E-Book, Deutsch, Band 220, 64 Seiten
Reihe: Silvia-Gold
Campen Silvia-Gold 220
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7517-7188-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Sie nennt sich Doktor Glück
E-Book, Deutsch, Band 220, 64 Seiten
Reihe: Silvia-Gold
ISBN: 978-3-7517-7188-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Dr. Nora Wells sehnt sich nach Ruhe. Sie braucht eine Auszeit von dem Trubel um ihren erfolgreichen Glücks-Podcast - und eine Auszeit von den Männern. Eine einsame Villa an der kalifornischen Pazifikküste eignet sich hervorragend dafür. Hier kann die Therapeutin ungestört ihr eigenes Buch in Angriff nehmen. So lautet zumindest der Plan.
Dass sie aber an ihrem ersten Abend dort im schlimmsten Regenwetter von einem Fremden von hinten gepackt und unter Protest von den Klippen weggezerrt wird, damit hat sie nicht gerechnet. Diese Begegnung bringt sie völlig aus dem Konzept. Erst recht, als sie erfährt, dass es sich bei dem Mann um einen prominenten Ex-Musiker handelt, der in einer Hütte am Strand wohnt und seine Frau bei einem Unglück an genau diesen Klippen verloren hat.
Sie wäre nicht Doktor Glück, wenn ihr diese Geschichte nicht nahe ginge, und in ihr wächst das Verlangen, diesem Jamie endlich wieder ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern ...
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Sie nennt sich
Doktor Glück
Doch hinter ihrem Lächeln verbergen sich große Sorgen
Von Carolin von Campen
Dr. Nora Wells sehnt sich nach Ruhe. Sie braucht eine Auszeit von dem Trubel um ihren erfolgreichen Glücks-Podcast – und eine Auszeit von den Männern. Eine einsame Villa an der kalifornischen Pazifikküste eignet sich hervorragend dafür. Hier kann die Therapeutin ungestört ihr eigenes Buch in Angriff nehmen. So lautet zumindest der Plan.
Dass sie aber an ihrem ersten Abend dort im schlimmsten Regenwetter von einem Fremden von hinten gepackt und unter Protest von den Klippen weggezerrt wird, damit hat sie nicht gerechnet. Diese Begegnung bringt sie völlig aus dem Konzept. Erst recht, als sie erfährt, dass es sich bei dem Mann um einen prominenten Ex-Musiker handelt, der in einer Hütte am Strand wohnt und seine Frau bei einem Unglück an genau diesen Klippen verloren hat.
Sie wäre nicht Doktor Glück, wenn ihr diese tragische Geschichte nicht nahe ginge, und in ihr wächst das Verlangen, diesem Jamie endlich wieder ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern ...
Als sie mit ihrem Wagen auf der windigen Küstenstraße entlangfuhr, sah Dr. Nora Wells durch den Regenschleier, den die Scheibenwischer im gleichmäßig monotonen Rhythmus über der Windschutzscheibe verteilten, das Haus zum ersten Mal. Ihr Herz schlug vor Aufregung schneller. An diesem malerischen Ort würde sie in den nächsten drei Monaten leben und arbeiten.
Einsam wie ein Leuchtturm thronte das zweistöckige weiße Gebäude unweit der schroffen Klippen auf einer grünen Ebene. Die riesigen Panoramafenster auf der Meerseite waren luxuriös und versprachen eine atemberaubende Aussicht über den Pazifik.
Die altmodisch verzierten Dachgauben und die großzügige überdachte Veranda gaben dem modernen Haus dazu einen Hauch altmodischer Strandromantik.
Unterhalb der felsigen Klippen lag halb versteckt eine Bucht mit einem winzigen Badestrand. Nora war entzückt gewesen, als sie dieses Detail auf einer Karte im Internet entdeckt hatte. Das allein wäre schon ein Grund gewesen, das Haus zu mieten. Sie freute sich wie ein Kind darauf, jeden Tag im Meer zu schwimmen.
Jetzt, bei diesem Unwetter, war natürlich alles menschenleer. Ihre nächsten Nachbarn wären aber sowieso erst im drei Kilometer entfernten Hafenstädtchen Port Haven zu finden.
»Du bist verrückt, dich gerade jetzt in diese Einöde zurückzuziehen«, tönte der Einunddreißigjährigen die Stimme ihres guten Freundes Jordan Blaze noch im Ohr, während sie ihren Wagen langsam über einen Schotterweg auf das Grundstück lenkte.
Jordan hatte sich schwer damit getan, zu akzeptieren, dass sie fortging.
Nora seufzte unwillkürlich beim Gedanken daran. Sie vermutete, dass es auch daran lag, dass er sich eine Beziehung mit ihr erhofft hatte. Doch er hatte stets betont, dass es ihm vor allem um ihre Karriere ging.
»Dein Podcast ist ein Mega-Erfolg und du warst in den letzten Wochen in fünf verschiedenen Talkshows. Wieso verschwindest du jetzt einfach? Wovor läufst du weg?«
Diese Fragen hatte er ihr gestellt, aber die Antwort kannte Nora selbst nicht genau. Sie wusste, dass es ein Risiko war, sich auf dem Höhepunkt der Aufmerksamkeit zurückzuziehen.
Aber sie hatte sich bewusst dazu entschieden, über den Sommer eine Auszeit zu nehmen. Sie war mit ihrem Glücks-Podcast innerhalb eines halben Jahres von einer unbekannten Therapeutin zu einer der begehrtesten und berühmtesten Ratgeberinnen des Landes geworden. Die Leute rissen sich darum, ein Coaching von ihr zu bekommen, und zahlten jeden Preis dafür.
Doch alles, was Nora im Moment wollte, war hier: Einsamkeit, Natur und Zeit für ihr Herzensprojekt. Nach den Enttäuschungen der Vergangenheit und dem Trubel der letzten Monate, wollte sie hier ihren Frieden finden und an ihrem Glücksratgeber schreiben.
Sie schaltete den Motor aus und warf einen zärtlichen Blick auf Finn, ihren alten, zottelig-schwarzen Mischlingshund, der trotz des tosenden Unwetters da draußen laut schnarchend in seiner Transportbox schlief. Sie würde ihn später ins Haus bringen.
Nora stieg aus, und die Kraft, mit der der Wind hier oben wütete, raubte ihr für einen Moment den Atem. Eine Böe zerrte heftig an ihrem schulterlangen dunklen Haar, Regen schlug ihr ins Gesicht, und binnen Sekunden war sie nass.
So hatte sie sich ihren ersten Urlaubstag nicht unbedingt erträumt, dachte sie schmunzelnd und rannte geduckt und den Pfützen ausweichend zur Haustür.
Wie verabredet lagen die Schlüssel unter der Fußmatte. Während Nora keuchend öffnete, spürte sie leichtes Bedauern darüber, dass sie den Besitzer des Hauses nicht kennenlernen würde.
Die Abwicklung des Vertrags für ihren Aufenthalt in dieser malerischen Gegend der kalifornischen Küste war nur über E-Mail geschehen, doch Nora hätte gern gewusst, wem diese wunderschöne Strandvilla gehörte.
Sie überlegte einen Moment, dann schlüpfte sie aus ihren durchnässten Ballerinas und betrat lieber barfuß das Haus. Im Inneren war es mollig warm und hell und duftete nach Kiefernholz.
Nora sah sich lächelnd um. Wände und Böden waren ganz aus Holz, helle Sofas und Sessel mit Fellen, kuscheligen Decken und bunten Kissen und ein schöner gemauerter Kamin im Wohnzimmer gaben dem Ganzen eine behagliche Atmosphäre. Die Aussicht auf die stürmische See war spektakulär.
Im oberen Stockwerk verliebte Nora sich sofort in ein gemütliches Zimmer mit Dachgaube, in dem ein Schreibtisch vor dem großen Bogenfenster stand. Lächelnd strich sie über den Lehnsessel.
Hier würde sie arbeiten und ihr Buch schreiben. Ungestört von allen Widrigkeiten des Lebens. Nora betrachtete das vom Wind gepeitschte Meer und atmete tief ein.
Endlich war sie am Ziel. Sie schloss die Augen und genoss das warme Glücksgefühl, das sie durchströmte, und ihr Lächeln wurde breiter.
Sie brauchte keinen Mann, um glücklich zu sein. Wer wusste das besser als sie? Schließlich war sie »Doktor Glück«, Nora schmunzelte noch immer über den Spitznamen, den ihr ein Journalist verpasst hatte. Er gefiel ihr.
Der Wind heulte ums Haus und rüttelte an den Dachschindeln, und Nora öffnete wieder die Augen. Auf einmal sehnte sie sich unglaublich danach, den Wind und den Regen auf der Haut zu spüren und sich ganz den Elementen hinzugeben. Und weil sie wusste, wie wichtig es war, spontan zu sein, lief sie nach unten und verließ das Haus, bevor ihr Verstand sie daran hindern konnte.
Nora juchzte auf, als ihr weißes Baumwollkleid sich aufbauschte. Der Stoff triefte vor Nässe und flatterte im Wind wie das Segel eines havarierten Schiffes. Wieder war sie verblüfft von der gewaltigen Kraft des Windes, der vom Meer aufs Land peitschte, doch sie stemmte sich gegen den Sturm und ging zu den Klippen.
Das Verbotsschild, das am Rand der Küstenlinie vor dem Betreten derselbigen warnte, beachtete sie nicht.
Und als sie fast am Rand der Klippe stand und in die rauschenden Wellen sah, die sich an den steilen Felsen brachen, riss sie die Arme hoch über den Kopf und reckte ihr Gesicht der Gischt und dem Regen entgegen.
Der Freudenschrei, den sie ausstieß, vermischte sich mit dem Tosen des Wassers und dem Heulen des Sturms.
???
Jamie Spencer sah in den dunklen Himmel und war sicher, dass niemand außer ihm selbst so verrückt wäre, bei diesem Sturm das Haus zu verlassen.
Doch dem Vierunddreißigjährigen hochgewachsenen Einheimischen machten weder Regen noch Wind etwas aus. Und sollte es tatsächlich noch ein Gewitter geben, fürchtete er sich auch davor nicht.
Es passte sowieso besser zu seiner üblen Stimmung als das milde sonnige Badewetter der letzten Wochen.
Er schlug den Kragen seiner Jacke hoch, und seine goldbraunen Augen suchten den Horizont nach Gewitterwolken ab, als eine Böe ihm das nerzfarbene Haar ins Gesicht peitschte.
Er runzelte die Stirn. Wild wie selten in dieser Jahreszeit tobten die Wellen gegen den Strand und die Felsen. Das mussten die Ausläufer eines Tropensturms sein, der hier mitten im Sommer für dieses Spektakel sorgte.
Während er den Strand überquerte und dann die in den Stein geschlagenen Treppenstufen zur Ebene hinaufstieg, hörte er plötzlich einen merkwürdigen Laut. War es der Schrei eines Seevogels, den der Sturm überrascht hatte?
Hastig nahm er die letzten Stufen und stand am Fuß der sich steil erhebenden Klippen. Er erstarrte, und obwohl Regen auf ihn niederpeitschte und der Wind heulte, schien die Zeit stillzustehen.
Die Gestalt am äußersten Rand der Klippen hatte rötlich schimmerndes Haar, das gespenstisch im Sturm wehte, ein flatterndes weißes Gewand, und die Hände waren erhoben wie die einer Hohepriesterin vor dem Altar.
Doch schon im nächsten Moment wurde Jamie klar, dass es nur eine Frau aus Fleisch und Blut war, die dort stand. Sie bewegte sich noch weiter zum Rand, und er hörte ihr unbeschwertes Lachen.
Seine Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet, und seine Handflächen wurden feucht. Angst stieg in ihm auf, und sein...




