Claire Bullet Catcher - Alex
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-8025-8444-2
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 01, 352 Seiten
Reihe: Bullet-Catcher-Reihe
ISBN: 978-3-8025-8444-2
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roxanne St. Claire ist in Pittsburgh aufgewachsen und hat an der Universität von Kalifornien studiert. Nach einer Karriere in der Werbeabteilung einer Firma veröffentlichte sie 2002 ihren ersten Liebesroman. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Florida.
Weitere Infos & Material
Prolog
»Dieser Fall wird deine Buße sein.« Lucy Sharpe richtete sich zur vollen Größe ihrer ein Meter zweiundachtzig auf und reichte die Mappe einem Mann, der viel zu groß für den zierlichen Stuhl wirkte, auf dem er saß. Körpergröße war nie von Nachteil, wenn man sie als Frau richtig zu nutzen wusste. »Ein Prachtweib, reich, intelligent und Maße wie ein Model. Meinst du, du könntest sie am Leben erhalten, ohne ihr an die Wäsche zu gehen?« Alex Romero legte die braune Mappe zur Seite, ohne einen Blick hineinzuwerfen und sich zu vergewissern, ob Prachtweib oder Modelmaße wirklich zutrafen. Lucy musste ihm zugutehalten, dass er nicht noch einmal versuchte, sein Verhalten in der Schweiz zu rechtfertigen. Sie gab ihm einen Punkt für seine Geduld und einen weiteren, weil er augenscheinlich wusste, dass sein Weltklassehintern nur auf Bewährung auf diesem Stuhl saß. »Eine neue Kundin?«, fragte er. »Genau genommen kam der Auftrag für Bullet Catcher nicht von ihr.« Lucy verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich gegen den massiven viktorianischen Schreibtisch, der eine Ecke des Zimmers ausfüllte. »Unser Kunde ist ihr Arbeitgeber Kimball Parrish.« »Der Medienzar?« Alex sah zwar so aus, als würde er gewöhnlich in Lederkluft auf einer Dukati durch die Pyrenäen rasen, aber er las die New York Times. Und hatte das Gedächtnis eines Supercomputers. »Eben der – ihm gehört die Adroit Broadcasting Group«, antwortete Lucy. »Medienzar ist wohl die angemessene Bezeichnung für den Herrn über fünfundsechzig Fernsehsender, eine Satellitenradiostation, eine Theaterkette, eine Werbefirma und eine der bekanntesten Suchmaschinen.« »Dann ist er es, der einen Bodyguard braucht. Der Kerl ist eine ultrarechte Ein-Mann-Verschwörung und scheffelt genauso viele Feinde wie Dollar.« »Er kam auf Empfehlung einer Freundin.« »Freundin« war als Wort nicht annähernd stark genug, um das Verhältnis zu dem Menschen zu beschreiben, der Lucy aus den Tiefen der Hölle geholt und ihrem Leben wieder einen Sinn gegeben hatte. Diesen unorthodoxen Auftrag anzunehmen, war noch das wenigste, was sie als Gegenleistung tun konnte. »Kimball Parrish ist jetzt unser Kunde. Wir kümmern uns um die Sicherheit unserer Kunden, nicht um ihre politische Einstellung.« Sie sah auf den Ordner und gab Alex damit die Erlaubnis hineinzuschauen. »Er hat uns angeheuert, um die Nachrichtenmoderatorin von WMFL zu schützen, einem Fernsehsender in Miami, den Adroit vor Kurzem gekauft hat. Ein Zuschauer verfolgt und bedroht sie. Parrish will, dass sie rund um die Uhr bewacht wird. Und wie du schon wiederholt unter Beweis gestellt hast, gibt es nur wenige Personenschutzexperten deines Kalibers.« Alex’ Augen wurden schwarz wie der kubanische Kaffee, der wahrscheinlich statt Blut in seinen Adern floss. »Du willst mich nach Miami schicken, um Babysitter für eine Nachrichtentussi zu spielen, die einen liebeskranken Fan hat?« Sie hatte gewusst, dass ihm dieser Auftrag nicht passen würde. Bullet Catcher vermittelte keine überbezahlten Kraftprotze, um Paparazzi abzuschrecken, oder gar stundenweise bezahlte Nachtwächter für gutbetuchte Kunden, die ihre Freunde beeindrucken wollten. Lucys Elitetruppe bestand aus erstklassigen Sicherheitsexperten, und sie suchte sowohl ihre Angestellten als auch ihre Kunden sehr sorgfältig aus. Diesen Mandanten hatte sie sich zwar nicht selbst ausgesucht – aber das musste sie Alex ja nicht auf die Nase binden. Seinen Protest erwiderte sie lediglich mit einem stummen Nicken. »Kommt nicht infrage. Oh nein! Such dir jemand anders. Ich mach’s nicht mit Nachrichtentussis.« »Das wirst du bei dieser auch schön bleiben lassen«, erwiderte sie prompt. »Du hast den Auftrag bekommen, weil niemand bei uns dafür so gut geeignet ist wie du.« Auf Lucys Lohnliste standen mehrere Profis für diskrete Überwachung, ein Meister für verdeckte Ermittlungen, zwei tödliche Scharfschützen, ein Sprengstoffexperte, ein paar Unterhändler für Geiselnahmen und drei Männer, die auf Terrorismus spezialisiert waren. Aber niemand von ihnen konnte Alex das Wasser reichen, wenn es darum ging, eine Situation richtig einzuschätzen, Ärger vorauszusehen und seine Klienten vor Schaden zu bewahren. »Warum schickst du nicht Max Roper? Der kann selbst den schlimmsten Stalker durch seinen bloßen Anblick abschrecken.« »Er ist gerade erst aus Cannes zurückgekommen.« Lucy lächelte. »Mir scheint, ein Auftrag in Miami ist doch genau das Richtige für dich. Dann kannst du zu Hause vorbeischauen, ein paar schwarze Bohnen essen und deine Nichten und Neffen auf Onkel Alejandros Knien reiten lassen.« Alex’ ohnehin schon recht dunkle Gesichtsfarbe wurde noch einen Ton dunkler. Er hatte offensichtlich Mühe, die in ihm aufsteigende Wut in Zaum zu halten. »Hör mal, ich hab bei Bullet Catcher angefangen, weil ich gerade solche Aufträge nicht machen wollte. Sonst hätte ich auch zu einer von diesen spießigen Sicherheitsfirmen gehen können. Ich arbeite für dich, weil ich lieber auf Präsidenten, Prinzen und Obermacker von Scotland Yard aufpasse.« »Du arbeitest für mich, weil ich dir einen horrenden Haufen Geld zahle, dich wie einen Rockstar mit langen Haaren herumlaufen lasse und es normalerweise ignoriere, wenn Frauen ihre Ehe mit Multimilliardären aufs Spiel setzen, nur um dir Erdbeertörtchen auf ihren Brüsten zu servieren.« Die Spur eines Lächelns erschien auf seinen vollen Lippen. »Himbeertörtchen.« »Unglücklicherweise war dieser Multimilliardär einer unserer besten Kunden, der Bullet Catcher ein Heidenvermögen für seinen Schutz gezahlt hatte.« »Aber ich habe ihn beschützt. Sie hatte ein Messer und ein paar ziemlich interessante Fotos von ihm und seinem Liebhaber. Sie hätte ihn aufgeschlitzt, wenn ich sie nicht abgelenkt und ihm damit die Flucht ermöglicht hätte.« »Ich habe den Bericht gelesen.« Sie nahm den Ordner wieder vom Tisch und gab ihn Alex in die Hand. »Das hier ist wichtiger, als es auf den ersten Blick aussieht.« »Weil du noch mehr Aufträge von Parrish willst?« Sollte er das doch denken. »Ich möchte ihn beeindrucken, ganz egal, wo er politisch steht, und ich verlasse mich darauf, dass dir das gelingt. Und dass du sicherstellst, dass niemand seine Lieblingsangestellte anfasst. Auch du nicht.« »Ach, Luce. Du wirst doch nicht jeden Klatsch glauben.« Ein unbekümmertes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Alles nur Propaganda.« Lucy lachte leise. »Jede Propaganda hat einen wahren Kern.« Sie konnte ihm nie lange böse sein. Als sie vor fünf Jahren die CIA verlassen hatte, um die Mächtigen der Welt als Kunden zu gewinnen, hatte sie Alex als einen der Ersten angeheuert. Seine Intelligenz und Furchtlosigkeit hatten ihr schier die Schuhe ausgezogen. Das ging den meisten Frauen so; leider schienen Verstand und Unterwäsche ebenso schnell zu schwinden. »Das Objekt ist keine Wald-und-Wiesen-Moderatorin«, sagte Lucy nun. »Ihre nächste Station nach Miami ist New York, man will sie zum neuen Star bei Metropolitan Network aufbauen.« »Soll mich das in Erregung versetzen?« »Nein, Alex. Darum geht es ja gerade: Jede Erregung ist hier fehl am Platz. Erregung hat doch zu dem Debakel in Genf geführt.« Er nahm den Ordner und las die Aufschrift auf dem Reiter. »Jessica Adams. Gibt es irgendwas, was ich wissen sollte?« »Sie ist dreißig Jahre alt, sehr ehrgeizig und wohnt in einem Hochhaus unten an der Brickell Avenue in Miami. Ein Workaholic, hat kaum Verabredungen. Sie kocht gerne, liest Klassiker, sammelt alte Gläser. Außerdem hat sie eine eineiige Zwillingsschwester, sitzt im Vorstand einer Stiftung für Brustkrebs, treibt regelmäßig Sport und fährt ein BMW-Cabrio. Eine einfache Klientin.« »Schön.« Sein Tonfall, sagte etwas anderes. »Ich fahr gleich los.« »Mr Parrish muss Miss Adams erst noch von seiner Entscheidung in Kenntnis setzen, einen Bodyguard zu engagieren, und hat deshalb darum gebeten, dass du frühestens morgen Abend eintriffst. Offensichtlich nimmt sie die Bedrohung durch den Stalker nicht ernst.« »Dann habe ich ja noch Zeit, in Coral Gables mit ein paar Nichten und Neffen Hoppe hoppe Reiter zu spielen.« Lucy musste lächeln, als sie wieder zu ihrem Stuhl ging. »Tu das. Und wenn du deine Klientin triffst, mach ihr klar, dass sie sich wirklich in Gefahr befindet. Sie muss verstehen, dass Gleichgültigkeit ihr größter Feind ist.« Sie klappte ihren Palm auf und suchte nach neuen Nachrichten. »Enttäusch mich nicht, Alex! Du kennst die Regeln.« »Himmel, Luce! Es kränkt mich, dass du mich für ein Tier hältst, das nicht einmal einer popeligen Nachrichten...