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E-Book, Deutsch, Band 2526, 127 Seiten

Reihe: Beck'sche Reihe

Busch Caspar David Friedrich

E-Book, Deutsch, Band 2526, 127 Seiten

Reihe: Beck'sche Reihe

ISBN: 978-3-406-77705-9
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Caspar David Friedrich (1774 – 1840) hat mit Gemälden wie dem 'Tetschener Altar' und dem 'Mönch am Meer' seine Zeitgenossen gleichermaßen irritiert und fasziniert. Heute sind sie Ikonen der deutschen Romantik. Werner Busch, einer der besten Kenner, skizziert Friedrichs Biographie und erläutert seine Religiosität wie seine politische Haltung. Anhand herausragender Beispiele erklärt er die Gestaltungsprinzipien Friedrichs und führt durch das höchst eigenständige Œuvre der Zeichnungen und Gemälde.
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2. Lebensstationen
Caspar David Friedrich wurde am 5. September 1774 in Greifswald als sechstes von zehn Kindern des Seifensieders und Lichtgießers Gottlieb Adolf Friedrich und seiner Ehefrau Sophia Dorothea, geb. Bechly geboren. Das Geburtshaus und die zugehörige Seifensiederei haben sich in Greifswald in der Langen Straße 57 erhalten. Die Gebäude sind restauriert und beherbergen heute das Caspar-David-Friedrich-Zentrum. Friedrichs Mutter und verschiedene Geschwister starben früh. Seine Jugend wurde außerdem überschattet durch ein traumatisches Erlebnis: Eingebrochen ins Eis wurde er von seinem älteren Bruder Johann Christoffer gerettet, der dabei selbst ertrank. Friedrich, dessen Fixierung auf den Tod offensichtlich ist, soll einen Selbstmordversuch unternommen haben, und es ist denkbar, dass sein ungewöhnlicher und lebenslang getragener breiter Bart Spuren dieses Versuches verdecken sollte. Das pommersche Greifswald war bis 1815 schwedisch und Friedrich fühlte sich dieser Herkunft dauerhaft verbunden. Das sollte für den «Tetschener Altar» wichtig werden und sich noch in einem absoluten Spätwerk, den «Lebensstufen» (Abb. 12), zeigen: Im Zentrum des Bildes schwenkt eines der Kinder, von dem wir annehmen können, dass es sich um Friedrichs Sohn handelt, die schwedische Fahne. Bei den übrigen Dargestellten dürfte es sich wohl um Friedrich und seine Familie handeln. Friedrichs künstlerische Anfänge sind ein wenig mühsam und durchaus konventionell. Er lernte von 1790 bis 1794 bei dem Greifswalder Universitätszeichenlehrer Johann Gottfried Quistorp und kopierte nach dem zwischen 1728 und 1731 erschienenen Standardvorlagenwerk von Johann Daniel Preißler. Da Quistorp auch Architekt war, dürfte Friedrich schon hier mit Perspektive und Entwurfszeichnung vertraut geworden sein. Quistorp dürfte es auch gewesen sein, der Friedrich das Studium an der Kopenhagener Akademie empfahl, die nach Pariser Vorbild organisiert war und als ein europäisches Zentrum der Perspektivlehre galt. Friedrich studierte in Kopenhagen von 1794 bis 1798. Dort absolvierte er die Freihandzeichenklasse, die Gips- und Modellklasse und lernte bei dem nicht sehr zugänglichen Akademiedirektor Nicolai Abildgaard, einem Perspektivspezialisten, von dem man allerdings nicht sagen kann, dass er auch ein überzeugender Figurenzeichner gewesen wäre – und auch Friedrich hat das Manko auf diesem Gebiet zeit seines Lebens nicht überwinden können. Doch an der Kopenhagener Akademie spielte auch die Landschaftsmalerei eine besondere Rolle. Für Friedrich ist ein gewisser Einfluss von Jens Juel oder auch von Christian August Lorenzen zu konstatieren. Zuerst zeichnete Friedrich nur und kolorierte gelegentlich mit Aquarellfarben. Kontakt zu dänischen Künstlern unterhielt er auch nach dem Studium über lange Zeit. Befreundet war er mit Johan Ludwig Lund. Christoffer Wilhelm Eckersberg, ein besonders ausgewiesener Perspektivspezialist, dem wir zwei Traktate zum Thema verdanken, war dennoch in erster Linie Landschaftsmaler und besuchte Friedrich in Dresden, wo dieser sich nach seiner Kopenhagener Zeit dauerhaft niederließ. Auf der Rückreise von Kopenhagen machte Friedrich Zwischenstation in Greifswald und Berlin. Nach Greifswald zu seiner Familie reiste er auch später regelmäßig, häufig verbunden mit einem Studienaufenthalt auf Rügen. Auf diesen Reisen dürfte er auch regelmäßig in Berlin Station gemacht haben, obwohl wir wenig darüber wissen. Immerhin wurde Friedrich 1811 nach der Ausstellung des «Mönch am Meer» und der «Abtei im Eichwald» – die Bilder wurden vom preußischen Kronprinzen vom Fleck weg gekauft – zum Mitglied der Berliner Akademie ernannt. Bei seinem Berlin-Besuch 1798 dürfte Friedrich seinen Greifswalder Jugendfreund, den Buchhändler und Verleger Georg Andreas Reimer, aufgesucht haben. Denkbar ist, dass es bereits zu diesem Zeitpunkt zu einem Kontakt mit Friedrich Schleiermacher kam. Schleiermacher wurde zu einem engen Freund von Reimer, der seine Werke verlegte. Genau zur Zeit von Friedrichs Anwesenheit in Berlin 1798 war Schleiermacher mit der Abfassung seiner Reden «Über die Religion» beschäftigt, die 1799 erschienen und großen Einfluss auf Friedrich hatten; die zweite Auflage von 1806 wurde bereits bei Reimer verlegt. 1818 besuchten Reimer und Schleiermacher, um kurz vorzugreifen, Friedrich in Dresden. Der Besuch hatte vor allem politische Gründe: Alle drei waren den Freiheitskriegen verpflichtete Demagogen und sannen auf politische Reformen, allerdings, was nachdrücklich zu betonen ist, auf der Basis einer religiösen Erneuerung. Reimer marschierte gar in Demagogentracht durch Dresden, die, geprägt von Ernst Moritz Arndt, an der Dresdener Akademie ausdrücklich verboten war. Und Friedrich ließ die Demagogen in ihrer Tracht auch später beständig in seinen Bildern auftauchen. In Dresden orientierte er sich offensichtlich an Adrian Zingg und seiner Schule, schlicht auch deswegen, weil nicht zu übersehen war, dass Zingg mit seinen großen Sepiazeichnungen und -radierungen Erfolg hatte. Sie zeigten zumeist Motive aus der Sächsischen Schweiz. So wie Zingg der «Entdecker» der Sächsischen Schweiz wurde, die zugleich touristisch erschlossen wurde, so setzte Friedrich auf die Darstellung von Sehenswürdigkeiten auf Rügen. Auch hier begann zur gleichen Zeit auf der Basis von Reiseführern die Aneignung durch städtische Besucher. Was die beiden Gegenden verband, war der besondere Reiz ihrer geologischen Struktur. Den bizarren Felsformationen des Elbsandsteingebirges standen die Kreidefelsen auf Rügen und die großen Granitsteine am Ufer der Insel gegenüber. Kein Wunder, dass sich die Zeitgenossen davon angezogen fühlten, war doch die Geologie neben der Meteorologie eine der Leitwissenschaften der Zeit um 1800, denn sie ließ Einblicke in die Erdentstehungsgeschichte zu. 1801 unternahm Friedrich seine beiden ersten Reisen nach Rügen und widmete sich zeichnerisch den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, vor allem Kap Arkona, den Stubbenkammer Kreidefelsen (Abb. 1), dem Rugard, aber auch einfachen Blicken aufs Meer oder in die Weite der Landschaft. Bis 1806/07 beschäftigte ihn die Umsetzung dieser zeichnerischen Aufnahmen in repräsentative Sepien, zumeist in einer Größe von etwa 40 x 60 oder auch 50 x 70 Zentimetern. Auf Grund ihrer höchst differenzierten Abstufung des braunen Sepiatones waren sie durchaus gefragt. 1  Caspar David Friedrich, Stubbenkammer auf Rügen, 21. Juni 1801, Feder in Braun über Bleistift, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett Dann brach Friedrich die Beschäftigung mit diesem Typus plötzlich ab und griff sie erst spät gelegentlich wieder auf. Der Grund: Ab etwa 1806 begann Friedrich in Ölfarbe zu malen, in einer ausgeklügelten Lasurtechnik, wobei ihm die subtile Abstufung des Sepiatones in seinen Graphiken Vorbild sein konnte. Da farbige Lasuren durchscheinend sind, konnte er so die farbige Modellierung in kaum merklichen Übergängen steuern. Friedrich erweiterte seinen Radius durch Reisen nach Nordböhmen, wo es ihm die hintereinander gestaffelten Gebirgszüge angetan hatten – ihre Staffelung bot sich einer differenzierten farbigen Abstufung von vorne nach hinten nach den Gesetzen der Luftperspektive besonders an. Nebellandschaften mit entsprechenden Effekten ergänzten das Spektrum. Dann kam es zu Friedrichs die Öffentlichkeit faszinierendem und irritierendem Auftritt mit dem «Tetschener Altar» (Abb. 13), den der Künstler, bei eigener Abwesenheit, Weihnachten 1808 in ausgeprägter Inszenierung in seinem Dresdener Atelier ausstellte. Er löste damit den sogenannten Ramdohr-Streit aus, bei dem es um die Frage ging, inwieweit ein reines Landschaftsbild religiöse Ansprüche stellen, ja, als Altarbild auftreten könne. Die Zeitgenossen begriffen, dass sich hier etwas gänzlich Neues zeigte, das klassische Erwartungen vollständig in Frage stellte. In der unmittelbaren Folge versuchte Friedrich, das Ungewöhnliche des «Tetschener Altares» noch zu überbieten – durch den «Mönch am Meer» (Abb. 14), ein Bild, das zwischen 1808 und 1810 entstand und wiederum insbesondere von literarischer Seite Stellungnahmen herausforderte: unter anderem rief es Clemens Brentano, Achim von Arnim und Heinrich von Kleist auf den Plan. Die Leere des Bildes, die fehlenden seitlichen Begrenzungen, die räumlichen Unklarheiten, die gedämpfte Farbigkeit, der Charakter von Trostlosigkeit, den das Bild ausstrahlte, sorgten für Verwirrung und ganz unterschiedliche Versuche, mit dem Dargestellten zurechtzukommen. Doch das Werk hatte ein Pendant: die «Abtei im Eichwald», und so entstand ein Argument von Bild zu Bild, so schwer sein tieferer Sinn auch greifbar schien, denn er entfaltete sich allein auf ästhetischem...


Werner Busch lehrte von 1988 bis 2010 Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin.


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