Eckert | Schweigegebot | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 252 Seiten

Eckert Schweigegebot

Unterfranken-Krimi
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-947612-66-6
Verlag: mainbook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Unterfranken-Krimi

E-Book, Deutsch, 252 Seiten

ISBN: 978-3-947612-66-6
Verlag: mainbook Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zwei junge Frauen, Tessa und Mona, erben von ihrer gemeinsamen Großmutter drei Häuser im unterfränkischen Pfarrhofen. Einzige Bedingung: Sie müssen dort eine angemessene Zeit zusammen verbringen. Tessa zieht mit ihrer Cousine Mona, einer außergewöhnlichen Schönheit, und deren Sohn Nick in eines der Häuser und fragt sich bald, ob ihre Großmutter eine Sadistin war, nachdem Mona sich zunehmend aggressiv und unberechenbar verhält und Tessa sogar um ihr Leben fürchten muss. Daran ändert auch die aufkeimende Liebe Tessas zu einem Reporter des Bayrischen Rundfunks nichts. Ihre Angst eskaliert, als sie eines Morgens Mona im Bett vorfindet, neben ihr der kleine Nick: tot. 'Ich habe heute Nacht mein Kind umgebracht', erklärt Mona. Doch dies ist erst der Beginn einer Geschichte, deren Abgründe Tessa bis ins Mark treffen ... Die Geschichte von 'Schweigegebot' ist nicht dokumentarisch, sondern in allen Teilen fiktiv. Dennoch liegt der Idee eine wahre Begebenheit zugrunde, die vor einiger Zeit die Öffentlichkeit in Unterfranken erschütterte.

Renate Eckert, 1946 in Schweinfurt geboren, war von 1977 bis 1987 Journalistin beim Schweinfurter Tagblatt, von 1987 bis 2005 Pressereferentin im Landratsamt Schweinfurt, arbeitet seit 2005 als freie Autorin und hat sich dem psychologischen Krimi/Thriller verschrieben. Ihr Roman 'Hungrige Schatten' ist erstmals im Heyne-Verlag (2007) erschienen, neu aufgelegt im mainbook Verlag (Frankfurt 2018). Weiterhin liegen bei mainbook von der Autorin zwei Romane vor: 'Novemberfeuer' (2016) und 'Brunnenkind' (2017). Die Autorin ist verheiratet, hat eine Tochter und eine Enkelin und lebt in der Nähe Schweinfurts.
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Auf dem Kiesweg, der zum Haus ihrer Großmutter führte, wuchs Löwenzahn. Die kleinen Blütensonnen zwängten ihre Köpfe durch die weißen und grauen Steine. Viel zu früh würden sie ergrauen, dachte Tessa, bevor sie ihren klapprigen Golf abschloss. Sie war froh, die lange Fahrt hinter sich gebracht zu haben. Seit dem Unfalltod ihrer Eltern fühlte sie sich nicht mehr wohl auf der Autobahn.

Dieses Haus, es barg so viele Erinnerungen. Sie hatte es beim Begräbnis ihrer Großmutter vor wenigen Wochen tunlichst vermieden, hierherzukommen. Der Schmerz wäre übermächtig geworden. Jetzt blieb ihr nichts mehr anderes übrig, als sich der Vergangenheit zu stellen. Tessa ging um das Haus herum, sah die halb offene Gartentüre und ging hinein.

Eigentlich sah der Garten aus wie immer, der winzige Teich unter dem alten knorrigen Kirschbaum, die morsche Holzbank davor, das Gemüsebeet mit dem mit Tannenwedeln abgedeckten Wirsingkohl daneben. Großmutter hatte ihn nicht mehr ernten können. Im Blumenbeet davor sprießten schon Vergissmeinnicht und Narzissen, zwar zaghaft noch, aber sicher in wenigen Tagen in voller Blüte. Der Forsythienstrauch in der Ecke verlor schon seine goldgelbe Blütenpracht und war durchzogen von grünen Blättern. Es hatte sich auf den ersten Blick nichts verändert, doch Tessa zwang sich, genauer hinzuschauen, und es gefiel ihr nicht, was sie sah.

Was früher als ein bisschen verwunschen erschien, zeigte sich heute als Vernachlässigung. Altes Laub zwischen den bemoosten Gehwegen, die noch immer umgedrehte Regentonne verschmutzt, verdorrte Grasbüschel daneben.

Sie setzte sich auf die Bank und dachte nach. Pfarrhofen, schon wieder. Dabei wollte sie diesen kleinen Ort in Unterfranken nach ihrem letzten Besuch für immer aus dem Bewusstsein streichen.

Der Brief des Notars hatte es vereitelt. Eigentlich hätte sie vor Freude tanzen müssen, schließlich unterrichtete er sie davon, dass sie geerbt hatte und ein Ende ihrer finanziellen Probleme endlich möglich schien.

Ihr Blick fiel auf einen Ast des Kirschbaums. Eine winzige Spinne seilte sich an ihrem Faden ab und sie beneidete sie um die Sicherheit, mit der sie vorging. Ihr schien, als sei das provisorische Sicherheitsnetz, das sie sich seit dem Tod ihrer Eltern gewebt hatte, zerrissen. Wieder einmal. Warum erschien ihr das Erbe nicht als Glück?

Es konnte nicht nur an Pfarrhofen liegen, dass sie sich so fühlte.

Dieses kleine bigotte Nest, mit seinen überholten Moralvorstellungen, konnte sie doch wieder in die enge Schublade ablegen, in die es gehörte, wenn sie nach ihrer Rückkehr wieder Hamburgs frischen Wind spüren würde.

Der Brief war es, der sie die ganze Zeit verstörte. Wie ein Stein lag er in ihrer Tasche, und es ging etwas Bedrohliches von ihm aus. Lächerlich, dachte sie und griff entschlossen in ihre Handtasche. Sie nahm ihn heraus und zwang sich dazu, ihn endlich nicht nur zu überfliegen. Erst jetzt konnte sie die Passage benennen, die sich in ihr Unterbewusstsein eingegraben hatte: ‚Zu gleichen Teilen geerbt‘ mit ihrer Cousine Monika Huber. Das war es! Mona, nur zwei Jahre jünger als sie und ebenfalls Einzelkind, hätte ihr eigentlich, wenn schon nicht eine Schwester, dann zumindest eine Freundin sein können. Aber sie fühlte nur Unbehagen.

Lautes Scheppern weckte Mona und beendete einen Dämmerzustand, der mit Schlaf nicht viel zu tun hatte. Das Geräusch schickte Reize durch ihre Nervenbahnen, die sich wie Stromstöße anfühlten. Ein Motor heulte auf, ein Lastwagen schnaubte. Mona drückte ihren Kopf in das Kissen, ohne sich zu beruhigen. Wieder war er da, der Nervenschrei.

Widerstrebende Empfindungen kämpften in ihr. Einerseits trieb sie ihre innere Unruhe dazu, sofort aus dem Bett zu springen, andererseits wollte sie nur die Augen schließen und nie mehr aufstehen müssen.

Ihr Wecker zeigte 8.11 Uhr, und Mona fragte sich wieder einmal, wie sie diesen Tag überstehen sollte. Der Wind blähte die Gardinen vor der offenen Tür zum Balkon. Zwei Spatzen tschilpten laut. Selbst dieser unschuldige Lärm schmerzte sie.

Mona setzte sich auf den Bettrand und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Hinter ihren Schläfen begann es zu klopfen und ihr Herz hämmerte. Es war doch nur ein ganz normaler Tag, kein Grund für die Spannung, die ihre Organe verknotete.

Ihr Blick fiel zum leeren Kinderbettchen, in dem eigentlich ihr Sohn schlafen sollte. Wie rücksichtsvoll, dachte sie sarkastisch. Ihre Mutter hatte sie weiterschlafen lassen, um später mit vorwurfsvollem Blick kundzutun, dass sie Nick bereits das Frühstück bereitet hatte.

Sie hörte die Stimme ihrer Mutter unten im Esszimmer. In sie mischten sich Nicks Gebrabbel und der Bass ihres Vaters, der gereizt auf eine Frage antwortete. Warum ärgerst du dich? Eigentlich ist es dir doch ganz recht so. Du müsstest es nur ändern. Lediglich aufstehen und deinen Sohn selbst füttern. Warum war mehr Zuwendung für Nick eine so unüberwindliche Hürde? Sie war wieder einmal gefangen im Hin und Her ihrer Gefühle. Bedingungslose Liebe, die ihr die Tränen in die Augen trieb und der Instinkt, genau davor weit weg zu laufen. Überhaupt wäre ein Lauf die Lösung dieses Morgens, um den Knoten in ihrem Innern zu lösen. Laufen, bis sie so müde wurde, dass sie nichts mehr anderes spüren konnte als ihre schmerzenden Waden. Sie hatte es oft versucht. Wenn sie dazu nur nicht an der geballten Familie da unten vorbeimüsste. Erklärungen abgeben, ihren Vater, der sie mit durchdringendem Blick mustern würde, das abschätzige Lächeln ihrer Mutter ertragen? Nein. Eine Dusche musste reichen.

Die Haustür wurde zugeschlagen, kurz darauf hörte sie ihren Vater wegfahren. Monas Herzschlag stolperte, gleich darauf setzte er sekundenlang aus und kam mit einem Rauschen in den Ohren wie ein Trommelfeuer zurück. Ihr wurde schwindlig und Panik hielt sie wie ein Schraubstock fest. Sie sprang auf, riss sich den Schlafanzug vom Körper und schlüpfte in den Bademantel. Mit zitternden Händen nahm sie frische Wäsche aus dem Schrank. Wie unter Zwang fand ihre Hand den Weg hinter den Wäschestapel und griff nach der Wodkaflasche, die dort für Notfälle lagerte. Nein, nicht schon am Morgen, so tief war sie noch nicht gesunken.

Lautlos öffnete sie die Zimmertür und schlich ins Badezimmer. Ihr Gesicht im Spiegel war blass. Tiefe Schatten unter den Augen. Sie zog den Bademantel aus und erst jetzt sah sie den roten Daumenabdruck an der Kuhle zu ihrem Schlüsselbein und die blauen Flecken auf ihren Brüsten. Mona flüchtete in die Dusche. Das heiße Wasser, das auf ihren Körper prasselte, übertönte kaum das Geräusch im Kopf, aber zumindest vermittelte es ihr die Illusion lebendigen Fließens. Nur war es nicht genug. Mit fiebrigen Händen durchsuchte sie ihr Schminktäschchen. Sie fand die Rasierklinge und setzte sich in die Duschwanne. Das Gesicht dem Wasserstrahl zugewandt, ließ sie die scharfe Klinge in zarte Haut auf der Innenseite ihres Oberarmes gleiten und sah dem erlösenden Rinnen des Blutes zu, das sich mit dem Wasser der Dusche vermischte und einen Teil der mörderischen Spannung mit sich nahm. Die neue Narbe, die neben all den bereits verblassten Streifen entstehen würde, nahm sie gerne in Kauf.

Tessa begann zu frösteln, irgendetwas musste sie tun. Hier auf der Bank zu sitzen, brachte sie nicht weiter. Nur war der Gedanke, bei ihrer Tante zu wohnen während ihres Aufenthaltes hier, so gar nicht verlockend. Warum zog sie nicht in das Haus ihrer Großeltern? Hier stand es, leer, und schließlich hatte sie es geerbt. Dazu brauchte sie allerdings erst einmal den Schlüssel. Sie schulterte ihre Handtasche und machte sich auf den Weg. Ein paar Schritte zu gehen, würde ihre vom Fahren verkrampften Muskeln lockern.

Sie verlangsamte unwillkürlich ihre Schritte, als das Haus von Tante Agnes und Onkel Alfred in seiner ganzen imposanten Mächtigkeit vor ihr auftauchte. Von der Sonne angestrahlt leuchtete der weiße Putz. Der sich über zwei Stockwerke erstreckende runde Erker, hatte er nur zufällig die Form eines gewaltigen Turmes? Sie ertappte sich bei einem boshaften Grinsen. Ob Tante Agnes bewusst war, was für ein Männlichkeitssymbol sich ihr Mann da errichtet hatte? Wie auch immer, der Eindruck, ein Landschloss vor sich zu haben, war sicher gewollt. Ein weißer Zaun umgab das Haus und die schwarzen Granitplatten des Eingangsweges waren makellos gefegt. Ein Blumentrog aus weißem Stein mit Narzissen stand vor der Haustüre. Ein Schwarm Mücken kreiste in unendlicher Sinnlosigkeit um die Blüten. Auf der von Säulen flankierten Terrasse stand ein Kinderwagen.

Hinter dem Haus hörte Tessa Kinder lärmen. Sie ging ein paar Schritte den Gartenweg entlang und ihren Augen bot sich ein beschauliches Bild. Auf der Rasenfläche, die das Haus von Tessas Onkel mit dem seiner Schwester Marietta verband, stand eine Schaukel, auf der ein kleiner Junge saß und vor Freude quietschte. Er...



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