Dumser / Werner / Koch | Behandlung von Schlafstörungen nach Flucht- oder Migrationserfahrung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Dumser / Werner / Koch Behandlung von Schlafstörungen nach Flucht- oder Migrationserfahrung

STARS - das Manual: Sleep Training adapted for Refugees

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-608-11989-3
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



STARS - Schlaftraining für GeflüchteteVielfältig: In Gruppen und im Einzelsetting einsetzbar
Praxiserprobt: Von Psychotherapeut:innen bei Refugio München entwickelt
Online: Schlaftagebücher in 7 Sprachen und weitere Materialien zum Download
Schlafstörungen sind ein zentrales Thema in der Therapie und Beratung von Geflüchteten. Sie erzeugen einen hohen Leidensdruck und erschweren die Alltagsbewältigung. Die Symptome sind vielfältig: Ein- und Durchschlafstörungen, Albträume, nächtliches Grübeln, Tagesmüdigkeit, Schlaf-Wach-Rhythmus-Störungen oder schlafbezogene Ängste. Schlafstörungen sind vergleichsweise wenig stigmatisiert, wodurch ein niedrigschwelliger Einstieg in eine therapeutische Behandlung möglich wird.Das Manual STARS ist ein niedrigschwelliges, kontextsensibles Behandlungskonzept, das die Behandlung von Schlafstörungen in den Mittelpunkt stellt. Einem kultursensiblen Krankheitsverständnis, bestehenden Traumata, ungünstigen Wohn- und Schlafumgebungen und einer aktuell belasteten Lebenssituation wird in besonderem Maße Rechnung getragen.Mit hilfreichem Zusatzmaterial zum Download. Wertvoll sind vor allem die Schlaftagebücher in Deutsch, Englisch, Französisch, Dari/Farsi, Arabisch, Urkainisch, Russisch.
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1 Einführung
Deutschland – ein Schlummerland? Schlafmangel war in Lagos nie ein Thema für mich, ungeachtet des tropischen Klimas, das aggressive Malaria-Moskitos züchtet, die nachts bizarre Melodien in die Ohren singen und in die Haut beißen. Dann kam München, eine Stadt, deren Bedingungen ideal fürs Schlummern sind. Die Stadtbewohner haben alles, was einen guten Schlaf fördern kann: natürliche Kälte, die Mücken vertreibt, und Polizisten, die immer wachsam sind, um Übeltäter zu verscheuchen. […] Anfangs war das kalte Klima für mich wie ein Schlafbeschleuniger. Mittlerweile zähle ich aber zu jenen, die versuchen zu schlafen. Der Körper liegt reglos, aber das Gehirn ist hellwach. Manchmal fühlt es sich an wie ein Kampf zwischen Geist und Fleisch. […] Es ist, als nehme man den Tag mit in die Nacht. Den alten und den neuen, mit Aufgaben, an denen man zu scheitern fürchtet. Wäre ich in Nigeria, würde ich die Schuld den Dorfbewohnern zuschieben, deren dämonische Aura einen um den Schlaf bringt. In Bayern ist eine Lösung, einen Schlafdoktor aufzusuchen, der den Körper untersucht. Beruhigungstee und Nasentropfen wurden so zu ständigen Begleitern. Olaleye Akintola1 Geboren 1982 in Lagos, stammt er aus Nigeria. Bis 2015 arbeitete er dort für Zeitungen und Magazine, ehe er aufgrund seiner Recherchen unter Druck geriet und nach Durchsuchung seines Materials nach Deutschland floh. 1.1 Relevanz von Schlafstörungen bei Personen mit Flucht- oder Migrationserfahrung
Schlafstörungen, wie Ein- und Durchschlafstörungen oder Albträume, stellen bei Menschen mit Fluchterfahrung die am häufigsten berichtete Symptomatik dar. Bei Personen mit Flucht- oder Migrationserfahrung handelt es sich um eine äußerst heterogene Gruppe, die sowohl Binnenvertriebene, Asylsuchende, Personen mit Flüchtlingsanerkennung, als auch Personen mit Migrationshintergrund umfasst. Entsprechend sind Untersuchungen zur genauen Prävalenz schwierig. Hinzu kommen abweichende Untersuchungskriterien in den Studien. Je nach Studie bewegt sich die Prävalenz von Schlafstörungen bei Personen mit Fluchterfahrung weltweit im Bereich um 38 % bis 52 % (Lies et al. 2019). Die Prävalenz übersteigt damit deutlich die der Allgemeinbevölkerung (ca. 10 %; Ohayon, 2002; Ohayon & Reynolds, 2009). Unter denjenigen Personen mit Fluchterfahrungen, die eine Behandlung aufsuchen, berichten mit 96 bis 99 % beinahe alle Personen Schlafstörungen; davon ca. 75 % im Schweregrad einer mittleren bis schweren klinisch bedeutsamen Insomnie (Lies et al., 2019; Sandahl et al., 2017). Schlafstörungen stellen somit ein sehr häufiges Anliegen im Behandlungs- und Beratungskontext dar. Schlafstörungen gehen mit einem hohen Leidensdruck und deutlichen Funktionseinschränkungen einher (Lies et al., 2019). Im Zusammenspiel mit vielfältigen Herausforderungen in Folge des Migrations- und Integrationsprozesses und der damit einhergehenden Postmigrationsstressoren (z. B. fehlende Arbeitserlaubnis, Sorge um Angehörige im Herkunftsland, unsichere Zukunftsaussichten) führen Schlafstörungen häufig zu einem besonderen Ausmaß an Belastung. Betroffene klagen z. B. über starke Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit im Alltag und fühlen sich häufig zu erschöpft, um Aktivitäten oder Alltagsaufgaben angemessen nachzugehen. Nicht nur hinsichtlich der hohen Auftretenswahrscheinlichkeit und Belastung spielen Schlafstörungen in der Beratung und Therapie mit Menschen mit Fluchterfahrung eine zentrale Rolle. Häufig werden Schlafstörungen initial als ein zentraler Anmeldegrund für psychotherapeutische Behandlung angegeben. Sie stellen im Vergleich zu posttraumatischer oder depressiver Symptomatik eine wenig stigmatisierte Problematik dar, über die sich zu Beginn einer Behandlung vergleichsweise leicht ins Gespräch kommen lässt. Gleichzeitig zeigt die klinische Praxis bei Refugio München, dass Schlafstörungen über den Verlauf einer Behandlung häufig ein Dauerthema darstellen, das sich nicht leicht lösen lässt. Auch am Ende einer sonst erfolgreich verlaufenen Therapie bleiben nicht selten Schlafstörungen bestehen. Diese klinische Beobachtung deckt sich mit zahlreichen Studienergebnisse, die zeigen, dass Schlafstörungen, z. B. nach andernfalls erfolgreicher Behandlung der Symptomatik der Posttraumatischen Belastungsstörung, bei ca. der Hälfte der Betroffenen nicht klinisch relevant gebessert sind und als Restsymptomatik bestehen bleiben (Pruiksma et al., 2016; Zayfert & DeViva, 2004). 1.2 Gründe für einen Fokus auf Schlafstörungen
Schlafstörungen weisen hohe Prävalenzen auf und bleiben häufig als Restsymptomatik nach erfolgreicher Behandlung anderer psychischer Erkrankungen bestehen. Dennoch spielen sie in der psychotherapeutischen Behandlung häufig eine Nebenrolle. Dies rührt insbesondere daher, dass sich Klient:innen (mit Fluchterfahrungen) selten ausschließlich mit Schlafstörungen zur Behandlung vorstellen. Meist treten sie neben einer Vielzahl weiterer Symptome beispielsweise im Rahmen einer depressiven Störung oder Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auf. Lange Zeit wurden Schlafstörungen folglich als sekundäre Symptome betrachtet, in diagnostischen Manualen nur als Begleiterscheinungen aufgeführt und meist nicht als separate Störung diagnostiziert (American Psychiatric Association, 2013; Spoormaker & Montgomery, 2008). In der Folge sind spezifische Behandlungsansätze für Schlafstörungen trotz vielfacher Evidenz für ihre Wirksamkeit, vor allem bei zeitgleichem Auftreten anderer psychischer Erkrankungen, bis heute wenig in der Behandlungslandschaft verbreitet. Es fehlt an Wissen und Sensibilisierung für die Thematik. Forschungsergebnisse der letzten Jahre legen jedoch nahe, Schlafstörungen in den Fokus der Behandlung zu rücken. Schlafstörungen zeichnen sich zunehmend als transdiagnostischer Faktor und zugrundeliegender Mechanismus für die Entstehung und Aufrechterhaltung einer Vielzahl psychischer Störungen ab (Harvey, 2008). Im Bereich der Depressionsforschung zeichnen sich Schlafbehandlungen immer mehr als vielversprechend zur Behandlung und Prävention depressiver Symptomatik ab (Riemann et al., 2020). Im Rahmen einer PTBS können traumatische Erfahrungen auslösend für das Auftreten von Albträumen und Ein- und Durchschlafstörungen sein. Gleichzeitig zeigt sich, dass Schlafstörungen wiederum andere posttraumatische Symptome aufrechterhalten bzw. verstärken (Spoormaker & Montgomery, 2008; Werner et al., accepted). Entsprechend ist eine Verbesserung des Schlafs zugleich vielversprechend für die Gesamtbehandlung, z. B. der PTBS oder Depression (Biggs et al., 2020). Daher ist es umso wichtiger, Schlafstörungen separat zu diagnostizieren und zu behandeln. Erste Daten zeigen, dass Zusatzangebote für Schlafstörungen bei der Behandlung von PTBS-Patient:innen die Schlafsymptomatik erfolgreicher verbessern als eine rein Trauma-fokussierte Therapie (Talbot et al., 2014). Die Behandlung der Schlafstörung bringt zusätzliche Vorteile gegenüber der Behandlung anderer psychischer Störungen mit sich: Sie ermöglicht einen vergleichsweise niedrigschwelligen und wenig stigmatisierten Einstieg in psychotherapeutische Behandlungskonzepte. Zudem ist sie, nach entsprechender Schulung, von einem breiteren Fachpersonal anwendbar. Auch eine Durchführung im Gruppensetting bietet sich an und ermöglicht, mehr Betroffene zu erreichen. Folglich kann durch die Behandlung von Schlafstörungen in einem ersten Schritt ressourcensparend die psychische Belastung für Betroffene verringert werden. Dieser Vorzug ist insbesondere in der Behandlung von Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung, die teils eingeschränkten Zugang zur Regelversorgung haben, von großem Wert. 1.3 Besondere Herausforderungen bei Menschen mit Fluchterfahrung
Während der Flucht konnte ich oft nachts nicht schlafen, weil wir um diese Zeit weitergehen oder uns verstecken mussten. In meiner Zeit in Serbien hatte ich dann viele Albträume. Ich habe nachts oft laut geschrien. Wir waren viele im Lager, und ich durfte nicht stören oder auffallen. Ich habe deshalb alles gemacht, um wach zu bleiben. Stattdessen habe ich tagsüber versucht, ein paar Stunden zu...


Koch, Theresa
Theresa Koch, Dr. phil., M. Sc., ist seit vielen Jahren als Wissenschaftlerin, Dozentin und Therapeutin bei Refugio München tätig, und leitet dort die Forschungsabteilung. Ihre wissenschaftlichen und therapeutischen Schwerpunkte sind: Transdiagnostische Prozesse bei Menschen mit Fluchterfahrung und kontextsensible Therapiekonzepte.

Dumser, Britta
Britta Dumser, M. Sc., ist als Psychologin therapeutisch und wissenschaftlich bei Refugio München tätig. Im Rahmen ihres Promotionsprojekts, im Zuge dessen das STARS-Manual entstand, befasst sie sich intensiv mit Schlafstörungen nach Fluchterfahrung und Traumatisierung. Sie befindet sich in fortgeschrittener Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin (VT).

Werner, Gabriela G.
Gabriela G. Werner, Mag. Dr. rer. nat. (PhD), ist Klinische Psychologin und befindet sich in fortgeschrittener Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin (VT). Sie ist seit über 10 Jahren in der Schlafforschung tätig und leitete die Forschungslabore des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der LMU München. Ihre wissenschaftlichen und therapeutischen Schwerpunkte sind Schlaf und Schlafstörungen, vor allem im Zusammenhang mit weiteren psychischen Erkrankungen.

Britta Dumser, M. Sc., ist als Psychologin therapeutisch und wissenschaftlich bei Refugio München tätig. Im Rahmen ihres Promotionsprojekts, im Zuge dessen das STARS-Manual entstand, befasst sie sich intensiv mit Schlafstörungen nach Fluchterfahrung und Traumatisierung. Sie befindet sich in fortgeschrittener Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin (VT).

Gabriela G. Werner, Mag. Dr. rer. nat. (PhD), ist Klinische Psychologin und befindet sich in fortgeschrittener Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin (VT). Sie ist seit über 10 Jahren in der Schlafforschung tätig und leitete die Forschungslabore des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der LMU München. Ihre wissenschaftlichen und therapeutischen Schwerpunkte sind Schlaf und Schlafstörungen, vor allem im Zusammenhang mit weiteren psychischen Erkrankungen.

Theresa Koch, Dr. phil., M. Sc., ist seit vielen Jahren als Wissenschaftlerin, Dozentin und Therapeutin bei Refugio München tätig, und leitet dort die Forschungsabteilung. Ihre wissenschaftlichen und therapeutischen Schwerpunkte sind: Transdiagnostische Prozesse bei Menschen mit Fluchterfahrung und kontextsensible Therapiekonzepte.


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