Chong Die Sehnsucht des Dämons
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-86278-529-2
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, Band 1, 320 Seiten
Reihe: Company of Angels
ISBN: 978-3-86278-529-2
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Die Yogalehrerin Serena hat eine Mission: Als jüngsternannter Schutzengel soll sie über den aufsteigenden Hollywoodstar Nick Ramirez wachen. Ihr erster Auftrag führt sie in den Nachtklub Devil's Paradise, wo sie ausgerechnet die Aufmerksamkeit des charismatischen Klubbesitzers Julian Ascher erregt. Zu spät erkennt sie, dass er ein Erzdämon ist, der Vergnügen suchende junge Menschen mit dem Bösen infiziert - da hat sie ihn längst geküsst und seinen Jagdinstinkt geweckt. Doch Julian stellt Serena vor eine gefährliche Wahl: Er verschont die Seele ihres Schützlings Nick, wenn sie ihn nach Las Vegas begleitet. Eine Reise, auf der sie Verführung oder Vernichtung, Himmel oder Hölle erwarten ...
Stephanie Chong hat als Anwältin gearbeitet, bevor sie in Oxford Kreatives Schreiben studiert und ihren Traumjob entdeckt hat: Schriftstellerin. Wenn sie nicht schreibt, macht sie Yoga, reist oder ist in der Natur unterwegs. Sie lebt in Vancouver, zusammen mit ihrem Ehemann und ihrem Mops Dexter.
Autoren/Hrsg.
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1. KAPITEL West Hollywood, Los Angeles Devil’s Paradise war samstagabends die angesagteste Partylocation in der Stadt der Engel. Der perfekte Ort der Versuchung. Die ideale Kulisse zum Sündigen. Und sie gehörte ihm. Julian Ascher begutachtete das Treiben in seinem Nachtklub aus einem gläsernen Kontrollraum zwei Stockwerke über der Tanzfläche. Unter ihm erbebte die Masse attraktiver Körper zum lauten Rhythmus der Musik. Schweiß und Pheromone erfüllten die Luft. Eine ganze Legion von Barkeepern war hinter dem Tresen aus weißem Terrazzostein damit beschäftigt, Unmengen von Cocktails, Bier und Shots auszuschenken. An den meisten Abenden reichte es Julian, hier oben zu stehen und dem Treiben zuzusehen. Doch an diesem Abend war er unruhig. Er verspürte eine unangenehme Anspannung, die er irgendwie loswerden musste. Am besten mithilfe von etwas Weichem und Weiblichem. Er öffnete die Tür des Kontrollraums. Das Dröhnen der Musik und die Hitze der Menschen unter ihm schlugen ihm sofort entgegen und drangen in seine Poren, als er die Metalltreppe zur Tanzfläche hinunterstieg. Die Masse teilte sich, seiner Macht gewahr werdend, während er durch den Klub ging, von bewundernden Blicken verfolgt. Stammgäste versuchten, ihm die Hand zu schütteln – ein betrunkener Footballstar, ein minderjähriges Starlet. Mehrere Frauen wollten ihn in ein Gespräch verwickeln, aber er ließ sie charmant abblitzen und setzte unbeirrt seinen Weg fort. Es war eine Art Hobby von ihm, schöne Frauen zu zerstören. Es erfüllte ihn mit tiefer Befriedigung, dem Schönen alles zu nehmen. Doch er hatte einen ganz speziellen Geschmack, und keine der Frauen, die an diesem Abend im Klub waren, erfüllten seine Kriterien. Enttäuscht ging er weiter. „Julian, hier drüben!“, rief ihm der Geschäftsführer des Klubs zu und wollte ihn zu sich winken. „Nicht jetzt“, entgegnete Julian, ohne stehen zu bleiben. Er schob sich durch die Masse schöner Menschen, die auf der Tanzfläche versammelt waren wie Schmetterlinge um eine Nektarquelle. Als Erzdämon hatte Julian bereits Tausende von Seelen ins Verderben gestürzt. Im ganzen Land besaß er Nachtklubs. Nach zweihundert Jahren des Studiums der menschlichen Schwächen und Verzweiflung, ihrer Fantasien und Begierden trug sein Bemühen nun Früchte. Und als Herrscher über dieses Reich des Frevels war er zu einem wahren Kenner der Lust und des Vergnügens geworden. Am Anfang war es nicht so einfach gewesen. Als frischgebackener Dämon hatte er häufig Schlachten um Seelen verloren. Doch jetzt, nach eben diesen zweihundert Jahren, war alles schon fast zu einfach. Wenn Julian heutzutage um eine Seele kämpfte, gewann er sie immer. Sein neuer Klub, Devil’s Ecstasy, würde Ende des Monats in Las Vegas eröffnen. Er befand sich im spektakulären Hotel Lussuria, dessen Inhaber sein Gefährte, der Erzdämon Corbin Ranulfson, war. Dieser neue Nachtklub würde Julians Glanzstück werden. Der Erfolg war garantiert. Und trotzdem war er unzufrieden. Wieso? Er schob sich weiter durch die Menge und betrat die VIP-Lounge. Auf den weißen Ledersofas knutschten Pärchen und vergnügten sich Dreiergrüppchen ganz offen. In einer Ecke zog sich ein berühmter junger Hollywoodstar eine Line Koks vom entblößten Hintern eines Mädchens. Die Klubbesucher schauten zu. „Seht zu, dass er Spaß hat“, wies Julian einen Kellner an. „Und dass ihm der Stoff nicht ausgeht.“ Mit stumpfem Blick begutachtete Julian die Szene, vollkommen gleichgültig für das laszive Geschehen um ihn herum. Dieselben lüsternen Bilder boten sich ihm jeden Abend dar, wenn der Klub geöffnet war. Nichts von dem, was er hier sah, machte ihn auch nur im Entferntesten an. Beinahe schon apathisch drehte Julian sich um, um sich wieder in den Überwachungsraum zurückzuziehen. Und dann erblickte er sie. In seinem Augenwinkel bemerkte er ihr Schimmern. Es glich einem Goldbarren, der an einem schlammigen Flussufer lag. Er blinzelte, unsicher, ob es nicht doch nur ein Lichtreflex gewesen war. Doch als er sich umwandte und genau hinsah, stand sie da. Sie war gekleidet wie für einen Strandtag und nicht für einen Abend im Tempel der Sünde. Ihr schlichtes, sonnengelbes Kleid betonte ihre gebräunten Arme und geschmeidigen Kurven. Das blonde Haar fiel ihr in Wellen auf den Rücken. Ihr Gesicht war von klassischer Schönheit, so perfekt, dass es selbst aus der Ferne auffiel. Auch die anderen Männer starrten sie an. Wie Haie, die Blut im Wasser rochen, umkreisten sie die Frau. Wen suchte sie? Hatte sie ihre Freundin aus den Augen verloren? Ihren Geliebten? Er fixierte sie, und sie hob den Kopf – als könnte sie durch den Lärm und das Gewühl in der VIP-Lounge seine Gedanken lesen. Sie schaute ihm direkt in die Augen. Aus zehn Metern Entfernung eine offene Herausforderung. Dann drehte sie sich um und verschwand. Sein Jagdinstinkt war geweckt. Julian folgte ihr durch die Menge, erhaschte mal einen Blick auf ihr blondes Haar, mal auf ihre bloßen Schultern, während sie immer tiefer in die tanzende Masse eintauchte. Der Puls der Musik erbebte in seinen Adern und trieb ihn voran. Er bahnte sich seinen Weg zu ihr ohne Rücksicht auf Verluste. Als er ihr nahe genug war, schloss er seine Finger um ihren Arm. Ihre Haut fühlte sich an wie die eines Neugeborenen, so zart und weich. Ihr Bizeps spannte sich unter seinem fester werdenden Griff an. Die Lust strömte von seinen Fingerspitzen direkt in seinen Unterleib. Sie erstarrte und drehte sich um. Von Weitem war sie schön. Von Nahem göttlich. Mit einem Blick erfasste er ihre hohen Wangenknochen, ihre vollen Lippen, ihre großen, vertrauensvollen Augen. Die Unschuld, die er in ihnen las, hatte nichts mit Arglosigkeit zu tun, sondern mit Glauben. Er wollte sie verschlingen. Sich in sie versenken, Teil von ihr werden und sie nie mehr gehen lassen. Die Zeit schien stehen geblieben zu sein. Kein Ton war mehr zu hören. Aber mit einem Mal platzte in die Stille das Rascheln von Federn hinein, das Ausbreiten von Flügeln. Kaum war ihm klar geworden, was da geschah, wurde er von einer neuen Energie erfasst: Sie war ein Engel. Ein Schutzengel, der niedrigste Rang der Himmelswesen, verantwortlich für den Schutz der Menschheit auf Erden. Warum ihn diese Tatsache so überraschte, wusste er nicht zu sagen. Er hatte schon viele Engel getroffen, oft mit ihnen gekämpft. Aber keiner war je so dumm gewesen, einen Fuß in einen seiner Klubs zu setzen. Was hatte sie hier zu suchen? In seinem Hoheitsgebiet? Um ihn herum kam das Leben wieder in Gang; der hämmernde Bass der Musik ergriff wieder von ihm Besitz. Sie wand sich, um sich ihm endlich zu entziehen. Er verstärkte seinen Griff, wollte sie nicht gehen lassen. Aus welchem Grund auch immer – sie war ins Devil’s Paradise gekommen, mit ihrem unschuldigen Sommerkleidchen und ihrem lachhaften Glauben an das Gute im Menschen. Jetzt war sie auf seinem Territorium. Was Serena St. Clair stoppte, war die Berührung von Fingerspitzen auf ihrem nackten Oberarm. Die Berührung eines Geliebten. So zart, so respektvoll und doch so sinnlich, dass augenblicklich die Begierde von ihr Besitz ergriff. Selbst im heißen Gewühl des Nachtklubs war dieses Gefühl so intensiv, dass sie fröstelte. Als sie sich umdrehte, schaute sie in das Gesicht eines Gottes. So fein gemeißelte Gesichtszüge, so perfekt symmetrisch, dass Gottes Hand im Spiel gewesen sein musste. Aber in den Augen des Mannes las sie die reine Sünde. In seinem Blick war nichts Gutes, nur die nackte Begierde. Er stand vor ihr in seinem maßgeschnittenen Anzug, der seinen athletischen Körperbau hervorragend zur Geltung brachte, den obersten Knopf des Hemds hatte er geöffnet. Armani, tippte sie. Sein dunkles Haar war kunstvoll zerzaust, ein drastischer Gegensatz zu seinem ganz und gar nicht lässigen Blick. „Willkommen im Devil’s Paradise. Ich bin Julian Ascher.“ Seine Stimme, leise und dunkel, ging ihr durch und durch. Ihr Körper schien zu vibrieren. Einen Moment lang stand sie wie verzaubert da. Dann endlich kam sie wieder zu Atem. Sie schloss die Augen und schickte einen Energieschub in seine Gedanken, ein helles Licht, das seine Willenskraft brechen und die Erinnerung an sie auslöschen würde. Sie wartete darauf, dass er sie freigab und gehen ließ, damit sie ihre Aufgabe wahrnehmen konnte. Ein Mensch befand sich hier, dessen Schutzengel sie war. Sie musste ihn finden und mit ihm so schnell wie möglich dieses Etablissement verlassen. Nur leider ließ Julian Ascher sie nicht los. Für einen kurzen Moment blitzte Ärger in seiner ansonsten so lässigen Fassade auf. Doch schnell gewann er seine Souveränität zurück. In ihrem Kopf begann ein einziges Wort Gestalt anzunehmen. Dämon. Und tief in ihrem Innern raunte eine Stimme ihr zu: Lauf. Arielle, ihre Ausbilderin, hatte jedem Trainee in der Kompanie der Engel eine elementare Weisheit eingehämmert: Wenn du einen Dämon triffst, der mächtiger ist als du, dann verschwinde augenblicklich. Serena hatte ihre Ausbildung mit Auszeichnung abgeschlossen. Doch jetzt stand sie wie angewurzelt da, unfähig, sich zu bewegen. Julians Finger umschlossen immer noch ihren Oberarm. Allerdings war es nicht der Körperkontakt, der sie lähmte. Panik breitete sich in ihr aus, wie eine chemische Reaktion, die sie paralysierte. „Versuch das nicht noch mal“, sagte er freundlich. „Kann sein, dass das bei Menschen funktioniert, aber bei mir ganz sicher nicht. Komm mit, dann können wir...