Doyle | Die außergewöhnlichen Fälle des Sherlock Holmes | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Doyle Die außergewöhnlichen Fälle des Sherlock Holmes

Arena Kinderbuch-Klassiker. Mit einem Vorwort von Jonathan Stroud:
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-401-80732-4
Verlag: Arena
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Arena Kinderbuch-Klassiker. Mit einem Vorwort von Jonathan Stroud:

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-401-80732-4
Verlag: Arena
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Egal, ob in den dunklen Londoner Gassen oder auf dem platten Land: Sherlock Holmes hat immer den richtigen Riecher! Bei jedem seiner Fälle gelangt er auf ungewöhnliche Weise zu seiner ganz eigenen Schlussfolgerung - und liegt dabei jedes Mal genau richtig. Die Sammlung enthält 8 seiner berühmtesten Kurzgeschichten, darunter wahre Klassiker wie „Der blaue Karfunkel“ oder „Das getupfte Band“. Mit einem Vorwort von Jonathan Stroud.
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Der blaue Karfunkel

Es war am zweiten Morgen nach Weihnachten, als ich vormittags meinen Freund Sherlock Holmes besuchte, um ihm meine guten Wünsche zum Fest auszusprechen. Ich traf ihn in einem purpurroten Schlafrock auf dem Sofa liegend, einen Pfeifenständer in Reichweite zur Rechten, in der Nähe ein Stapel zerknitterter Morgenzeitungen, die er offensichtlich gerade durchgesehen hatte. Neben dem Sofa stand ein Holzstuhl, an dessen Lehne ein schäbiger, unansehnlicher Bowler-Hut aus rauem Filz hing, der durch häufigen Gebrauch abgetragen und an mehreren Stellen eingedrückt war. Ein Vergrößerungsglas und eine Pinzette auf dem Stuhlsitz deuteten an, dass der Hut an der Lehne zum Zweck einer genaueren Untersuchung aufgehängt war.

»Du bist beschäftigt«, sagte ich. »Ich störe dich vielleicht?«

»Durchaus nicht. Im Gegenteil, ich bin ganz froh darüber, dass ich einen Freund habe, mit dem ich über die Ergebnisse meiner Untersuchung sprechen kann. Der Gegenstand« – dabei deutete er mit dem Daumen auf den alten Hut hin – »scheint ja wirklich völlig unbedeutend, aber es gibt da einiges, das mit ihm zusammenhängt, das nicht ganz uninteressant, ja geradezu lehrreich ist.«

Ich ließ mich in seinem Sessel nieder und wärmte die Hände am prasselnden Feuer, denn es war draußen sehr kalt geworden und die Fenster waren mit dicken Eiskristallen überzogen. »Vermutlich«, bemerkte ich, »steckt hinter diesem Ding da, so harmlos es aussieht, eine Mordgeschichte und du nimmst es zum Anlass, irgendein rätselhaftes Geheimnis aufzudecken und dafür zu sorgen, dass ein Verbrechen bestraft wird.«

»Nein, nein! Kein Verbrechen«, verbesserte mich Holmes lachend, »nur einer jener absonderlichen kleinen Zwischenfälle, wie sie immer wieder vorkommen, wo sich vier Millionen menschliche Wesen auf einem Raume von wenigen Quadratmeilen drängen. Bei einem so dichten Schwarm von Menschen, die agieren und aufeinander reagieren, muss man auf jede nur mögliche Verkettung von Ereignissen gefasst sein und man trifft auf mancherlei kleine Rätsel, die verblüffend und absonderlich sind, aber nichts mit einem Verbrechen zu tun haben. Wir hatten schon mehrere solcher Fälle.«

»Wie recht du hast«, stimmte ich ihm zu. »Tatsächlich hatten drei der letzten sechs Fälle, von denen ich mir Aufzeichnungen gemacht hatte, keinerlei Straftaten im Sinne des Gesetzes zum Gegenstand.«

»Ganz genau, du denkst da zum Beispiel an den Mann mit der entstellten Lippe. Nun, ich zweifle nicht, dass auch dieser kleine Fall in die gleiche Kategorie gehören wird. Du kennst doch Peterson, den Portier?«

»Ja.«

»Ihm gehört dieses Prachtstück.«

»Es ist sein Hut?«

»Aber nein, er hat ihn gefunden. Der Eigentümer desselben ist unbekannt. Ich bitte dich jetzt, in dem Hut nicht eine arg mitgenommene Melone zu sehen, sondern einen Prüfstein für unsern Scharfsinn. Als Erstes, wie kam er hierhin? Er machte seine Aufwartung am Weihnachtsmorgen in Gesellschaft einer guten, fetten Gans, welche ohne allen Zweifel jetzt gerade in Petersons Küche gebraten wird. Die Sache trug sich folgendermaßen zu: Etwa um vier Uhr am Morgen nach Heiligabend ging Peterson – wie du weißt, ein höchst anständiger Bursche – von einer kleinen, vergnügten Weihnachtsparty nach Hause, wobei ihn sein Weg durch die Tottenham Court Road führte. Vor ihm her ging, wie er beim Schein der Laterne bemerkte, mit etwas schwankenden Schritten ein hochgewachsener Mann, der eine weiße Gans auf der Schulter trug. An der Ecke Goodge Street geriet dieser in Streit mit ein paar Gassenjungen. Einer derselben stieß ihm den Hut herunter, worauf er, um sich zu verteidigen, seinen Stock erhob und ihn über seinem Kopf kreisen ließ. Dabei schlug er das hinter ihm befindliche Ladenfenster ein.

Peterson hatte seinen Schritt beschleunigt, um den Unbekannten gegen seine Angreifer zu beschützen. Dieser ließ jedoch in seinem Schrecken über das zerbrochene Fenster und das eilige Herannahen eines Mannes, der in seiner Portiers-Uniform einem Polizeibeamten nicht unähnlich sah, die Gans fallen, machte sich auf die Socken und verschwand in dem Gewirr von Gässchen hinter der Tottenham Court Road.

Die Straßenjungen hatten sich bei Petersons Erscheinen gleichfalls aus dem Staub gemacht, sodass dieser nun nicht nur das Schlachtfeld beherrschte, sondern auch den zerknüllten Hut sowie eine nicht unansehnliche Weihnachtsgans als Siegesbeute betrachten durfte.«

»Die er gewiss dem Eigentümer wieder zustellte!«

»Da, mein Guter, steckt eben das Problem. Freilich befand sich an dem linken Bein des Tieres eine kleine Karte, auf der die Worte ›Für Mrs Henry Baker‹ geschrieben standen, und desgleichen stehen die Anfangsbuchstaben H.B. innen auf dem Futter des Hutes, aber da es in London ein paar Tausend Baker und ein paar Hundert Henry Baker gibt, so ist es keine leichte Sache, einem derselben einen verlorenen Gegenstand wieder zuzustellen.«

»Na, was hat Peterson also getan?«

»Er hat beides, Hut und Gans, am Weihnachtsmorgen bei mir vorbeigebracht, da er weiß, dass ich mich auch für die kleinen Rätsel interessiere. Die Gans behielt ich bis heute Morgen hier. Da aber trotz des leichten Frosts abzusehen war, dass es ratsam sein würde, sie ohne weiteren Verzug zu verspeisen, hat ihr Finder sie eben mitgenommen, um sie der endgültigen Bestimmung aller Gänse entgegenzuführen, während ich den Hut des unbekannten Herrn, der so um seinen Weihnachtsbraten gekommen ist, noch hier habe.«

»Hat dieser keine Anzeige in der Zeitung aufgegeben?«

»Nein.«

»Wie willst du denn an irgendeinen Hinweis auf seine Identität kommen?«

»Indem wir alles zusammentragen, was wir ableiten können.«

»Aus dem Hut?«

»Genau.«

»Du machst Witze; was kannst du denn aus diesem alten, zerknüllten Filz ablesen?«

»Hier ist meine Lupe. Du weißt ja, wie ich es mache. Sieh selbst, was der Hut über denjenigen verrät, der ihn getragen hat.«

Ich nahm den alten, verbeulten Deckel und drehte ihn rat- und hilflos in den Händen herum. Es war ein gewöhnlicher schwarzer Hut, rund, steif und längst nicht mehr salonfähig. Das Futter war von roter Seide gewesen, hatte jedoch die Farbe verloren. Der Name des Fabrikanten fand sich nicht darin, dagegen waren, wie Holmes bereits bemerkt hatte, die Buchstaben H.B. hineingekritzelt. In der Krempe befand sich ein Loch für einen Huthalter, aber die Gummischnur, die den Hut am Fortfliegen hindern konnte, fehlte. Im Übrigen war der Hut voller Knicke, äußerst staubig und an mehreren Stellen befleckt; es war jedoch anscheinend der Versuch gemacht worden, die betreffenden Stellen mit Tinte zu verdecken.

»Ich vermag nichts zu sehen«, sagte ich, indem ich meinem Freund den Hut zurückgab.

»Im Gegenteil, Watson, du siehst es alles. Du versäumst nur, daraus das Richtige abzuleiten. Du bist nicht mutig genug in deinen Schlussfolgerungen.«

»Dann sag du mir bitte, was du aus diesem Hut ablesen kannst.«

Er nahm diesen in die Hand und betrachtete ihn in der prüfenden Weise, die für ihn charakteristisch war.

»Der Hut könnte vielleicht noch mehr verraten, als er es tatsächlich tut«, bemerkte er. »Und doch lassen sich aus ihm ein paar Dinge mit aller Bestimmtheit und wieder ein paar andere wenigstens mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ableiten. Dass der Mann ein bedeutendes Denkvermögen besitzt, ist auf den ersten Blick ersichtlich, ebenso, dass er im Lauf der letzten drei Jahre in ziemlich guten Verhältnissen gelebt hat, während jetzt schlimmere Zeiten für ihn angebrochen sind. Er war vordem bemüht, mehr als jetzt Vorsorge für die Zukunft zu treffen, ist aber jetzt offenbar heruntergekommen, was mit der Verschlechterung seiner Vermögensumstände einhergeht, aber auch auf irgendeinen schlimmen Einfluss, wahrscheinlich Trunksucht, hinweist. Dies mag auch die Schuld daran tragen, dass seine Frau ihm sichtlich nicht mehr besonders zugetan ist.«

»Mein lieber Holmes!«

»Trotzdem hat er sich noch ein gewisses Maß von Selbstachtung bewahrt«, fuhr Holmes fort, ohne meinen Einwurf zu beachten. »Es ist ein Mann, der eine sitzende Lebensweise führt, wenig ausgeht, kaum körperliche Anstrengung gewöhnt ist, in mittlerem Alter steht und gräuliche Haare hat, die er erst in den allerletzten Tagen hat schneiden lassen und die er mit Pomade einfettet. Dies sind die Tatsachen, die sich mit ziemlicher Sicherheit aus seinem Hut entnehmen lassen. Beiläufig bemerkt ist es außerdem im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass er eine Gasleitung im Haus hat.«

»Jetzt machst dich aber über mich lustig, Holmes.«

»Nicht im Mindesten. Es kann doch wohl nicht sein, dass du jetzt, wo ich dir die Ergebnisse mitgeteilt habe, immer noch nicht siehst, wie ich darauf gekommen bin.«

»Ich gebe ja unumwunden zu, dass ich recht dumm bin, aber ich muss gestehen, ich vermag dir nicht zu folgen. Zum Beispiel, wie kamst du darauf, dass der...



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