E-Book, Deutsch, 150 Seiten
Detering / Porath Das Geheimnis der Inselfreundinnen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-98690-280-3
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman | Drei Frauen, eine besondere Freundschaft und das Meer
E-Book, Deutsch, 150 Seiten
ISBN: 978-3-98690-280-3
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Monika Detering wollte Schiffsjunge, Malerin oder Schriftstellerin werden. Als Puppenkünstlerin arbeitete sie u. a. in New York, Washington und Philadelphia, aber auch auf Langeoog, Juist und Spiekeroog. Jahre als freie Journalistin folgten. 1997 erschien ihr erster Roman, viele weitere folgten. Neben Romanen veröffentlichte sie Krimis, Kurzprosa und Sachbücher. Sie gewann zahlreiche Preise, u. a. mit der Kurzgeschichte »Herrin verbrannter Steine« den 1. Preis des großen Wettbewerbs für Frauen aus deutschsprachigen Ländern. Monika Detering ist Mitglied bei den 42erAutoren. Monika Detering veröffentlichte bei dotbooks die drei Fälle um Kommissar Weinbrenner - auch im Sammelband »Liebesopfer« erhältlich - und ihren Spannungsroman »Bernd, der Sarg und ich«. Auch bei dotbooks erscheinen ihre Romane »Heimweh nach dem Leben« - als Hörbuch bei Saga Egmont erhältlich -, »Als wir unterm Kirschbaum saßen« und »Das Versprechen eines Lebens«. Gemeinsam mit Horst-Dieter Radke veröffentlichte sie bei dotbooks »Ein Sommer auf Hiddensee« und »Ein Sommer auf der Sanddorninsel« sowie mit Silke Porath zusammen »Das Geheimnis der Inselfreundinnen«.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Von: kittelschuerze@cool.ms
An: feudelfrau@t-online.de, inseltraum@aol.de
Gesendet: Mittwoch, 12. September, 16:45 Uhr
Betreff: Wieder im eigenen Kotten
Liebe Sue, liebe Josefa,
schreibe ich wirklich ›liebe‹? Ich muss noch ferienblind sein. Vorsicht, das sind nur Vorschusslorbeeren. Weiß ich, wie Ihr wirklich seid. Nie hätte ich geglaubt, dass ich Euch verrückten Weibern jemals schreiben würde. Nicht, dass Ihr denkt, jetzt lässt sie die mäkelige Singlefrau raushängen und braucht Unterhaltung an einem Mittwoch! Zur Vorab-Beruhigung: Nein. Lässt sie nicht. Denn ich, die mediale Gerda Thekla Beinlich, bin gerne Single. Schließlich kenne ich auch alles andere. Wie Ehegatten, wie Lebensgefährten, wie Teilabschnittsgefährten, wie Urlaubsgefährten. Schließlich kennt Ihr ja selbst die Scheidungsraten. Na ja, und nun – in meinem Alter – sähe eine weiße oder meinetwegen champagnerfarbene oder gar hellgraue Hochzeit etwas komisch aus. Aber ich weiß, wie Liebe schmeckt. Und allein schon deshalb werde ich hinsichtlich dieses Themas nie jammern.
Aber eigentlich will ich an unseren Urlaub zurückdenken. Da wird auch ein Montagmorgen heller. Wisst Ihr, nichts ist öder, als wenn du an so einem Tag die Mailbox öffnest und Nachrichten vorfindest wie ›Ihr Foto auf einem Teller – jetzt kostenlos‹ oder ›Die Selbstverwirklichung der alleinstehenden Frau‹ oder auf Facebook die immens wichtige Mitteilung liest, dass es rund um Stuttgart geschneit hat. Zum einen, was soll ich mit Tellerfotos, warum soll ich mich selbst verwirklichen, obwohl ich so was nicht brauche? Und Schnee? Meinetwegen. Stuttgart ist weit.
Wenn ich noch an Josefas indignierten Blick denke und Sue, ja, Du hast Dich bald vor Lachen verschluckt. Ich weiß genau, was Ihr gedacht habt, als ich an jenem Regennachmittag in die Spiekerooger Teestube kam. Es war voll – kein Tisch mehr frei. Ich – in meinen tollen Sneakers, den roten, der wild gemusterten Kittelschürze, die unter meinem neuen Anorak, dem schwarzen, rausschaute. Dazu die rote Lockenmähne. (Hihi, hab ich nie gesagt, aber das war eine Perücke.) Und ich fragte Euch, ob ich mich dazusetzen könne. Huldvoll habt Ihr genickt. Aber anschließend hattet Ihr Tränen in den Augen. Vor unterdrücktem Gekicher. Und darüber bin ich dann huldvoll hinweggegangen. Ach ja, Kittelschürzen! Ich trag sie halt ganz gerne zu Hause. Ist praktisch, luftig und bequem. Und jeder, der mich so sieht, steckt mich in die falsche Schublade – während ich mir die Leute still anschaue und weiß, hach Frau Krieger (das ist die, die eine Straße weiter wohnt), du wirst Kummer haben. Großen. Und dein Alter fährt nicht regelmäßig die Woche ins Nadelparadies, wie er es nennt, also zur Akupunktur, der hat ein ganz anderes Paradies gefunden. Und der Krieger sagt er, es helfe ihm so gut. Kann ich mir denken. Dazu braucht man nicht hellsehen zu können.
Ja, zurück nach Spiekeroog. Sue, weißt Du noch, wie Du in der feinen Linde während des Abendessens einige Gäste nach atomarer Kernspaltung gefragt hattest? Warst da wieder mit Deinen Kreuzworträtseln zugange. Und Dein Staunen über den Hafen. Dachtest, hier lägen so große Pötte wie in Kiel oder Hamburg.
Am Wochenende kriege ich neue Kunden. Die Namen tun ja nix zur Sache, aber jener, der am Samstag kommt, scheint ein smarter Typ mit Fliege zu sein. Er hat Sorgen. Und die sind wohl so schwerwiegend, dass er erst spät, also in der Dunkelheit, mit seinem Jaguar kommen will. Das heißt, man kennt ihn. Das heißt, er ist wohl eine Person des öffentlichen Lebens. Zumindest kommt er ohne Bodyguards.
Ja Mädels, seid Ihr gut wieder zu Hause angekommen, alles im grünen Bereich? Sue, Du wirst doch wohl nicht diesen Henrik erhören, diesen Blonden, der Dir zum Abschied einen sentimentalen Strauß Strandhafer schenkte? Pfh. Strandhafer. Son billiges Gemüse. Ich meine, da muss Mann sich doch anderes einfallen lassen.
Josefa, hast Du Dir nun überlegt, das Haus Deines Vaters zu verkaufen? Oder zu vermieten? Was ist eigentlich mit der Buchhandlung? Kann der Besitzer das Haus nicht erwerben? Dich aufzuopfern und Dir gutes Geld entgehen zu lassen – also, sei mal zu Hause so locker, wie Du in den letzten drei Tagen warst. Das würde Dir gut tun.
Meine ich. Denn ich glaube eher, dass Du in Deinem gewohnten Umfeld – na sagen wir mal, ein bisschen steif bist. Dich an Konventionen hältst. Lass den Quatsch. Das dankt Dir sowieso keiner.
Aber was mische ich mich schon wieder ein.
Vielleicht habt Ihr Lust, mir zu antworten. Was Ihr so macht. Wie es bei Euch nach Spiekeroog weitergeht.
Ich fände es gut.
Viele Grüße von Gerda, die nun ihren Kittel anzieht und ihr Wahrsage-Zimmer feudelt.
***
Von: feudelfrau@t-online.de
An: kittelschuerze@cool.ms, inseltraum@aol.de
Gesendet: Mittwoch, 12. September, 19:58 Uhr
Betreff: Ich hasse es …
Hallo Gerda,
Tach Josefa!
Das glaub ich ja nicht – Gerda im Postkasten! Schön, Dich zu lesen. Wie lange ist der Urlaub her? Ich bin noch keine achtundvierzig Stunden wieder zu Hause und kann jetzt schon sagen: Ich hasse es. Ganz ehrlich, ich gäbe was drum, jetzt mit Henrik am Strand zu flanieren. Von mir aus auch mit dem bescheuerten Strandhafer. Und von mir aus auch mit atomarer Kernspaltung. War übrigens tatsächlich eine Frage aus einem Rätselheft. Das hatte ich komplett ausgefüllt und prompt in der Nachttischschublade vergessen. Wahrscheinlich, weil gewisse Damen mich auf Trab gehalten haben, mit Kittelschürzen und Buchhandlungen. Nein, ich nenne keine Namen.
Doch, ich wär jetzt schon gerne noch mal auf der Insel. Aber leider war das wohl ein einmaliger Gewinn (und ja, ich gebe es zu, Ibiza oder Mallorca wären mir noch immer lieber, obwohl das olle Spiekeroog ja nun nicht gar so grauplig war, wie ich dachte, aber einem geschenkten Gaul und so, Ihr wisst schon).
Ja, noch mal Ferien wären fein. Aber nein. Mittwoch ist Putztag. Ausgerechnet bei Madame. Erinnert Ihr Euch? Ich hatte Euch doch von Madame und Monsieur erzählt, das sind die, die niemals und niemals eine Klobürste in die Hand nehmen. Zum Dank, dass ich eine Woche nicht da war, haben sie die Keramik braun gesprenkelt. Ja, so sind sie, die Unternehmer mit dem schicken Cabrio und den Designerklamotten. Madame hat mich mit ziemlich saurer Miene empfangen, als ich heute früh kam. »Sue, die Küchenschränke müssen ausgewaschen werden, der Kellerboden muss gewischt werden, der Briefkasten von innen poliert werden.«
Kein Bitte, wozu auch. Ich bin ja nur die Putze. Dann hat Madame noch was von »Hemden bügeln« und »Betten beziehen« gekeift, ehe sie davongerauscht ist. Sie geht ja immer, wenn ich da bin, weil sie der Staubsauger stört. Ja nun, als ich ins Bad kam, war mir klar, warum sie miese Laune hat. Madame menstruiert. Die benutzten Binden hat sie fein säuberlich neben dem Treteimer gestapelt. Nächstes Mal lasse ich sie liegen, ich schwör’s!
Dafür war Dunja sehr lieb, als ich Samstag spät nach Hause kam. Auf eine Katze ist eben Verlass. Auf Nachbar Frank übrigens auch (das ist der, der sich um Katze, Blumen und Post kümmerte, Ihr erinnert Euch?) Blumen: astrein. Katze: super gefüttert. Post: akkurat gestapelt. Beamter eben. Das Netteste war aber die Portion Kartoffelsalat im Kühlschrank. Kochen kann er ja. Sonst eben nichts. Leider.
Ach ja, ehe ich das vergesse: Ich habe ein Kofferset gewonnen. Ich glaube, es war ein Preisausschreiben vom Supermarkt, kann aber auch aus einer Illustrierten gewesen sein. Egal, es kommt sowieso zu spät, der Urlaub ist ja vorbei.
Morgen geht die Tretmühle weiter, schreibt mir doch mal, dann kann ich wenigstens so tun, als würde ich mit zwei schrulligen Ladies in der Teestube sitzen!
Ich geh jetzt auf mein Sofa, Dunja wartet schon!
Liebe Grüße, Eure Sue
***
Von: kittelschuerze@cool.ms
An: feudelfrau@t-online.de, inseltraum@aol.de
Gesendet: Mittwoch, 12. September, 20:14 Uhr
Betreff: ?
Ja Mädels,
ungeduldig, wie ich bin, dachte ich, Ihr habt keine Zeit. Keine Lust. Da setzt Frau sich vor den Laptop, schlürt ihn auf die Terrasse, und freut sich auf Antworten. Dachte dabei an all die tausend Versprechungen. Und schon rauschte Sues Henriksche Sehnsucht herein. Kofferset? Wenn Du so an dem Henrik hängst, heb es auf, die nächste Reise kommt, ich weiß es.
Und Frank? Liebst Du das Akkurate oder die finanzielle Sicherheit eines Beamten? Ich meine wegen Deines Kinderwunsches? Kinder brauchen Sicherheit, da hast Du recht. Wie isser denn sonst so, der Frank? Oder doch besser Henrik? Oder etwa Monsieur? Nebenbei gefragt: Ist das Deine einzige Putzstelle? Wenn nicht, wie kommst Du da finanziell zurecht? Mach doch einen Feudel-Service auf!
Liest Du eigentlich? Davon hast Du uns nichts gesagt. Auch nicht, als Josefa von der Buchhandlung und ihren Büchern erzählte.
Übrigens, Josefa, wo steckst Du? Grübele nicht, ob es angebracht sei, Mails zu schreiben. Wo wir drei uns nur eine Woche kennen. Aber erinnere Dich – was waren dies für Tage! Mach es einfach, schreib uns!
Im Frühjahr müsst Ihr mich in meiner Fachwerkhütte besuchen. Na, ein Häuschen ist es schon. Meinen Wahrsagerinnen-Salon begucken. Der sieht nämlich nicht so aus, wie Ihr vielleicht denkt. Aber ich sage erst einmal nix. Und ich zeige Euch – wenn Ihr nett bleibt – die Fotos von Heribert (ja, nun glaubt es mir, der hieß so!). Heribert, Bausparer mit Bergwelt- und Rucksacksehnsucht. Ich hatte ihm ja später klargemacht, dass Berge nicht mein Glück sind, nachdem ich einen Hang in den Dolomiten runtergestürzt bin. Dennoch. Es war schon ein Netter. Nur etwas furchtsam. Als...