E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Dix Skip Flanagan - Ticket zu den Sternen
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7325-6165-0
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Band 1
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-7325-6165-0
Verlag: Baumhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Skips Onkel in der Lotterie gewinnt, ergreifen sie die Chance und ziehen von einem öden Wüstenplaneten auf die gigantische Raumstation Astropia. Hier wimmelt es nur so von fremdartigen Wesen und zwielichtigen Gestalten. Wie gut, dass Skip in seinen Mitschülern, dem Argosaner Nax und der Tochter der Kommandantin Trenna, neue Freunde findet! Gemeinsam wollen sie die Geheimnisse der Raumstation erkunden. Dabei macht ihnen nicht nur ihr fieser Schulkamerad Falk de Winter das Leben schwer, auch ein seltsamer Fremder heftet sich an ihre Fersen. Der Alte scheint es auf Skip und seine Freunde abgesehen zu haben, aber was genau führt er im Schilde?
Robin Dix schreibt Geschichten, seit er denken kann. Erst hat er sie nur seiner Tochter vorgelesen, mittlerweile ist seine erste Kinderbuchreihe um den Tiger Raja im Baumhaus Verlag erschienen. Während seiner Arbeit in einem großen Vergnügungspark kam der Deutschamerikaner auf die Idee zu Skip Flanagan - Aufbruch zu den Sternen. Dix lebt mit seiner Frau und seiner Tochter im sonnigen Florida. Max Meinzold, geboren 1987, ist freischaffender Grafikdesigner und Illustrator. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Science-Fiction, Fantasy und der Kinder- und Jugendliteratur. Für seine moderne, innovative Buchgestaltung wurde er bereits für zahlreiche Preise nominiert. Er lebt und arbeitet in München.
Weitere Infos & Material
1
Das Rennen
»Skip?«
Keine Antwort.
»Skip!«
Noch immer keine Antwort.
Ich hielt es für das Klügste, so zu tun, als würde ich das Geschrei nicht hören, das aus dem Interkom an meinem Handgelenk drang. Denn so, wie sich das anhörte, hatte Onkel Pollis mal wieder schlechte Laune. Und es war klar, dass ich das würde ausbaden müssen …
»Skip Flanagan!«
Das war mein Name.
»Skip« wie die Förderkörbe, die bei der Arbeit in den Minen von Distana benutzt wurden. Und »Flanagan«, weil auch der alte Pollis so hieß und ich bei ihm lebte, solange ich denken konnte. Meine richtigen Eltern hatte ich nie kennengelernt – Onkel Pollis pflegte zu behaupten, dass ich eines Tages auf der Schwelle des Gasthauses gelegen hätte, das er in der Nähe des Raumhafens betrieb. Wobei »Gasthaus« ziemlich geschmeichelt war – Spelunke traf es eher. Gesindel von einem halben Dutzend Welten traf sich dort. Arbeiter aus den Minen und Glücksritter, vor allem aber zwielichtige Gestalten, die nach Distana kamen, weil der Planet weit abseits lag und die Planetenpolizei hier nur selten vorbeischaute …
»Skip Flanagan!«, plärrte es wieder aus dem kleinen Gerät. »Wenn du deinen Hintern nicht sofort hierher…«
Weiter kam er nicht – ich schaltete ab.
Schließlich gab es im Augenblick wichtigere Dinge, auf die ich mich konzentrieren musste …
»Bereit, Flanagan?«, rief Geeko spöttisch zu mir herüber.
Er war S’Kianer, und wie die meisten Bewohner seiner Heimatwelt war er mehr breit als hoch. Auf S’Kia herrschte eine hohe Schwerkraft, und es war ziemlich kalt, weshalb die S’Kianer ein dichtes Fell hatten. Und große dunkle Augen, mit denen Geeko jetzt herausfordernd zu mir herüberglotzte. Das Flydo, auf dem er stand, bog sich unter seinem Gewicht, aber das schien ihn nicht zu kümmern. »Du hast keine Chance gegen mich. Das weißt du, oder?«
Ich erwiderte nichts darauf. Geeko war ein furchtbarer Angeber, so wie die meisten Jungs, die auf den Sternenfrachtern reisten. Alle paar Monate war er auf Distana zu Besuch und forderte mich zu einem Wettrennen über den Schrottplatz heraus. Und die anderen Schiffsjungen pflegten dann auf den Ausgang des Rennens zu wetten. Sie standen auf einem der rostigen alten Laufstege und schauten neugierig zu uns herüber.
Die Show konnte beginnen.
Noch einmal rückte ich meine Fliegerbrille zurecht. S’Kianer hatten recht unempfindliche Augen und brauchten keine Brille. Ich dagegen musste meine unbedingt schützen bei all dem Zeug, das in der Luft herumflog: Schmutz und Staub, von den Moskitos ganz zu schweigen.
»Okay«, rief Dereb herüber, der es übernommen hatte, den Schiedsrichter zu spielen. Wie ich selbst war auch er ein Mensch, allerdings ein gutes Stück älter als ich und auch sehr viel kräftiger, was er mir schon bei einigen Gelegenheiten gezeigt hatte … »Ihr flitzt über den Schrottplatz bis zum großen Schlot, das ist die Wendemarke. Unterwegs ist alles erlaubt«, fügte er hinzu, worauf Geeko breit grinste. »Auf die Plätze – fertig – los!«
Unsere Flydos sausten gleichzeitig los.
Mein Herz schlug schneller. Nicht nur vor Aufregung, sondern auch vor Glück. Gibt es etwas, das ihr mehr liebt als alles andere? Etwas, von dem ihr das Gefühl habt, dass es nur für euch erfunden wurde? Bei meinem Flydo war das genauso.
Wenn ich auf dem Brett stand und die Raketendüsen zündeten, dann wollte ich nirgendwo anders sein – und das mochte auf einer Welt wie Distana, auf der es nur Schmutz und stinkende Raffinerien gab, schon was heißen. Ich liebte es einfach, auf dem Antischwerkraftfeld zu flitzen und den Wind im Haar zu spüren. Denn dann fühlte ich mich frei!
Ich hatte einen guten Start erwischt. Gebeugt stand ich auf dem Board, die Arme halb angewinkelt, und trat aufs Gas. Der Antrieb beschleunigte, und es ging hinab auf die schmale Straße, die in einer weiten Kurve über die Schrotthalde führte. Sie war mit rostigen Containern und Wracks von Frachtschiffen übersät. Nur ein paar Scavenger-Roboter, die mit der Verschrottung befasst waren, kamen ab und zu die Fahrbahn herab – ansonsten hatte man freie Fahrt.
Auf meinem Flydo jagte ich der untergehenden Sonne entgegen, vor der sich die Schlote der nahen Raffinerie abzeichneten. Dichter Rauch quoll aus den Kaminen – der höchste von ihnen war die vereinbarte Wendemarke.
Das Ziel fest im Blick stand ich auf meinem Board – als ich plötzlich einen üblen Stoß bekam. Ich musste mit den Armen rudern, um nicht vom Brett zu fallen und mir alle Knochen zu brechen. Dazu erklang höhnisches Gelächter.
Geeko!
»Schönen Gruß, du Lahmarsch!«, rief mir der S’Kianer zu – und war schon im nächsten Moment an mir vorbei.
Ich stieß eine Verwünschung aus.
Das durfte doch nicht wahr sein!
Ich hatte den ganzen Sommer geübt – und nun das!
Auf einem blau leuchtenden Raketenschweif jagte Geeko davon. Es war klar, dass er was mit dem Antrieb gemacht hatte, vermutlich irgendwas völlig Verrücktes. Aber da wir vereinbart hatten, dass alles erlaubt war, war ein frisierter Antrieb auch nicht verboten. Durch die getönten Gläser der Brille konnte ich sehen, wie der kleine S’Kianer auf seinem Flydo davonzog. Ein bisschen sah das aus, als würde ein mit Fell besetzter Ball durch die Luft fliegen. Aber zum Lachen war mir trotzdem nicht zumute.
Ich wollte dieses Rennen gewinnen.
Unbedingt.
Während ich mit Vollgas weiterflitzte, dachte ich fieberhaft nach. Schneller werden konnte ich nicht mehr, mein Flydo war schon am Limit. Wenn ich also überhaupt noch eine Chance haben wollte, würde ich einen anderen Weg finden müssen – und zwar im wahrsten Sinn des Wortes.
Eine Abkürzung!
Geekos Board mochte viel schneller sein als meins, aber er blieb auf der Bahn und flog die weite Kurve. Was, wenn ich den direkten Weg nahm und einfach quer durch die Schrotthalde flog? Das war verdammt gefährlich, weil man jederzeit mit einem Wrack zusammenstoßen und das Flydo explodieren konnte. Aber wenn ich gewinnen wollte, musste ich es riskieren …
Mit zusammengebissenen Zähnen griff ich zur Nase des Boards und riss sie herum. Das Flydo gehorchte sofort, und mit Irrsinnstempo jagte ich dem Schrott entgegen. Es ging so schnell, dass ich gar nicht mehr zum Nachdenken kam, und das war vermutlich gut so. Denn hätte ich es mir an dieser Stelle noch mal anders überlegen können, hätte ich es vermutlich getan. Doch im nächsten Moment flitzte ich schon zwischen verbogenen Stahlträgern, rostigen Metallgittern und ausgebrannten Aggregaten hindurch und musste blitzschnell reagieren, um nirgendwo anzustoßen.
Dicht über das Board gebeugt tauchte ich unter Rohrleitungen hindurch und setzte über Schrotthaufen hinweg, unter denen sich rudelweise Barnratten tummelten. Mit entsetztem Geschrei stoben sie auseinander, als das Flydo über sie hinwegdonnerte. Ich unterdrückte ein Grinsen, während ich weiter den Fuß auf dem Gas behielt und auf einem wilden Slalomkurs durch einen roten Rostwald steuerte. Als das Gewirr vor mir zu eng wurde, brach ich zur Seite aus und schoss längs durch die Überreste eines dorgianischen Frachters, der wie ein abgenagtes Totengerippe dalag. Der Antrieb des Flydos heulte, als ich mein Brett durch die Röhre schickte, den Schloten entgegen, die jetzt schon sehr viel näher waren als zuvor.
Wo Geeko abgeblieben war, wusste ich nicht, ich musste mich um meinen eigenen Kram kümmern. Ein dickes Rohr aus rostigem Metall, das quer auf meinem Weg lag, hätte das Rennen um ein Haar vorzeitig beendet – in letzter Sekunde konnte ich mich ducken und sauste darunter hindurch.
So ging es weiter.
Es war schnell, und es war gefährlich, und das Herz schlug mir bis zum Hals – aber gleichzeitig hatte ich auch das Gefühl, der beste Flydo-Pilot des Planeten zu sein. Flink wie ein Wüstenwiesel fädelte ich zwischen einer Reihe von Antriebsdüsen hindurch, die sich groß und schwarz im Abendlicht abzeichneten, und im nächsten Moment ließ ich den Schrottplatz bereits hinter mir.
Mit Höchstgeschwindigkeit hielt ich auf den Schlot zu, den ich umfliegen musste, und sah aus dem Augenwinkel etwas heranflitzen. Es war Geeko, der auf gleicher Höhe flog und auf den Kamin zuhielt – als er mich erblickte, stieß er ein helles Pfeifen aus.
»Mensch!«, schrie er herüber. »Das kann nicht sein! Du hast betrogen!«
»Alles ist erlaubt, Geeko«, brachte ich in Erinnerung – dann bogen wir auch schon in die Wendeschleife ein.
Um beim Wenden wenig Zeit zu verlieren, galt es, die Kurve möglichst eng zu nehmen und sich von dem Schwung, den man mit hineinnahm, auch wieder hinauskatapultieren zu lassen. Leider gab es nur eine Flugbahn, auf der das gut klappte – und natürlich setzte darum ein wüstes Hauen und Stechen ein. Das heißt, ich begnügte mich damit, mit dem Ellbogen zu stoßen und zu rangeln – das mit dem Stechen übernahm Geeko.
Als ich die Klinge in seiner fellbesetzten Hand aufblitzen sah, holte ich scharf Luft und ging auf Abstand. Mein Flydo sank dadurch tiefer.
»Bist du bescheuert, Mann?«, rief ich hinauf.
»Alles ist erlaubt«, schleuderte mir der S’Kianer grinsend entgegen – dann war er bereits am...