Camden | Die Lady von Bolton Hill | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 234 Seiten

Camden Die Lady von Bolton Hill


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96362-969-3
Verlag: Francke-Buch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 234 Seiten

ISBN: 978-3-96362-969-3
Verlag: Francke-Buch
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Baltimore, 1867: Ohne ihre gemeinsame Begeisterung für die Musik hätten sich die wohlhabende Clara Endicott und der aus ärm- lichen Verhältnissen stammende Daniel nie kennengelernt. Aber so verbindet sie eine innige Jugendfreundschaft - bis ihre Wege sich gegen ihren Willen trennen. Als sie sich 12 Jahre später wiederbegegnen, entfacht die innige Verbundenheit, die einst zwischen ihnen bestand, eine Liebe, die keiner von ihnen für möglich hielt. Aber es gibt so viel Trennendes zwischen ihnen: Clara ist inzwischen eine couragierte Journalistin und setzt sich aus christlicher Überzeugung für die Rechte der Arbeiter ein. Daniel hat sich aus eigener Kraft als Eisenbahnmogul ein Imperium aufgebaut. Die Frage nach Gott und die Rechte seiner Angestellten kümmern ihn wenig. Beide kämpfen für ihre Überzeugungen. Können sie einen Weg zueinander finden?

Elizabeth Camden studierte Geschichte und Bibliothekswissenschaft. Heute ist sie als Professorin für Bibliothekswesen tätig. Ihre Romane schreibt sie in ihrer freien Zeit. Zusammen mit ihrem Mann lebt sie in Florida.

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Prolog Baltimore, Maryland, 1867 „Na komm, Junge. Dein Vater braucht dich.“ Ungläubig sah Daniel von seinem Prüfungsbogen auf. Sein Vater konnte ihn doch unmöglich gerade jetzt aus der Schule holen lassen. Aber Joe Manzetti stand mit ernster Miene an der Tür, und Schweißtropfen hinterließen helle Spuren auf seinem rußgeschwärzten Gesicht. Dass er geholt wurde, um die alten Maschinen im Stahlwerk zu reparieren, war für Daniel nichts Neues, aber dies war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt. „Ich komme gleich. Etwa eine Stunde brauche ich noch“, erwiderte Daniel und bemerkte die missgünstigen Blicke seiner Mitschüler, die mit ihm um das Stipendium wetteiferten. Sie hatten alle eine vernünftige Schulbildung und waren von Privatlehrern unterrichtet worden, während sein Wissen über Maschinenbau einzig und allein aus den Reparaturversuchen in den Stahlwerken im Osten Baltimores stammte. „Es gab einen Unfall“, sagte Manzetti. „Dein Vater ist eingeklemmt. Du musst sofort kommen.“ Daniel wurde blass. Die ganze Belegschaft im Stahlwerk wusste, wie wichtig ihm diese Prüfung war. Wenn er geholt wurde, ging es um Leben und Tod. Ohne zu zögern, ließ er den Bleistift fallen, sprang auf und stürmte aus dem Klassenzimmer. Die Prüfungsaufsicht würdigte er keines Blickes. „Ein Kessel ist explodiert“, erklärte ihm Manzetti auf dem Weg nach draußen. „Sie haben das Feuer gelöscht, aber der Kessel ist umgefallen und hat deinen Vater eingeklemmt. Er liegt immer noch drunter.“ Daniel überkam ein kalter Schauer. Wenn der Heizkessel seine Ummauerung gesprengt hatte, hatte es jede Menge Dampf gegeben. Mit Sicherheit hatte sein Vater schwere Verbrennungen erlitten. „Wie schlimm ist es?“ „Sieht nicht gut aus. Wir kriegen den Kessel erst von ihm runter, wenn die Flammrohre zu sind. Der Kessel hat bei der Explosion ordentlich Schaden genommen, also müssen wir schnell sein, bevor sich der Druck wieder aufbaut.“ Das war also der Grund, warum sie ihn holen ließen. Unter normalen Bedingungen konnte jeder die Kesselanlage bedienen, aber wenn irgendetwas kaputtging, musste Daniel auf Fehlersuche gehen. Er war zwar erst neunzehn, aber er war schon immer ein Tüfftler gewesen, im Umgang mit Maschinen äußerst geschickt. Nachdem sie die dreieinhalb Kilometer zum Stahlwerk gerannt waren, zitterten Daniel die Beine, er hatte Seitenstiche und seine Lunge wollte zerspringen. Die Arbeiter traten beiseite, als Manzetti und er in den Kesselraum kamen. Die Luft war ruß- und dampfgeschwängert, überall lagen Backsteine verstreut, und auf dem Steinboden, unter einem massiven Kupferkessel, lag sein Vater. Wie eine dahingeworfene Puppe. „Dad?“ Seine Augenlider flatterten. „Die Rohre sind noch dran“, röchelte er. „Mach vorsichtig, hörst du.“ Daniel betrachtete die verbogenen Flammrohre und den zerstörten Heizkessel. Eine Möglichkeit war, die Rohre zuzuschweißen, aber das würde Stunden dauern. Er musste einen anderen Weg finden, wie er sie vom Kessel trennen konnte. Jedenfalls konnten die Kameraden ihn nicht anheben, um seinen Vater darunter hervorzuziehen, denn dann würde es eine weitere Explosion geben. „Ich brauche einen Hammer und einen Bolzen“, rief Daniel. „Und ein paar Schraubventile und Lederhandschuhe“, ergänzte er mit Blick auf die glühenden Flammrohre. Unter den umstehenden Arbeitern gab es ein Gemurmel, aber einige eilten los, um das Werkzeug zu holen. Seine ungewöhnliche Lösung zu erklären, dafür fehlte die Zeit. Er war sich selbst nicht sicher, ob sie funktionieren würde, aber die Rohre einfach abzuschlagen kam einem Selbstmord gleich. „Und ich brauche jede Menge Wasser … zur Sicherheit.“ Eigentlich war es Unsinn, sich darüber Sorgen zu machen. Er und sein Vater wären augenblicklich tot, sollte sein Plan schiefgehen. Die Männer brachten das verlangte Werkzeug und gingen auf sichere Distanz. Ein Zittern ging durch den Körper seines Vaters. „Du weißt, was du tust, Kleiner?“ Daniel sah seinen Vater nicht an, sondern stellte den Stahlstift auf das erste Flammrohr. Die Hitze fraß sich durch die Lederhandschuhe. „Klar. Ich steche nur kurz Moms Kuchen an, damit der Dampf rauskann.“ Er legte den Hammerkopf auf den Stift. Der erste Schlag ließ nur ein helles Pling durch den Kesselraum gellen. Der zweite Schlag verhallte ebenso ohne Ergebnis, aber der dritte Schlag durchbohrte das Rohr. Mit einem hohen Pfeifen schoss der Dampf aus dem Loch. Daniel wandte sich ab. „Schnell, das Sicherheitsventil!“, rief er gegen den Lärm an. Zwei kräftige Arbeiter kamen herbei und drehten mit großen Schraubenschlüsseln ein Ventil ins Rohr. Es dauerte ein wenig, aber dann fiel der Druck ab, das Pfeifen wurde leiser und verstummte schließlich ganz. Das Flammrohr war entschärft. Er hörte, wie hinter ihm applaudiert wurde, aber Daniel sah unentwegt auf den zerstörten Kessel. Noch war ein Flammrohr aktiv. Der Schweiß lief ihm in die Augen, und er wischte ihn mit dem Unterarm fort, bevor er wieder den Stahlstift ansetzte. „Nur damit du es weißt ...“, röchelte sein Vater. „Ich bin stolz auf dich.“ Daniel konzentrierte sich auf das Rohr und wünschte sich, sein Vater würde nicht so reden. Das klang so, als wäre es gleich zu Ende. „Ja, ich weiß“, sagte er und holte aus. Der erste Schlag saß, genau wie der zweite. Beim dritten Schlag setzte das Pfeifen wieder ein. Einen Augenblick später schoss ihm der Stift genau ins Gesicht. Daniel wurde nach hinten geworfen und landete unsanft auf dem Rücken. Aus einer Wunde über dem Auge rann Blut. Die Männer brachen in Jubel aus, was bedeuten musste, dass auch das zweite Flammrohr entschärft war. Daniel rappelte sich lächelnd auf und versuchte, das Blut aus dem stechenden Auge wegzublinzeln. Ein Dutzend Männer räumte Steine beiseite und hob den Kupferkessel an. Daniel versuchte, einen Blick auf seinen Vater zu erhaschen. Da hockte sich ein Arbeiter mit rußverschmiertem Gesicht vor ihn und drückte ihm die Schulter. „Tut mir leid, Junge. Dein Vater hat es nicht geschafft.“ * * * Das muss der schönste Ort sein, den ich je gesehen habe, dachte Daniel und ließ den Blick über die Friedhofsmauer, den schattigen Rasen und die Kirche schweifen, die wie eine mittelalterliche Burg aussah. Claras Vater war der Pfarrer dieser Kirche, und das war der einzige Grund, warum Daniels Vater in einer so schönen Gegend wie Bolton Hill begraben werden konnte. Daniel wusste nicht, was eine Bestattung kostete, aber billig war sie jedenfalls nicht. Und er sollte dankbar sein, dass Reverend Endicott seinem Vater eine Ruhestätte an einem so hübschen Ort ermöglichte. Ohne dass es ihn etwas kostete. Daniel drehte den Kopf, damit er Clara mit seinem guten Auge besser sehen konnte. Sie stand auf der anderen Seite des Grabs, und ihr herzförmiges Gesicht verzerrte sich jedes Mal vor Trauer und Mitgefühl, wenn sie ihn ansah. Er verfluchte im Stillen den Verband über seinem anderen Auge. Vielleicht würde er darauf nie wieder sehen können, aber es war noch immer so angeschwollen, dass der Arzt es nicht vernünftig untersuchen konnte. In jedem Fall sah sein Gesicht schrecklich aus, und das schien Clara zu belasten. Sie war erst sechzehn und konnte seinen Anblick sicher nur schwer ertragen. Als der Sarg in das frisch ausgehobene Grab hinuntergelassen wurde, umklammerte Daniel die schmalen Schultern seiner Mutter noch fester und wünschte sich, sie würde aufhören zu weinen. Er hatte dieselben schwarzen Haare und graublauen Augen wie sie, aber da endete die Ähnlichkeit auch schon. Drei Tage lang hatte seine Mutter nichts getan, außer abwechselnd vor sich hin zu starren und herzzerreißend zu schluchzen, während Daniel sich um die Mädchen gekümmert hatte. Er hatte gar keine Zeit gehabt, die Trauer an sich heranzulassen. Seine Schwestern hatte er zumindest zeitweilig aufmuntern können, aber an den Schmerz seiner Mutter kam er nicht heran. Er würde sich etwas einfallen lassen müssen, aber im Augenblick konnte er sich nur auf eins konzentrieren: Er wollte sich mit Clara treffen. Der Gedanke machte ihm Schuldgefühle, aber er musste Zeit mit ihr verbringen, wenigstens ein paar Stunden. Als die Zeremonie beendet war, gingen die Leute auseinander. Wenn er Clara jetzt nicht erwischte, würde sie nach Hause fahren. Frühestens in einer Woche würde er sie wiedersehen. Clara war seine beste Freundin, aber sich in ihrer Nähe aufzuhalten, wenn seine Familie ihn brauchte, war schändlich. Und der wahre Grund, warum er ihre Nähe suchte, war noch schändlicher. Am Tag vor dem Unfall hatte Clara ihm die Nachricht zukommen lassen, dass sie jetzt ein Stück von Frédéric Chopin übte, dem polnischen Komponisten, den sie beide so sehr liebten. Ohne ihre gemeinsame Begeisterung für Chopin hätte Daniel einen Menschen wie Clara Endicott gar nicht erst kennengelernt. Er kam von der East Side in Baltimore, einem heruntergekommenen Viertel, sie aus dem privilegierten Bolton Hill. Hier war der Geldadel zu Hause, die Rasenflächen vor den Villen gepflegt und die Luft sauber. Sie kamen aus völlig unterschiedlichen Welten, aber beide kauften sie ihre Noten im selben Geschäft in Merchant’s Square. Jeden Dienstag brachte ein Schiff neue Noten aus Paris, und Daniel stürzte nach der Schicht atemlos ins Notengeschäft, um zu sehen, ob es etwas Neues von Chopin gab, was er noch nicht hatte. Vor fünf Jahren, kurz nach seinem...


Camden, Elizabeth
Elizabeth Camden studierte Geschichte und Bibliothekswissenschaft. Heute ist sie als Professorin für Bibliothekswesen tätig. Ihre Romane schreibt sie in ihrer freien Zeit. Zusammen mit ihrem Mann lebt sie in Florida.



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