E-Book, Deutsch, 441 Seiten
Cadivec Bekenntnisse und Erlebnisse
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-95885-191-7
Verlag: Venusbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 441 Seiten
ISBN: 978-3-95885-191-7
Verlag: Venusbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Edith Cadivec wurde 1879 geboren. Im Jahr 1916 eröffnete sie eine Privatschule für moderne Sprachen, in der sie die Schüler hart bestrafte und züchtigte. Edith Cadivec stand deshalb 1923 im sogenannten 'Wiener Sadistenprozess' vor Gericht. Während ihres Gefängnisaufenthalts verfasste sie 1926 'Mein Schicksal - Bekenntnisse von Edith Cadivec', das aufgrund der eingehenden Beschreibung der Sexualpraktiken zu einem Klassiker der sadomasochistischen Literatur wurde. Einige Jahre später folgte mit 'Eros - Der Sinn meines Lebens' ein weiteres Werk, in welchem sie die Jahre nach ihrer Entlassung aus der Haft schildert. Das Todesjahr von Edith Cadivec ist nicht bekannt.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
KINDHEITSERLEBNISSE
Ich trat als zweites Kind meiner Eltern in mein gegenwärtiges Dasein und kam in San Marino zur Welt. Mein Vater, Sohn eines Arztes, wollte selbst Arzt werden, mußte aber infolge eines Augenleidens seine medizinischen Studien im fünften Semester aufgeben und trat als Verkehrsbeamter in den Bahndienst ein. Er kannte damals bereits meine Mutter und tat dies vielleicht auch, um eine Familie gründen zu können.
Meine Mutter stammte aus einer seit Generationen in Kärnten ansässigen Gutsbesitzerfamilie. Großvater und Großmutter mütterlicherseits waren sehr wohlhabend und erreichten ein hohes Alter. Diese Großeltern hatten vier Töchter und drei Söhne, worunter meine Mutter die Älteste war, sich als einzige verheiratete und aus dem Vaterhause schied. Die andern drei Töchter blieben unverheiratet im Elternhaus, widmeten sich der Hauswirtschaft und erbten den Besitz.
Meine Mutter gab die innigen Beziehungen zu ihrer Familie niemals auf; alljährlich weilte sie mit uns Kindern längere Zeit im Kreise ihrer Schwestern und Brüder, mit welchen sie in großer Liebe verbunden war.
Von der Familie meines Vaters ist nicht viel zu sagen, weil die Beziehungen zu ihr dauernd sehr locker blieben. Der Vater selbst trat mit seiner Verheiratung ganz in den Familienkreis meiner Mutter über und vernachlässigte den Verkehr mit seinen eigenen Familienangehörigen. Wohl weilte zeitweise eine Schwester des Vaters, die Tante Regina, mit ihrem einzigen Sohn, Peter, bei uns zu Besuch, doch konnte sie niemals heimisch werden, weil sie von uns allen wie eine fremde, fernstehende Verwandte betrachtet wurde. Sie kam meistens nur, um den durch die Krankheit meiner Mutter in Unordnung geratenen Haushalt wieder in Ordnung zu bringen und die zerrissene Wäsche zu flicken. Hatte sie dies besorgt, reiste sie mit Peter unbedankt und unbeliebt wieder in ihre ferne Heimatstadt zurück.
Meine Mutter litt an schweren epileptischen Anfällen, die während ihrer Ehe auftraten und an Heftigkeit und Häufigkeit immer mehr Zunahmen. Viele Jahre hindurch war sie die Patientin des berühmten Nervenarztes Professor Notnagel in Wien, von dessen Behandlung sie Heilung erwartete. Mein Vater selbst las sehr viele medizinische Bücher, um die Krankheit der Mutter zu erforschen. Dieses böse Leiden meiner Mutter trübte arg das Familienglück.
Meine Schwester Gabrielle war zwanzig Monate älter als ich. Der Vater hatte sie in sein Herz geschlossen, bevorzugte sie vor mir, und dies nicht nur als Erstgeborene, sondern noch viel mehr als sein Ebenbild und erklärtes Lieblingskind. Der Traum des auf dieses Kind stolzen Vaters war, seine Gabrielle Ärztin werden zu lassen; sie sollte in der Schweiz studieren, dem einzigen Lande, wo damals das Mädchenstudium möglich war. Das, was er selbst nicht zu erreichen vermochte, sollte sein Lieblingskind erfüllen.
Bis auf sein quälendes, chronisch gewordenes Augenleiden, war mein Vater von guter Gesundheit. Im Alter von dreiundfünfzig Jahren begann er an Magenkrebs zu leiden – der Krebs war in seiner Familie mütterlicherseits erblich – und starb an dieser Krankheit drei Jahre später, unter qualvollen Schmerzen.
Die schreckliche Krankheit der Mutter wurde uns Kindern verheimlicht; es war aber unvermeidlich, daß wir als ganz kleine Mädchen schwere Anfälle von Epilepsie ungewollt zu sehen bekamen. Bei solchen Anlässen war ich so sehr erschüttert, daß ich tagelang nicht zur Ruhe kommen konnte. Angst und Schrecken verfolgten mich überall hin und verzerrten das Bild der Mutter in Qual und Grauen. Gabrielle aber, meine besonnene Schwester, lief rasch fort den Vater zu holen; der hob die Kranke in seinen Armen vom Boden auf und trug sie auf das Bett. Dabei durfte Ella dem Vater helfen; sie öffnete eilig die Türen, deckte das Bett auf, machte Eiskompressen und stand dem Vater hilfreich zur Seite. Mich aber lähmte das Entsetzen, und ich wurde streng weggewiesen. Meine Schwester kam sich sehr wichtig vor, blieb immer unbewegt und kalt, kannte weder Furcht noch Grauen, denn sie besaß die starken Nerven des Vaters. Viel gesünder und seelisch robuster als ich, spottete Ella über meine krankhafte Empfindlichkeit.
Als Baby bis zum Alter von achtzehn Monaten war ich so dick wie eine Kugel; dann fing ich an zu laufen und magerte ab. Ich war das Ebenbild meiner Mutter und ihr verhätschelter Liebling. Damit teilte sich unsere Familie in zwei Lager: drüben Vater und Gabrielle, hüben Mutter und ich. Meine Schwester war dem Vater Wie aus dem Gesicht geschnitten«, hatte seine Charakterzüge geerbt und besaß auch seine physischen Merkmale. Bei ihnen beiden machte sich das Gesetz der Gleichartigkeit restlos geltend: der Vater und seine Tochter Gabrielle harmonierten vollkommen miteinander, nie hatte einer an dem andern etwas auszusetzen, nie gab es Konflikte und Differenzen zwischen ihnen, sie verstanden und liebten sich auf ihre Art. Ich erinnere mich nicht, daß meine Schwester jemals vom Vater getadelt oder gar bestraft worden wäre. Der Vater hatte Ella in sein Herz geschlossen, er sah sich selbst in seinem Kinde und liebte es umsomehr.
Ich aber war zu verschieden von meiner Schwester, als daß der Vater mich hätte lieben können. Und auch ich liebte weder Vater noch Schwester, sondern hing an der Mutter wie eine Klette. Ich hatte das brennende weibliche Bedürfnis zu lieben und geliebt zu werden. Für mich war die Mutter der Inbegriff alles Zärtlichen, Warmen, aller Liebe und Geborgenheit. In frühester Kindheit hatte ich die vage Vorstellung, in den Körper der geliebten Mutter für immer zu verschwinden, um darin geborgen zu sein vor allem Drohenden und Feindlichen, insbesondere vor Vater und Schwester, die mir dahin nicht folgen durften.
Als ganz kleines Kind, soweit ich mich erinnern kann, verbarg ich mich gern unter die Kleider der Mutter; es war eine Leidenschaft von mir, die mir durch keine Schläge abzugewöhnen war. Soviel ich weiß, ließ es meine Mutter gutwillig geschehen, ja, es kam sogar vor, daß sie meinen Kopf und mein Gesicht besonders innig an ihren warmen Körper preßte, und ich fühlte, daß die Berührung mit dem weichen Kinderkörper ihr selbst Wohlgefühl bereitete. Nur wenn der Vater in der Nähe war, ließ sie es nicht zu und tat so, als ob sie mich wegstoße und sehr böse auf mich sei. In Wirklichkeit nahm sie dann meinen Kopf fest zwischen ihre Beine, beugte sich über meinen Rücken nieder und klatschte mit der Hand meinen nackten Popo so tüchtig, daß es mich brannte.
Der Vater sah es gern, daß mich die Mutter auf diese Art strafte. Er ermunterte sie immer dazu, indem er sagte: »wichs sie nur gut durch, Du verwöhnst sie zu sehr! Das Kind darf nicht so verzärtelt aufwachsen!« – und nach den Schlägen stellte er mich heulend in die Ecke. Nach einer Weile holte mich die Mutter aus meinem Winkel und war so überschwänglich zärtlich mit mir, daß ihre Küsse und stürmischen Liebkosungen mir den Atem raubten. Sie rieb und streichelte mir den rotgeprackten Hintern, küßte ihn sogar solange und fest, daß ich in ein ekstatisches Lachen ausbrechen mußte. Auch wenn ich bei ihr im Bette lag, Körper an Körper geschmiegt, ihre Brust fühlen konnte und mit meinen kleinen Füßen die weichen, haarigen Schwellungen ihres Geschlechts berührte, war ich trunken vor Seligkeit.
Alle diese süßen Dinge erschienen mir so natürlich, daß es mir gar niemals in den Sinn kam, ein Wort darüber zu sprechen. So wie der Zucker süß ist, und man immer wieder nach diesem Süßen verlangt, war für mich die Mutter das Süße, das Beseligende, nach welchem ich immer wieder Verlangen trug. So oft ich konnte, kletterte ich auf ihren Schoß und vergrub mein Gesicht an ihrer weichen, warmen Brust. Die Mutter schloß mich zärtlichst in die Arme, küßte mich dabei und drückte mich so fest an sich, daß es fast schmerzte. Dies alles tat sie nur heimlich, wenn sie mit mir allein war und Vater und Schwester es nicht sehen konnten. Denn der Vater duldete keine Verwöhnung, und am meisten haßte ich ihn, wenn er dies der Mutter in scheinbar bösem Ton verbot.
Zwischen Vater und Schwester wurden niemals Zärtlichkeiten getauscht. Es war eine Zuneigung anderer Art, die gar nichts Sinnliches an sich hatte. Die Liebe zwischen mir und der Mutter war unbewußt erotisch: die eruptive mütterliche Zärtlichkeit einerseits und meine leidenschaftliche kindliche Forderung danach anderseits, ausschließliche Zuneigung zur Mutter – Abneigung gegen Vater und Schwester, die mich von der Mutter loszureißen drohten.
Einmal, als ich bereits drei oder vier Jahre alt war, schlüpfte ich meiner Mutter wieder unter die Kleider und verbarg mich dort. Ich klammerte mich an ihren Beinen fest und wollte weder loslassen noch hervorkommen. Schließlich zog mich die Mutter doch hervor und wurde so böse, daß sie mich dafür ohrfeigte und tüchtig schlug. Beschämt, verprügelt und in Aufruhr gebracht, stand ich wie hypnotisiert von ihrer ungewohnten Grausamkeit und Strenge vor ihr.
Das Chaos meiner Empfindungen verwirrte mich vollends. Die schwüle Wärme und der Körperduft der schwangeren Mutter, der Kontakt mit ihrer strengen Hand, deren Schläge auf meiner Haut brannten, hinterließen in meiner kindlichen Seele so starke Eindrücke, daß die Erinnerung daran heute noch in mir wach ist. Dann wird die Sehnsucht nach dem Körper der Mutter so stark und zwingend, die ewige Sehnsucht, wieder eins zu werden mit der geliebten Mutter, daß ich in Verzückung dabei gerate. – Gleichzeitig aber empfand ich zitternd die abweisende Strenge der Mutter, ihre Macht und Grausamkeit, die in meinem Innern Angst und Scham auslösten und alle Gefühle in Erregung versetzten.
Ein weiteres erotisches Kindheitserlebnis war...