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E-Book

E-Book, Deutsch, 296 Seiten

Reihe: Edition 211

Brun Grenzenlose Gier

Ein München-Krimi

E-Book, Deutsch, 296 Seiten

Reihe: Edition 211

ISBN: 978-3-95669-196-6
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Einen Geheimnisverräter enttarnen: Die junge Rechtsanwältin Olga Swatschuk steht vor einer bisher ungekannten Herausforderung. Als die Immunologin Nina Kaul ihre juristische Unterstützung bei der Aufdeckung eines Verräters sucht, stürzt sich Olga unverzüglich in die Welt eines renommierten Forschungsinstituts. Dabei gerät sie in ein verwirrendes Geflecht aus Täuschung und Verrat, in dem sie auf Cleo Ascher trifft - Ninas ehrgeizige Konkurrentin, die zweifelhafte Methoden zur Entwicklung eines revolutionären Bluttests einsetzt. Durch ihre Ermittlungen werden Olga und der ihr zur Seite stehende Privatdetektiv Alex Sorger jedoch immer tiefer in das Intrigenspiel am Institut hineingezogen. Als Nina während einer Cyberattacke, die das Institut komplett lahmlegt, plötzlich entführt wird, bleibt ihnen nur wenig Zeit zu handeln.

Doch Alex misstraut seinen ehemaligen Kollegen und ist entschlossen, die Tat auf eigene Faust aufzuklären. Sein Alleingang hält alle in Atem…

Nach »Bodenloser Fall« und »Gewissenlose Wege« ist dies die spannende Fortsetzung der München-Krimi-Reihe rund um die Anwältin Olga Swatschuk.
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2
Sie saß am Schreibtisch und arbeitete an ihrem Vortrag »Immunzellen als living drugs«, den sie nächsten Dienstag in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften halten durfte. Traditionell setzte sich das dortige Publikum aus wissbegierigen älteren Menschen und einigen Studenten und Nachwuchswissenschaftlern zusammen. Aus der einschlägigen Sektion IV der Natur- und Lebenswissenschaften und Medizin wohnten meist einige Mitglieder diesen Publikumsvorträgen bei. Hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, die Einladung zu so einem Vortrag habe den Charakter einer Bewerbungsvorlesung mit Blick auf die nächsten Zuwahlen in diese traditionsreiche Gelehrtengesellschaft. Da kam es auf viel Fingerspitzengefühl in der Formulierung an. Das Laienpublikum sollte verstehen, über was sie sprach, und den Spezialisten im Auditorium musste sie nebenbei knallharte Forschungsergebnisse präsentieren. Je Sektion gab es nur dreißig ordentliche Mitglieder, die auf Lebenszeit gewählt waren und die – außer durch Tod – die Mitgliedschaft nur durch Wegzug aus Bayern verloren. In ihrer Sektion war momentan ein Platz frei. Den wollte Cleo Berenike Ascher für sich. Unbedingt. Das sollte die vorläufige Krönung ihrer beruflichen Laufbahn sein und zugleich der Startschuss für den finalen Höhenflug, denn eines Tages wollte sie in die Medizingeschichte eingehen als eine moderne Marie Curie der Onkologie. Den Grundstein hierfür hatte sie in den letzten drei Jahren gelegt. Quartal für Quartal war es ihr gelungen, aufsehenerregende Aufsätze in Nature, Nature Biomedical Engeneering, Nature Medicine und Science zu veröffentlichen und mit etlichen weiteren Publikationen in kleineren Spezialzeitschriften in die vorderen Reihen der meistzitierten Autoren zu gelangen. Der Lohn war die Berufung auf den Lehrstuhl für Gen-Immuntherapie der Münchner Exzellenzuniversität samt Direktorenposten am Bavarian Research Center for Oncological Studies and Immunology, einem weltweit führenden Institut für Immunmedizin. Bei der Besetzung des freien Platzes in der Sektion für Lebenswissenschaften der Akademie führte kein Weg an ihr vorbei. Cleo spürte den Stolz in ihrer Brust als wohltuende Aufregung. Mochte es draußen regnen, so viel es wollte, hier an ihrem Schreibtisch schien die Sonne, denn die Redaktion ihres Vortrags ging ihr gut von der Hand. Zufrieden streichelte sie Cashina, die schnurrend auf ihrer Schulter saß, über den Rücken und genoss das weiche Gefühl an der Wange, als sich die Birma-Katze an sie schmiegte. Sie fühlte sich im Einklang mit ihrer Katze und war glücklich. Weniger glücklich war sie mit den Ergebnissen einer Experimentreihe, mit der sie einen bestimmten Typus von Fresszellen der Immunabwehr für gezielte Angriffe auf Pankreastumorzellen programmieren wollte. Zwar zeigten sich in einer Reihe von Einzelfällen erstaunliche Therapieerfolge, aber bei der Mehrheit der Patienten blieben die spezifischen Medikamentengaben erfolglos. Das war inakzeptabel. Gerade in diesem Bereich bestand ein herausragendes Interesse mehrerer Pharmafirmen, ein wirksames Präparat zu entwickeln. Cleo stand mit einem großen amerikanischen Unternehmen in Kontakt, das im Erfolgsfall viel Geld in die Hand nehmen würde. Gelänge hier ein Durchbruch, stünden ihr alle Wege offen. Sie würde sich mit ihrem Kooperationspartner am Klinikum über eine Veränderung des Versuchsdesigns unterhalten müssen, schließlich war es in Ausnahmefällen notwendig, die Fragen vernünftig an den Antworten zu orientieren. Darin hatte sie es in den letzten Jahren zu wahrer Meisterschaft gebracht. Sie hielt es schon länger mit dem Motto: Es gibt keine dummen Antworten, nur dumme Fragen. Einen internationalen Spitzenwissenschaftler zeichnete es aus, sich mit den richtigen Problemstellungen auseinanderzusetzen. Selbstverständlich war der reine Erkenntnisgewinn aller Ehren wert, aber erfolgreich forschen konnte nur, wer für ein klar definiertes Problem eine zutreffende Lösung fand. Cleo wusste, dass sie sich damit in Widerstreit zur herrschenden Meinung setzte, weshalb sie in diesem Punkt – entgegen ihren sonstigen Gepflogenheiten – ihre Position nicht offenlegte. Vielmehr setzte sie alles daran, ihre Lösungsansätze so zu präsentieren, dass sie dem Mainstream gehorchten. Bis vor Kurzem war ihre Strategie anstandslos aufgegangen. Kern ihrer Optimierungsmethoden war die intelligente Begrenzung der Fallzahlen. Ihr kam zugute, dass bei Forschungen an der Grenze des Wissens die Zahl potenzieller Patienten für die klinische Studie immer gering war und es mehr als eine namhafte Veröffentlichung gab, die mit acht bis zwölf Patienten Ergebnisse lieferte. Ein Verfahren musste sich erst etablieren, ehe man groß angelegte Studien durchführen konnte, die, auch das keine Seltenheit, dann zu differenzierten Ergebnissen mit manchmal erstaunlichen Nebenwirkungen gelangten. Vor ihren Studenten zitierte sie in diesem Zusammenhang gern die Entdeckung von Viagra als Wundermittel für den müden Mann: Der Wirkstoff Sildenafil war als Mittel für koronare Herzerkrankungen entwickelt worden, um die Gefäße im Herzen zu entspannen, hatte sich dann aber erstaunlicherweise als hervorragend geeignet zur Behebung von Erektionsstörungen erwiesen. Jetzt stand Cleo vor einem weniger trivialen Problem, denn am Dienstag hatte sie einen anonymen Brief in ihrer Post vorgefunden. Der Verfasser wies sie auf zwei ihrer Studien hin, die mit jeweils deutlich weniger Patienten publiziert worden waren, als das Untersuchungspanel ursprünglich an Patienten umfasst hatte. Unerklärlicherweise verfügte der Verfasser über die gesamten Rohdaten der beiden Studien. Rätselhaft deshalb, weil Cleo die Rohdaten stets gründlich redigierte. Fraglich blieb auch, was der Verfasser mit seinem Brief bezweckte. Er endete mit den kryptischen Worten: Von einem entgegenkommenden Wohlverhalten zu gegebener Zeit wird ausgegangen. Keine Frage, sie wurde erpresst, und der Erpresser kam höchstwahrscheinlich aus den Reihen des Instituts. Drei Tage lang hatte sie überlegt, wie ernst sie diesen Erpressungsversuch nehmen musste, und wer dafür verantwortlich sein könnte. Der Personenkreis derer, die unmittelbar Zugang zu ihren Versuchsdaten hatten, war zwar überschaubar, aber aufgrund der optimalen Vernetzung des gesamten Institutsmaterials kaum vernünftig eingrenzbar. Sie musste entweder abwarten, was für eine Forderung kommen würde, oder herausbekommen, wer ihr schaden wollte. Einfacher war die Frage nach der Ernsthaftigkeit der Bedrohung zu beantworten. Bei der einen Studie ließ sich mit geringem Aufwand schlüssig begründen, warum die Teilnehmerzahl von dreißig Ausgangspatienten auf zwölf begrenzt worden war; hier drohte ihrer Meinung nach keine Gefahr. Anders sah es bei einer Studie über den Nachweis einer speziellen Tumorerkrankung aus. Hier hatte Cleo ursprünglich rund achtzig Patienten im Versuch gehabt, von denen knapp die Hälfte keinerlei Ergebnisse geliefert hatte, während bei den anderen die Ergebnisse zuverlässig reproduzierbar waren. Das möglicherweise plausible Unterscheidungskriterium lag beim Lebensalter, wenngleich mit einer kaum tolerablen Varianz. Daher hatte sie sich entschieden, die Versuchspersonen ab einem gewissen Alter auszuscheiden, was mit den verbleibenden Fehlerquoten und einigen kleineren Eingriffen in die Datenstruktur zu einem nach wie vor beeindruckenden, statistisch signifikanten Erfolg ihrer Nachweismethode führte. Das könnte bei strenger Betrachtungsweise allerdings zu tiefgreifender Kritik an ihren Ergebnissen führen und die Studie und den vor einem Monat erschienen Artikel wertlos machen. Ein herber Rückschlag, den es zu verhindern galt, zumal sie sich fast am Ziel wähnte, ein entsprechendes Testverfahren der klinischen Erprobungsphase zuzuführen. Sollte ihr dies gelingen, wäre das ein herausragender Erfolg für sie persönlich und das gesamte Institut. Was diese Studie anging, erkannte Cleo mit Herzklopfen, war sie in der Tat erpressbar. Der Erfolg war Cleo keinesfalls in die Wiege gelegt worden. Im Gegenteil. Alles hatte sie sich als Kind einer bildungsfernen Familie hart erarbeiten müssen. Ihr Vater war einfacher Postbeamter, ihre Mutter verdingte sich als Kassiererin in diversen Supermärkten, wenn sie nicht gerade mit einem der vier Geschwister beschäftigt war, die in annähernd regelmäßigen Abständen von zweieinhalb Jahren das Licht der Welt erblickten. Die Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung war zu klein für die siebenköpfige Familie, aber in den Postwohnblöcken im Norden Münchens gab es keine größeren Wohnungen, und am freien Markt war es aussichtslos, eine erschwingliche Wohnung zu bekommen. So teilte sich Cleo das größere Kinderzimmer mit ihren zwei Schwestern, die beiden Brüder bewohnten das kleinere. Die Eltern schliefen in dem Neun-Quadratmeter-Raum und das Wohn- war zugleich Esszimmer, denn die Küche war winzig und nur zum Kochen da. Als für Cleo die Frage anstand, ob sie auf das Gymnasium wechseln dürfe, war ihre Schwester Femke gerade drei Monate alt und die Mutter überfordert. Der Vater war ein Gegner der höheren Schule. Wenn Cleos Klassenlehrer nicht Dampf gemacht hätte, hätte sie statt des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums die Rudolf-Diesel-Realschule besucht und wäre vermutlich Fernmeldetechnikerin bei der Post geworden. In der Familie blieb sie mit ihrem Bildungsweg ein Fremdkörper und war es bis heute. Das Einzige, was sie mit ihren Geschwistern verband, waren die ausgefallenen Vornamen, ein verrückter Spleen ihrer Mutter, die für ihre Kinder unverwechselbare Namen wollte. An die Hänseleien, die mit Vornamen wie Cleo Berenike, Femke Isalie, Ava Runa, Enno Damian und Veit Silas gang und...


Brun, Georg
In München im Jahr 1958 geboren, ist Georg Brun mit einigen Abstechern stets ein »Münchner Kindl« geblieben. Auf mehrere Jahre im Bayerischen Landeskriminalamt und das Jura-Studium folgte eine langjährige Tätigkeit im Wissenschaftsministerium. Als Georg Brun im Jahr 1988 mit »Das Vermächtnis der Juliane Hall« sein erstes Buch veröffentlichte und dafür den Bayerischen Förderpreis für Literatur erhielt, begann sein erfüllendes Doppelleben als Jurist und Schriftsteller. »Gewissenlose Wege« ist die Fortsetzung seiner München-Krimi-Reihe rund um die Anwältin Olga Swatschuk.
Mehr über den Autor unter www.georgbrun.de

In München im Jahr 1958 geboren, ist Georg Brun mit einigen Abstechern stets ein »Münchner Kindl« geblieben. Auf mehrere Jahre im Bayerischen Landeskriminalamt und das Jura-Studium folgte eine langjährige Tätigkeit im Wissenschaftsministerium. Als Georg Brun im Jahr 1988 mit »Das Vermächtnis der Juliane Hall« sein erstes Buch veröffentlichte und dafür den Bayerischen Förderpreis für Literatur erhielt, begann sein erfüllendes Doppelleben als Jurist und Schriftsteller. Mit »Bodenloser Fall« und »Gewissenlose Wege« eröffnete er seine München-Krimi-Reihe rund um die junge Anwältin Olga Swatschuk.

Mehr über den Autor unter www.georgbrun.de oder auf Instagram unter: @brungeorg


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