Dogan / Lachmann | Mein Visum war ein Witz | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 184 Seiten

Dogan / Lachmann Mein Visum war ein Witz

Mein Weg auf deutsche Bühnen
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-947106-98-1
Verlag: SATYR Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Mein Weg auf deutsche Bühnen

E-Book, Deutsch, 184 Seiten

ISBN: 978-3-947106-98-1
Verlag: SATYR Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Nach Deutschland mit dem Comedy-Visum – eine verrückte Einwanderungsgeschichte, ungewöhnlich und sympathisch. Mit Einfallsreichtum und Humor findet der Autor seinen Weg aus der Türkei auf die deutschen Brettlbühnen. Eine witzige Autobiografie, notiert von einem kongenialen Autorenduo.

Serhat Dogan steht mittlerweile seit vielen Jahren auf deutschen Kleinkunstbühnen, tritt in Fernsehsendungen und Comedyshows auf. Und inzwischen macht ihm das auch Spaß und er versteht, warum die Leute lachen. Als er 2004 aus der Türkei nach Deutschland kam, sah das noch anders aus. Nach dem Sportstudium sollte er seinen Wehrdienst leisten, doch zur türkischen Armee wollte er auf keinen Fall. Sein deutscher Schwager in spe, niemand Geringeres als Bestsellerautor Moritz Netenjakob, hatte die rettende Idee: Er schrieb Serhat ein kleines Comedyprogramm, das dieser auf dessen Hochzeit aufführte – ohne auch nur ein Wort davon zu verstehen. Der Auftritt wurde ein voller Erfolg, und mit einiger prominenter Unterstützung gelang es Serhat Dogan, in Deutschland bleiben zu dürfen – unter der Voraussetzung, dass er hier als Comedian arbeitet. Gemeinsam mit seiner Kollegin Käthe Lachmann erzählt Dogan die Geschichte einer ungewöhnlichen Bühnenkarriere: sympathisch, offenherzig und – natürlich – sehr komisch.

»Mit herzerfrischender Ironie zeigt er die Kulturunterschiede aus Sicht eines Deutschtürken. Seine Pointen sitzen, seine charmante Ratlosigkeit ist liebenswürdig.« Neue Osnabrücker Zeitung über Serhat Dogan

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Weitere Infos & Material


Mein Tagebuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Köln ist in der Tu¨rkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Experimente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Kinder, Kinder! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Izmir fremd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Nebenjob: Animateur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Romantik auf Tu¨rkisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Militär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Hochzeitspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Lustig, lustig, nicht mehr da? . . . . . . . . . . . . . 69
Die Hochzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Zweifel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
Witziges Visum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Wieder da . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Das bisschen Haushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
Fru¨hling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Unterschiede passen gut . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Machofrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
Üben, u¨ben, u¨ben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Den kenn ich aus der Glotze! . . . . . . . . . . . . 132
Helmut Kohl im WDR . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Alohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
Wer bin ich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Gastarbeiter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Damenwahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Messefieber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Serhat auf dem Schiff . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Danke & Tesekku¨rler! . . . . . . . . . . . . . . . . . 183


Mein Tagebuch
Montag, 8. April 2004, 12 Uhr 30: In Deutschland gelandet. Himmel ist grau. Gehe durch München. Habe mir die Stadt schöner vorgestellt. Und wo ist Hofbräuhaus? 14 Uhr: Das ist gar nicht München, das ist immer noch Flughafen. 14 Uhr 30: Ich will Fahrkarte kaufen. Frau am Schalter sagt: »Grüß Gott.« Na bravo! Mein erstes Gespräch in Deutschland und sie will über Gott reden. Ich sage: »Tut mir leid, ich bin Moslem. Wir sagen ›Grüß Allah‹.« Frau guckt mich komisch an. Dann redet sie in Sprache, die ich noch nie gehört habe. Ich frage: »Sprechen Sie Deutsch?« Sie nickt. Ich frage: »Warum sprechen Sie dann nicht Deutsch mit mir?« Die Frau guckt sehr beleidigt. Es gefällt mir, dass ich trotz des grellen Lichtes die Leute zumindest in den ersten Reihen sehe. Nur in ein schwarzes Loch zu gucken, wie es auf manchen Bühnen der Fall ist, ist anstrengender für mich. Die Scheinwerfer sind sehr heiß, ich schwitze, aber das ist, glaube ich, nicht dieses »Lampenfieber«, von dem die Kollegen manchmal erzählen. Sie sagen, dass sie aufgeregt sind, bevor sie auf die Bühne gehen, das aber ganz schnell weg ist, wenn sie anfangen zu spielen. Mir wird eigentlich erst auf der Bühne richtig heiß. Aufregung ist mir ziemlich fremd, ich habe ja meinen Text auswendig gelernt und trage ihn vor und das war’s. Deswegen brauche ich doch nicht aufgeregt zu sein, ich bin ja Profi und weiß, was ich tue. Wobei, selbst als ich noch Anfänger war, war ich nicht sehr aufgeregt. Ich habe vorher einfach immer ein, zwei Bierchen getrunken, dann war ich entspannt. Die Leute haben Spaß und kichern fast ununterbrochen. Immer wieder gucke ich hoch von meinem Text und tue so, als wunderte ich mich, dass die Leute lachen. Dann lachen sie noch mehr. Das war früher noch anders. Da habe ich wirklich nicht verstanden, was ich da vortrage, und hatte echt keine Ahnung, warum gelacht wurde. Eigentlich kann ich den Text auch schon lange auswendig, natürlich auf Deutsch, aber es kommt besser an, wenn ich vortäusche, ich würde es ablesen, schließlich ist es ja mein Tagebuch und ein Buch liest man. Es ist Samstag und der Quatsch Comedy Club ist gerammelt voll. Das ist wieder so ein komischer Ausdruck, an den ich mich schlecht gewöhnen kann, davon gibt es viele im Deutschen. Wenn Hasen Sex haben, heißt das rammeln, habe ich gelernt – aber was hat das mit einem vollen Theater zu tun? Während ich darüber nachdenke, lese ich meine Tagebuchnummer weiter und mache Pausen, um die Menschen applaudieren und lachen zu lassen. Ich brauche heute besonders viel Zeit, weil den Leuten anscheinend sehr gut gefällt, was ich vortrage. 18 Uhr: Jetzt bin ich in München. Himmel immer noch grau. Deutschland hat viele Überraschungen: Alter Mann geht über Zebrastreifen und Auto bremst. In der Türkei wäre er jetzt im Krankenhaus. Unglaublich: Die Deutschen halten sogar an roter Ampel. Sie fahren einfach Auto und hinterher ist keiner tot! Ja, das stimmt. Nach Deutschland wollte ich. Auch wenn die Deutschen manchmal sehr seltsam sind. So wie dieser Mann aus dem Publikum heute Abend: Die Show ist vorbei, ich steige von der Bühne, freue mich auf ein schönes Bier, da kommt dieser Typ, geschätzt etwa so alt wie ich, auf mich zu. Natürlich kommen viele auf mich zu, aber dieser Typ ist besonders. Er will ein Selfie machen. Aber nur von mir! Also, eigentlich will er ein Foto von mir machen. Aber das mache ich nicht. Ich mache nur Fotos mit ihm und mir zusammen. Wer weiß, was der sonst mit dem Foto macht. Ganz ruhig erkläre ich ihm das, aber er versteht mich nicht. Vielleicht spricht er kein Deutsch. Am Ende habe ich ein schönes Foto von ihm auf meinem Handy, er ist überglücklich und ich weiß nicht, was wir gerade erlebt haben. Da geht er zu meinem Kollegen und sagt, er braucht von ihm dringend ein Bild. Toll. Ich dachte, er wäre mein Fan! Ich lösche sein Foto. Zum Glück habe ich noch andere Fans. Ich liebe mein Publikum. Dass ich so was mal sagen würde! Dass ich überhaupt ein richtiges Publikum haben würde, hätte ich früher nie gedacht. Und jetzt bin ich hier und mache Comedy! Ich frage am Hauptbahnhof: Wo geht es nach Deutschland? Der Mann lacht nur. Ich verstehe gar nichts mehr. 23 Uhr: Vor dem Hauptbahnhof steht eine sehr hübsche, blonde Frau mit kurzem Rock; fragt mich, ob ich mit ihr schlafen will. Wow! Bayern ist super. In der Türkei musst du erst wochenlang anbaggern, dann schlägt dich ihr Bruder in die Fresse, dann musst du deine Eltern um Erlaubnis fragen, dann müssen deine Eltern IHRE Eltern um Erlaubnis fragen, dann musst du große Halle mieten für 500 Gäste, dann musst du zwei Stunden durch die Innenstadt Autokorso machen, dann musst du heiraten, dann musst du bis morgens 8 Uhr tanzen – DANN kannst du mit ihr schlafen. Das dauert mindestens zwei Jahre und kostet 10.000 Euro. In Bayern fünf Minuten und 100 Euro. Dienstag, 9. April, 10 Uhr: Himmel immer noch grau. 11 Uhr: Hofbräuhaus gefunden. Kellner bringt ein Glas, so groß – kann ein Kind drin ertrinken. Ich sage: »Tschuldigung, ich wollte ein Bier, aber kommt Aquarium.« Kellner spricht auch kein Deutsch. 12 Uhr: Endlich! Der Himmel ist blau! 12 Uhr 05: Tschuldigung. Himmel ist immer noch grau. ICH bin blau. Habe nämlich Aquarium ausgetrunken. 17 Uhr: Polizist öffnet die Tür und bringt mir neues deutsches Wort bei: »Ausnüchterungszelle«. Wow! Deutsche Polizei ist aber nett! In der Türkei, wenn du so besoffen bist, schmeißen sie dich einfach ins Meer. In Deutschland kriegst du umsonst ein Hotelzimmer. 17 Uhr 10: Ich gehe nach draußen. Himmel grau. Ich sehe in meinem Leben zum ersten Mal Sonnenstudio. Sehr lustig für mich. In der Türkei, wenn du Sonne haben willst, gehst du RAUS. In Deutschland, wenn du Sonne haben willst, gehst du REIN. 18 Uhr: Endlich! Der erste Mann, der Deutsch sprechen kann. Er ist Zeitungsverkäufer. Hat aber nur eine Zeitung, steht drauf: »Erwachet!« Er sagt, die Welt geht bald unter. Wow! Ich habe schon gehört, Deutsche sind bisschen pessimistisch, aber SOOO … Na ja – eigentlich klar, wenn man nie die Sonne sieht … Mittwoch, 11. April, 8 Uhr: Ich öffne den Vorhang. Hurra! Himmel ist weiß!!! Ich spüre: Es geht bergauf. Heute ist mein Tag. Deutschland ist mein Land. Alles wird gut! 8 Uhr 01: Augen haben sich an Tageslicht gewöhnt. Himmel ist grau. Für viele Kollegen ist es sehr aufregend, sie haben lange davon geträumt, endlich auf einer richtigen Bühne zu stehen, einer Bühne wie dem Quatsch Comedy Club. Sie haben davon geträumt, Leute zum Lachen zu bringen und mit dem, was sie erzählen, Geld zu verdienen. Mein junger Kollege M., der heute zum ersten Mal hier spielt, hat mir von seinem langen Weg auf diese Bühne erzählt. Eigentlich hat er Jura studiert, aber seine Freunde haben ihm immer wieder gesagt, wie lustig er ist und dass er mit seinen Gags auftreten soll. Nach kleinen Einlagen auf Familienfesten hat er angefangen, auf offenen Bühnen für zehn Minuten etwas Lustiges zu erzählen. Auf einer offenen Bühne bekommt man meist kein Geld, nur manchmal geht ein Hut rum. Ein Hut mit (offenen) Beinen … Nein, Quatsch, jemand sammelt Spenden für die Leute auf der Bühne, aber besonders viel kommt dabei meist nicht zusammen. Auch Comedians, die schon eine ganze Weile dabei sind, probieren hier manchmal neues Material aus, feilen daran und gehen erst damit auf die große Bühne, auf der sie auch Geld verdienen, wenn alles stimmt. M. hat seine Auftritte gefilmt und sich mit diesen Filmen beworben, er hat zwar noch kein ganzes Abendprogramm, aber etwa zwanzig Minuten Material. Und das ist so gut, dass er jetzt mit uns anderen hier auf den Brettern des bekanntesten Comedyclubs Deutschlands steht. Und für ihn ist es sogar recht schnell gegangen, ältere Kolleginnen und Kollegen haben mir erzählt, dass sie jahrelang mit ihren Programmen durch die Provinz gefahren sind, bis sie in größeren, renommierteren Theatern spielen konnten. Und es ist überhaupt nicht schlecht und ich mag es, durch die Provinz zu reisen: Dort gibt es unheimlich viele tolle Bühnen und engagierte Menschen, die für sehr vielseitige Kultur in ihrem Ort sorgen. Man lernt eine Menge und bekommt immer mehr Sicherheit, je öfter man spielt. Ich habe den Eindruck, heute...


Serhat Dogan wurde 1974 in Köln geboren und zog 1980 mit den Eltern nach Izmir. Er schwamm für die türkische Nationalmannschaft und kehrte 2004 nach einem Sportstudium nach Köln zurück.

Er tritt mit seinen Bühnenprogrammen bundesweit auf, wurde für zahlreiche Kleinkunstpreise nominiert und ist in Fernsehshows ein gern gesehener Gast, u. a. war er schon bei »Rent a Pocher« (Pro Sieben), »Müller & Friends« (SWR) sowie in den WDR-Produktionen »NightWash«, »Funkhaus«, »Stratmanns« und »Für heute danke« zu sehen.

Käthe Lachmann wurde 1971 in Reutlingen geboren und zog 1992 nach Hamburg, wo sie Philosophie, Soziologie und Neuere Deutsche Literatur studierte. Ab 1995 war sie als Comedienne mit ihren Soloprogrammen bundesweit unterwegs und wurde mit dem »NDR-Comedypreis«, dem »Prix Pantheon« und dem »Deutschen Kabarettpreis« ausgezeichnet.
In verschiedenen großen Verlagen veröffentlichte sie mittlerweile zehn Romane, erzählende Sachbücher und Kurzgeschichtenbände.



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