E-Book, Deutsch, 180 Seiten
Brüssel / Kronenberg / Götze Digitale Zukunft und neue Kultur
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-8288-7398-8
Verlag: Tectum Wissenschaftsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wirkung auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
E-Book, Deutsch, 180 Seiten
ISBN: 978-3-8288-7398-8
Verlag: Tectum Wissenschaftsverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die unterschiedlichen Facetten der digitalen Zukunft zu beleuchten – sei es die aktive Gestaltungsaufgabe der Politik, die ethischen und moralischen Anpassungen durch Digitalisierung in der Gesellschaft oder die technische und wirtschaftliche Verantwortung – und in Bezug zueinander zu setzen, ist Aufgabe und Ziel dieser Publikation. Im Zuge der digitalen Transformation ist zudem der Ruf nach einer neuen Kultur für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft geboten. Eine solche unterscheidet sich eben im Grunde von Einzelfallbetrachtungen und schafft einen konsensualen Gesamtrahmen, der als richtungsweisend und damit auch als Sicherheit gebende Linie durchdacht werden kann.
Das Vorwort und die Conclusio der Autoren sind zu Beginn der Publikation lokalisiert, die unterschiedlichen Betrachtungs- und Herangehensweisen an die benannten thematischen Schwerpunkte finden in den darauffolgenden drei Teilen statt – mit jeweils individueller Schwerpunktsetzung.
Mit Beiträgen von
Dr. Christoph Brüssel, Lenno Götze, Ulrich Kelber, MdB, Dieter Härthe, Karl Heinz Land, Prof. Dr. med. Ekkernkamp
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel I Christoph Brüssel und Karl-Heinz Land Digitale Technologie wandeln allein reicht nicht – 4.0 braucht eine neue Kultur in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik Die digitale Entwicklung wird meist als die große Herausforderung der Zukunft bezeichnet. Dabei ist die Zukunft schon heute. Die digitale Transformation ist Gegenwart. Viele Bereiche des Alltags sind längst in digitaler Hand. Transformationen von Dienstleistungen und auch Konsumgütern wurden, scheinbar unmerklich, zu Mehrheitsanwendungen. Nennenswerte Teile der industriellen Produktions- oder Logistikbereiche der Wirtschaft und Konsumwirtschaft sind bereits transformiert. Der alltägliche Gebrauch und die zahlreichen Erleichterungen in weiten Teilen des Lebens, im Arbeits- und Konsumbereich werden begleitet von der revolutionären Veränderung der Kommunikationsmittel, -wege und -methoden. Die technischen Möglichkeiten sind überwiegend bekannt. Der Erfolgsweg digitaler Anwendungsmöglichkeiten wie des Internet, Smartphones, der E-Mail und vieler anderer Systeme und Devices macht schon lange an kaum einer Barriere des Alters oder der Bildungsgrade halt. Einfach, schnell, bezahlbar und grenzenlos erscheinen die Möglichkeiten. Die digitale Realität hat die Welt verändert. Die Arbeitswelt, die Erlebniswelt, die Lebenswelt. Global sind Gesellschaften in sozialen Alltagsstrukturen bereits anders geworden: Gewohnheiten haben sich verändert und werden wohl auch nicht den Weg zurück suchen. Das betrifft die Kommunikation untereinander, die sozialen Gruppen der Freizeit wie Vereinsleben oder auch Zusammenkünfte, es betrifft aber vor allem Dienstleistungen und Kaufverhalten. Natürlich haben sich zahlreiche Geschäfts- und Arbeitsprozesse unumkehrbar gewandelt.2 Selbstverständlich ist auch der überwiegenden Bevölkerung bewusst, dass solche Veränderungen bereits gegenwärtig sind. Allerdings sind die tatsächlichen Auswirkungen nicht hinreichend transparent und damit auch nicht jenseits einer qualifizierten Elite wissender Experten durchgängig erkannt. Das gilt für die Qualität der bereits realen Auswirkungen auf den Alltag und die persönlichen Umfelder und Handlungen, es gilt auch in Bezug auf die Gegenwärtigkeit der Folgen digitaler Veränderungsprozesse. Wer kauft noch Schallplatten oder CDs im Geschäft? Wer kauft überhaupt noch Musik? Der digitale Weg und die digitale Nutzung haben erfolgreich den Markt übernommen. Wer geht noch in ein Reisebüro, um Flüge zu buchen? Wie oft wird noch die eigene Hausbank aufgesucht? Oder warum wurde der ehrwürdige Brockhaus eingestellt, der viele Generationen in den heimischen Bücherregalen der bildungsbürgerlichen Familien als Zierde galt? Sind es oberflächliche Beobachtungen oder Indizien einer bereits tief in unser aller Leben eingedrungenen Transformation? Wenn von den zukünftigen Herausforderungen gesprochen wird, sollte die heute bereits vollzogene Realität nicht unbeachtet bleiben, damit erkennbar wird, wie unmittelbar die Veränderungen auf uns alle zukommen. Damit verdeutlicht sich die Notwendigkeit unmittelbarer Reaktionen und produktiver Aktionen. Die Musikindustrie beispielsweise hat die Folgen schon lange real zu bewältigen. Seit Jahren sind dort Arbeitsplätze angegriffen, die Unternehmensstrategien komplett andere Marktwelten und einige Unternehmen Vergangenheit.3 Es zeigen sich nominell mehr Beschäftigte in dieser Unterhaltungsindustrie, die Aufgaben sind aber deutlich verschoben. Große Konzerne mussten stark abbauen, Jobs in anderen Bereichen oder in anderen Organisationseinheiten sind dagegen neu entstanden. Andere Modelle und neue Unternehmen bestimmen real den Markt. Die „Plattenfirma“ oder der „Plattenvertrag“ sind für Künstler nicht mehr das erstrebenswerte Ziel. Gerade die bekannten Musiker können die Produktionen und Veröffentlichungen dank digitaler Welt bereits in Eigenregie stemmen. Über die sozialen Netzwerke ergeben sich wirkungsvolle Vertriebskanäle. Losgelöst von den Handelsstrukturen der traditionellen Märkte und ohne erforderliche Handelsspannen. Mehr noch, es werden neue Megastars gekürt, jenseits der traditionellen Medienmächte. Jeder einzelne hat die Möglichkeit, sein Werk zu veröffentlichen. Kein Programmdirektor oder Verleger muss überzeugt werden, kein Vertriebschef ist zu fragen. Das lässt den Nutzen der tradierten Musikfirmen massiv geringer werden. Gleichzeitig hat diese technologische Möglichkeit, bei allen Chancen für Künstler und unabhängige Produzenten, ultimative Folgen für Beschäftigte und Unternehmen im Handel und in der gesamten Entertainment-Industrie. Nur ein Branchenbeispiel, vergleichbare Entwicklungen zeigen auch andere Bereiche der Märkte.4 Neue Phänomene der Reiseindustrie sind für uns eigentlich längst normal geworden: Die Buchung über Reiseportale, die Auswahl der verschiedensten Preise eines angebotenen Hotels oder der Preischeck bei Flügen. Alles natürlich aus dem eigenen Wohnzimmer oder vom Schreibtisch im Büro. Für viele längst selbstverständlich geworden, der Einkauf aus dem eigenen Wohnzimmer heraus. Die großen Schritte kommen erst noch durch künstliche Intelligenz Dennoch werden die wirklich großen Herausforderungen für Wirtschaft und Politik, damit auch von gesellschaftlichen Dispositionen, erst mit den weiteren Schritten der Entwicklung von Technik und Anwendung, also der Akzeptanz durch Nutzer kommen. Gemeint ist die weiter fortschreitende Entwicklung der künstlichen Intelligenz und vor allem die daraus folgende Automatisierung auch anspruchsvoller Bereiche der Arbeitswelt. Richtig spannend sind die intelligenten Computermodelle. Solche, die selbst lernen können, selbst lernen müssen. Diese von Menschen konstruierten und programmierten Werkzeuge sind so aufgestellt, dass sie immer schneller mehr wissen, Anwendungen selbst aufbauen und sich selbst weiter programmieren, also schlauer werden. So können diese Maschinen also viele der Arbeiten übernehmen, die eigentlich nur gut ausgebildete Menschen leisten könnten, hochqualifiziert ausgebildete Menschen. Damit ist nicht nur der industrielle Produktionsbereich abzudecken, dort wo Roboter oder Produktionsstraßen die technische Werkarbeit leisten; es werden zunehmend auch Dienstleistungen in Bürosektoren abgelöst. Die Schreibkraft ist bei vielen ja schon heute in der Hosentasche: Das Schreibprogramm vieler Smartphones setzt die Diktate der Nutzer zunehmend fehlerfrei direkt in Schrift um. Von dort per E-Mail zum Empfänger oder auf den eigenen Computer ins Büro, als Brief ausgedruckt, fertig ist das Schriftstück. Das genaue Buchhaltungsprogramm ist heute keine Hexerei mehr. Bald wird die Steuererklärung für den Mittelstand, inklusive der korrekten Buchhaltung und Kontieren, eine intelligente Computerleistung sein. Auch heute noch von Akademikern allein zu leistende Aufgaben werden dann per Knopfdruck fertiggestellt werden können. So zum Beispiel der anwaltliche Schriftsatz, ob Klageschrift oder Verteidigungsstrategie, eine Vielzahl der anwaltlichen Arbeiten soll bald schon automatisiert sein. Hat man das Bild des feurigen Plädoyers vor großer Gerichtskammer mit heldenhaft kämpfenden Advokaten im Kopf, so ist diese Szene mit einem Computer vor dem Richter kaum vorstellbar. Die Tagesrealität der vielen tausend Juristen jedoch ist eine andere: Der Alltag ist faktenbezogen, gesetzesgeleitet und nüchtern sachlich. Damit wird es erklärlich, dass der Großteil der verfahrensnotwendigen Schriftsätze wie Anträge, Erwiderungen, Einordnungen in aktuelle Rechtsprechung oder Kommentierungen möglicherweise sogar besser, umfassender, in jedem Fall schneller von intelligenten Automaten erstellt werden, als es die vielen fleißigen Juristen in Kanzleien und Amtsstuben leisten können. Der große Abschluss mit feurigem Auftritt mag dann dem Staranwalt vorbehalten sein. Ebenso ein besonders heikler Fall, die individuelle Strategieberatung, der juristische Beistand großer Sachen. Die Hintergrundarbeit, die heute für abertausende junge Rechtsanwälte und Richter der Einstieg und Beginn der erhofften Karriere ist, werden wohl überflüssig werden. Wir sprechen vom autonomen Fahren bei Pkws und Lastwagen. Konsequenz ist klar die unbemannte Transportleistung von Personen und Gütern. Dann werden die heutigen Fingerübungen des Carsharing erst zur wirklichen Blüte kommen. Zu denken ist in diesem Zusammenhang auch an die Zukunft der Millionen Fahrer von Taxen oder Lkws. Zu beachten sind die vielen, die hinter diesen Dienstleistungen zuarbeiten, Disponenten, Manager, Reparaturwerkstätten – um nur ganz oberflächlich die Folgewirkungen anzureißen. Nicht alleine an die Technik denken Bei allen Überlegungen zu Konsequenzen und Handlungsoptionen in Wirtschaft und Politik mit Blickrichtung auf die digitale Transformation wird meist auf technische Entwicklungsmöglichkeiten geschaut. Welche Automatisierung wird mutmaßlich erforderlich, wie müssen Produktionsabläufe einer digitalen Zukunft gerecht werden? Der Blick ins Silicon Valley verheißt überwiegend die erhoffte „Blaupause“ zur Erstellung der eigenen Lösungsansätze. Die Frage muss zu stellen sein, ob der Wettlauf um die digitale Technik oder intelligente Software der alleinige Ansatz auf dem Lösungsweg sein sollte. Sind die Perspektiven dann hinreichend, wenn der Blick ausschließlich in Richtung des „digitalen Mekka“ der Bay Area Kaliforniens ausgerichtet ist? Oft vergessen, aber doch wirklich viel wichtiger ist die Fragestellung: Was macht diese neue Wirklichkeit mit uns? Was kommt mit der technischen Veränderung, welche Konsequenzen hat diese für alle? Das gilt für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gleichermaßen. Die Konzentration auf...