E-Book, Deutsch, Band 0560, 256 Seiten
Reihe: Historical MyLady
Cornick Ein verboten verführerischer Earl
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7337-6237-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 0560, 256 Seiten
Reihe: Historical MyLady
ISBN: 978-3-7337-6237-7
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Überrascht starrt Catriona auf ihren Stammbaum. Kein Zweifel: Ihr verstorbener Vater wurde einst um sein Erbe geprellt und sie ist die wahre Herrin des Familiensitzes Glen Clair! Kurz darauf wird die temperamentvolle Schottin von ihrem geldgierigen Onkel entführt - gemeinsam mit Neil Sinclair, dem künftigen Earl of Strathconan. Eine Flucht mit ihm scheint Catrionas einzige Rettung zu sein. Doch schon zu oft ist der attraktive Charmeur ihr gefährlich nahe gekommen. Wird Neil ihr helfen, ihr rechtmäßiges Erbe wiederzuerlangen? Oder wird er ihr nur erneut das Herz rauben?
Nicola Cornick liebt viele Dinge: Ihr Cottage und ihren Garten, ihre zwei kleinen Katzen, ihren Ehemann und das Schreiben. Schon während ihres Studiums hat Geschichte sie interessiert, weshalb sie sich auch in ihren Romanen historischen Themen widmet. Wenn Nicola gerade nicht an einer neuen Buchidee arbeitet, genießt sie es, durch die englische Landschaft zu spazieren. Sie freut sich über Leserzuschriften auf ihrer Webseite www.nicolacornick.co.uk.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1. KAPITEL
In welchem ich den Helden kennenlerne, wie es sich für jede gute Heldin gehört.
Ich heiße Catriona Balfour, und dies ist meine Geschichte.
Meinen Bericht möchte ich mit der Schilderung eines Begräbnisses beginnen. Anfang Juli 1802 wurde mein Vater auf dem Friedhof von Applecross bestattet. Ich war damals 18 Jahre alt.
Ein trauriger Anfang, ja. Tatsächlich war es ein trauriges Jahr gewesen. Zwei Monate zuvor war meine Mutter gestorben. Dahingerafft von einem Fieber, das ein wandernder Händler ins Dorf mitgebracht hatte. Er hatte Bänder und Gürtelschnallen, Handschuhe und Schultertücher verkauft sowie Stoffe. Da Mama sich ein neues Sommerkleid nähen wollte, hatte sie ein paar Yards Musselin bei ihm erstanden.
Sie ging von uns, noch ehe das Kleid fertig war.
Jetzt stand ich am Grab meines Vaters und dachte, dass uns allen von hier aus zumindest ein schöner Blick aufs Meer vergönnt war. Applecross lag am Meer. Und vom Friedhof aus schaute man auf die Bucht. Strahlend blau schimmerte das Wasser an diesem Tag. Die Luft war klar, sodass man am Horizont die zerklüfteten Gipfel der Insel Skye erkennen konnte. Ein sanfter Wind trug den Geruch von Salz und Algen zu uns herüber. Sonnenstrahlen wärmten meinen Rücken.
Ich trug mein bestes schwarzes Bombasinkleid. Leider ließ es mich sehr unförmig erscheinen, weil der Stoff so steif war, dass er wohl von allein gestanden hätte. Auch knisterte er bei jeder Bewegung, was mir – ich gebe es zu – trotz meiner tiefen Trauer äußerst unangenehm war. Tatsächlich fand ich das Kleid so hässlich, dass ich mich vor den Trauergästen schämte. Gleichzeitig schämte ich mich, weil ich während der Beerdigung meines Vaters so unpassende Gedanken hatte und an modische Kleider, einen Schal aus silberfarbener Gaze und an ein paar Schuhe aus weichem Ziegenleder dachte.
„Das Mädchen ist eitel“, hatte unsere Haushälterin Mrs Mansell vor vielen Jahren gesagt, als sie mich, ein damals achtjähriges Kind, vor dem Spiegel erwischte, wie ich Mamas Sonntagshütchen aufprobierte. „Lassen Sie sie den Stock spüren, ehe es zu spät ist.“
Doch auch meine Mutter mochte hübsche Dinge. Statt mich zu schlagen, schloss sie mich in die Arme und flüsterte mir zu, ich sähe sehr hübsch aus. Ich weiß noch, wie ich Mrs Mansell über Mamas Schulter hinweg triumphierend anschaute. Woraufhin sie die Mundwinkel nach unten zog und murmelte, es werde ein schlimmes Ende mit mir nehmen. Vielleicht war sie ja nur neidisch, weil sie selbst ein miesepetriges Gesicht hatte, das an eine verschrumpelte Pflaume erinnerte, und weil es niemanden gab, der sie liebte, seit ihr Gatte dahingeschieden war. Nun, vermutlich hatte auch er sie nicht geliebt.
Meine Mutter hingegen war eine warmherzige liebevolle Frau. Und mein Vater, der Schulmeister von Applecross, kümmerte sich rührend um sie und um mich, sein einziges Kind. Sobald ich drei Jahre alt geworden war, hatte er begonnen, mich zu unterrichten. Deshalb war ich weit und breit die einzige junge Dame, die den Lauf der Gestirne kannte, die ein wenig Französisch sprach und die die Pflanzen, die auf den Wiesen und am Bachufer wuchsen, mit ihrem lateinischen Namen benennen konnte.
Miss Bennie und Miss Henrietta Bennie, die Töchter des Gutsherrn, machten sich lustig über mich und behaupteten, solche Kenntnisse würden mir nicht helfen, einen Gatten zu finden. Sie verbrachten ihre Tage damit, auf dem Spinett zu musizieren oder mit Wasserfarben zu malen, während ich dem alten Harry beim Krabbenfangen mit dem kleinen Handnetz half und dabei meinen Teint ruinierte. Denn natürlich benutzte ich keinen Sonnenschirm.
Die beiden jungen Misses Bennie nahmen auch an Papas Beerdigung teil. Sie standen mit ihren Eltern ein Stück entfernt von allen anderen. Die übrigen Trauernden konnte man in zwei Gruppen einteilen: Da waren zum einen die Dorfbewohner und zum anderen einige gelehrte Kollegen meines Vaters, die von weither gekommen waren, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Ich rechnete es ihnen hoch an, dass sie die Strapazen der Reise nicht gescheut hatten.
Sir Compton Bennie schaute ernst auf das frisch ausgehobene Grab. Er hatte hin und wieder mit meinem Vater Karten gespielt oder bei einem Glas Whiskey tiefschürfende Gespräche mit ihm geführt. Beides hatte seiner Gattin nicht gefallen. Lady Bennie legte großen Wert auf ihren gesellschaftlichen Rang. Daher war sie der Meinung, ein einfacher Schulmeister habe die Aufmerksamkeit ihres Gatten nicht verdient.
Einmal – ich war wohl sechs Jahre alt – hörte ich, wie sie mich als „dieses unerfreuliche hässliche Kind“ bezeichnete. Tatsächlich war ich damals sehr dünn, meine rotgoldenen Locken sahen immer zerzaust aus, und der Ausdruck meiner blauen Augen muss wohl einen sehr abweisenden Eindruck gemacht haben. Jedenfalls behauptete mein Vater, ich könne allein mit meinem Blick einen Wolf in die Flucht schlagen.
Allerdings hatte man den letzten Wolf in Applecross vor mehr als einem halben Jahrhundert gesichtet. Es konnte mir also nur recht sein, wenn mein Blick mit der Zeit weniger furchteinflößend geworden war. Zudem hoffte ich, dass meine Figur inzwischen etwas ansehnlicher wirkte und mein Haar nicht mehr in alle Richtungen stand. Ja, gewiss war ich nicht mehr so hässlich wie in jenen Kindertagen, obwohl böse Stimmen der Meinung waren, mein Kinn sei für eine Frau zu kantig und mein Gesichtsausdruck zu entschlossen. Auch war meine Haut mit Sommersprossen übersät, und meine Wimpern waren so hell, dass man hätte glauben können, ich besäße keine. Mein Haar ließ sich nach wie vor schwer bändigen. Und aus Kummer über den Tod meiner Eltern hatte ich wieder abgenommen, sodass ich recht hager war.
Kurz gesagt: Ich wusste – auch wenn ich keinen Vergleich zu den stets irgendwie rosa und golden schillernden Misses Bennie ziehen wollte –, dass ich keine Schönheit war.
Mir fiel auf, dass Lady Bennie ihr zweitbestes schwarzes Kleid trug, womit sie der Beerdigung den genau richtigen Grad an Bedeutung beimaß. Als Gattin des Gutsherrn und somit als wichtigste Dame in unserem Bezirk gehörte es zu ihren Pflichten, der Trauerfeier beizuwohnen. Ich wusste, dass sie alle ihre Aufgaben gewissenhaft erledigte. Doch obwohl sie hin und wieder ihr spitzenbesetztes Taschentüchlein an die Augen führte, konnte sie nicht verheimlichen, dass sie keine echte Trauer empfand.
Ihre Töchter waren noch nicht so geschickt. Es war offensichtlich, dass sie sich langweilten. Sie zappelten herum und flüsterten sogar miteinander, während der Pfarrer sprach.
„Asche zu Asche …“
Ich warf eine Handvoll Erde auf den Sarg. Es gab ein seltsames Geräusch. Tränen stiegen mir in die Augen, und ich verspürte einen dicken Kloß im Hals.
„Staub zu Staub …“
Armer Papa … Er hatte noch so viel vorgehabt. Es erzürnte mich, dass man ihm jede Chance genommen hatte, seine Pläne zu verwirklichen.
Irgendjemand in der Menge versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken. Die Bewohner von Applecross weinten nicht leicht, doch mein Vater David Balfour war sehr beliebt gewesen. Ich hatte jedenfalls niemanden dafür bezahlen müssen, zur Beerdigung zu erscheinen und Kummer vorzutäuschen, so wie Compton Bennie es angeblich getan hatte, als sein Vater bestattet wurde. Der Verstorbene hatte sich allerdings 50 Jahre zuvor mit den Engländern zusammengetan, als diese begannen, die schottischen Highlands auszuplündern. So etwas vergaßen die Menschen hier nicht.
„Komm, Catriona!“
Die Beerdigungszeremonie war zu Ende, und Mr Campbell, unser Pfarrer, nahm meinen Arm, um mich vom Friedhof zu führen. Ich warf einen letzten Blick auf Papas Grab, das wie eine offene Wunde aussah. Douglas, der Totengräber, stützte sich auf seinen Spaten. Wahrscheinlich wartete er ungeduldig darauf, seine Arbeit beenden zu können. Als ich auf Papas Sarg schaute, überkam mich eine abgrundtiefe Verzweiflung. Ich wusste, dass ich diesem Gefühl nicht nachgeben durfte, wenn ich nicht vor Kummer den Verstand verlieren wollte.
Ich war eine Waise.
Ich besaß kein Geld.
Ich hatte mein Heim verloren.
Letzteres hatte ich am vergangenen Abend von Mr und Mrs Campbell erfahren. Sie hatten es mir schonend beigebracht, während ich ein Glas warme Milch mit Whiskey trank, das mir – wie Mrs Campbell sagte – helfen würde, Schlaf zu finden. Seit dem Tod meines Vaters lebte ich im Pfarrhaus, weil es für eine junge Dame unschicklich gewesen wäre, allein im Haus des Schulmeisters zu wohnen. Bis zu jenem Gespräch war mir jedoch nicht klar gewesen, dass ich nie in jenes Haus zurückkehren würde, das so lange mein Heim gewesen war.
Lehrerhaus und Schulgebäude gehörten einer wohltätigen Organisation, die sich St. Barnabas Gruppe nannte. Schon vor meiner Geburt war Papa von den Leitern der Organisation eingestellt worden. Seitdem hatte er seine Aufgaben zur Zufriedenheit aller erfüllt. Jetzt allerdings hatten die Verantwortlichen so schnell wie möglich einen Nachfolger für meinen Vater gesucht und gefunden. In wenigen Tagen würde der neue Schulmeister mit seiner Familie von Inverness nach Applecross übersiedeln. Mir erschien diese Eile unpassend. Doch innerhalb der Organisation wollte man wohl nicht, dass für die Kinder von Applecross mehr Unterricht ausfiel als unvermeidbar war.
Immerhin musste ich zugestehen, dass die Vertreter der St. Barnabas Gruppe sich mir gegenüber nicht geizig verhalten hatten. Sie waren für die Beerdigungskosten aufgekommen und hatten Mr Campbell fünf...