Connelly | Dunkler als die Nacht | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 7, 560 Seiten

Reihe: Ein Fall für Harry Bosch

Connelly Dunkler als die Nacht

Der siebte Fall für Harry Bosch
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-311-70352-5
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der siebte Fall für Harry Bosch

E-Book, Deutsch, Band 7, 560 Seiten

Reihe: Ein Fall für Harry Bosch

ISBN: 978-3-311-70352-5
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zwei spektakuläre Morde in Hollywood: Detective Harry Bosch muss als Hauptzeuge vor Gericht gegen David Storey aussagen. Der bekannte Regisseur, der sich mit Kinofilmen mit extremen Gewalt- und Sexdarstellungen einen Namen gemacht hat, soll eine junge Schauspielerin umgebracht haben. Das Interesse der Öffentlichkeit ist gewaltig. Zur selben Zeit wird Terry McCaleb, Ex-Cop und Spezialist für Serienmörder, in einem anderen Fall um Hilfe gebeten. Ein gewisser Edward Gunn wurde in einem Ritualmord getötet. Es stellt sich heraus: Zwischen den Verbrechen gibt es merkwürdige Parallelen. Und noch etwas wird sehr schnell klar: Harry Boschs und Terry McCalebs erster gemeinsamer Fall könnte beiden das Genick brechen.

Michael Connelly ist mit über 89 Millionen verkauften Büchern in 45 Sprachen einer der US-amerikanischen Krimi-Superstars. 1956 geboren, wuchs er in Florida auf, wo er als Journalist arbeitete, bis ihn die Los Angeles Times als Gerichtsreporter in die Stadt holte, in der sein literarisches Idol Raymond Chandler seine Romane spielen ließ, was Connelly ihm später gleichtun sollte. Im Kampa Verlag erscheinen neben den Fällen des legendären Ermittlers Harry Bosch und der Nachtschicht-Detective Rene?e Ballard auch Connellys Romane mit Jack McEvoy und Michael »Mickey« Haller. Connelly lebt in Kalifornien und in Florida.
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1


»Wir kriegen Besuch.«

Terry McCaleb sah seine Frau an und folgte dann ihrem Blick auf die gewundene Straße hinab. Er konnte den Golfcart die steile, kurvenreiche Straße zum Haus heraufkommen sehen. Der Fahrer war durch das Dach des Gefährts verdeckt.

Sie saßen auf der hinteren Terrasse des Hauses, das er und Graciela in der La Mesa Avenue gemietet hatten. Die Aussicht reichte von der schmalen, kurvenreichen Straße unterhalb des Hauses bis nach Avalon und seinem Hafen und dann über die Santa Monica Bay hinaus zu der Smogschicht, die das Festland anzeigte. Diese Aussicht war der Grund dafür gewesen, dass sie sich bei ihrem Umzug auf die Insel für dieses Haus entschieden hatten. In dem Moment, in dem seine Frau sprach, hatte sein Blick jedoch auf dem Baby in ihren Armen geruht, nicht auf der Aussicht. Er konnte nicht weiter sehen als bis zu den großen blauen vertrauensvollen Augen seiner Tochter.

McCaleb sah die Mietnummer an der Seite des unter ihm vorbeifahrenden Golfcarts. Es war kein Einheimischer, der sie besuchen kam. Es war jemand, der wahrscheinlich mit der Catalina-Express-Fähre vom Festland gekommen war. Trotzdem fragte er sich, woher Graciela wusste, dass der Wagen zu ihrem Haus unterwegs war und nicht zu einem der anderen in der La Mesa.

Er fragte sie nicht danach – sie hatte schon öfter solche Vorahnungen gehabt. Er wartete bloß, und kurz nachdem der Golfcart verschwunden war, klopfte jemand an der Haustür. Graciela ging öffnen und kehrte wenig später mit einer Frau, die McCaleb drei Jahre nicht mehr gesehen hatte, auf die Terrasse zurück.

Sheriff’s Detective Jaye Winston lächelte, als sie das Kind in seinen Armen sah. Das Lächeln war aufrichtig, aber zugleich war es das zerstreute Lächeln von jemandem, der nicht gekommen war, um ein neugeborenes Baby zu bewundern. Der dicke grüne Ordner und die Videokassette, die sie bei sich hatte, konnten nur bedeuten, dass Winston in einer dienstlichen Angelegenheit hier war. In einer tödlichen dienstlichen Angelegenheit.

»Und, wie geht’s, Terry?«, fragte sie.

»Könnte nicht besser sein. Erinnern Sie sich noch an Graciela?«

»Aber natürlich. Und wer ist das da?«

»Das ist CiCi.«

In Anwesenheit anderer benutzte McCaleb nie den richtigen Namen seiner kleinen Tochter. Cielo nannte er sie nur, wenn er mit ihr allein war.

»CiCi«, sagte Winston und zögerte, als warte sie auf eine Erklärung des Namens. Als keine kam, fragte sie: »Wie alt?«

»Fast vier Monate. Sie ist sehr groß für ihr Alter.«

»Aber ja, klar, das sieht man … Und der Junge … wo ist er?«

»Raymond«, sagte Graciela. »Er ist mit Freunden unterwegs. Terry hatte einen Kunden, und deshalb ist er mit Freunden in den Park, Softball spielen.«

Die Unterhaltung war stockend und verkrampft. Entweder interessierte Winston das alles nicht wirklich oder sie war nicht an so banale Gespräche gewöhnt.

»Möchten Sie vielleicht was trinken?«, erkundigte sich McCaleb und reichte das Baby Graciela.

»Nein, danke. Ich habe auf der Fähre eine Cola getrunken.«

Wie auf ein Stichwort hin oder weil es sich ärgerte, von einem Händepaar zum nächsten weitergereicht zu werden, begann das Baby zu quengeln. Darauf sagte Graciela, sie würde es nach drinnen bringen, und ließ sie allein auf der Terrasse. McCaleb deutete auf den runden Tisch, an dem sie fast jeden Abend aßen, wenn das Baby schlief.

»Wollen Sie sich nicht setzen?«

Er bugsierte Winston auf den Stuhl zu, von dem man den besten Blick auf den Hafen hatte. Sie legte den grünen Ordner, in dem McCaleb sofort die Akte eines Mordfalls erkannte, auf den Tisch und das Video obendrauf.

»Schön«, sagte sie.

»Ja, sie ist unglaublich. Ich könnte sie den ganzen Tag …«

Er hielt lächelnd inne, als er merkte, dass sie das Panorama gemeint hatte, nicht seine Tochter. Auch Winston lächelte.

»Sie ist auch schön, Terry. Wirklich. Auch Sie sehen gut aus, so braun und überhaupt.«

»Ich fahre viel mit dem Boot raus.«

»Und gesundheitlich geht es Ihnen gut?«

»Nicht, dass ich klagen könnte, außer diesen Tabletten, die ich ständig nehmen muss. Aber die ganze Geschichte ist jetzt schon drei Jahre her und bisher ist alles glattgelaufen. Ich glaube, ich bin über den Berg, Jaye. Ich muss nur weiter diese blöden Pillen schlucken. Dann müsste es auch so bleiben.«

Er lächelte und er sah aus wie die Gesundheit in Person. Während die Sonne seine Haut dunkler gemacht hatte, hatte sie auf sein Haar die gegenteilige Wirkung gehabt. Ordentlich und kurz geschnitten, war es inzwischen fast blond. Durch die Arbeit auf dem Boot war auch seine Arm- und Schultermuskulatur ausgeprägter geworden. Das einzige verräterische Detail war unter seinem Hemd verborgen, die fünfundzwanzig Zentimeter lange Narbe, die von der Transplantation zurückgeblieben war.

»Das freut mich«, sagte Winston. »Wie es aussieht, haben Sie sich hier ja bestens eingerichtet. Neue Familie, neues Heim … weit weg von allem.«

Sie schwieg einen Moment, während sie den Kopf drehte, als wollte sie die ganze Aussicht und die Insel und McCalebs Leben gleichzeitig erfassen. McCaleb hatte Jaye Winstons jungenhafte Art schon immer attraktiv gefunden. Sie hatte loses rotblondes Haar, das sie schulterlang trug. Als er noch mit ihr zusammengearbeitet hatte, hatte sie sich nie geschminkt. Aber sie hatte durchdringende, wissende Augen und ein lockeres, aber etwas trauriges Lächeln, als sähe sie in allem Komik und Tragik gleichzeitig. Sie trug eine schwarze Jeans und einen schwarzen Blazer mit einem weißen T-Shirt darunter. Sie wirkte cool und abgebrüht, und McCaleb wusste, dass sie das auch war. Sie hatte die Angewohnheit, beim Sprechen immer wieder ihr Haar hinter die Ohren zu haken. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund fand er das anziehend. Er hatte immer gedacht, wenn er sich nicht mit Graciela zusammengetan hätte, hätte er vielleicht versucht, Jaye Winston näher kennenzulernen. Er spürte auch, dass Winston das intuitiv wusste.

»Da bekomme ich fast ein schlechtes Gewissen, wenn ich an den Grund meines Besuchs denke«, sagte sie.

McCaleb deutete mit dem Kopf auf den Ordner und das Video.

»Sie sind dienstlich hier. Sie hätten auch anrufen können, Jaye. So hätten Sie sich wahrscheinlich etwas Zeit sparen können.«

»Nein. Sie haben keine Karten mit Ihrer neuen Adresse oder Telefonnummer verschickt. So, als wollten Sie nicht, dass jemand weiß, wo Sie stecken.«

Sie hakte ihr Haar hinter ihr linkes Ohr und lächelte wieder.

»Das war eigentlich nicht der Grund«, sagte er. »Ich dachte nur, es würde niemanden interessieren, wo ich abbleibe. Und wie haben Sie mich dann gefunden?«

»Ich habe im Jachthafen drüben auf dem Festland ein bisschen rumgefragt. In der Hafenmeisterei hat man mir gesagt, Sie hätten zwar noch einen Liegeplatz, aber das Boot hätten Sie hier drüben liegen. Ich bin mit der Fähre rübergekommen und ließ mich von einem Wassertaxi im Hafen rumfahren, bis ich es entdeckte. Ihr Freund war an Bord. Er hat mir erklärt, wie ich hierherkomme.«

»Buddy.«

McCaleb blickte auf den Hafen hinab und machte die Following Sea aus. Sie war ungefähr eine halbe Meile entfernt. Er konnte Buddy Lockridge vornübergebeugt im Heck stehen sehen. Nach wenigen Momenten wurde ihm klar, dass Buddy mit dem Schlauch vom Süßwassertank die Spulen abspritzte.

»Und worum geht es nun hier, Jaye?«, fragte McCaleb, ohne Winston anzusehen. »Muss ziemlich wichtig sein, dass Sie sich das alles an Ihrem freien Tag antun. Ich nehme mal an, Sie haben sonntags frei.«

»Meistens.«

Sie schob die Kassette beiseite und schlug den Ordner auf. Jetzt warf McCaleb einen Blick darauf. Obwohl für ihn alles auf dem Kopf stand, konnte er erkennen, dass das oberste Blatt ein Mordformular war, normalerweise die erste Seite in jeder Mordakte, die er bisher studiert hatte. Das war der Ausgangspunkt. Sein Blick wanderte zu dem Feld mit der Adresse. Selbst verkehrt herum konnte er erkennen, dass es ein West-Hollywood-Fall war.

»Ich habe hier einen Fall und … ich hätte gern, dass Sie mal einen Blick reinwerfen. In Ihrer Freizeit, natürlich. Ich denke, das könnte was für Sie sein. Vielleicht können Sie mir ja einen Tipp geben, mich auf eine Spur aufmerksam machen, der ich noch nicht gefolgt bin.«

Sobald er den Ordner in ihrer Hand gesehen hatte, hatte er gewusst, dass sie ihn um so etwas bitten würde. Doch nachdem sie ihre Bitte nun ausgesprochen hatte, löste sie einen Sturm sehr widersprüchlicher Gefühle in ihm aus. Die Aussicht, wieder in sein altes Leben einzutauchen, übte einen starken Reiz auf ihn aus. Gleichzeitig bekam er ein schlechtes Gewissen, dass er in ein Haus, das so voller neuem Leben und Glück war, den Tod brachte. Er spähte zu der offenen Schiebetür, um zu sehen, ob Graciela zu ihnen nach draußen blickte. Das tat sie nicht.

»Etwas für mich?«, fragte er. »Wenn es sich um einen Serienmord handelt, sollten Sie keine Zeit vergeuden. Gehen Sie zum FBI, verlangen Sie nach Maggie Griffin. Sie wird …«

»Das habe ich bereits alles getan, Terry. Trotzdem brauche ich Sie.«

»Wie weit liegt das alles schon zurück?«

»Zwei Wochen.«

Sie blickte vom Ordner zu ihm auf.

»An Neujahr?«

Sie nickte.

»Der erste Mord des Jahres«, sagte sie. »Zumindest in L.A. County. Es gibt Leute, die denken, das Jahrtausend beginnt erst dieses Jahr.«

»Glauben Sie, es ist so ein Millenniumsspinner?«

»Irgendeine Form von Spinner ist es auf jeden Fall....


Connelly, Michael
Michael Connelly ist mit über 89 Millionen verkauften Büchern in 45 Sprachen einer der US-amerikanischen Krimi-Superstars. 1956 geboren, wuchs er in Florida auf, wo er als Journalist arbeitete, bis ihn die Los Angeles Times als Gerichtsreporter in die Stadt holte, in der sein literarisches Idol Raymond Chandler seine Romane spielen ließ, was Connelly ihm später gleichtun sollte. Im Kampa Verlag erscheinen neben den Fällen des legendären Ermittlers Harry Bosch und der Nachtschicht-Detective Rene´e Ballard auch Connellys Romane mit Jack McEvoy und Michael »Mickey« Haller. Connelly lebt in Kalifornien und in Florida.

Leeb, Sepp
Sepp Leeb hat Amerikanistik und Germanistik studiert und lebt in München. Er hat unter anderem Michael Connelly, Lawrence Block und Thomas Harris übersetzt und findet, obwohl ein großer Fan von Harry Bosch, dass Renée Ballard seinem Lieblingsermittler bei ihrem ersten Auftritt in »Late Show« in nichts nachsteht.



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