Bröckers | Der Fall Ken Jebsen oder Wie Journalismus im Netz seine Unabhängigkeit zurückgewinnen kann | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Bröckers Der Fall Ken Jebsen oder Wie Journalismus im Netz seine Unabhängigkeit zurückgewinnen kann

Der Macher von KenFM im Gespräch mit Mathias Bröckers
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-946778-01-1
Verlag: fifty-fifty
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der Macher von KenFM im Gespräch mit Mathias Bröckers

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-946778-01-1
Verlag: fifty-fifty
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Phänomen Ken Jebsen KenFM ist einer der erfolgreichsten TV-Kanäle im Internet - unabhängig, crowdfinanziert und mit explizit politischem Programm. Bevor sich Ken Jebsen und die ARD trenten, war KenFM zehn Jahre lang eine erfolgreiche Jugendsendung im rbb. Und ihr Moderator, Schnellsprecher und rasender Reporter ein Publikumsliebling in Berlin und Brandenburg. Ihm gelang der Switch ins Medium Internet und von der GEZ-Gebühr zur freiwilligen Nutzerfinanzierung. Und Ken Jebsen wurde zu einer Reizfigur: Vorwürfe, er sei Antisemit und rechtspopulistisch, begleiten ihn seither, obwohl er selber in seinen Sendungen immer wieder vor eben diesen Erscheinungen warnte. Was ist nun dran am Phänomen Ken Jebsen? Mathias Bröckers ist ihm und dessen Erfolgsgeschichte auf der Spur.

Mathias Bröckers ist freier Journalist, der unter anderem für die taz und Telepolis schreibt und bei der taz zur Zeit für die Blogs und das Online-Marketing zuständig ist. Er wurde 1954 in Limburg an der Lahn geboren. Ab 1973 studierte er an der FU Berlin Literaturwissenschaft, Linguistik und Politikwissenschaft (M.A.) Er gehörte zur Gründergeneration der taz und war dort bis 1991 als Kultur- und Wissenschaftsredakteur. Danach war er für 'Die Zeit' und 'Die Woche' als Kolumnist sowie als Rundfunkautor tätig und fungierte als Mitglied der Sachbuch-Jury der Süddeutschen Zeitung. Neben Radiosendungen, Kabarettprogrammen und Beiträgen für Anthologien veröffentlichte Mathias Bröckers zahlreiche Bücher. Seine Werke 'Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf' (1993) und 'Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9.' (2002) wurden internationale Bestseller.

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Vom Radio ins Netz
Wir sitzen hier in der Karl-May-Lounge des Hotels Elbresidenz in Bad Schandau. Karl May haben wir als Jungen gelesen, ich verdanke ihm auch das Eingangszitat meines ersten Artikels für das damals neu gegründete Magazin Titanic, aus dem Werk Von Bagdad nach Stambul, wo es heißt: »Der Türke an sich ist bieder und ehrlich.« Auf Karl May surfend habe ich dann über die biederen und ehrlichen Türken, die Deutschen des Orients, geschrieben. Und gerade kommen erste Berichte über einen Putsch in der Türkei rein – normalerweise ein Fall, auf der Kommandobrücke von KenFM sofort journalistisch tätig zu werden. Aber nicht jetzt. Heute fragen wir den Gründer, Reporter und »Intendanten« Ken Jebsen über »Me, Myself and Media« aus. Und wir beginnen mit »Me« – der Marke »KenFM«. Wie ist der Stand der Dinge bei KenFM? Und wie kam es überhaupt dazu? Der Name KenFM ist ja schon älter als das, was wir, das Team KenFM im Moment im Netz machen. Konkret, im November 2011, sind wir – die gesamte KenFM-Crew, also die Redaktion und unsere Techniker, wir waren hundert Prozent autark und dockten einmal die Woche quasi ans Mutterschiff an –, wir sind also komplett gegangen worden oder haben uns einvernehmlich von einem großen Sender der ARD getrennt. Das, was wir heute tun, Interviews im Netz, lief dann ab April 2012, man könnte auch sagen KenFM 2.0. Der Name stammt ja von meiner Radiosendung KenFM, die im Radio Berlin-Brandenburg (rbb) lief. Eine Radioshow, von der ich immer sagte, sie ist eine Mischung aus »Good Morning Vietnam« (ein Spielfilm über einen US-amerikanischen AFN-Radiomoderator in Saigon während des Vietnamkrieges) und »Radio Days« von Woody Allen, in dem es um die Magie des Radios geht. KenFM war einen Live-Sendung vor Publikum, immer mit Live-Bands und lief rund zehn Jahre. Nach der 545. Sendung wurde der Stecker gezogen. Ursprünglich bin ich über den Sender Freies Berlin (SFB) nach Berlin gekommen. Damals über die Station Radio 4U. Da hatte ich gar nicht um eine Stelle angefragt, bekam von dort aber eine Antwort auf eine Bewerbung, die ich an den SFB geschickt hatte. Schnell wurde mir klar, Radio 4U war das Jugendprogramm des SFB, also eine Abteilung, die wie ein Privatradio aussieht und auch ähnlich unverbraucht klingt. Da saß ein gewisser Helmut Lehnert am Steuer, der nach dem Mauerfall diesen Sender innerhalb des SFB einfach kreiert hatte. Das war damals ein herrliches Chaos, nichts war verboten, weil den in etablierten Häusern üblichen Satz »Das haben wir hier noch nie so gemacht«, den gab es eben noch nicht. Dafür war der Laden noch zu neu. Und in diesem Sinne habe ich bei Radio 4U alles gemacht, was nicht ausdrücklich untersagt war. Wir handelten damals nach dem Motto, wer nicht fragt, muss auch nicht mit einem Nein rechnen. Der Sender wurde dann aber nach einem Jahr abgewickelt und zu Radio Fritz umgebaut. Die 4U-Crew unternahm alles, um das zu verhindern, ließ sogar einen Track produzieren und auf CD pressen. »98,2 kriegt ihr nicht k. o.«, war der Titel. Ich weiß das, weil ich den Text geschrieben und eingerappt hatte. Es hat nichts genützt. Bei Fritz handelte es sich schon beim Personal um ein Experiment, denn die Crew bestand aus Kollegen aus diversen Ost- und Westradios. Zum Beispiel Rockradio B, Antenne 64, Radio 4U. Da sollten jetzt ehemalige Klassenfeinde ein Programm für die gesamtdeutsche Jugend zimmern. Bei Fritz habe ich quasi dann auch alles gemacht. Von Reporter bis zur Prime-Time-Moderation von fünf bis zehn Uhr in der Frühe. Nach zehn Jahren habe ich dann gesagt, jetzt möchte ich mal meine eigene Sendung. Weniger Serviceradio mit Wetter und Verkehr, dafür maximal Rock ’n’ Roll. Radio für Freaks. Wie bei John Peel, einem der einflussreichsten Experten in Sachen Popmusik, der by the way von seinem Muttersender der BBC auch nicht wirklich geliebt wurde. Seine Kult-Sendung entstand daher in den eigenen vier Wänden. Nur deshalb wurden zum Beispiel die Sex Pistols überhaupt gespielt. Das Publikum verehrte Peel wie einen Gott, denn er war genau wie Gott ein Pionier. Sender mögen keine Pioniere, denn die machen zusätzliche Arbeit. Ich jedenfalls stellte schnell fest: Öffentlich-rechtliches Radio und Rock ’n’ Roll sind nicht zwingend kompatibel. Hierzulande ist Rock ’n’ Roll die Ausnahme. Hier wird Radio von Behörden gemacht. Und das hört man. Man traute und traut sich einfach nichts. Deshalb habe ich mir gesagt, ich möchte das versuchen. Meine Form, Rock ’n’ Roll zu kreieren, war immer auch anarchisch, wie es Wolfgang Neuss war, der beste Kabarettist, den dieses Land je hervorgebracht hat. Er und ich sind uns nie persönlich begegnet, aber Neuss hat mich definitiv beeinflusst. Nach seinem Vorbild schwebte mir so etwas wie »Rock Ken Roll« vor. Der rbb hat mir dann eine Sendestrecke gegeben. Widerwillig, nachdem ich ein Jahr lang gebettelt habe. Als ich damit drohte, mich zu verabschieden, hat die Chefredaktion eingelenkt und gesagt, okay, du kannst den Samstag haben. Samstagfrüh zwischen sechs und zehn Uhr. Ich wollte aber eine Sendung, in der Bands spielen. Der Sender dachte wohl, um diese Uhrzeit kann ihm das nicht gelingen. Die glaubten nicht an die Idee. Zur Pressekonferenz stand dann der Verantwortliche vor der Hauptstadtpresse und gab den Satz von sich: »Als Jebsen in mein Büro kam und mir erklärte, was für eine Sendung er machen wollte, dachte ich mir einfach, das klappt eh nicht!« So kam es zum Label KenFM. Der Name sollte nur als Provisorium dienen. Der rbb wollte ihn später gegen einen endgültigen Namen austauschen. Das FM von KenFM steht für Frequenz Modulation. Radio also. Aber das wurde eben vom Sender nur provisorisch akzeptiert. Angefangen hat die Sendung auch nicht in Potsdam, wo Fritz residierte, sondern in Berlin, im Schaufenster einer Edel-Boutique in der Rosenthaler Straße. Heute das teuerste Pflaster der Stadt in Mitte, damals, 2001, ein rechtsfreier Raum. Ruinen, Leerstand, illegale Clubs in jedem Keller. Im Umkreis von fünfhundert Metern gab es jede Menge Läden, in denen die Berliner Technoszene seinerzeit zu existieren begann. Ich erinnere mich, wie ich eines Nachts in einen heute geschlossenen U-Bahn-Eingang am Rosenthaler Platz stolperte. Der Laden nannte sich »Sexy Land«, er existierte erst ein paar Wochen und es gab nur Caipirinha. Und wer stand da hinter den Turntables? Eine gewisse Madonna Louise Ciccone besser bekannt als Madonna! Das wurde aber überhaupt nicht beworben. Und niemand in diesem Club scherte sich groß darum. Jeder schien sein eigener Star zu sein. Persönlich hatte ich das Gefühl, Madonna selber genoss diesen legeren Umgang mit einem Star. Sie legte einfach ein paar private Platten auf und die Leute tanzten. Mitten in diesem Ost-Berlin, dem Berlin kurz nach Mauerfall, begann KenFM. An der Edel-Boutique um die Ecke bin ich seinerzeit mal vorbeigegangen und sagte: »Hey, gute Lage, hier würde ich gerne eine Radiosendung machen.« Die verkauften zum Beispiel Kenzo, aber eher die Anzüge, die noch aus großen Shows stammten, Also zum Teil ziemlich schrille Sachen, die direkt vom Laufsteg stammten. Das meiste, was man dort sieht, kommt später entschärft in die Läden. Ich bekam aber die wirklich lauten Originale. Der Besitzer war aus Düsseldorf und dachte, Live-Radio im Schaufenster? Coole Idee, können wir ja mal machen. Am Samstag sendeten wir dann die ersten vier Stunden Radio, bevor der Laden öffnete. Um elf musste alles abgebaut sein. Das war im ersten Vierteljahr so erfolgreich, dass der Sender plötzlich sagte: Wir vom rbb fanden das ja schon immer, wollt ihr mit KenFM nicht von Samstagfrüh auf Sonntag wechseln? Auch wieder vier Stunden, dann aber zwischen vierzehn und achtzehn Uhr. Worauf ich anwortete: Nö. Wir waren inzwischen zweimal in Berlin-Mitte umgezogen. Erst in einen brandneuen Showroom von Peugeot, der sich Unter den Linden befand, also einen Steinwurf vom Brandenburger Tor entfernt. Drei Monate später wechselten wir erneut den Standort. Wir wurden »Untermieter« bei Mini, die eben von BMW gekauft worden waren und in der Friedrichstraße in Berlin richtig Gas geben durften, um als Marke durchzustarten. Dazu gibt es zwei Anekdoten. Wie kamen wir zu Peugeot? Nun, 2002 eröffnete der französische Autobauer mit »Peugeot Avenue« mehr als eine Location für die eigene Fahrzeuge. Zur Eröffnung war François Peugeot eingeflogen und hielt eine Rede, in der es hieß, die neue Location wäre eine Begegnungsstätte, um die deutsch-französische Freundschaft im wiedervereinigten Berlin zu unterstreichen. Ich war nicht geladen zu diesem Event, kam aber zufällig des Weges. Ein Radiokollege vom Saarländischen Rundfunk erkannte mich und schmuggelte mich über den Hintereingang rein. Alle waren entsprechend gestylt. Ich trug Jeans, T-Shirt und Basecap. Als François Peugeot mit seiner Rede fertig war,...


Mathias Bröckers ist freier Journalist, der unter anderem für die taz und Telepolis schreibt und bei der taz zur Zeit für die Blogs und das Online-Marketing zuständig ist. Er wurde 1954 in Limburg an der Lahn geboren. Ab 1973 studierte er an der FU Berlin Literaturwissenschaft, Linguistik und Politikwissenschaft (M.A.) Er gehörte zur Gründergeneration der taz und war dort bis 1991 als Kultur- und Wissenschaftsredakteur. Danach war er für "Die Zeit" und "Die Woche" als Kolumnist sowie als Rundfunkautor tätig und fungierte als Mitglied der Sachbuch-Jury der Süddeutschen Zeitung. Neben Radiosendungen, Kabarettprogrammen und Beiträgen für Anthologien veröffentlichte Mathias Bröckers zahlreiche Bücher. Seine Werke "Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf" (1993) und "Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9." (2002) wurden internationale Bestseller. www.broeckers.com



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