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E-Book, Deutsch, Band 1, 432 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

Burke Neonregen

Ein Dave-Robicheaux-Krimi, Band 1
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86532-555-6
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Dave-Robicheaux-Krimi, Band 1

E-Book, Deutsch, Band 1, 432 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

ISBN: 978-3-86532-555-6
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der 1. Band der Dave-Robicheaux-Reihe

Ein Meisterwerk von Bestseller-Autor James Lee Burke

Nur noch drei Stunden bleiben Johnny Massina bis zu seiner Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl. Der letzte Mensch, den er vor seinem Tod sprechen möchte, ist ausgerechnet ein Cop von der Mordkommission New Orleans. Massina lässt Dave Robicheaux wissen, dass er beseitigt werden soll. Mit seinen Ermittlungen ist er einigen mächtigen Gangstern in die Quere gekommen. Robicheaux vermutet, dass der geplante Anschlag auf ihn auch etwas mit der Leiche der jungen Frau zu tun hat, die er aus dem Bayou gefischt hat. Seine Kollegen bei der Polizei gehen von Selbstmord aus. Nur Dave glaubt nicht daran und ermittelt gegen alle Widerstände weiter. Dabei verstrickt er sich schnell in einen Fall, der noch viel morastiger ist als das Sumpfloch, aus dem er das tote Mädchen zog.

»Niemand erweckt Schauplätze so gut zum Leben wie James Lee Burke, und niemand beschreibt emotionale Konflikte so perfekt wie er.« Elizabeth George

Diese Ausgabe wurde im Pendragon Verlag NEU überarbeitet.

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Weitere Infos & Material


1 Der Abendhimmel war mit violetten Streifen durchzogen, einem Farbton, der an überreife Pflaumen erinnerte, und ein leichter Regen hatte eingesetzt, als ich das Ende der Asphaltstraße erreichte, die dreißig Kilometer weit durch eine dichte, beinahe undurchdringliche Vegetation aus Zwergeichen und Kiefern führte und vor dem Eingangstor des Staatsgefängnisses von Angola endete. Vor dem Zaun hatte sich die übliche Gemeinde von Todesstrafengegnern zur Andacht versammelt: Priester, Nonnen in Zivilkleidung, Studenten der Louisiana State University mit brennenden Kerzen in der Hand. Doch es gab auch eine andere Gruppe, eine seltsame Mischung aus Verbindungsstudenten und Rednecks, die Bier aus eisgefüllten Plastikkühlboxen tranken, „Glow, Little Glow Worm“ sangen und Schilder in der Hand hatten, auf denen PROST, MASSINA, EIN BUD AUF DEIN WOHL oder JOHNNY, HEUTE GEHT’S AUF DEN GRILL stand. „Ich bin Lieutenant Dave Robicheaux vom New Orleans Police Department“, sagte ich zu einem der Wächter am Tor und zeigte ihm meine Dienstmarke. „Oh, ja, Lieutenant. Ihr Name steht auf meiner Liste. Ich fahr mit Ihnen rüber zum Block“, sagte er und stieg in meinen Wagen. Die Ärmel seines Khakihemdes waren über den sonnengebräunten Armen hochgekrempelt, und er hatte die typischen wässerig grünen Augen und kräftigen Wangenknochen der Leute aus dem nördlichen Hügelland von Louisiana. Er roch leicht nach getrocknetem Schweiß, Kautabak und Talkumpuder. „Ich weiß gar nicht, welche Bande mich mehr ärgert. Diese religiösen Typen, die so tun, als würden wir jemanden wegen Falschparken grillen, oder die Jungs mit den Schildern, die offenbar drüben auf der Uni nicht genug zu bumsen kriegen. Bleiben Sie bis zum Schluss?“ „Nee.“ „Haben Sie den Kerl hopsgenommen, oder was?“ „Er war bloß ein kleiner Eintreiber, über den ich früher ab und zu mal gestolpert bin. Ich hab ihn aber nie wegen irgendwas drangekriegt. In Wirklichkeit, glaub ich, hat er mehr versiebt, als er durchgezogen hat. Vielleicht ist er durch ein Arbeitsbeschaffungsprogramm beim Mob gelandet.“ Der Wachmann lachte nicht. Er blickte aus dem Wagenfenster auf das riesige, flache Areal der Gefängnisfarm und verkniff jedes Mal die Augen, wenn wir auf der unbefestigten Straße an einem der Vertrauenshäftlinge vorbeikamen. Der Hauptwohnbereich des Gefängnisses, mehrere einstöckige Gebäude mit Hochsicherheitszellen, von einem Maschendraht umgeben, durch überdachte Laufgänge und Höfe miteinander verbunden und in ihrer Gesamtheit als der „Block“ bezeichnet, war hell erleuchtet und strahlte im Regen wie Kobalt. In der Ferne sah ich die mit chirur gischer Präzision angelegten Zuckerrohr- und Süßkartoffelfelder, die Silhouetten verfallener Lagerbaracken aus dem neunzehnten Jahrhundert vor dem roten Nachglühen der Sonne, die sich im Wind biegenden Weiden entlang des Mississippiufers, unter denen manch ein ermordeter Häftling begraben lag. „Steht der Stuhl noch im Red Hat House?“, fragte ich. „Ganz genau. Dort kriegen sie Feuer unterm Arsch gemacht. Wissen Sie, woher der Name stammt?“ „Ja“, antwortete ich, aber er hörte nicht zu. „Damals, bevor die Gemeingefährlichen im Block eingesperrt worden sind, mussten sie unten am Fluss arbeiten und diese gestreiften Joppen und rot gefärbten Strohhüte tragen. Abends mussten sie sich dann nackt ausziehen, eine Leibesvisitation über sich ergehen lassen, wurden dann ins Red Hat House getrieben, und ihre Klamotten hat man ihnen hinterhergeschmissen. An den Fenstern war kein Fliegendraht, und die Moskitos haben einem Mann schneller die Gottesfurcht beigebracht als ein Baseballschläger.“ Ich parkte den Wagen, und wir betraten den Block, passierten den ersten Zellentrakt, wo sowohl die Spitzel als auch die gefährlicheren Häftlinge einsaßen, gingen durch den langen, strahlend erleuchteten Gang zwischen den Auslaufhöfen zum nächsten Bereich, dann durch eine weitere hydraulische Sperre und einen Verbindungsraum, in dem zwei Wachen an einem Tisch Karten spielten und wo ein Schild AB HIER KEINE WAFFEN an der Wand hing, kamen dann zu den Aufenthalts- und Speiseräumen, wo schwarze Vertrauenshäftlinge mit elektrischen Bohnermaschinen die glänzenden Fußböden polierten, und stiegen endlich die eiserne Wendeltreppe zu dem kleinen Hochsicherheitstrakt empor, in dem Johnny Massina die letzten drei Stunden seines Lebens zubrachte. Der Wachmann vom Tor verließ mich hier, und ein anderer betätigte den einfachen Hebel, der die Zellentür öffnete. Johnny trug ein weißes Hemd, schwarze Hosen und ein Paar schwarze Air-Force-Schuhe mit weißen Socken. Sein drahtiges, grau-schwarzes Haar war schweißnass, und sein Gesicht hatte die Farbe und Beschaffenheit von altem Papier. Er blickte von seinem Platz auf der Pritsche zu mir auf, seine Augen glänzten heiß und fiebrig, und auf seiner Oberlippe sammelten sich kleine, feuchte Perlen. Mit nikotingelben Fingern hielt er eine Camel-Zigarette, der Boden rings um seine Füße war mit Kippen übersät. „Streak, bin ich froh, dass Sie gekommen sind. Ich war mir nicht sicher, ob Sie’s rechtzeitig schaffen“, sagte er. „Wie geht’s, Johnny?“ Seine Hände umklammerten die Oberschenkel, und er blickte auf den Fußboden, dann wieder zu mir. Ich sah, wie er schluckte. „Haben Sie schon mal so richtig Schiss gehabt?“, fragte er. „In Vietnam ein paarmal.“ „Richtig. Sie waren ja drüben, nicht?“ „Damals, ’64, bevor es richtig heiß wurde.“ „Wette, Sie waren ein guter Soldat.“ „Ich hab’s überlebt, das ist alles.“ Auf der Stelle merkte ich, wie dumm meine Bemerkung war. Er sah mir am Gesicht an, dass ich sie bedauerte. „Machen Sie sich nichts draus“, sagte er. „Ich hab Ihnen ’nen ganzen Haufen zu erzählen. Erinnern Sie sich noch, wie Sie mich ein paarmal zu diesen Versammlungen von den Anonymen Alkoholikern mitgenommen haben, an diesen Schritt, den ihr da immer macht, wenn ihr was zu beichten habt – wie sagt ihr noch mal dazu?“ „Schritt fünf, wo man vor sich selbst, vor Gott und anderen alle seine Fehler offen und ehrlich eingesteht.“ „Genau. Tja, das hab ich auch gemacht. Bei ’nem farbigen Pfarrer, gestern Morgen. Ich hab ihm jede Schlechtigkeit erzählt, die ich je begangen hab.“ „Das ist gut, Johnny.“ „Nein, hören Sie zu. Ich hab ihm die Wahrheit gesagt und bin ein paar echt schlimme Sachen losgeworden, sexuelles Zeug, wegen dem ich mich immer geschämt und das ich nie so richtig kapiert habe. Wissen Sie, was ich meine? Ich hab alles rausgelassen. Ich hab ihm auch von den beiden Jungs erzählt, die ich in meinem Leben abgemurkst hab. Den einen hab ich auf dem Weg nach Havanna über die Reling von ’nem Passagierschiff gekippt, und 1958 hab ich den Cousin von Bugsy Siegel mit ’ner Schrotflinte erledigt. Wissen Sie, was es heißt, ’nen Verwandten von Bugsy Siegel kaltzumachen? Sobald ich dem Pfarrer alles gebeichtet hatte, hab ich’s auch dem Wächter und dem stellvertretenden Direktor erzählt. Wissen Sie, dass es den blöden Arschgeigen absolut egal war? Moment noch, lassen Sie mich ausreden. Ich hab all das Zeug erzählt, weil mir einfach irgendwer glauben muss, dass ich diese Braut nicht alle gemacht habe. Ich würd kein junges Mädchen aus ’nem Hotelfenster werfen, Streak. Ich fang nicht an zu zetern, weil ich gegrillt werde. Ich schätze, letzten Endes geht das schon alles klar, aber ich möchte, dass diese Mistkerle wissen, dass ich nur die Jungs über die Klinge hab springen lassen, die nach den gleichen Regeln gespielt haben wie ich. Begreifen Sie das?“ „Ich glaube schon. Und ich bin froh, dass Sie auch den fünften Schritt gemacht haben, Johnny.“ Zum ersten Mal lächelte er. Sein Gesicht glänzte im Licht. „He, sagen Sie mal, stimmt das, dass Jimmie the Gent Ihr Bruder ist?“ „Auf der Straße hört man allerhand Quatsch.“ „Sie haben diese schwarzen Cajun-Haare mit dem weißen Fleck drin, als hätten Sie Stinktierblut in den Adern.“ Er lachte. Seine Gedanken lösten sich von dem Gang, den er, mit einer Kette um den Bauch gefesselt, in drei Stunden zum Red Hat House antreten würde. „Er hat uns mal den Auftrag gegeben, ein paar Pokerautomaten für seine Läden aufzustellen. Sobald die Dinger installiert waren, haben wir ihm gesagt, dass er ab jetzt alle Automaten von uns kriegt: Zigaretten, PacMan, Gummis. Und er sagt, Gummis nicht, er hat nur erstklassige Clubs, und in denen will er keine Gummiautomaten aufstellen. Also sagen wir ihm, er hat keine Wahl – entweder kauft er das ganze Paket, oder sein Wäschedienst fällt aus, die Gewerkschaft stellt Streikposten vor seinem Laden auf und das Gesundheitsamt kriegt raus, dass seine Tellerwäscher Lepra haben. Und was macht der Typ? Er lädt Didoni Giacano – Didi Gee höchstpersönlich – und seine ganze Sippe zum Lasagne-Essen in sein Restaurant ein, und am Sonntagnachmittag trudeln alle bei ihm ein wie eine Bande cafoni, die gerade mit dem Schiff aus Palermo kommt, weil nämlich Didi glaubt, dass Jimmie anständige Beziehungen hat und ihn bei den Knights of Columbus unterbringen kann oder so. Didi Gee wiegt so um die hundertfünfzig Kilo und ist behaart wie ’n Affe, und unten in New Orleans hat jeder mehr Schiss vor ihm als Vaterlandsliebe, aber seine Mama ist eine vertrocknete kleine sizilianische Lady, die aussieht wie eine in schwarze Tücher gewickelte Mumie, und sie haut Didi heut noch mit dem Löffel auf die Finger, wenn er über den Tisch langt, statt höflich zu bitten. Mitten beim Essen fängt also Jimmie an, Mama Giacano zu erzählen, was für ein toller Bursche...


James Lee Burke, 1936 in Louisiana geboren, wurde Ende der 1960er Jahre als neue Stimme aus den Südstaaten gefeiert. Mitte der 1980er Jahre begann er Kriminalromane zu schreiben, in denen er die unvergleichliche Atmosphäre von New Orleans mit starken Geschichten verbindet.



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