E-Book, Deutsch, 375 Seiten
Cherry Wenn Donner und Licht sich berühren
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7363-1010-0
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 375 Seiten
ISBN: 978-3-7363-1010-0
Verlag: LYX.digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Sich in Jasmine Greene zu verlieben, fühlte sich an wie ein warmer Sommerregen. Leicht und unbeschreiblich schön. Aber als wir uns Jahre später wieder gegenüberstehen, ist von dem Sommerregen nichts mehr übrig. Stattdessen sehe ich in ihren Augen einen tosenden Sturm. Wie lange tobt er schon dort? Wie lange hat er sich schon in ihrer Seele zusammengebraut? Ihr Herz ist für immer gebrochen, und ich hasse mich dafür, dass ich es jetzt erst bemerke - wo es vielleicht schon zu spät ist.
'Ein absolutes Meisterwerk!' AFTER DARK BOOK LOVERS
Der neue Roman von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Brittainy Cherry
Brittainy Cherrys erste große Liebe war die Literatur. Sie hat einen Abschluss der Carroll Universität in Schauspiel und Creative Writing. Seitdem schreibt sie hauptberuflich Theaterstücke und Romane. Sie lebt mit ihrer Familie in Milwaukee, Wisconsin.
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3
ELLIOTT
Die schrecklichsten Augenblicke meines Lebens ereigneten sich in einem Schulgebäude. Ich konnte es kaum erwarten, bis dieses Kapitel meines Lebens endlich abgeschlossen war. Jeden Morgen aufzuwachen und zu wissen, dass ich wieder dort hingehen musste, war das mieseste Gefühl, das ich mir vorstellen konnte.
»Boney Bones! Wie ich sehe, hast du mal wieder beschlossen, wie der letzte Dreck auszusehen«, rief irgendwer hinter mir her.
Ich hatte keine Ahnung, wer es war, und auch nicht das Bedürfnis, aufzublicken und es herauszufinden.
Halte den Kopf gesenkt und versuche, dich unsichtbar zu machen, sagte ich mir jeden Tag. Noch fünfhundertzweiundsechzig Tage, dann hast du deinen Abschluss.
Ich hasste die Schule – um es milde auszudrücken. Wenn ich die Wahl gehabt hätte, wäre ich niemals wieder dorthin gegangen, aber meine Mutter war total angefixt von dem Gedanken, dass meine Schwester und ich unseren Highschool- und Collegeabschluss machten, weil sie selbst nicht in der Lage gewesen war, es zu tun. Sie wollte, dass wir besser waren als sie, mehr erreichten als sie und im Leben erfolgreicher waren.
Ich selbst dachte allerdings nicht so weit in die Zukunft.
Ich versuchte lediglich, vom Mathe- in den Geschichtsraum zu kommen, ohne dass mir jemand eine Kopfnuss verpasste.
»Hey, Elliott«, sagte jemand hinter mir.
Ich drehte mich gar nicht erst um, denn wenn sie mich nicht Boney Bones oder Drahtbeißer oder ein Stück Scheiße, das von der Klippe springen sollte, nannten, dann redeten sie üblicherweise überhaupt nicht mit mir.
»Elliott! Hey! Ich rede mit dir«, rief die Stimme hinter mir. Es war ein Mädchen, und Mädchen redeten schon gar nicht mit mir. »Hey!« Eine Hand landete auf meiner Schulter, was mich dazu brachte, auf der Stelle stehen zu bleiben und zusammenzuzucken. Ich zuckte jedes Mal, wenn mich jemand berührte, denn in der Regel hatte ich gleich darauf eine Faust im Magen.
»Wieso zuckst du zusammen?«, fragte die Stimme. Ich öffnete langsam die Augen.
»T-tut mir leid«, flüsterte ich und war mir beinahe sicher, dass sie mich nicht gehört hatte.
»Warum schikanieren dich immer alle?«, fragte das Mädchen – nicht irgendein Mädchen, das Mädchen. Jasmine Greene.
Das hübscheste Mädchen, das ich je gesehen hatte.
Ich sah sie fragend an, nicht ganz sicher, wieso sie überhaupt mit mir redete. Jasmine war neu und megabeliebt. Und ich war nicht der Typ, der in den Genuss der Aufmerksamkeit beliebter Kids kam.
Wobei, das war nicht ganz korrekt. Ich war nicht der Typ, der in den Genuss positiver Aufmerksamkeit beliebter Kids kam.
»Was?«, fragte ich, verwirrt, dass sie mich überhaupt anschaute.
»Ich habe gefragt: Warum schikanieren dich immer alle?«
Mein Blick schoss hin und her, um sicherzugehen, dass ihre Worte tatsächlich an mich gerichtet waren. »Ich … ähm … i-i-ich …« Ich räusperte mich, und meine Schultern sackten nach vorne. »W-w-weil ich st-t-t-ottere?«
»War das eine Frage?« Sie lief rückwärts in Richtung Aula, damit sie mir in die Augen sehen konnte. Ich hasste Blickkontakt, vor allem mit Mädchen wie ihr. Hübsche Mädchen waren am schlimmsten. Sie sorgten dafür, dass ich meine T-Shirts durchschwitzte, und es gab nichts, was ich mehr hasste als Schweißflecke – abgesehen von meiner eigenen Stimme.
Jasmine umfasste die Träger ihres Rucksacks und lächelte, als ob wir Freunde wären.
Aber wir waren keine Freunde. Nicht, dass ich nicht ihr Freund hätte sein wollen, aber, nun ja, wir waren eben keine.
»War was eine Frage?«, erwiderte ich.
»Du hast es gesagt, als wäre es eine Frage.«
»Oh.«
»Ja. Also?«
»Es war k-keine Frage. Ich st-stottere. Aber nicht sehr. Ich bin kein Freak oder so.«
»Das habe ich auch nicht gesagt.«
»Oh.«
»Und die Leute ärgern dich deswegen?«
Ich nickte.
»Das ist ein blöder Grund, jemanden zu ärgern«, bemerkte sie.
»Ich bin mir sicher, sie schik-kanieren mich auch wegen meines Aussehens.«
»Was ist falsch an deinem Aussehen?«
Ich lachte. »Machst du Witze? Sieh mich doch an.«
Sie legte den Kopf ein wenig schief und kniff die Augen zusammen. Ihre Lippen öffneten sich, und sie sagte leise: »Das tue ich.« Ihre Stimme klang wie die von Prinzessin Leia, und das gefiel mir mehr, als ich zugeben wollte.
»Ja, also, du bist netter als die meisten anderen. Da wir auf der Highschool sind, brauchen sie wohl keinen besonderen Grund, um mich zu schik-kanieren, aber ich fürchte, ich gebe ihnen mehr als genug.«
»Arschlöcher«, murmelte sie.
»Es ist mir e-egal.«
»Nein, ist es nicht.«
»Du hast keine Ahnung, was mir egal ist und was nicht.«
Sie lächelte wissend.
Ich lächelte wissend zurück.
Verdammt, sie war echt unglaublich. Meine Handflächen waren feucht. Sie war hübsch und sprach ganz normal mit mir, nicht herablassend oder so. Ich war vollkommen verwirrt, und alle anderen, an denen wir vorbeikamen, schienen mindestens ebenso verwirrt zu sein, als sie uns beide miteinander reden sahen.
Ich spreizte die Arme ein wenig, um meine Achseln zu lüften.
»Du spielst Saxophon?« Sie lief immer noch rückwärts.
»Ja?«
Sie grinste. »War das eine Frage?«
Ich riss meinen Blick von ihr los und räusperte mich. »Nein. Ich meine j-ja …« Ich schloss die Augen und holte tief Luft. »Ja. Ich spiele Saxophon. Woher weißt du das?«
»Ich habe dich spielen sehen, auf der Frenchmen Street.«
»Oh.«
»Spielst du häufig dort?«
»Eigentlich nicht. Aber mein Onkel TJ hat gesagt, ich soll jeden Samstag do-dort spielen. Also muss ich, denn er ist mein Mu-Musiklehrer.«
»Warum sagt er, dass du dort spielen sollst?«
»Er sagt, Musik sollte nicht im Ke-Keller leben. Sie sollte in die Welt hinausgehen und die Narben der Menschen heilen oder so. Ich hasse es.«
»Nun, damit bist du vermutlich ziemlich allein.« Sie blieb stehen und sah mich ernst an. »Du bist der beste Musiker, den ich je gehört habe.«
Ich hatte keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte, also stand ich einfach nur da und starrte sie an wie ein Idiot.
»Elliott?«
»Ja?«
»Du starrst mich an, und das wird langsam ein bisschen seltsam«, erklärte sie und kämmte sich das dunkle Haar hinters Ohr.
»Oh, tut mir leid, aber … äh … danke?« Ich schüttelte leicht den Kopf und senkte den Blick. »Ich meine, danke … für das Kompliment. Danke.«
»Gern geschehen?« Sie zwinkerte mir zu, bevor sie sich umdrehte, um mit jemand anderem zu reden, denn davon abgesehen, dass sie unglaublich hübsch, klug und nett war, war Jasmine eben auch schrecklich beliebt. Ich hatte noch nie jemanden gesehen, der so schnell so populär geworder war wie sie.
Jasmine Greene war in Canon Highschool stolziert, als gehörte die Schule ihr. Das Halbjahr hatte schon vor ein paar Wochen angefangen, aber das änderte nichts daran, dass alle Schüler sich benahmen, als sei die Königin endlich angekommen und als sei es Zeit sich vor ihr zu verneigen. Denn das taten sie eifrig. Als Junior war sie bereits so beliebt wie ein Senior. Sie war in allem, was sie tat, hervorragend, von Kunst bis Algebra.
Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass sie von meiner Existenz auf diesem Planeten ahnte, obwohl ich alles über sie wusste. Trotzdem war ich immer noch vollkommen verwirrt. Warum war sie so nett zu mir?
In dem Augenblick, als sie sich umdrehte, um mit jemand anderem zu reden, stieß ich den tiefsten Seufzer meines Lebens aus.
»Eli«, sagte eine vertraute Stimme, und der Spitzname verriet mir, dass es eine sichere Stimme war. Ich drehte mich um und sah meine große Schwester Katie, die mich besorgt ansah. Ihr Blick wanderte über den Korridor zu Jasmine. »Alles in Ordnung?«
»Ja. Warum?«
»Du hast mit der Neuen geredet, Jasmine.«
»Ja. Und?«
Katie räusperte sich und richtete sich mit den Büchern in der Hand ein wenig mehr auf. »Worüber habt ihr gesprochen? Ich verstehe nicht, warum sie mit dir reden sollte.«
»Wow. Danke«, erwiderte ich angesäuert.
Sie verdrehte die Augen. »So habe ich es nicht gemeint, Eli. Du bist einfach besser als diese Typen.«
»Diese Typen?«
»Du weißt schon, diese Chanel-Mädels – die coolen Kids.«
»Letztes Jahr wolltest du selbst eine Chanel-Tasche haben.«
»Ich weiß, aber das ist nicht dasselbe. Außerdem sind mir solche Dinge nicht mehr wichtig. Ich habe gesehen, wie sie sich mit Todd Clause unterhalten hat, du weißt schon, und wenn sie auf Typen wie ihn steht, dann …«
»Vielleicht steht sie ja auch auf Typen wie mich«, scherzte ich und schob die Brust raus. »Ich bin ziemlich …« Ich blinzelte und schloss die Augen. Muskulös – sag’s einfach. Das Wort heißt muskulös. Doch es schnürte mir die Kehle zu, während ich mich verzweifelt bemühte, das Wort über die Lippen zu bringen. »Ich finde, ich bin ziemlich …« Nichts. Ich rang nach Luft, mein Verstand raste, während ich versuchte, ein anderes Wort zu finden, irgendein Synonym für muskulös. Alles … alles würde passen, doch sobald...




