E-Book, Deutsch, Band 18, 501 Seiten
Davis Mord im Atrium
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-98690-059-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Ein Fall für Marcus Didius Falco - Der 18. Fall - Humorvolle Spannung im alten Rom
E-Book, Deutsch, Band 18, 501 Seiten
Reihe: Ein Fall für Marcus Didius Falco
ISBN: 978-3-98690-059-5
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lindsey Davis wurde 1949 in Birmingham, UK, geboren. Nach einem Studium der Englischen Literatur in Oxford arbeitete sie 13 Jahre im Staatsdienst, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihr erster Roman »Silberschweine« wurde ein internationaler Erfolg und der Auftakt der Marcus-Didius-Falco-Serie. Ihr Werk wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Diamond Dagger der Crime Writers' Association für ihr Lebenswerk. Die Website der Autorin: www.lindseydavis.co.uk Bei dotbooks erscheinen die folgenden Bände der Serie historischer Kriminalromane des römischen Privatermittlers Marcus Didius Falco: »Silberschweine« »Bronzeschatten« »Kupfervenus« »Eisenhand« »Poseidons Gold« »Letzter Akt in Palmyra« »Die Gnadenfrist« »Zwielicht in Cordoba« »Drei Hände im Brunnen« »Den Löwen zum Fraß« »Eine Jungfrau zu viel« »Tod eines Mäzens« »Eine Leiche im Badehaus« »Mord in Londinium« »Tod eines Senators« »Das Geheimnis des Scriptors« »Delphi sehen und sterben« »Mord im Atrium« Ebenfalls bei dotbooks erscheint der historische Roman »Die Gefährtin des Kaisers«, der auch im Sammelband »Die Frauen der Ewigen Stadt« erhältlich ist.
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Kapitel II
Die Saturnalien eigneten sich bestens für einen Familienstreit, da er leicht in dem jahreszeitlich bedingten Spektakel untergehen konnte. Dieser Streit jedoch leider nicht.
Helena Justina spielte den Vorfall herab, solange Papa noch bei uns herumlungerte. Wir lieferten ihm keinen weiteren Tratsch. Schließlich gab er auf. Kaum war er fort, zog Helena einen warmen Mantel über, ließ einen Tragestuhl kommen und eilte fort, um ihren Bruder in dem leeren, eleganten Haus ihres verstorbenen Onkels an der Porta Capena zu trösten. Ich machte mir nicht die Mühe, sie zu begleiten, da ich bezweifelte, dass sie Justinus dort finden würde. Er besaß genug Grips, sich nicht in eine Verliererposition zu manövrieren wie ein zum Untergang verdammter Spielstein auf einem Spielbrett, direkt vor der Nase wütender weiblicher Verwandter.
Mein geliebtes Weib und die Mutter meiner Kinder war eine hochgewachsene, ernste, manchmal eigensinnige junge Frau. Sie bezeichnete sich selbst als »ruhiges Mädchen«, worüber ich nur laut lachen konnte. Allerdings hatte ich gehört, wie sie mich Fremden als talentiert und von gutem Charakter beschrieb, also besaß Helena ein beachtliches Urteilsvermögen. Empfindsamer, als ihr kühles Äußeres verriet, war sie wegen ihres Bruders so beunruhigt, dass ihr der für mich bestimmte Bote des kaiserlichen Palastes entging. Wenn sie ihn bemerkt hätte, wäre sie noch nervöser geworden.
Bei dem Boten handelte es sich um den üblichen faden Sklaven. Er war zurückgeblieben und rachitisch, sah aus, als hätte sein Wachstum mit zehn Jahren aufgehört, obwohl er älter war – älter sein musste, um vertrauenswürdig genug zu sein, allein mit Botschaften auf die Straße geschickt zu werden. Er trug eine zerknitterte, locker gewebte Tunika, kaute an seinen dreckigen Fingernägeln, ließ seinen verlausten Kopf hängen und behauptete auf die herkömmliche Manier, nichts über seinen Auftrag zu wissen.
Ich spielte mit. »Was will Laeta denn?«
»Darf ich nicht sagen.«
»Dann gibst du also zu, dass Claudius Laeta dich zu mir geschickt hat?«
In die Enge getrieben, verfluchte er sich selbst. »Nicht übel, Falco ... Er hat Arbeit für dich.«
»Wird sie mir gefallen? Spar dir die Antwort.« Mir gefiel nie etwas, was aus dem Palast kam. »Ich hole meinen Mantel.«
Rempelnd bahnten wir uns den Weg über das Forum, vollgestopft mit misslaunigen Haushaltsvorständen, die grüne Zweige zur Dekoration heimschleppten, niedergeschlagen wegen der inflationären Saturnalienpreise und dem Wissen, eine Woche vor sich zu haben, in der sie Groll und Streitigkeiten zu vergessen hätten. Viermal erteilte ich Frauen mit harten Gesichtszügen, die Wachskerzen von Tabletts verkauften, eine Abfuhr. Betrunkene lungerten bereits auf den Tempelstufen herum und feierten im Voraus. Bis zu den Festtagen mussten wir noch fast zwei Wochen hinter uns bringen.
Ich hatte schon früher kaiserliche Missionen durchgeführt, für gewöhnlich im Ausland. Diese Aufträge waren immer schrecklich und wurden durch das rücksichtslose Intrigieren unter den kaiserlichen Bürokraten noch verzwickter. Die Hälfte der Zeit drohten ihre internen Machtkämpfe meine Bemühungen zu vernichten und mir den Tod zu bringen.
Zwar offiziell als Schriftrollensekretär bezeichnet, hatte Claudius Laeta einen höheren Rang; er hatte eine Art undefinierte Aufsichtsfunktion über die Innere Sicherheit und den Auslandsgeheimdienst. Das einzig Gute an ihm war in meinen Augen sein endloser Kampf, seinen unerbittlichen Rivalen Anacrites, den Oberspion, zu überlisten, auszutricksen, zu überdauern und niederzumachen. Der Spion arbeitete mit der Prätorianergarde zusammen. Er sollte seine Nase aus der Außenpolitik heraushalten, mischte sich aber ständig ein. Er besaß mindestens eine äußerst gefährliche Außenagentin, eine Tänzerin namens Perella, doch für gewöhnlich taugten seine Hilfskräfte nichts. Bisher hatte das Laeta die Oberhand verschafft.
Anacrites und ich hatten gelegentlich zusammengearbeitet. Lassen Sie mich nicht den Eindruck vermitteln, ich würde ihn verabscheuen. Er war eine schwärende Fistel mit pestilenzialischem Eiter. Etwas so Bösartiges behandle ich nur mit Respekt. Unsere Beziehung basierte auf der reinsten aller Emotionen: Hass.
Verglichen mit Anacrites war Claudius Laeta zivilisiert. Nun ja, er sah harmlos aus, als er sich von der Liege erhob, um mich in seinem feinst ausgemalten Büro zu begrüßen, aber er war ein redegewandter Schleimer, dem ich noch nie getraut hatte. Mich betrachtete er als schmierigen Gauner, allerdings einen, der Intelligenz besaß und noch über andere nützliche Talente verfügte. Wenn wir dazu gezwungen waren, gingen wir höflich miteinander um. Ihm war bewusst, dass zwei seiner drei Herren – der Kaiser selbst und Vespasians älterer Sohn Titus Cäsar – große Achtung vor meinen Fähigkeiten hatten. Laeta war viel zu gerissen, das zu ignorieren. Durch den alten Bürokratentrick, Übereinstimmung mit den festen Ansichten seiner Vorgesetzten zu heucheln, hielt er an seinem Posten fest. Nur vor der Vortäuschung, die Auftragsvergabe an mich sei auf seine Empfehlung hin geschehen, machte er halt. Diese Art von Kriecherei hätte Vespasian sofort durchschaut.
Ich war mir ziemlich sicher, dass es Laeta gelungen war, von der unterschwelligen Fehde zwischen Domitian Cäsar, dem jüngeren Prinzlein, und mir Wind zu bekommen. Ich wusste etwas über Domitian, das der am liebsten aus dem Gedächtnis gelöscht sähe. Er hatte einst ein junges Mädchen getötet, und ich besaß immer noch die Beweise dafür. Außerhalb der kaiserlichen Familie blieb es ein Geheimnis, doch die bloße Tatsache, dass ein Geheimnis existierte, war den scharfen Augen der Obersekretäre zwangsläufig nicht entgangen. Claudius Laeta besaß garantiert eine kodierte Notiz auf einer Schriftrolle, die als Gedächtnisstütze in seinem Columbarium verborgen lag, um mein gefährliches Wissen eines Tages gegen mich zu verwenden.
Nun ja, ich besaß auch Informationen über ihn. Er mauschelte zu viel, um eine reine Weste zu haben. Ich machte mir keine Sorgen.
Trotz dieser Intrigen und Eifersüchteleien wirkte der alte Palast des Tiberius immer erstaunlich frisch und geschäftsmäßig. Das Imperium wurde seit einem Jahrhundert von diesem altersschwachen Monument aus regiert, von guten Kaisern und verkommenen; einige der aalglatten Sklaven dienten hier bereits in der dritten Generation. Der Bote hatte sich davongemacht, als wir durch den Kryptoportikus eingetreten waren. Die Wachen fühlten sich kaum bemüßigt, auch nur mit dem Speer zu fuchteln, und ich suchte mir meinen Weg durch das Innere, betrat Prunkräume, die ich erkannte, und andere, an die ich mich nicht erinnern konnte. Dann geriet ich an die Ordnungskräfte.
Eine Einladung war keine Garantie, auch willkommen zu sein. An den Lakaien vorbeizugelangen erwies sich als das übliche nervtötende Prozedere. Vespasian war bekannt dafür, mit den paranoiden Sicherheitsvorkehrungen Schluss gemacht zu haben, durch die sich Nero vor Attentaten geschützt hatte – inzwischen wurde niemand mehr durchsucht. Das mochte die Öffentlichkeit beeindruckt haben, doch ich wusste es besser. Selbst unser liebenswertester aller Kaiser seit Claudius war zu gewitzt, Risiken einzugehen. Macht zieht Verrückte an. Immer würde es einen Durchgeknallten geben, der in der abartigen Hoffnung auf Berühmtheit mit dem Schwert Amok laufen würde. Daher wurde ich auf der Suche nach Laetas Büro von Prätorianern herumgeschubst, von Kämmerern aufgehalten, die Listen konsultierten, auf denen ich nicht aufgeführt war, musste stundenlang auf Fluren warten und wurde ganz einfach in den Wahnsinn getrieben. Kurz bevor ich ausrastete, ließen mich Laetas ordentlich gekleidete Speichellecker endlich ein.
»Wenn Sie das nächste Mal was von mir wollen, sollten wir uns auf einer Parkbank treffen!«
»Didius Falco! Wie schön, Sie zu sehen. Immer noch mit Schaum vor dem Mund, wie ich sehe.«
Sich weiter aufzuregen wäre genauso sinnlos gewesen wie die Forderung, sich in einer hektischen Imbissbude zur Mittagszeit das Wechselgeld nachzählen zu lassen. Ich zwang mich, ruhiger zu werden. Laeta merkte, dass er es fast zu weit getrieben hatte. Er lenkte ein. »Tut mir ja so leid, dass Sie warten mussten, Falco. Hier ändert sich nichts. Zu viel zu tun und zu wenig Zeit, es zu erledigen – und natürlich herrscht mal wieder Panik.«
»Ich frag mich, was die wohl ausgelöst haben mag!« Womit ich andeutete, dass ich über private Informationen verfügte.
Ich verfügte über nichts.
»Darauf komme ich noch ...«
»Dann machen Sie es kurz.«
»Titus Cäsar schlug vor, ich sollte mit Ihnen reden ...«
»Und wie geht es dem prinzlichen Titus?«
»Oh, hervorragend, hervorragend.«
»Vögelt immer noch die schöne Königin Berenike? Oder haben Sie sich einen Trick ausgedacht, sie in ihre Wüste zurückzuscheuchen und Peinlichkeit abzuwenden?«
Ammen scheinen den aus Ton gebrannten Nuckelflaschen der Säuglinge irgendein Elixier beizufügen, das aristokratische Römer dazu bringt, sich nach exotischen Frauen zu verzehren. Kleopatra hatte ja schon einige der höchsten Tiere Roms vernascht. Titus Cäsar, wie ich ein gutaussehender Bursche in den Dreißigern, war ein liebenswürdiger Prinz, der eine hübsche fünfzehnjährige Patrizierin mit breiten Hüften heiraten sollte, um die nächste Generation flavischer Kaiser zu zeugen, doch stattdessen zog er es vor, sich auf purpurnen Kissen mit der wollüstigen Königin von Judäa rumzuwälzen. Man sagte, es sei wahre Liebe. Tja, von seiner Seite ganz bestimmt; Berenike war ein heißer Feger, aber älter als er, und hatte einen grausigen Ruf für Inzest (womit Rom...




