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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 10, 456 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

Burke Sumpffieber

Ein Dave-Robicheaux-Krimi, Band 10
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86532-744-4
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Dave-Robicheaux-Krimi, Band 10

E-Book, Deutsch, Band 10, 456 Seiten

Reihe: Ein Dave Robicheaux-Krimi

ISBN: 978-3-86532-744-4
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Megan Flynn, die Tochter des vor Jahrzehnten ermordeten Gewerkschafters Jack Flynn, kehrt zurück nach New Iberia. Der Mord an ihrem Vater ist ein ungelöster Fall, der auch Sheriff Dave Robicheaux nicht zur Ruhe kommen lässt. Wenige Tage später werden zwei Brüder wegen Vergewaltigung einer jungen Schwarzen kaltblütig ermordet. Offenbar war Alex Guidry, ein berüchtigter Rassist, an beiden Verbrechen beteiligt. Als Dave ihn mit seinen Ermittlungen mehr und mehr in die Enge treibt, will er auspacken. Doch kurz bevor er bei einem geheimen Treffen seine Komplizen verraten kann, wird er erschossen. Dave scheint auf der richtigen Spur zu sein. Es gilt nur noch die letzten Beweise zu finden …

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2 Der Gefängnisverwalter, Alex Guidry, lebte außerhalb der Stadt auf einer 25 Hektar großen Pferdefarm, ohne einen Baum oder Schatten. Brütende Sommerhitze knallte auf die Blechdächer, und ein Gemisch aus Sand und getrocknetem Pferdemist wehte aus den Pferdeboxen. Das langgestreckte rote Backsteinhaus aus den Sechzigern, vor dessen rückwärtigem Fenster die Motoren der Klimaanlage täglich 24 Stunden dröhnten, wirkte wie eine Festung, die dem alleinigen Zweck dienen sollte, den Elementen zu trotzen. Guidrys Familie hatte in einer Zuckermühle unten bei New Orleans gearbeitet. Der Vater seiner Frau hatte den Schwarzen Sterbeversicherungen verkauft. Ansonsten wusste ich wenig über ihn. Er gehörte zu jenen alternden, sich prächtig haltenden Männern, mit denen man ein Foto beim Golfen auf der Sportseite der Lokalzeitung, die Mitgliedschaft in einem Club selbstzufriedener Wohlstandsbürger und einen Wohltätigkeitsdrang ohne jede praktische Konsequenz in Verbindung bringt. Oder war da noch was? War da nicht irgendeine schmutzige, Jahre zurückliegende Geschichte gewesen? Einzelheiten waren mir entfallen. Am Sonntagnachmittag stellte ich meinen Pick-up vor seinem Stall ab und ging an einem Hundezwinger aus Maschendraht vorbei zur Reitkoppel. Der Hundezwinger explodierte förmlich vom Gekläffe der zwei deutschen Schäferhunde, die sich gegen den Maschendraht warfen, während sie mit gefletschten Zähnen die Fäkalien auf dem heißen Betonboden unter ihren Pfoten zertraten. Alex Guidry drehte in leichtem Galopp auf einem schwarzen Wallach in der Koppel seine Runden, englische Sporen an den Reitstiefeln. Der Hals des Wallachs und seine Flanken schillerten schweißnass. „Was gibt’s?“, fragte er. „Ich bin Dave Robicheaux. Wir haben telefoniert.“ Er trug eine braune Reithose und ein enganliegendes weißes Polohemd. Er stieg ab, wischte sich den Schweiß mit einem Handtuch vom Gesicht und warf es einem Schwarzen zu, der aus dem Stall gekommen war, um ihm das Pferd abzunehmen. „Sie wollen wissen, ob dieser Broussard auf einem Anstaltsstuhl festgeschnallt wurde? Tagelang? Die Antwort lautet nein“, erklärte er. „Er sagt, sie hätten auch andere Insassen auf diese Weise festgehalten. Tagelang.“ „Dann lügt er.“ „Aber ihr habt dort einen Anstaltsstuhl, oder?“ „Für Insassen, die durchdrehen, bei denen die Einzelhaft nichts bringt.“ „Sie knebeln sie?“ „Nein.“ Ich rieb mir den Nacken und sah in Richtung Hundezwinger. Die Wasserschüssel war umgestoßen, und im Eingang der kleinen Hundehütte, dem einzigen Schutz vor der Sonne, brodelte die Luft vor Fliegen. „Sie haben hier ’ne Menge Platz. Können Sie die Hunde nicht frei rumlaufen lassen?“, fragte ich. Ich versuchte zu lächeln. „Sonst noch was, Mr. Robicheaux?“ „Ja. Cool Breeze sollte lieber nichts passieren, solange er in Ihrer Obhut ist.“ „Werd’s mir merken, Sir. Machen Sie beim Rausgehen das Gatter zu … wenn ich bitten darf.“ Ich stieg in meinen Pick-up und fuhr die mit Muschelbruch aufgeschüttete Straße entlang zum Weidegatter. Ein halbes Dutzend roter Angus-Rinder graste auf Guidrys Weide, während flaumige Silberreiher auf ihren Rücken saßen. Dann fiel es mir ein. Es lag zehn oder elf Jahre zurück. Damals war Alex Guidry beschuldigt worden, den Hund eines Nachbarn erschossen zu haben. Guidry hatte behauptet, der Hund habe eines seiner Kälber gerissen und die Eingeweide gefressen. Der Nachbar dagegen hatte eine andere Geschichte erzählt, nämlich dass Guidry eine Stahlfalle mit Köder für das Tier ausgelegt und es aus purer Boshaftigkeit getötet hätte. Ich blickte in den Rückspiegel und sah, dass er mich vom Ende der Muschelschalenstraße aus beobachtete, die Beine leicht gespreizt, eine lederne Reitgerte am Handgelenk baumelnd. Montagmorgen kehrte ich an meinen Schreibtisch im Iberia Parish Sheriff’s Department zurück, nahm meine Post aus dem Fach und klopfte ans Büro des Sheriffs. Er lehnte sich auf seinem Drehstuhl zurück und lächelte, als er mich sah. Seine Wangen waren mit feinen blauen und roten Äderchen durchzogen, die wie frische Tintenlinien auf einer Karte aussahen, wenn sein aufbrausendes Temperament mit ihm durchging. Er hatte sich zu hastig rasiert, und ein Stück blutiges Kleenex klebte an seinem Kinngrübchen. Unbewusst stopfte er sein Hemd wiederholt über dem Bauch in den Hosenbund. „Was dagegen, wenn ich früher wieder zu arbeiten anfange als geplant?“, fragte ich. „Hat das was mit Cool Breeze Broussards Beschwerde beim Justizministerium zu tun?“ „Ich bin gestern draußen bei Alex Guidry gewesen. Wie sind wir bloß an einen solchen Kerl als Gefängnisverwalter geraten?“ „Ist nicht gerade ein Job, für den die Leute Schlange stehen“, sagte der Sheriff. Er kratzte sich an der Stirn. „Im Augenblick wartet eine FBI-Agentin in Ihrem Büro. Eine Frau namens Adrien Glazier. Kennen Sie sie?“ „Ne. Woher wusste sie, dass ich hier sein würde?“ „Sie hat zuerst bei Ihnen zu Hause angerufen. Ihre Frau hat’s ihr gesagt. Egal, bin froh, dass Sie wieder da sind. Ich will diesen Mist im Gefängnis aufgeklärt haben. Wir haben gerade einen komischen Fall, den uns das St. Mary Parish zum Fraß vorgeworfen hat.“ Er öffnete einen braunen Umschlag, setzte die Brille auf und starrte auf das Fax in seinen Händen. Das ist die Geschichte, die er mir erzählt hat. Vor drei Monaten, unter einem Mond mit Hof, der Regen verhieß, und einem Himmel, in dem der Staub aus den Zuckerrohrfeldern hing, war ein 17-jähriges schwarzes Mädchen namens Sunshine Labiche angeblich von zwei weißen Jungen mit ihrem Wagen von einer unbefestigten Straße in den Straßengraben abgedrängt worden. Die beiden hatten sie hinter dem Steuer hervorgezerrt, sie rechts und links untergehakt und waren mit ihr tief im Zuckerrohrfeld verschwunden, wo sie sie vergewaltigt und zum Oralverkehr gezwungen hatten. Am nächsten Morgen identifizierte das Mädchen die beiden Jungen anhand einer Verbrecherkartei. Die beiden waren Brüder aus dem St. Mary Parish und vier Monate zuvor wegen des Überfalls auf einen Lebensmittelladen in New Iberia verhaftet und mangels Beweisen wieder freigelassen worden. Diesmal hätten sie ins Gefängnis gemusst. Irrtum. Beide hatten Alibis, und das Mädchen gab zu, dass sie mit ihrem Freund Dope geraucht hatte, bevor sie vergewaltigt worden war. Sie zog die Anzeige zurück. Am späten Sonntagnachmittag tauchte ein Privatwagen vor der Farm der zwei Brüder drüben im St. Mary Parish auf. Der Vater, bettlägerig, war im Vorderzimmer, beobachtete die ungebetenen Besucher, ohne dass diese das merkten, durch die Ritzen in der Jalousie. Der Fahrer des Wagens trug die grüne Uniform eines Deputys aus dem Iberia Parish und eine Sonnenbrille und blieb hinter dem Steuer sitzen, während ein zweiter Mann, in Zivil und mit Panamahut, auf die Veranda trat und den beiden Brüdern erklärte, man müsse noch ein paar Fragen in New Iberia klären, danach würden sie wieder nach Hause gefahren. „Dauert keine fünf Minuten. Wir wissen, dass ihr Jungs nicht den ganzen Weg nach Iberia kommen müsstet, um Spaß zu haben“, sagte er. Den Brüdern wurden keine Handschellen angelegt, und sie durften sogar einen Zwölferpack Bier mitnehmen und auf dem Rücksitz trinken. Eine halbe Stunde später, bei Sonnenuntergang, sah ein Student der University of Southern Louisiana, der draußen in den Atchafalaya-Sümpfen campierte, durch die halb im Wasser stehenden Weiden und Gummibäume, die sein Hausboot umgaben, einen Wagen oben auf dem Damm anhalten. Zwei ältere Männer und zwei Jungen stiegen aus. Einer der Männer trug Uniform. Alle hielten Bierdosen in der Hand. Alle urinierten vom Damm aus ins Schilf. Dann schien den beiden Jungen, sie trugen Jeans und fleckige bunte Hemden, deren Ärmel herausgetrennt waren, offenbar zu dämmern, dass etwas faul sein musste. Sie drehten sich um und starrten begriffsstutzig auf ihre Begleiter, die jetzt wieder oben auf dem Damm standen und plötzlich Pistolen in den Händen hielten. Die Jungen versuchten offenbar zu verhandeln, hielten die Hände von sich gestreckt, als wollten sie einen unsichtbaren Feind abwehren. Die olivenfarbene Haut ihrer Arme war von Tätowierungen übersät, das Haar hatten sie mit Wachs zu Spitzen hochgezwirbelt. Der Mann in Uniform hob seine Waffe, rief ein unverständliches Kommando und deutete auf den Boden. Als die Jungen nicht reagierten, ging der Mann mit dem Panamahut zu den Jungen und drehte sie beinahe sanft mit der Hand in Richtung Wasser, trat mit der Schuhspitze gegen die Wade des einen, dann des anderen, zwang sie damit in die Knie, als dekoriere er Puppen in einem Schaufenster. Dann kehrte er zu dem Mann in Uniform oben auf dem Damm zurück. Einer der Jungen starrte immerfort ängstlich zurück über die Schulter. Der andere schluchzte haltlos, das Kinn gereckt, die Arme starr an den Körper gepresst, die Augen fest geschlossen. Die Umrisse der Männer hoben sich deutlich vor der glühend roten Sonne ab, die hinter dem Damm versank. Gerade als ein Schwarm Vögel vor der Sonne vorbeizog, umfassten die beiden Schützen ihre Waffen mit beiden Händen und begannen zu schießen. Ob das fahler werdende Licht oder die Art ihrer Tat schuld war, jedenfalls zielten sie schlecht. Beide Opfer versuchten, auf die Beine zu kommen, die Körper im Kugelhagel in grotesken, simultanen Zuckungen verrenkt. Der Zeuge sagte später: „Das Mündungsfeuer ratterte unaufhörlich. Sah fast so aus, als würde jemand Stücke aus einer Wassermelone...


James Lee Burke wurde 1936 in Houston / Texas geboren und wuchs in Louisiana an der Golfku¨ste auf. Nach dem Studium schlug er sich mit diversen Jobs durch, unter anderem bei einer O¨l rma, als Journalist, Englischdozent und Sozialarbeiter. Burke wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter mit dem Hammett Prize, dem Edgar Allan Poe Award und mehrfach mit dem Deutschen Krimi Preis.



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