E-Book, Deutsch, 336 Seiten
Clark Sei lieb und büße
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-7320-0078-4
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 336 Seiten
ISBN: 978-3-7320-0078-4
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erfolgsautorin Janet Clark mit einem fesselnden Jugendbuch-Thriller über Eifersucht, Gruppenzwang und Mobbing. Nervenkitzel pur!
Das Spiel ist aus.
Die Maus ist tot.
Die Katze hat gewonnen.
Sina ist untröstlich. Weshalb musste ihre Familie ausgerechnet von Berlin nach Kranbach ziehen? Der einzige Lichtblick: Die angesagtesten Mädchen der Schule freunden sich mit ihr an und sogar ihr Schwarm Frederik scheint in sie verliebt zu sein. Aber kurz nach ihrem ersten Kuss verunglückt Rik und fällt ins Koma. Sina findet Halt bei ihren neuen Freundinnen - doch sie weiß nicht, dass hinter deren strahlender Fassade ein tiefer, grausamer Abgrund lauert. Plötzlich nimmt ein übles Spiel seinen Lauf, das Sinas schlimmste Albträume wahr werden lässt. Und ein Ende ist nicht abzusehen ...
Mit elf Jahren hat Janet Clark ihren ersten Roman geschrieben. Er hatte zwölf Seiten und eine Leserin. Obwohl diese sofort von ihren schriftstellerischen Fähigkeiten überzeugt war, brauchte es viele Jahre und Umwege über diverse Länder und Berufe, bis Janet Clark ihr erstes Manuskript an eine Agentur schickte. Seitdem finden ihre Bücher immer mehr Fans. Heute lebt die Autorin mit ihrem Mann und drei Kindern in München.
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DIENSTAG, 5. JUNI 2012 1 »Verdammt!« Sina knallt den letzten Basketball in die Ecke. Warum muss Céline sie ausgerechnet heute dazu verdonnern, die Halle aufzuräumen? Das war bestimmt Absicht! Als hätte Céline geahnt, dass sie Frederik abpassen will. Sie nimmt die letzten drei Stufen auf einmal und rennt durch den dunklen Kellerflur zur Umkleide. Es ist still, kein Kichern, keine Stimmen, kein Klappern, nur das laute Klatschen ihrer Sohlen auf dem Linoleum. Sind die anderen schon fort? Sina bleibt stehen. Tatsächlich, die Umkleide ist dunkel und leer. Sie hält den Atem an, späht hinein und tastet nach dem Lichtschalter. Nicht mal das Licht haben sie angelassen! Sinas Wut flammt erneut auf. Sie wird gleich gehen. Ohne sich umzuziehen. Rein, Sachen holen, raus. Ben ist es egal, ob sie ihn in verschwitzten Kleidern abholt, und Frederik ist jetzt ohnehin schon weg. Und wenn nicht? Wenn er den Kuss von Samstag erklären will? Endlich erhellt das Neonlicht die Umkleide. Sina läuft zu ihrem Platz, schaut unschlüssig auf ihre Kleider, dann zieht sie ihre Sporthose aus. Sie zerrt eine Socke über den Fuß, während ihre Gedanken um das Training kreisen. Ist Frederik ihr gegenüber heute besonders aufmerksam gewesen? Hat er etwas getan, um ihr ein Zeichen zu geben? Eines, das außer ihr niemand verstehen würde? Sie greift nach der anderen Socke. Samstag. Wie weich seine Lippen gewesen sind. Wie er den Arm um ihre Hüfte gelegt und den Kopf zu ihr heruntergebeugt hat. »Du bist unglaublich.« Fast hört Sina ihn flüstern und das warme Gefühl in ihrem Bauch lässt sie wohlig erschauern. »Ein Naturtalent. Du solltest Teamkapitän werden.« »Hör auf zu träumen, Blödi. Beeil dich lieber, sonst ist er definitiv weg!« Sie schlüpft in ihre bunten Vans und stopft hastig die Sportsachen in ihre Schultasche. Will sie überhaupt Teamkapitän werden? Und Céline? Willst du dir den Kampf wirklich antun? »Gut, du bist noch da.« Céline stürmt in die Umkleide, als hätte sie Sinas Gedanken gehört. »Du hast die Trikots nicht mitgenommen. Du bist dran.« Sina kräuselt die Nase. Das hat sie über dem Aufräumen der Bälle total vergessen. »Ich hole sie morgen.« »Nein.« Die Hände in die Hüften gestemmt, schüttelt Céline den Kopf. »Du lässt sie nicht die ganze Woche hier.« »Morgen. Versprochen. Ich bin spät dran.« »Nein, jetzt. Glaub nicht, dass du einen Sonderstatus hast, nur weil du aus Berlin kommst.« »Kannst …«, beginnt Sina und verstummt, als sie Célines verkniffenen Gesichtsausdruck sieht. Frederiks Vorschlag, Teamkapitän zu werden, erscheint ihr plötzlich äußerst verlockend. Seufzend schnappt sie sich ihre Jacke und die Schultasche und läuft durch den düsteren Gang zur Turnhalle zurück. Im Geräteraum hievt sie die riesige Tragetasche mit den verschwitzten Trikots vom Boden hoch und wirft sie sich über die Schulter. Zu schwer und zu groß, um mit dem Rad zu fahren. Sina verspürt den dringenden Wunsch, Céline sofort abzulösen. Dazu müsste sie allerdings Frederik zu fassen bekommen, und genau das hat Céline gerade zielsicher verhindert. Und wenn er auf dich gewartet hat? Sie stößt die Hallentür auf. Mit einem Ziehen im Magen schaut sie sich im Pausenhof um. Die Schule liegt verlassen vor ihr, die großen, quadratischen Kippfenster wie dunkle Augen im hellen Grau des Betons. Er hat nicht auf sie gewartet. Natürlich nicht. Einzig ihr Fahrrad steht in dem überdachten Ständer wie ein treuer Gaul. Ein alter, abgehalfterter, aber wenigstens treuer Gaul. Wie soll sie jetzt herausfinden, ob Frederik sie am Samstagabend nicht einfach nur aus der Siegerlaune heraus geküsst hat? Das Ziehen in ihrem Magen verstärkt sich. Siegerlaune. Warum sonst hat er sich seitdem nicht bei ihr gemeldet? Sie tritt nach einem Kiesel. Klackernd springt er über den Asphalt und bleibt vor dem Eingang der Sporthalle liegen. Chance vertan. Jetzt würde sie Rik erst wieder am Samstag sehen. Samstag. Noch drei Tage und vier Nächte bis zum entscheidenden Spiel der Saison. Eine Ewigkeit. Und keine Garantie, ihn dort unter vier Augen sprechen zu können. Plötzlich hört sie Célines Lachen. Es klingt künstlich. Als lache sie besonders laut über etwas, das sie gar nicht komisch findet. Für wen sie sich wohl so ins Zeug legt? Sina beschleunigt ihren Schritt. Dann bleibt sie wie versteinert stehen. Céline lehnt an der Betonmauer hinter dem Schulgebäude. Neben ihr steht Frederik. Er redet auf sie ein. Gestikuliert. Frederik und Céline? Das Ziehen in Sinas Magen ist jetzt unerträglich. Was hat sie sich bloß eingebildet? Dass Frederik sich in sie verliebt hat, weil sie die meisten Körbe wirft? Und der Kuss? Offenbar hatte er für Frederik eine andere Bedeutung als für sie. Falsch. Er hatte für Frederik überhaupt keine Bedeutung. Mit glühenden Wangen betrachtet Sina die beiden. Wie gut sie zueinander passen. Frederiks durchtrainierter Körper. Selbstbewusst zur Schau gestellt in dem engen T-Shirt und der perfekt sitzenden Jeans. Célines Traumfigur. Ihr perfekter Busen, ihre makellose Haut. Beide groß, Frederik knapp eins neunzig, Céline etwa eins fünfundsiebzig. Sina sieht an sich selbst hinunter. Und sie? Lächerliche eins fünfundsechzig. Kinderfüße und Körbchengröße A. Jetzt fährt sich Frederik mit der Hand durchs Haar. Wie leicht die Berührung seiner Finger war, als er nach dem Kuss die Bogen ihrer Augenbrauen nachgezeichnet hat. »Eisblau … Ich dachte, du bist arrogant, als ich dich das erste Mal gesehen habe. Ich dachte, ein Mädchen mit solchen Augen muss arrogant sein …« Ein Kribbeln läuft ihre Wirbelsäule hinab. Céline lehnt mit dem Rücken zu ihr an der Mauer, doch Sina muss ihr Gesicht nicht sehen, um zu wissen, dass ihre braunen Puppenaugen sich an Frederiks Gesicht festgesaugt haben und sie ihren Mund leicht spitzt, um ihn voller wirken zu lassen. Frederik und Céline. Wenigstens weiß sie jetzt, woran sie ist. Sie dreht sich um und geht zum Schulgebäude zurück. Der Nordausgang. Lieber einen fetten Umweg, als an den beiden Turteltauben vorbeizumüssen. Da hört sie Schritte hinter sich. Schnelle, leichte Schritte. Frederik? Krampfhaft richtet sie ihren Blick auf die Schulmauer. Bloß nicht umdrehen. Eine Hand berührt sie an ihrer Schulter. »Wo gehst du denn hin? Ich hab Céline gerade gefragt, ob sie dich eingesperrt hat.« Frederik legt seinen Arm um Sina, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Sie erstarrt. Das, genau das ist es, was sie sich erhofft hat. Sein Arm um ihre Hüfte. In ihren Tagträumen hat sie sich an ihn geschmiegt, doch jetzt steht sie steif neben ihm, unfähig, sich zu rühren oder ihm zu antworten. Die Tragetasche baumelt schwer und unförmig von ihrer Schulter und drückt in ihre Kniekehlen. »Die nehm ich«, sagt Frederik. Ohne seinen Arm von ihr zu lösen, schwingt er sich die Tragetasche auf den Rücken. »Da…danke.« Es ist unfassbar. Er hat auf sie gewartet. Er legt seinen Arm um sie. Vor Céline. Verstohlen blickt Sina sich nach ihr um und erschrickt. Ihre Augen sind zu Schlitzen verengt, die Lippen nur noch ein dünner Strich. Ihre Blicke treffen sich, prallen aufeinander und elektrisieren die Luft um sie herum. Frederik hingegen scheint Céline völlig vergessen zu haben. Er neigt seinen Kopf zu Sina. »Ist alles in Ordnung?« Sie nickt, noch immer unfähig zu sprechen. All die Worte, die sie sich für diesen Moment zurechtgelegt hat – wie ausradiert von dem Tumult in ihrem Bauch, wo statt zierlicher Schmetterlinge nun Elefanten Rumba tanzen. »Ich wusste nicht, dass du auf mich wartest«, krächzt sie. »Ich habe gehofft, dass wir beide noch etwas Zeit miteinander verbringen können«, flüstert er und sie spürt seinen Atem auf ihrer Wange. Warm und sanft streicht er über ihr Gesicht und wandert weiter, bis sein Mund den ihren gefunden hat. Sie hält die Luft an. Öffnet die Lippen und wartet, dass seine Zunge sich vortastet, behutsam erst, dann fordernd und gierig wie bei ihrem ersten Kuss. Sie schmiegt ihren Körper an seinen, als Célines wütender Blick vor ihrem inneren Auge aufblitzt. Sie zuckt zurück. »Was ist denn?« Frederik blickt sie irritiert an. »Nichts. Ich … ich muss nur meinen Bruder abholen.« Verdammt! Wenn heute bloß Mittwoch oder Donnerstag wäre! Wenn sie nur Zeit hätte, um mit Frederik irgendwohin zu gehen, egal wohin, Hauptsache weit weg von Céline. »Dann hab ich also umsonst gewartet?« Sein Arm löst sich von ihrer Hüfte. »Schade, ich hätte deinen Rat gebraucht. Ich bin mir nicht sicher, was ich machen soll.« »Worum geht’s denn?« »’ne ziemlich krasse Sache.« Sein Lächeln verblasst und ein angespannter Zug erscheint um seinen Mund. »Lange Geschichte. Das würde ich dir lieber in Ruhe erzählen.« »Ich könnte heute Abend.« Seine Gesichtszüge hellen sich wieder auf und er legt seinen Arm erneut um sie. »Super. Gegen acht? Ich muss noch jemanden treffen, aber bis dahin bin ich zurück. Kommst du zu mir?« »Gern.« Sie unterdrückt einen erleichterten Seufzer. »Frieder-Wilhelmi-Bogen 23.« Sina tut so, als höre sie diese Information zum ersten Mal. Nie würde sie ihm verraten, dass sie seine Adresse längst herausgefunden und fast täglich Besorgungen im Supermarkt gegenüber erledigt hat, in der Hoffnung, ihm zufällig über den Weg zu laufen. »Na komm.« Frederik...