Eckel Hans Rothfels
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-8353-2086-4
Verlag: Wallstein Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Eine intellektuelle Biographie im 20. Jahrhundert
E-Book, Deutsch, Band 10, 479 Seiten
Reihe: Moderne Zeit
ISBN: 978-3-8353-2086-4
Verlag: Wallstein Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Jan Eckel, geb. 1973, Studium der Geschichte, Germanistik und Hispanistik an den Universitäten Passau, Salamanca und Freiburg. Wissenschaftlicher Assistent am Historischen Seminar der Universität Freiburg. Arbeitsschwerpunkte: Historiographie- und Wissenschaftsgeschichte. Hans Rothfels (1891-1976), war Professor in Königsberg, Chicago und Tübingen. Seine wichtigsten Themenfelder waren Bismarck, die Nationalitätenprobleme Ostmitteleuropas und der deutsche Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte er zahlreiche wichtige Funktionen im Wissenschaftsbetrieb inne, u. a. am Institut für Zeitgeschichte und als Vorsitzender des Historikerverbandes.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;6
2;Einleitung;10
3;I. Weltkrieg und Nachkriegszeit (1914-1926);34
3.1;1. Bedingungsfaktoren der wissenschaftlichen Produktion;34
3.2;2. Historiographie 1918- 1930;49
3.3;3. Forschungsdiskurse und Perzeption;70
3.4;4. Der Erste Weltkrieg in der historischen Wahrnehmung;77
4;II. Die Königsberger Jahre (1926-1933);100
4.1;1. Bedingungsfaktoren der wissenschaftlichen Produktion;100
4.2;2. Historiographie 1930- 1935;114
4.3;3. Wissenschaftsorganisatorische Tätigkeit;139
4.4;4. Forschungsdiskurse und Perzeption;146
4.5;5. Politisches Denken in der Zwischenkriegszeit;161
5;III. Die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft (1933-1939);184
5.1;1. Bedingungsfaktoren der wissenschaftlichen Produktion;184
5.2;2. Historiographie;199
5.3;3. Wahrnehmung der Situation unter dem NS-Regime;203
6;IV. Emigration und Remigration (1939-1951);210
6.1;1. Bedingungsfaktoren der wissenschaftlichen Produktion;210
6.2;2. Historiographie;238
7;V. Bundesrepublik (1951 bis in die siebziger Jahre);270
7.1;1. Bedingungsfaktoren der wissenschaftlichen Produktion;270
7.2;2. Historiographie;292
7.3;3. Forschungsdiskurse;309
7.4;4. Intellektuelle Transformationen in den Geisteswissenschaften nach 1945;329
7.5;5. Wissenschaftsorganisatorische Tätigkeit;358
8;Schluß: Die intellektuelle Biographie eines Historikers im 20. Jahrhundert;386
9;Abkürzungen;398
10;Verzeichnis der zitierten Korrespondenz zwischen Rothfels und Kaehler;399
11;Quellen- und Literaturverzeichnis;403
12;Namenregister;475
13;Dank;479
(S. 160-161)
Das Selbstverständnis, daß die Beschäftigung mit der Geschichte eine nationalpolitisch relevante und verantwortliche Tätigkeit sei, hatte die deutsche Geschichtswissenschaft seit dem 19. Jahrhundert ausgezeichnet und war in der Weimarer Republik (und lange darüber hinaus) ungebrochen. Auch für Hans Rothfels war diese Selbstkonzeption verbindlich, und somit basierte auch seine Historiographie auf der Beobachtung, Deutung und intellektuellen Mitgestaltung des aktuellen nationalen Geschehens.
Anders als viele seiner Kollegen betätigte er sich jedoch nicht als politischer Publizist und engagierte sich auch nicht in politischen Organisationen. Die konkreten politischen Vorstellungen des Historikers lassen sich als eine eigenständige Äußerung seiner intellektuellen Biographie verstehen; daher ist zunächst die Variante der politischen Ausrichtung unter den Bedingungen der Weimarer Republik zu bestimmen, für die Rothfels steht und die insbesondere in den späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre Berührungsflächen mit der Ideenwelt der Weimarer Rechten zeigte.
Sein politisches Denken wies aber auch eine spezifische Verbindung zu seiner wissenschaftlichen Produktion auf, die im Anschluß daran aufgezeigt werden kann. Auf dieser Grundlage wird dann in einem zweiten Schritt deutlich, in welchem Verhältnis Rothfels’ politisch- wissenschaftliches Profil zum Nationalsozialismus stand. Dieses ist von den Dispositionen aus zu untersuchen, die sich bereits zur Zeit der Weimarer Republik ausgebildet hatten.
Rechtsintellektualismus in der Weimarer Republik
In den Forschungen zur politischen Geistesgeschichte der Weimarer Republik sind die politischen Intentionen und Konzeptionen des rechtsintellektuellen Spektrums, die auf die Überwindung der staatlichen Verfaßtheit Weimars zielten, seit den sechziger Jahren breit rekonstruiert worden.1 Der methodisch-interpretatorische Fokus dieses Forschungsstrangs richtete sich auf eine Wirkungsgeschichte der Ideen, bei der auf den Beitrag abgehoben wurde, den das rechte Denken zur Delegitimierung und Schwächung der ersten deutschen Demokratie leistete, und damit auf die Rolle, die ihm bei der Wegbereitung des »Dritten Reiches« zukam.
Die Perspektive verschiebt sich dagegen, wenn man zunächst die Genese und den allgemeineren historischen Ort der rechten Entwürfe in den Blick nimmt. Dann zeigen sich diese zuerst einmal als Reaktionen auf eine durchgreifende Modernisierungsdynamik, die in Deutschland wie auch in anderen europäischen Ländern beim Übergang in die hochindustrialisierte Gesellschaft seit dem letzten Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende eingesetzt hatte.
Die rapiden sozioökonomischen und gesellschaftlichen Veränderungen – Bevölkerungswachstum und steigende Mobilität, Urbanisierung, Expansion und qualitativer Wandel des Industriesektors, Technisierung der Lebenswelten, Entstehung eines politischen Massenmarktes mit einem sich differenzierenden Panorama von Parteien, Verbänden und Interessengruppen – brachten neuartige Herausforderungen für die überkommenen Formen politischer Steuerung mit sich. Diese Ausgangskonstellation wurde in der Folgezeit durch den Weltkrieg und die schwierigen Rekonstruktionsprozesse der Nachkriegszeit verschärft.
Dabei hatte die Weimarer Republik durch den verlorenen Krieg, den abrupten Systemwechsel, die territorialen Verluste und die Reparationsverpflichtungen besonders große Vorbelastungen zu tragen. Doch war die politisch-gesellschaftliche Krise der Zwischenkriegszeit auch ein gemeineuropäischer Trend.




