand auf das erleuchtete Fenster. „Das Fräulein von Nordau,“ gab er kurz zur Antwort. Zu einer weiteren Auskunft schien er nicht geneigt; ich fragte ihn auch nicht, sondern folgte ihm schweigend in das Gebäude. Doktor Wolters war ein Mann im Anfange der Fünfziger. Aber sein Aussehen war älter als seine Jahre. Ein Leben angestrengter Arbeit sprach aus ihm. Der scharf prüfende Blick, der die zwei dicken Brillengläser zu durchbohren schien, liess mit Sicherheit auf die Gewohnheit eines steten Umganges mit einer Art von Kranken schliessen, deren Leiden sich nicht allein durch körperliche Untersuchung und medizinische Instrumente erkennen lässt. Aber der weiche Ausdruck, der über seinem stark gebräunten, faltendurchkreuzten Gesicht lag, und das milde, wohlwollende Lächeln, das um den breiten, mit einem dünnen grauen Schnurrbarte bewachsenen Mund spielte, verklärten den strengen Blick der grossen grauen Augen, und gleich in diesem ersten Augenblick fühlte ich mich mit herzlicher Sympathie zu dem Manne hingezogen, unter dessen Leitung ich meinen Lebensberuf beginnen sollte. Wir hatten mit seiner liebenswürdigen, etwas kränklich aussehenden Gattin zu Abend gegessen und sassen nun allein auf seinem Arbeitszimmer. „Auf viel Glück bei uns!“ sagte er, und laut klangen die Gläser aneinander. Dann vertieften wir uns in eine eifrige Unterhaltung, die sich um die Anstalt und ihre Bewohner drehte. In kurzer Darstellung machte er mich mit all den Kranken bekannt, die er mir morgen vorstellen wollte. Und während er dabei so zu schildern wusste, dass sie alle fast greifbar vor meinem geistigen Auge vorüberzogen, wurde mir eines zur Gewissheit: ausser den wenigen, leichter Erkrankten, die in dieser Anstalt Erholung und neue Kräfte für aufreibende Berufsarbeit suchten, befand sich in ihr eine grössere Anzahl solcher, deren Leiden die Grenze zwischen einer vielleicht periodischen Nervenstörung und einer bedenklichen Gemütskrankheit bereits überschritten hatte. Neben dem grillenfangenden Hypochonder, dem schwarzblickender Missmut diesen Aufenthalt als den geeigneten angewiesen hatte, ohne dass er in Wirklichkeit seiner bedurfte, war der hartnäckig Verfolgte, dem angeblich alle Menschen übel wollten und der aus beständiger Angst vor der Welt zu ihrem Feinde geworden war; neben dem überarbeiteten Ministerialbeamten, der für seine verbrauchten Nerven in erfrischender Gebirgsluft und gesundheitsstrenger Pflege Stärkung suchte, sah man den verkannten und verbitterten Privatdozenten der Philosophie, dem über der Verkennung, die man seinen Fähigkeiten beharrlich entgegengebracht hatte, das Herz gebrochen war. Neben der jungen Frau, deren Nerven infolge einer vorzeitigen Geburt schwer gelitten hatten, fand man die trostlose Witwe, die den verlorenen Gatten, weil er, wie alles Irdische, Staub geworden war, mit gesenktem Haupte am Boden suchte und des Abends heisse Tränen vergoss, weil der Tag den Geliebten trotz all ihres Suchens nicht gebracht hatte. Indem er mir so seine Patienten mit grosser Beschaulichkeit vorstellte, die Behandlungsweise, die er bei ihnen eingeschlagen hatte, andeutete und mit freundlicher Bereitwilligkeit auf meine Fragen einging, wenn ich in diesem oder jenem Falle das Wesentliche einer Krankheit nicht gleich erkannt hatte, war die Zeit vorgeschritten, und ich erhob mich, um ihm gute Nacht zu wünschen. Allein er bat mich, noch zu bleiben. „Es ist...



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