Detering | Als wir unterm Kirschbaum saßen - oder: Ich bin Hermann | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 198 Seiten

Detering Als wir unterm Kirschbaum saßen - oder: Ich bin Hermann

Roman | Ein altes Haus im Auenwald und eine ungewöhnliche kleine Gemeinschaft - warmherzig und berührend
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98952-430-9
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman | Ein altes Haus im Auenwald und eine ungewöhnliche kleine Gemeinschaft - warmherzig und berührend

E-Book, Deutsch, 198 Seiten

ISBN: 978-3-98952-430-9
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Das Beste kommt zum Schluss Ein altes Haus in Norddeutschland, eine turbulente Männer-WG - hierhin verschlägt es Hermann, 79, verwitwet. Er will das Leben noch einmal mit beiden Händen greifen, und dazu gehören für ihn auch das Kochen in der Gemeinschaftsküche, die Fahrten mit dem alten Trecker durch die blühenden Wiesen, und die Gespräche mit seinem Freund Adam unterm alten Kirschbaum. Doch Adam hütet ein Geheimnis - und dann taucht auch plötzlich noch Lila auf: Eine Frau wie ein Wirbelwind, zumindest fühlt es sich für Hermann so an. Alles gerät durcheinander, als er sich in Lila verliebt, denn Frauenbesuch ist in der WG nicht länger als zwei Tage erlaubt. Da sind die Herren strikt. Aber ist nicht jede Regel da, um gebrochen zu werden? Und jeder Tag die Chance auf einen neuen Anfang? Einfühlsam und klug erzählt - ein Roman über das Älterwerden, Gemeinschaft und die immer wieder überraschende Kraft von Liebe. Fans von Fredrik Backman, Dora Heldt und Carsten Henn werden begeistert sein!Ein Wiedersehen mit einigen liebgewonnenen Figuren erleben Sie im Roman »Heimweh nach dem Leben«, als eBook und Hörbuch erhältlich.

Monika Detering wollte Schiffsjunge, Malerin oder Schriftstellerin werden. Als Puppenkünstlerin arbeitete sie u. a. in New York, Washington und Philadelphia, aber auch auf Langeoog, Juist und Spiekeroog. Jahre als freie Journalistin folgten. 1997 erschien ihr erster Roman, viele weitere folgten. Neben Romanen veröffentlichte sie Krimis, Kurzprosa und Sachbücher. Sie gewann zahlreiche Preise, u. a. mit der Kurzgeschichte »Herrin verbrannter Steine« den 1. Preis des großen Wettbewerbs für Frauen aus deutschsprachigen Ländern. Monika Detering ist Mitglied bei den 42erAutoren. Monika Detering veröffentlichte bei dotbooks die drei Fälle um Kommissar Weinbrenner - auch im Sammelband »Liebesopfer« erhältlich - und ihren Spannungsroman »Bernd, der Sarg und ich«. Auch bei dotbooks erscheinen ihre Romane »Heimweh nach dem Leben« - als Hörbuch bei Saga Egmont erhältlich -, »Als wir unterm Kirschbaum saßen« und »Das Versprechen eines Lebens«. Gemeinsam mit Horst-Dieter Radke veröffentlichte sie bei dotbooks »Ein Sommer auf Hiddensee« und »Ein Sommer auf der Sanddorninsel« sowie mit Silke Porath zusammen »Das Geheimnis der Inselfreundinnen«.
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Kapitel 1


Hermann Haberstroh, seit kurzem Witwer, dachte über sein Leben nach. Ist das jetzt alles gewesen oder kommt da noch was? Diese Fragen stellte er sich zum wiederholten Mal, auch drei Tage nach seinem neunundsiebzigsten Geburtstag. Neunundsiebzig! Witwer! Bis auf diese eine Sache hatte er während seiner Ehe mit Paula keine Affäre gehabt. Hatte es an Paula gelegen oder an Gelegenheiten, sein Treuepotential auszutesten? Hermann beschloss, dass es an Paula gelegen haben musste. Die Jahre mit ihr waren gute Jahre gewesen.

Er fragte sich auch, ob er nicht einfach zu alt war. Ob er trotz seiner Trauer nicht mehr an die Zuneigung einer Frau denken durfte. Oder gar an die Liebe. »Ja ja, in unserem Alter!«, skandierten die älteren Nachbarn und meinten damit, dass ihm nichts Schönes mehr zustehen würde. Weil sie selbst nichts Schönes für sich hatten. Schaute er die Nachbarn genauer an, oder fragte, setzten sie einen klebrig mitleidigen Blick mit einem Hauch von Häme auf.

Er hatte Paula umsorgt, zuletzt auch gepflegt, soweit er es konnte, hatte ihr vorgelesen, hatte Paula einen Frühstückstisch getischlert, der neben ihr Bett passte. Er hatte Freunde eingeladen, damit sie nicht nur allein miteinander waren. Aber jetzt, fand er, musste noch etwas passieren bis zum Achtzigsten. Die Zeit raste und wurde knapper, er hatte das Gefühl, dass sie ihn drängte, bald zu sterben. »Kommt nicht in die Tüte!«, sagte er sich.

Er ging durch das Wohnzimmer, blieb vor dem deckenhohen Regal stehen, besah die vielen Bücher. Lesen war Paulas Domäne gewesen. Hermann mochte Holz und sein Werkzeug. Genau in diesem Moment elektrisierte ihn ein Gedanke, der nicht zu den vorherigen passte. Eigentlich. Er nahm die Hände aus den Hosentaschen und lief, so schnell er konnte, zu Amsel. Friedrich Amsel wohnte auf der anderen Straßenseite. Ungewöhnlich förmlich bat Hermann mit träumerischem Blick schon an der Tür, ihm seine neueste Idee erläutern zu dürfen.

»Aha. Dürfen? Wieder eine Idee? Heute die spannende Variante? Komm rein. Ein Bierchen?«

»Nicht am Vormittag. Das geht gegen meine Prinzipien. Müsstest du doch wissen.«

»Dann Kaffee?« Ohne eine Antwort abzuwarten, stellte Amsel die Kaffeemaschine an. »Eine Idee.« Er seufzte leise. Fragte dann lauter: »Hermann, was hast du dir ausgedacht? Fang nicht schon wieder mit neuen Regalen an! Oder willst du Vogelhäuschen mit Balkon basteln?« Er blickte amüsiert auf seinen Gast herab. Hermann war stämmig und muskulös, nur nicht so hochgewachsen wie sein Freund. Hermann nuschelte etwas.

»Bitte?«, fragte Amsel.

»Ich habe mir eine Holzdrechselbank gekauft.«

»Aber du drechselst doch gar nicht«, sagte Amsel.

»Wer weiß das schon? Die ganz großen Sachen stehen ja nicht mehr an. Wie so manches. Was brauche ich denn noch? Freunde, Holz, den Himmel, das Meer und mein Werkzeug.«

»Drechseln ... Ist es das, was du mir verklickern willst?«, fragte Amsel. »Dafür mache ich eine ganze Kanne Kaffee? Also, wirklich, Hermann! Ich glaube, das Alleinsein bekommt dir nicht.« Er goss das Getränk in zwei Becher. »Drechseln ... Setz dich.«

»Drechseln kannst du doch auch. Und gar nicht mal schlecht.« Hermann ließ sich in Amsels Küchensessel fallen und sackte auf den Fußboden, ehe die Sprungfedern sich ächzend wieder ein wenig in die Höhe begaben. Die waren hin, er vergaß das immer.

»Wie meinst du das jetzt, Hermann? Mach‘s nicht so dramatisch. Was willst du?«

»Du weißt, dass ich im nächsten September achtzig werde. Und diesen Geburtstag möchte ich auch erleben. Trotz Herzattacken. Da bitte ich dich, alles aufzuschreiben, was dieses Jahr bis zum Achtzigsten noch so passiert.«

»Wie bitte? Meintest du das mit Drechseln?«

»Ja, sicher. Ich mache jeden Abend Stichpunkte, was ich gedacht und erlebt habe. Und du schmückst das aus oder wie man das nennt. Ich kann dir auch in dein Diktiergerät sprechen.«

»Meine Autorenschaft als Drechseln zu bezeichnen! Ganz schön frech. Und bitte schön, was soll das alles am Ende werden?« Amsel fragte, obwohl er wusste, was Hermann wollte.

»Was wohl? Ein Buch! Bitte, schon allein wegen Sonja. Meine Tochter weiß alles besser und bevormundet mich. Die nervt bis zum Hirnplatzen, wenn sie denn mal anruft. Ich meine, sie kennt mich heute nicht mehr richtig. Ich bin nicht mehr der Papa von vor über vierzig Jahren. Und Sonja soll wissen, wie ich heute bin.« Ob das eine Drohung oder augenzwinkernd gemeint war, konnte Amsel nicht unbedingt heraushören. »Außerdem hätte ich dann Interessantes zum Lesen. Eine Geschichte über mich wäre amüsant.«

»Du stellst dir ein Buch für zwei vor. Für Sonja und für dich. Richtig? Das ist also Sinn der Sache?«

»Von mir aus können es alle lesen. Dann wissen die Leute, wie es einem als Mann geht, wenn man alt wird und niemanden mehr hat, den man umarmen kann.«

Amsel ging zum Küchenfenster. Er war nicht sicher, ob er das machen sollte. Hermann hatte viele Ideen und aus den meisten, eigentlich fast allen, war nie etwas Richtiges geworden. Nur aus seinen Möbelstücken. Außerdem reagierte er so manches Mal recht eigen. Amsel befürchtete, dass er später meckern würde und dann wäre die Arbeit umsonst gewesen. Denn Arbeit würde das werden. Natürlich würde er das Aufschreiben – wenn überhaupt – kostenlos machen. Freundschaftsdienst. Er fand aber, dass Hermann bestimmt noch zehn Jahre leben würde. Und so lange sollte ihre Männerfreundschaft auch halten. »Achtzig! Heute werden gestandene Männer neunzig und drüber.«

»Ich will nicht neunzig werden, ich will nur ein richtiges Buch. Nicht so ein flaches Ding, auf dem die Leute mit den Fingern wischen und drücken. Hab so was bei Stekelbroich, dem Rudi, gesehen.«

»Aber du kannst auf so einem Teil die Schrift vergrößern. Ich finde das sehr bequem«, erklärte Amsel.

»So‘n modernen Kram. Ich weiß nicht. Ich will Papier. Wenn schon … – Also, machst du es? Ich muss wieder rüber. Ich hab die Haustür nur angelehnt.«

»Nun warte mal. Da kommt schon keiner rein. Hier doch nicht.«

Hermann seufzte ungnädig. »Dass du dich jedes Mal mit dem Entscheiden so schwer tust. Dann hätte ich auch zu Hause bleiben können.«

»Ich lasse mir deinen Vorschlag durch den Kopf gehen. Wenn du Gedanken und Erlebnisse haben solltest, die andere interessieren könnten ... Könnten, habe ich gesagt«, setzte Amsel sofort hinterher, als er das Aufleuchten in Hermanns Augen sah. »Außerdem, wenn überhaupt ... Ach, vergiss es.« Er dachte daran, ob dafür ein Verlag zu begeistern war.

»Warte nicht zu lange, nachher bin ich tot, eh du überhaupt in die Pötte gekommen bist.«

Amsel hatte Bücher geschrieben. Ratgeber. Für Handwerker. Für Bastler. Es gab auch ein Buch mit Handwerkerwitzen von ihm. Aber Teilzeitbiograph? Das war nun etwas ganz Neues.

»Vielleicht überlebe ich das Jahr auch nicht. Ein langes Leben liegt nicht in meiner Familie. Mein Vater starb mit vierundvierzig. War ein depressiver Mann. Meine Mutter ein paar Jahre später. Konnte nicht ohne ihren Konstantin. Das Leben ist komisch, kompliziert, hinterhältig und herrlich. Weißt du, ich möchte mich in Frieden verabschieden und wissen, dass es danach noch Geschichten von mir gibt. Nur falls ich einundachtzig werden sollte – dann muss ich umdisponieren. Achtzig reicht mir. Ist lange genug.«

»Über achtzig müsstest du schon werden. Sonst kannst du dein Buch nicht mehr lesen.«

»Heißt das, du machst es?« – Hermann stand auf. »Bitte!«

Hermann bat selten.

»Ich gebe dir Bescheid.« Amsels kurzes Lächeln ließ Hermann hoffnungsfroh grienen. Beide sahen sich an.

Mitten in diese Übereinstimmung hinein knallte es laut. Genau zwei Mal. Als wenn jemand geschossen hätte. Amsel und Hermann rannten nach draußen und sahen, wie aus dem Miethaus drei Häuser weiter zwei Männer aus einem Fenster im ersten Stock sprangen und in das nahe Waldgebiet rannten. Hermann hatte die Hände wieder in den Hosentaschen und guckte. Amsels schmales Gesicht zuckte vor Aufregung. »Polizei rufen?«

»Besser ist es. Obwohl die ja schon weg sind. Die 110 oder 112? Ich hab so was noch nie gemacht.«

»Stell dich nicht zu doof an. Die 110!«

»Hol dein Handy«, forderte Hermann den Freund auf.

Schon hörten sie die Sirenen der Streifenwagen.

»Siehste, sind schon unterwegs.«

Es wurden immer mehr. Hermann zählte acht Streifenwagen, zwei Krankenwagen und zwei Notärzte.

»Das in unserer Straße«, wunderte sich Hermann besorgt. »Bestimmt eine Familiensache. Ich dachte, da wohnen ordentliche Leute.«

»Sieht nicht gut aus«, sinnierte Amsel.

»Himmeldieberge, ich hab meine Tür offen stehen!«

Schon eilte Hermann über die Straße.

***

Niemand hatte sein Haus betreten. »Wär’ ja wohl auch ...« empörte sich Hermann gegenüber der Jacke und dem dicken breiten Schal, die an der Garderobe hingen und hier hängen bleiben sollten. Die Sachen waren noch von Paula. »Oder was meinst du?«

Ihm genügte es, mit ihr zu sprechen. Natürlich erwartete er keine Antwort, er war ja durch Paulas Tod nicht verrückt geworden. Wieder ging er vor die Haustür. Nachbarn standen herum. Er mochte nicht dazu gehen. »So ein Gegaffe ist nichts für mich. Macht man nicht.« Deshalb ging er wieder rein.

Am nächsten Tag kam Amsel. Der wusste einiges, er hatte gefragt. »War eine Beziehungstat«, erklärte er Hermann. »Da drehte einer durch wegen Eifersucht, weil seine Freundin in der Wohnung mit einem anderen zugange war. Mit einer Schreckschusspistole hat der rumgemacht.«

»Da ist man nirgends mehr sicher«, überlegte...



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