Diener / Gerloff / Dieterich | Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 1550 Seiten

Diener / Gerloff / Dieterich Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen

E-Book, Deutsch, 1550 Seiten

ISBN: 978-3-17-039968-6
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das große Standardwerk zur klinischen Neurologie liegt jetzt unter der Federführung des international renommierten Herausgeberteams und der Mitarbeit von über 150 FachexpertInnen als erweiterte und komplett überarbeitete Neuauflage vor. Die aktuellen Erkenntnisse zum Stand von Klinik, Verlauf und Therapie neurologischer Erkrankungen werden systematisch zusammengefasst und für die praktische Anwendung gewichtet - sowohl für häufige als auch für seltene Krankheitsbilder. Zudem profitiert die 8. Auflage von neuen Kapiteln zu funktionellen Bewegungsstörungen, dissoziativen Anfällen, spinaler Muskelatrophie sowie zu neurologischen Nebenwirkungen von Tumor-Therapien. Das Werk wurde konzeptionell und didaktisch weiterentwickelt, um den heutigen Anforderungen des modernen und zunehmend digital geprägten Klinikalltags gerecht zu werden. Die Bewertungen von Evidenzlevels und Empfehlungsstärken der relevanten Therapien sowie klinische Pfade veranschaulichen die Best Practice. Das etablierte Werk, welches die gesamte Neurologie abbildet, ist aus der alltäglichen Arbeit von FachärztInnen und AllgemeinmedizinerInnen in Klinik und Praxis sowie einer erfolgreichen Aus-, Fort- und Weiterbildung nicht mehr wegzudenken.
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ASchmerz
A 1Migräne
Hans Christoph Diener und Volker Limmroth A 1.1Das Wichtigste auf einen Blick –  Die Migräne ist die zweithäufigste primäre Kopfschmerzerkrankung nach dem Kopfschmerz vom Spannungstyp. –  Bei der Therapie wird zwischen der Behandlung der akuten Kopfschmerzattacke und der Prophylaxe der Migräneattacken unterschieden. –  Die Migräne wird unterteilt in eine Migräne mit und ohne Aura (? A 1.2). –  Die Migräne führt zu Attacken mit ausgeprägten Kopfschmerzen verbunden mit Übelkeit, Erbrechen sowie Licht- und Lärmempfindlichkeit (? A 1.2.1). –  Die Diagnose erfolgt durch die Anamnese. Der neurologische Befund ist normal (? A 1.3). –  Die Migräne beginnt meist in der Pubertät. Sie erreicht im Alter zwischen 35 und 45 Jahren die höchste Prävalenz und nimmt mit dem Alter ab (? A 1.4). –  Unterschieden wird zwischen der Behandlung von Migräneattacken und der medikamentösen und nicht-medikamentösen Prophylaxe der Migräne (? A 1.5.1). –  Die Behandlung leichter und mittelschwerer Migräneattacken erfolgt mit Analgetika. Mittelschwere und schwere Attacken werden mit Triptanen behandelt. Für die wenigen Patienten mit Kontraindikationen für Triptane kommt Lasmiditan in Betracht (? A 1.5.2). –  Rimgepant eignet sich für Patienten, die nicht auf Triptane ansprechen. –  Bei häufigen Migräneattacken oder bei Attacken, die schlecht auf Akuttherapie ansprechen, besteht die Indikation für eine medikamentöse oder nicht-medikamentöse Migräneprophylaxe (? A 1.5.3). –  Für zahlreiche Medikamente, apparative Verfahren und nicht-medikamentöse Therapien besteht kein Nachweis einer vorbeugenden Wirkung bei Migräneattacken (? A 1.6). A 1.2Klinik Nach den Kriterien der Internationalen Kopfschmerz-Gesellschaft (1) ist die Migräne eine Erkrankung mit periodisch auftretenden Attacken von Kopfschmerzen, die typischerweise mit autonomen Begleiterscheinungen einhergehen. Ca. 15?% der Patienten leiden ferner kurz vor dem Auftreten der Kopfschmerzen unter Symptomen einer Aura. Mit einer Prävalenz von 12–14?% in der weiblichen und 7–8?% in der männlichen Bevölkerung ist die Migräne eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen (2). A 1.2.1Symptome Die Migräne wird unterteilt in die Migräne ohne Aura (? A 1.2.1.1), in die Migräne mit Aura (? A 1.2.1.2) und die kindliche Migräne (? A 1.2.1.3). A 1.2.1.1Migräne ohne Aura Bei der Migräne ohne Aura kommt es in Attacken – mit einer Dauer von vier bis 72 Stunden – zu Kopfschmerzen. Bei zwei Drittel aller Patienten ist der Schmerz einseitig, bei den übrigen ist er bilateral repräsentiert. Während einer Migräneattacke kann der Schmerz die Seite wechseln, auch zwischen den Attacken wechselt häufig die Seite des Kopfschmerzes. Der Charakter der Kopfschmerzen wird initial als dumpf, dann als pulsierend, pochend, von mittlerer bis hoher Intensität angegeben und durch körperliche Aktivität weiter verstärkt. Typische autonome Begleiterscheinungen sind Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Licht-, Lärm-, Geruchs- und Bewegungsüberempfindlichkeit. Um die Diagnose einer Migräne nach den Kriterien der internationalen Kopfschmerzgesellschaft zu stellen, sind mindestens fünf Attacken notwendig. A 1.2.1.2Migräne mit Aura und andere Formen der Migräne Bei der Migräne mit Aura kommt es meist vor den attackenartig auftretenden Kopfschmerzen zu neurologischen Reiz- und Ausfallerscheinungen, die sich unterschiedlichen kortikalen Arealen oder auch Hirnstamm und Kleinhirn zuordnen lassen (3). Typische kortikale Symptome sind: –  progrediente Sehstörungen –  Skotome –  Fortifikationen –  eine sich langsam entwickelnde Hemianopsie –  Dysästhesien und Parästhesien –  Sprach- oder Sprechstörungen –  neuropsychologische Defizite Dem Hirnstamm und Kleinhirn zuzuordnen sind: –  Para- und Tetraparesen –  Drehschwindel mit Nystagmus –  Ataxie –  Doppelbilder Die neurologischen Ausfälle entstehen innerhalb eines Zeitraumes von 5 bis 20 Minuten und sind in den meisten Fällen nach 60 Minuten wieder vollständig abgeklungen. Parallel dazu oder innerhalb von 60 Minuten nach dem Sistieren der neurologischen Ausfälle setzen dann die typischen Kopfschmerzen sowie die autonomen und sensorischen Begleitsymptome ein. In seltenen Fällen kann die Aura isoliert, d.?h. ohne Kopfschmerzen, auftreten. Dies wird vor allem bei jüngeren Patienten und Patienten jenseits des 60. Lebensjahres beobachtet. Bei älteren Menschen muss dann differenzialdiagnostisch eine TIA abgegrenzt werden. Eine Sonderform der Migräne ist die hemiplegische Migräne, bei der es im Rahmen der Aura zu einer langanhaltenden Hemiparese oder gar zu einer Hemiplegie kommen kann. Man unterscheidet inzwischen drei verschiedene genetische Formen der familiär hemiplegischen Migräne (FHM1–3), die teilweise auch phänotypisch unterschiedlich sind. Bei der FHM1 handelt es sich um verschiedene Mutationen des P/Q-Kalzium-Kanal-Gens (CACNA1A-Gen) auf Chromosom 19 (4). Bei der FHM2 liegt hingegen eine Mutation im Gen vor, das die Na/K-Pumpe auf Chromosom 1 codiert (5), und bei der FHM3 handelt es sich um eine Mutation auf Chromosom 2, die einen Natrium-Kanal codiert (SCN1A), der auch mit epileptischen Anfällen assoziiert ist (6). Weitere seltene Migräneformen sind die retinale Migräne mit monokulärer, passagerer Erblindung (7) und die periodischen Syndrome in der Kindheit, die zu rezidivierenden Attacken von Drehschwindel oder rezidivierenden abdominellen Schmerzen mit Erbrechen führen (8). Sie sind im Allgemeinen Vorläufer einer späteren Migräne. Unter den Migränekomplikationen werden subsumiert: –  die chronische Migräne mit Kopfschmerzen an mehr als 15 Tagen im Monat, davon an 8 Tagen mit typischer Migränesymptomatik (1, 9, 10), –  der Status migraenosus, bei dem die Migränesymptomatik länger als 72 Stunden andauert, und –  die persistierende Aura ohne Hirninfarkt, bei der die Aurasymptome bis zu sieben Tage anhalten können, aber in der Bildgebung kein morphologisches Korrelat nachzuweisen ist. Weitere Migränekomplikationen sind der migränöse Infarkt, der sich aus einer typischen Migräneaura heraus entwickelt (11), und zerebrale epileptische Anfälle, die durch Migräneauren getriggert sind (12). A 1.2.1.3Kindliche Migräne Die kindliche Migräne zeichnet sich durch eine kürzere Attackendauer und eine meist holokranielle Schmerzausprägung aus (13). Autonome Begleiterscheinungen können sehr stark ausgeprägt sein und stehen häufig klinisch im Vordergrund. Bereits kurze Schlafphasen bessern die Symptomatik deutlich. Kindliche Auren (Migräneäquivalente) sind: –  der paroxysmale Torticollis –  der benigne paroxysmale Schwindel der Kindheit (? B 5) –  das periodische Erbrechen der Kindheit –  periodische Bauchkrämpfe A 1.3Diagnostik Beachte Die Diagnose einer Migräne wird durch die Erhebung der Anamnese, der Familienanamnese und einer sorgfältigen neurologischen Untersuchung gestellt. Spezifische diagnostische Untersuchungen sind nicht notwendig. Apparative Zusatzuntersuchungen, wie die zerebrale Bildgebung, dienen dem Ausschluss anderer symptomatischer Kopfschmerzarten. Bei Patienten mit häufigen Migräneattacken, insbesondere bei der Migräne mit Aura, finden sich in der Kernspintomografie nicht selten kleine hyperintense Herde im Marklager oder im Kleinhirn, deren Genese weiterhin unklar ist. Sie entstehen im frühen Erwachsenenalter und bleiben dann konstant (14–16). Ein Zusammenhang zwischen diesen unspezifischen white matter le­sions und einem erhöhten Schlaganfallrisiko oder einer Demenz konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Diese Veränderungen haben daher nach heutigem Verständnis keine prognostische Bedeutung. Die Indikation zu einer bildgebenden Diagnostik besteht, –  wenn eine Migräne erstmals jenseits des 40. Lebensjahres auftritt, –  wenn die Migräneauren sich häufen oder lange anhalten, –  wenn sich der Charakter der Kopfschmerzen deutlich verändert oder –  wenn eine bisher wirksame Therapie nicht mehr wirkt. A 1.4Verlauf Die Prävalenz der Migräne im Kindesalter beträgt etwa 4?%. Jungen und Mädchen sind – im Gegensatz zu Erwachsenen – gleich häufig betroffen (17). Bei etwa der Hälfte aller Kinder sistieren die Migräneattacken in der Pubertät. Jenseits der Menarche beträgt die Prävalenz der Migräne bei Frauen 12–16?% und bei Männern 6–8?% (18). Die Erstmanifestation einer Migräne jenseits des 45....


Prof. Dr. med. Hans Christoph Diener ist Leiter der Abteilung für Neuroepidemiologie an der Universität Duisburg-Essen. Bis 2016 war er Direktor der Universitätsklinik für Neurologie, des Westdeutschen Kopfschmerzzentrums und des Schwindelzentrums Essen und bis 2021 Vorsitzender der Leitlinien-Kommission der DGN.
Prof. Dr. med. Christian Gerloff ist Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Bis 2023 war er Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Ärztlicher Leiter des Kopf- und Neurozentrums am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Sprecher des Hamburg Center of NeuroScience.
Prof. Dr. med. Marianne Dieterich hat eine Stiftungsprofessur für Forschung am Deutschen Schwindel- und Gleichgewichtszentrum (DSGZ) des Klinikums Großhadern. Sie war bis 2023 Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie mit Friedrich-Baur-Institut für Muskelkrankheiten sowie im Vorstand des DSGZ der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Prof. Dr. med. Matthias Endres ist Direktor der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie sowie Ärztlicher Leiter am Centrum für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie der Charité & Universitätsmedizin Berlin.


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