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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 304 Seiten

Reihe: Raphael Freersen

Denzau Nordseenebel

Küsten Krimi
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96041-465-0
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Küsten Krimi

E-Book, Deutsch, Band 1, 304 Seiten

Reihe: Raphael Freersen

ISBN: 978-3-96041-465-0
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Raphael Freersen liebt Frauen, Boxen und das Nichtstun. Als sein vermögender Vater ihm den Geldhahn zudreht, ist er allerdings gezwungen, sich seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Er reist nach Föhr, um das Erbe seines verstorbenen Onkels anzutreten: eine Detektei. Raphael hatte eigentlich nicht vor, Ermittler zu spielen, doch beim Durchsehen der Akten stößt er auf den Fall der verschwundenen Dalika Gorden, der ihn nicht mehr loslässt. Lebt die schöne Einheimische noch? Oder wurde sie womöglich ermordet?

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EINS
Mit einem Stöhnen warf Raphael die Bettdecke von sich und öffnete die Augen. Okay, er war nicht zu Hause, so viel stand fest, denn an der Decke seines Schlafzimmers hing keine Bambus-Funzel. Langsam wandte er den brummenden Schädel und blickte in das Gesicht einer blonden Frau. Einer nackten schlafenden Frau, deren Mund leicht offen stand. Aus dem Mundwinkel verlief eine Spur angetrockneten Speichels Richtung Kinn, und unter den Lidern bildete verschmierte Wimperntusche einen gräulichen Rand. Kein schöner Anblick, aber Raphael war sich sicher, dass er nicht besser aussah. Stöhnend fuhr er sich durchs Haar, während er mit der pelzigen Zunge über seine Lippen glitt. Elena … Elisa … Eli… Ihr Name wollte ihm nicht einfallen. Fest stand: Er hatte Blondie am vergangenen Abend im Klähblatt Pub am Flensburger Hafen aufgerissen, nachdem er bereits diverse Whiskys in sich reingeschüttet hatte. Sie war höchstens fünfundzwanzig und wahrscheinlich eine der Studentinnen, die Flensburg zu Hunderten bevölkerten. Er ließ seinen Blick über ihre Brüste wandern. Nun, selbst in besoffenem Zustand konnte er sich auf seinen Geschmack verlassen. Ihre Figur war perfekt, und wahrscheinlich hatten sie sich bestens amüsiert. Erinnern konnte er sich nur dumpf daran. Er blickte noch einmal auf ihren Mund. War es wirklich nur Speichel, was da angetrocknet an ihrem Kinn haftete? Als er sich umdrehte, um nach seiner Armbanduhr und dem Smartphone Ausschau zu halten, bewegte Eli-Irgendwer sich neben ihm. Er nahm sein Handy, das auf dem Boden lag, und drehte sich zu ihr um. Himmelblaue Augen blickten ihn an. »Raphi.« Sie lächelte, und der trockene Speichel bekam Risse, während ihre Hand seinen nackten Brustkorb streichelte. »Wollen wir zusammen frühstücken? Ich koche Kaffee und –« »Shit!«, fuhr er ihr über den Mund, auf die Zeitanzeige seines Smartphones starrend. Es war zwanzig vor elf! Und der Termin mit Notar Dr. Andresen im Haus seiner Eltern war um elf Uhr. »Fuck!« Er sprang aus dem Bett, fischte seine Klamotten im Zimmer zusammen und zog sich an, während die Stimme seiner Mutter durch seinen malträtierten Kopf hallte: Sei wenigstens dieses eine Mal pünktlich, Raphael. Mir zuliebe … »Was ist denn los, Raphi?«, fragte Blondie. Er sah sie an, während er in das weiße Hemd schlüpfte. »Ich hab einen Termin verpennt, und tu mir einen Gefallen: Nenn mich nicht Raphi.« Ihre Mundwinkel kippten. »Heute Nacht hat’s dir nichts ausgemacht.« »Pass auf, Eli…sa«, riet er drauflos. »Ich war stinkbesoffen. Jetzt bin ich nüchtern. Und niemand nennt mich Raphi, wenn mein Blutalkoholwert unter zwei Promille liegt.« Ihre feinen blonden Augenbrauen zogen sich zusammen. »Ich heiße Rieke.« Er hielt beim Zuknöpfen des Hemds kurz inne. Dann lächelte er strahlend, dass seine weißen Zähne blitzten, und zwinkerte. »Ja, klar, weiß ich doch. Wie komm ich denn auf Elina?« »Du sagtest Elisa.« Er lächelte einfach weiter. »Rufst du mich an?«, fragte sie, während sie ein Glitzertop vom Boden aufsammelte, hineinschlüpfte und an ihm vorbei zu einer Kommode ging. Sie nahm einen String heraus und drehte sich wieder zu ihm um. Ihr Brazilian Cut verschwand unter dem winzigen Stück Stoff, als sie hineinschlüpfte. Raphael löste den Blick von ihrem Intimbereich und sah ihr in die Augen. »Ja, klar.« Er griff sein Smartphone und wählte die Nummer seines favorisierten Taxiunternehmens. »Freersen«, meldete er sich. »Ich brauch schnellstens ein Taxi in die …« Er sah Rieke an, die ihre Telefonnummer auf einen Notizzettel kritzelte. »Wo sind wir hier?« »Friesische Straße.« Er nannte die Straße und die Hausnummer, die sie hinterwarf, und beendete das Gespräch mit einem »Danke«. »Hier, meine Handynummer«, sagte sie und hielt ihm den Zettel hin, während er seine Armbanduhr umlegte, zum Flur eilte und seine Sneakers anzog. Er riss ihr den Zettel aus der Hand, sammelte seine Lederjacke vom Boden des Flurs auf und sah sie an. »Ja, dann … bis dann.« Er übersah ihren gespitzten Mund und drückte seine Lippen kurz auf ihr verwuscheltes Haar. Die hölzernen Treppenstufen knarzten, als er nach unten hastete. Das Taxi war noch nicht da. Er nutzte die Wartezeit und klemmte ihren Zettel hinter die Windschutzscheibe eines rostigen Fiestas. »Du Arschloch!« Raphael blickte die Hausfront hoch. Rieke stand auf einem kleinen Balkon und sah zu ihm runter. Er ging in Deckung, als sie mit beiden Händen in einen bepflanzten Blumenkasten griff und Sekunden später bunte Sommerblumen neben ihm auf dem Boden aufschlugen. Dankbar, dass das Taxi in diesem Moment um die Ecke bog und vor ihm hielt, zog Raphael die Autotür auf. Doch noch während er einstieg, landete eine Geranie samt Wurzeln und Erde direkt auf seiner Brust. »Arschloch«, schrie sie noch mal und warf Erde nach ihm, weil keine Pflanzen mehr im Kasten waren. Raphael schüttelte die Geranie und den größten Teil der Erde vor der offenen Autotür ab und zog sie hastig zu. Der Fahrer musterte ihn, guckte dann zum Balkon hoch. »Na, zielen kann sie ja, was?« »Allerdings«, sagte Raphael. »Schnell weg.« »Wo wollen Sie denn hin?« »In den Marienhölzungsweg, bitte.« Als sie vor dem Grundstück seiner Eltern ankamen, gab Raphael wegen der Erde, die auf dem Sitz und im Fußraum des Taxis gelandet war, ein mehr als großzügiges Trinkgeld. Ein Blick auf die Armbanduhr verriet, dass es zwei Minuten nach elf war. Auf eine Dusche würde er verzichten müssen, aber zumindest das verdreckte Hemd musste er noch wechseln, bevor er der versammelten Familie und dem Notar im Esszimmer unter die Augen treten konnte. Sein Vater würde wegen der Verspätung die buschigen grau melierten Augenbrauen zusammenziehen, sich aber erst darüber auslassen, nachdem der Notar gegangen war. Hans-Joachim Freersen, der Kaffeekönig von Flensburg, würde niemals vor einem Nichtfamilienmitglied die Beherrschung verlieren. Der Kies knirschte unter seinen Füßen, als Raphael den Weg zu der prächtigen Stadtvilla im Laufschritt nahm. Die Augustsonne schien vom Himmel und hatte den Rasen links und rechts des Weges über die Wochen verdorren lassen. Obwohl seine Eltern es gern perfekt hatten, war ihr Öko-Bewusstsein diesmal stärker gewesen, und sie hatten auf das Sprengen verzichtet. »Hallo, Onkel Raphael. Du kommst viel zu spät«, hallte es neben ihm aus dem Gartenbeet. Er wandte den Kopf. Zwei blonde Schöpfe waren hinter einem Busch zu erkennen. Die Brut seiner Schwester. »Ich hab euch schon tausendmal gesagt, dass wir im 21. Jahrhundert leben«, rief er den Jungen zu. »Also sagt gefälligst nicht Onkel Raphael. Das ist furchtbar.« »Aber Papa und Mama haben gesagt, dass wir das sagen sollen«, rief der Kleinere der beiden zurück. »Die sind ja auch so antiquiert wie die Standuhr in der Bibliothek«, murmelte Raphael, nahm die Eingangsstufen im Laufen und öffnete den rechten Flügel der Haustür. Als er eintrat, verstummten die Gespräche in der kleinen Halle. Raphael starrte in die Gesichter seiner Familie und des Notars. Wieso waren die noch nicht im Esszimmer? »Sorry«, sagte er und setzte sein strahlendes Lächeln auf. »Ich weiß, dass ich ein wenig zu spät bin, aber ich bin in zwei Minuten bei euch.« Der Kontrast seines Lächelns zu den ernsten Gesichtern musste kolossal sein. Seine Schwester Eva hielt die große Nase wie immer etwas zu hoch, während ihr Mann Olaf, der hinter ihr stand, den Mund spöttisch verzog. Die Lippen seiner Mutter zitterten, während sie fahrig eine Strähne ihrer perfekt sitzenden Frisur hinter das Ohr strich, an dem eine Perle dezent schimmerte. Neben ihr wippte der Notar auf seinen Füßen, die silbergefasste Brille den Nasenrücken hochschiebend. Raphaels Blick verharrte einen Moment in dem seines Bruders Johannes, der einen grauen Anzug trug, ein weißes Hemd ohne Schlips und hervorragend aussah. Da sie eineiige Zwillinge waren, musste es umso mehr auffallen, wie schäbig er selbst daherkam. Sein Bruder verzog die Lippen. Allerdings nicht hämisch, sondern wohl, um ihn vorzuwarnen. Dicke Luft … Raphael nickte ihm zu und suchte den Blick seines Vaters. Hans-Joachim Freersen, das stand fest wie das Amen in der Kirche, war kurz vorm Platzen. Wegen drei Minuten Verspätung? Raphael musste sich zusammenreißen, um nichts Falsches zu sagen. Hoffentlich war die Verlesung des Testaments zügig abgehakt. Umso schneller konnte er hier wieder verschwinden und sein Leben in London leben. »Es reicht, Raphael«, sagte Hans-Joachim Freersen. Er sprach leise, aber seine Stimme bebte. »Es reicht.« »Meine Güte, diese paar Minuten, Vater«, begann Raphael. »Fangt doch einfach schon mal an. Ich bin ja gleich bei euch …« »Fangt doch an?« Raphael klappte der Mund auf. Hatte er seinen Vater jemals so schreien hören? Wenn ja, musste es ewig her sein. »Wir haben angefangen!«, schrie Hans-Joachim Freersen. Speichel sprühte aus seinem Mund, während er zwei Schritte auf Raphael zutrat. »Pünktlich! Um zehn Uhr! Und alle waren da. Nur der große Zampano hatte es ja mal wieder nicht nötig!« Zehn Uhr? Raphael sah zu seiner Mutter, die mit Tränen in den Augen ihrem Mann eine Hand auf den Arm legte. »Hajo, bitte.« Ihre Stimme wurde leiser. »Herr Dr. Andresen ist noch hier.« »Dr. Andresen kann das ruhig hören«, schrie Hans-Joachim Freersen weiter. Sein Gesicht nahm eine ungesunde Rötung an, während er noch einen Schritt auf Raphael zutrat. »Er kann hören, wie ich...


Heike Denzau, Jahrgang 1963, ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in dem kleinen Störort Wewelsfleth in Schleswig-Holstein. Beim KrimiNordica Award 2015 erlangte sie den zweiten Platz in der Kategorie 'Story'. Ihr Kriminalroman 'Die Tote am Deich' war nominiert für den Friedrich-Glauser-Preis 2012 in der Sparte Debüt. Es folgten zahlreiche Kriminalromane. Heike Denzau veröffentlicht außerdem humorvolle Liebesromane.



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