E-Book, Deutsch, Band 50, 80 Seiten
Reihe: John Sinclair Sonder-Edition
Dark John Sinclair Sonder-Edition - Folge 050
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-4469-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Todesglocken für John Sinclair
E-Book, Deutsch, Band 50, 80 Seiten
Reihe: John Sinclair Sonder-Edition
ISBN: 978-3-7325-4469-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Die Glocke war in der Hölle gegossen worden. Luzifer persönlich hatte seinen Atem in die Form gehaucht. Zuerst läutete sie in den Tiefen der Verdammnis. Mit ihrem Klang lockte sie die Heerscharen des Teufels herbei. Und die schafften die Glocke in die normale Welt, wo sie das Ende eines Menschen einläuten sollte. Dieser Mensch war ich!
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Die Stimme war wie ein krachender Donnerschlag, der die trügerische Stille eines schwülen Sommerabends brutal zerriss. Sie drang aus der Schwärze, aus der fassungslosen und nicht messbaren Unendlichkeit, und sie gehorchte Gesetzen, die älter waren als die bekannte Welt. Sie gehörte dem Teufel! Er stand im Mittelpunkt, von Flammen umlodert, mit hochgerissenen Armen und grässlich verzerrtem Gesicht, in dem sich Triumph, Grauen und Schrecken zu einer bösen Mischung vereinigten. Der Teufel, auch Asmodis genannt, hatte gerufen, und er wusste, dass ihm alle gehorchen würden, wenn seine Stimme erklang. »Kommt herbei, ihr Diener der Hölle, ihr Kreaturen der Finsternis, ihr schwarzmagischen Heerscharen! Seht, was ich hier erschaffen habe! Bewundert mein Werk, ergötzt euch an meinen Taten, die einmalig sind und die es bleiben werden! Ich, der ich die Großen Alten habe zurückschlagen können, bin wieder dabei, die absolute Macht zu erlangen, denn auf mich allein kommt es an. Wer sich mir anvertraut, wird nicht enttäuscht sein, denn ich gebe ihm das, was er sich wünscht. Meine Pläne sind gewaltig, und sie werden noch gewaltiger werden, je mehr Zeit verrinnt. Das alles kann ich euch versprechen. Deshalb verlasst die Tiefen der Finsternis und bewundert mein neuestes Werk!« Die Stimme verhallte. Sie war wie ein böses Schwingen, das hineinstieß in die Unendlichkeit und irgendwo im Taumel der Zeiten verging. Das Reich des Teufels kannte keine Grenzen. Dimensionen spielten für ihn keine Rolle. Da wurde mit anderen Gesetzen gerechnet, und die Zeit überging der Teufel ebenfalls, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden. Was sollte die Zeit? Für Menschen zählte sie, für ihn nicht. Er war da, man konnte ihn nicht töten, aber, das gestand er sich ein, es gab Schwachpunkte bei ihm, und einige Menschen, unter anderem der Geisterjäger John Sinclair, hatten dies erkannt. Der Teufel war schon zu Beginn der Zeiten gezeichnet und abqualifiziert worden. Er besaß die Macht über das Böse, er konnte sie einsetzen, und es gelang ihm besonders, die Menschen zu beeinflussen, wenn sie damit begannen, nach den Werten zu streben, die der Teufel verteidigte und auf die er sein Reich aufgebaut hatte. Bei Dämonen oder mächtigen schwarzmagischen Geschöpfen, die ähnliche Pläne verfolgten wie er, sah es anders aus. Da gab es starke Grenzen, die ihm den Weg zur absoluten Macht abringen wollten, es aber nicht schafften, sodass Asmodis in der letzten Zeit wieder Oberwasser bekommen hatte. Unterstützt wurde er dabei vom absolut Bösen, von dem Wesen, das hinter ihm stand und alles beobachtete. Es war Luzifer! Einst ein Engel, hatte er versucht, gottgleich zu sein, doch er war durch das Schwert des Erzengels Michael in die tiefsten Schlünde der Verdammnis gestürzt worden. Und mit ihm all diejenigen, die auf seiner Seite gestanden hatten, auch Asmodis und Frauen, die bereits damals, zu Beginn der Zeiten, ihre Körper verkauft hatten. Dazu gehörte Lilith, die erste Hure. Eine mächtige Gestalt, das Böse des Weibes verkörpernd. Sie war in letzter Zeit aufgetaucht wie Phönix aus der Asche. Sie und Asmodis verstanden sich, denn beide besaßen einen gemeinsamen Feind. John Sinclair! Der hatte es tatsächlich gewagt, sich gegen die Hölle zu stellen, und ihm war es gelungen, den Geschöpfen der Finsternis einige Niederlagen beizubringen. Immer wieder hatte es der Teufel versucht, aber er war nicht an den Geisterjäger herangekommen, dessen Kreuz ihm so großen Schutz gewährte. Eines zeichnete sämtliche Schwarzblütler aus: Sie gaben nicht auf. Bis zur Vernichtung kämpften sie. Asmodis gehörte dazu, denn er versuchte es immer wieder und hatte Teilerfolge errungen, wobei er die Manipulation des Sinclair’schen Kreuzes hinzuzählte, obwohl Lilith diese vorgenommen hatte. Ihr war es gelungen, einige bislang nicht enthüllte Zeichen auf dem Kreuz verschwinden zu lassen, ohne dass der Geisterjäger etwas hatte dagegen unternehmen können. Für Asmodis war dies ein gutes Zeichen. Ein Hinweis, dass er es wieder versuchen musste. Und er hatte seinen Plan bereits ausgearbeitet, deshalb dieser Schrei nach Verbündeten. Spektakulär musste es sein, wie alles, was der Teufel gegen seine Feinde unternahm. Er griff nicht einfach an, nein, er dachte über Tricks und Kniffe gegen seine ureigenen Feinde nach. Satan hatte gerufen, und sie kamen. Noch stand der Teufel im Zentrum des Feuers. Der Flammenkranz umhüllte und umloderte ihn wie ein feuriger Mantel, ohne ihn verbrennen zu können. Ihm gehorchte das Feuer, er konnte es dirigieren, schließlich sprach man nicht umsonst vom verzehrenden Feuer der Hölle, das vom Satan geschaffen worden war. Die Finsternis riss auf. Es schien so, als hätte man gewaltige Löcher in die Schwärze geschaufelt, und aus ihnen krochen die unheimlichen Gestalten hervor, die der Satan gerufen hatte. Es waren Wesen und Gestalten, wie sie nur ein krankes Hirn erschaffen konnte. Die Helfer des Satans, Monster, Bestien, Mutationen. Geflügelte Ungeheuer waren ebenso vertreten wie Geschöpfe mit zehn oder mehr Köpfen und haushohen Körpern. Schlangenmenschen oder Vampirungeheuer gaben sich ebenfalls ein Stelldichein, aber auch fischähnliche Gestalten mit reißzahnbewehrten Mäulern, aus denen grüne Flammen schossen und die Schwärze mit ihrem fahlen Schein erhellten. Bilder des Schreckens, albtraumhafte Szenen, wie sie oft von der Welt für verrückt gehaltene Maler auf die Leinwand brachten. Durch den Ruf des Teufels hatte sich das Pandämonium geöffnet und seine Kreaturen entlassen, die um den Herrscher der Hölle einen Kreis gebildet hatten und abwarteten, was ihnen der Satan zu sagen hatte. Wieder begann der Teufel zu lachen, während Feuer aus seinem Maul schoss. »Ihr seid gekommen, meine Freunde, weil ich euch gerufen habe«, sagte er. »Aber es gibt eine Änderung. Von jetzt an werdet ihr nicht nur auf meine Stimme hören, sondern auch auf etwas anderes, das ebenso mit mir in Verbindung steht, denn ich allein habe mir das Besondere einfallen lassen.« Der Teufel wusste, wie man Spannung erzeugte, deshalb behielt er die Ruhe und sprach nicht weiter. Sie warteten, und der Satan schaute sie alle an. Es waren nicht die gefährlichsten Diener, die der Hölle zur Verfügung standen. Oft genug trog der Schein. Da sahen die Monster zwar furchterregend aus, Menschen würden sich zu Tode erschrecken, aber das Böse an sich waren sie nicht. Das war viel subtiler. Man konnte es nicht sehen, es ließ sich vergleichen mit einem unsichtbaren Atem, der überall war und von den Menschen eingesaugt wurde. Manche, die dafür empfänglich waren, wurden Diener des Teufels, der ihre Psyche damit auf schreckliche Art und Weise veränderte. Andere widerstanden dem Hauch des Bösen und veränderten sich nicht. Wieder andere kämpften dagegen an, aber die waren in der Unterzahl und riskierten oft genug ihr Leben. Die Großen Alten waren besiegt. Nur mehr einen von ihnen gab es, den gefährlichsten von allen, den Spuk. Aber die anderen fünf hatten es nicht geschafft, sich die Hölle und damit den Teufel untertan zu machen, was Asmodis mächtigen Auftrieb gegeben hatte und sein Ansehen hatte steigen lassen. Asmodis stellte sich in die Mitte des Kreises. Sein Blick veränderte sich, die Flammen sanken zusammen und glitten gleichzeitig auf ihn zu, um in seinen Augen zu verschwinden. Zurück blieb ein hellrotes, feuriges Leuchten der Pupillen, die sich rasend schnell um die eigene Achse drehten, sodass der Eindruck entstand, als würden sich in den Augenhöhlen der dreieckigen Satansfratze brennende, kleine Wagenräder bewegen. »Ich habe etwas geschaffen, das einmalig ist«, erklärte der Satan. »Es ist ein Gegenstand, wie ihn die Menschen kennen und ihn verehren. Sie haben über ihn geschrieben, sie haben von ihm gesprochen, denn er gehört zu ihrem täglichen Leben. Künstler beschäftigten sich mit ihm, gaben ihm neue Formen und Größen, aber im Prinzip ist dieser Gegenstand gleich geblieben. Ich habe ihn nicht verändert, nur seine Größe ist einmalig. Sie übertrifft alles bisher Dagewesene. Niemand außer mir hat ihn bisher gesehen, aber euch will ich ihn zeigen. Schaut her!« Nach dem letzten Satz bewegte Asmodis den rechten Arm. Die Klauenhand deutete in die Tiefe, und aus ihr jagte ein breit gefächerter Blitz hervor. Er schlug ein in die Dunkelheit, breitete sich aus, sodass er ein gewaltiges Loch in sie riss und alle, auch der Satan, in die Tiefe schauen konnte. Ein riesiges Oval war entstanden. Groß und breit wie ein Krater, und das Zentrum strahlte rötliches Licht aus. Der Teufel und seine herbeigerufenen Begleiter starrten hinein. Sie alle sahen es. Es war eine Glocke! *** So etwas hatte es noch nie gegeben. Von einer immensen Größe und höchstens von den breitesten Armen eines Krans zu umfassen. Die Glocke schwebte im Nichts, und der rötliche Widerschein spiegelte sich auf der mattschwarzen Fläche ihrer Außenwand. Ja, sie war schwarz wie die Seele eines Teufelsdieners, und der Satan selbst hatte ihr seinen Atem eingehaucht. Ein gefährliches Instrument, das wusste jedes Monster, das auf die Glocke starrte und auf weitere Erklärungen seines Herrn und Meisters wartete. Der Teufel ließ sich Zeit. Er wollte sich an der Überraschung seiner Kreaturen weiden, und seine Lippen verzogen sich zu einem bösen Grinsen. »Das ist sie«, rief er schließlich. »Die Todesglocke!« Keiner wusste ihm darauf eine...