E-Book, Deutsch, 364 Seiten
Breuer Final Game - Blutige Abrechnung
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7325-5040-1
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Wenn dir alles genommen wird - woher weißt du noch, was das Richtige ist?
E-Book, Deutsch, 364 Seiten
ISBN: 978-3-7325-5040-1
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Guido M. Breuer, geboren 1967 in Düren, machte zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann, bevor er Wirtschaftswissenschaften studierte. Anschließend war er viele Jahre als Unternehmensberater tätig. Seit 2009 schreibt er Kriminalromane und Thriller. Er ist Mitglied im Syndikat, der Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren, und lebt und arbeitet heute in der Nähe von Bonn.
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3. BEWERBUNGEN
Jeder Montagmorgen ist Scheiße. Auch wenn deine Montage wie Sonn- oder Freitage sind. Vielleicht sogar besonders dann. Weil niemand etwas von dir will, niemand dich erwartet. Zu keiner Zeit. Vince kotzt es an, dass niemand Leistung von ihm abfordert, dass er sich anbieten muss, ohne verlangt zu werden. Auch dieser Bulle, mit dem er nun einen Termin im Polizeipräsidium hat, will ihn sicher nicht. Nach zig Bewerbungen, Tests und Gutachten darf er nun wenigstens ein klärendes Gespräch führen. Nein, führen wird er es natürlich nicht, aber es wird jemand mit ihm sprechen. Vincent geht an den parkenden Einsatzfahrzeugen vorbei auf den großzügig verglasten Eingangsbereich zu, in dessen Scheiben er sich selbst beobachten kann. Die Sonne scheint. Vor sich kann er kaum eine Gebäudefront ausmachen, eher nur Himmel, Wolken, herumirrende gleißende Lichtstrahlen, Bäume, davor er selbst, eine verloren wirkende Gestalt. Neben dem Glaskubus zwei symmetrische Seitenflügel, höher und größer als die Mitte des Gebäudes. Wie ein tief geduckter Center beim Snap, eingerahmt von zwei bulligen Offensive Guards. Und Vince sucht wie ein verwirrter Runningback, der die Ansage seines Quarterbacks nicht verstanden hat und die vorgegebene Lücke nicht findet, erst nach dem Eingang in der reflektierenden Glasfront und dann, als er endlich eingetreten ist, das Zimmer, wo sein Gesprächspartner ihn erwartet. Er will nicht fragen, sucht etwas herum, weniger ziellos, als es scheint, und was macht es schon, dass er ein paar Minuten zu spät ist, jetzt, da er das richtige Büro gefunden hat und anklopft. »Guten Morgen. Vincent Busch«, sagt er und schließt die Tür hinter sich, als würde er das ständig machen. »Guten Morgen, Herr Busch.« Der Mann hinter dem Schreibtisch lächelt ihn an, steht sogar auf, um ihm nicht im Sitzen die Hand zu geben. Man grüßt nicht im Sitzen, das lernt man wohl nicht nur bei der Armee. »Bitte, nehmen Sie Platz.« Die Hand, die Vince gerade noch geschüttelt hat, weist nun auf den Stuhl, der auf seiner Seite des Tisches steht. Vincent setzt sich hin, muss dann noch einmal aufstehen und den Stuhl weiter vom Schreibtisch wegziehen, damit seine Beine Platz haben. Er kommt sich ungeschickt vor, obwohl er nicht weiß, wie man sich bei dieser Tätigkeit geschickter anstellen könnte, als er es gerade tut. Der Mann, der wie er keine Uniform trägt, lächelt weiter, als er eine Akte zur Hand nimmt, von der Vince annimmt, dass sein Name darauf oder darin steht. »Herr Busch, ich sagte Ihnen ja dieser Tage bereits am Telefon, dass es für Ihren Eintritt in den Polizeidienst unüberbrückbare Hindernisse gibt. Von daher werden Sie hoffentlich nicht enttäuscht sein, wenn ich Ihnen nun nichts Positiveres mitteilen kann.« Das Lächeln nimmt keineswegs ab, als er gleich fortfährt: »Wir sind ja hier auch eigentlich gar nicht zuständig für Bewerber. Aber in Ihrem Fall ...« Nun macht er eine Pause, fast so, als käme es ihm gelegen, wenn Vincent ihn unterbrechen würde. Doch den Gefallen tut er ihm nicht. Immer noch Lächeln. »In Ihrem Fall ist es doch gut, wenn wir einmal persönlich miteinander reden. Mein Kollege KHK Weiss von der Mordkommission hat sich sehr für Sie eingesetzt, wie Sie wissen. Und Sie sind auch kein üblicher Bewerber.« Nun sieht er in die Akte, als würde er dort einen Spickzettel haben, auf dem alles Unübliche an dem jungen Mann vermerkt sei. »Sie haben im Auslandseinsatz in einer Spezialeinheit gedient. Ihre Ausbildung und Erfahrung prädestiniert Sie natürlich für Sondereinsatzkommandos. Aber andererseits, ich erzähle Ihnen ja nichts Neues, leider ...« Er sieht Vince direkt an, und jetzt ist das Lächeln verschwunden. »Ihre schwere Verwundung und die posttraumatischen Störungen lassen eine Tätigkeit bei der Polizei einfach nicht zu.« Vincent schießen viele mögliche Entgegnungen durch den Kopf, aber keine scheint ihm geeignet, das auszudrücken, was er dem Beamten sagen will. »Arschloch.« »Wie bitte?« Das Lächeln setzt wieder ein, aber diesmal ist es ein anderes. Professionell. Aufgesetzt. Falsch. Vincent macht eine Handbewegung, so als wolle er einem Schiedsrichter, der gerade eine Fehlentscheidung gegen ihn getroffen hat, den Ball zuwerfen. Aber er sagt nichts weiter. »Wissen Sie, Herr Busch.« Die Stimme klingt nun kühl und überheblich. »Es macht mich natürlich nicht froh, dass Sie mich beleidigen wollen. Aber andererseits zeigt Ihre Entgleisung, dass meine Beurteilung, die meiner Kollegen sowie aller beteiligter Mediziner mehr als zutreffend ist. Wie wollen Sie im Polizeidienst zurechtkommen, wenn Sie jeden, der in gewisser Weise Entscheidungsgewalt über Sie hat und Ihnen nicht passt, als Arschloch titulieren? Lernt man das in Afghanistan?« »Nein«, sagt Vince. »Die Arschlöcher leben da nicht lange genug, als dass man das nötig hätte.« Der Mann nickt, als würde er verstehen. Dann greift er zum Telefon und wählt eine Nummer. »Arthur? Du kannst deinen Schützling bei mir abholen, wenn du magst. Das Gespräch hat sich sehr schnell festgefahren. Du verstehst?« Er legt den Hörer wieder auf die Station. »Also, Herr Busch. Ich bin Ihnen nicht wirklich böse, immerhin habe ich die psychiatrischen Gutachten gelesen. Ich rate Ihnen, arbeiten Sie weiter an sich und suchen Sie sich einen Job, in dem Sie nicht mit Gewalt konfrontiert werden. Kommen Sie zur Ruhe. Und vergessen Sie bitte den Militär- oder Polizeidienst, das ist Ihnen ein für alle Mal versperrt. Aus guten Gründen.« Vince steht mit einer heftigen Bewegung auf. Für einen kurzen Moment sieht es so aus, als könnte er mit einem Satz über den Tisch springen und sein Gegenüber zusammenfalten. Ob er das vielleicht wirklich im Sinn hat, wird nicht auf die Probe gestellt, denn die Tür öffnet sich und jemand tritt ein. Vince wendet sich dem Mann zu und mustert ihn, als wenn er ihn nicht genau kennen würde. Arthur Weiss sieht man seine neunundfünfzig Jahre nicht wirklich an. Dafür sorgen sein strenger, wenn auch grauer Bürstenschnitt und die kleine, sehnige Figur, die ständig den Eindruck großer Körperspannung erweckt. »Alles klar, Vince?« Der Klang seiner Stimme lässt erkennen, dass er genau weiß, dass dem Jungen nichts klar ist. Der Kriminalhauptkommissar tritt näher an Vince heran. Es macht dem drahtigen Polizisten nichts aus, dann noch weiter zu ihm hoch sehen zu müssen. Vince zuckt mit den Achseln, antwortet nicht. Arthur Weiss nickt dem Kollegen zu und zieht Vincent aus dem Zimmer. Als die Tür hinter ihnen geschlossen ist, sagt er: »Mein Junge, dir war schon klar, dass er die Ablehnung nur begründen wird. Entschieden haben das doch längst andere. Wir wissen beide, was du durchgemacht hast und dass es für dich noch lange nicht vorbei ist. Wir sollten ...« Er verstummt, denn sie sind am Ende des Gangs angelangt, wo mehrere Leute beieinanderstehen und in Hörweite geraten sind. Vincent scheint das nichts auszumachen. Er antwortet, ohne seine Stimme zu dämpfen: »Ich kenne nichts außer Football und Krieg, kann mit jeder Waffe umgehen. Was soll ich denn sonst machen? Ich habe den Arsch hingehalten für mein Land, und jetzt soll ich auf Schuhverkäufer umschulen?« »Das hatten wir doch alles schon«, sagt Arthur leise. »Was meinst du, wollen wir was essen gehen? Ich wette, du hast noch nicht einmal richtig gefrühstückt, oder?« »Doch, schon«, meint Vince und erinnert sich an sechs rohe Eier mit Milch im Shaker verquirlt. »Lass mal«, fügt er hinzu. »Du musst doch arbeiten. Ich komm schon klar.« Der Polizist zwinkert ihm zu und hebt die Hand zum Gruß. »Wie du meinst. Ruf mich an, ja?« Vince nickt, als würde er zustimmen, und Arthur verschwindet im Treppenhaus. Vincent wendet sich dem Ausgang zu, wo ihm zwei durchtrainiert wirkende Männer in Zivil den Weg versperren. Zwischen den beiden steht eine Frau, die Vince eindringlich ansieht. Etwas an dem Blick dieser Frau warnt ihn, sagt ihm, dass Gefahr von ihr ausgeht. Diese Augen wirken so, als hätten sie schon vieles gesehen. Vince kennt diesen Blick genau. Die harten Augen scheinen so gar nicht zu der attraktiven Erscheinung zu passen. Doch wenn er auch sonst nicht viel gelernt hat, er weiß, wie trügerisch ein schönes Gesicht sein kann. Aber was immer er auch gerade denkt und fühlt, er geht, ohne seine Schritte zu verlangsamen, auf den Ausgang zu. Auf einen Wink von ihr machen die beiden Jungs die Tür frei. Als er an ihnen vorbeigeht, sieht er die winzigen Kommunikationsgeräte, die hinter ihren Ohren klemmen. Draußen weht ein lauer Wind. Die Sonne hat an Kraft gewonnen. Geblendet kneift Vince die Augen zusammen. Vor dem Gebäude parkt ein auffälliger Wagen, ein Hummer. Vince erkennt auf Anhieb ein paar militärische Modifikationen, die ihm aus Afghanistan geläufig sind. Panzerplatten gegen Minen, verstärkte Seitenbleche, sicherlich mit geschosshemmender Füllung, Vollgummireifen. Vor dem Wagen steht ein Mann, der offenbar gerade mit jemandem spricht, mit dem er über Funk verbunden ist. Als Vince näher kommt, nickt der Mann ihm zu, öffnet die Tür des Hummer und spricht ihn an: »Meine Chefin möchte dich gerne kennenlernen. Bitte steig ein.« Vincent schaut den Mann überrascht an. Dann dreht er sich um, sieht die Frau mit den beiden großen Jungs immer noch am Eingang stehen, scheinbar ohne ihn zu beachten. »Ist sie das?«, fragt er. Der Mann nickt wieder und weist in das Innere des Wagens. Vince hat das intensive Gefühl, dass er einen großen Fehler begeht, als er in den Hummer einsteigt. Aber er tut es, und warum auch nicht? Erst als er sich in die...