Edwardson | Der Himmel auf Erden | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 5, 464 Seiten

Reihe: Ein Erik-Winter-Krimi

Edwardson Der Himmel auf Erden

Der fünfte Fall für Erik Winter
12001. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8437-0573-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der fünfte Fall für Erik Winter

E-Book, Deutsch, Band 5, 464 Seiten

Reihe: Ein Erik-Winter-Krimi

ISBN: 978-3-8437-0573-8
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mysteriöse Kindesentführungen, ein falscher »Onkel« mit einem grünen Stoffpapagei am Rückspiegel seines Autos und ein Verrückter, der im nächtlichen Göteborg hinterrücks junge Männer überfällt: Erneut wird Kommissar Erik Winter mit den finsteren Seiten moderner Verbrechen konfrontiert ... Ein spannender Fall, gut recherchiert, geschickt angelegt und voll von der psychologischen Abgründigkeit, die aus Åke Edwardsons Büchern viel mehr als reine Krimis macht.

Åke Edwardson, geboren 1953, lebt mit seiner Frau in Göteborg. Einige Monate im Jahr verbringt das Ehepaar im Süden Spaniens, in Marbella. Bevor Edwardson einer der weltweit erfolgreichsten Krimiautoren wurde, arbeitete er als Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten.
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1

Eins der Kinder sprang vom Klettergerüst in die Sandkiste, und er lachte auf, plötzlich und kurz. Es sah so lustig aus. Er hätte auch so springen mögen, doch dann hätte er aus dem Auto steigen, um den Zaun herum durch die Pforte zum Klettergerüst gehen müssen, das rot und gelb war.

Sein Autoradio lief, aber er hörte nicht hin. Ein Regentropfen fiel auf die Scheibe und noch einer. Er schaute auf, der Himmel war jetzt dunkler als vorher. Er blickte wieder zum Spielplatz und den Bäumen dahinter. Die Äste hatten kein Laub mehr, die Bäume waren nackt. Was man im Sommer nicht sehen konnte, war jetzt sichtbar. Die Stadt war nackt. Das hatte er gedacht, als er über nasse Straßen hierher gefahren war. Diese Stadt war wieder nackt. Das gefiel ihm nicht. Es wurde fast noch schlimmer als vorher.

Jetzt sprang wieder ein Kind. Das Kind lachte, als es im Sand landete, er konnte es hören, obwohl sein Radio lief. Er hörte nicht hin. Er lauschte dem Lachen des Kindes. Jetzt lachte er selber. Er war nicht froh, aber er lachte, weil das Lachen des Kindes schön klang und weil es schön war, ein Kind zu sein und zu springen und wieder aufzustehen und wieder zu springen.

Es hörte auf zu regnen, bevor es richtig angefangen hatte. Er drehte die Autoscheibe ein wenig herunter. Draußen roch es nach Spätherbst. Nichts anderes roch so. Auf der Erde lag schwarz gewordenes Laub. Leute gingen im Park spazieren. Manche schoben Kinderwagen vor sich her. Einige standen auf dem Spielplatz, auch ein paar Erwachsene, viele Kinder liefen dort herum, sie lachten.

Er hatte auch gelacht, damals, als er noch ein Kind gewesen war. Er konnte sich erinnern, wie er einmal gelacht hatte, als seine Mama ihn aufgehoben und so hoch gehalten hatte, dass sein Kopf die Deckenlampe berührte. Da oben war ein Licht gewesen, das war verschwunden, als sie ihn wieder absetzte.

Im Radio sagte jemand etwas. Er hörte nicht hin, er befand sich in einem Land, in dem er klein gewesen und wieder von der Decke heruntergekommen war, und seine Mama hatte etwas gesagt, an das er sich nicht mehr erinnern konnte, an nichts erinnerte er sich mehr, und später hatte er oft darüber nachgegrübelt, was sie gesagt hatte. Es wäre wichtig für ihn gewesen, das Letzte, was sie zu ihm gesagt hatte, ehe sie zur Tür hinausging und nie wiederkam.

Nie, nie ist sie zurückgekommen.

Er spürte, dass seine Wangen nass waren, so nass wie die Autoscheiben hätten sein können, wenn es weiter geregnet hätte. Er hörte, dass er etwas sagte, wusste aber nicht, was.

Er sah wieder zu den Kindern.

Und er sah wieder das Zimmer, später, aber er war immer noch klein, er schaute aus dem Fenster, die Scheiben waren nass von Regen, und er hatte etwas mit dem Finger aufs beschlagene Glas gemalt, die Bäume da draußen, die ohne Laub waren. Seine Mama stand neben diesen Bäumen. Wenn er ein Auto gemalt hätte, hätte sie im Auto gesessen. Ein Pferd, und sie wäre darauf geritten. Ein Kind, und sie würde das Kind an der Hand halten. Sie gingen über eine Wiese, auf der rote und gelbe Blumen blühten.

Er malte das Feld. Er malte ein Meer auf der anderen Seite des Feldes.

Abends machte er das Bett für seine Mama. In seinem Zimmer stand ein kleines Sofa, und dort baute er ihr ein Bett mit einer Decke und einem Kissen. Falls sie kommen sollte, könnte sie dort schlafen, könnte sich sofort hinlegen, alles würde bereit sein.

Jetzt drehte er die Scheibe ganz herunter und atmete schwer. Dann drehte er sie wieder hoch, startete das Auto, fuhr um den Spielplatz herum und parkte direkt vorm Eingang. Er öffnete die Autotür. Rundherum waren noch andere Autos geparkt. Er konnte die Stimmen der Kinder jetzt hören, als ob sie bei ihm säßen. Zu seinem Auto gekommen, zu ihm gekommen wären.

Aus dem Autoradio klang Musik, und diese Stimme, die er kannte, kehrte wieder und sagte etwas. Es war eine Stimme, die er schon mehrmals gehört hatte. Sie redete, wenn er abends nach der Arbeit im Auto unterwegs war. Manchmal fuhr er auch nachts herum.

Er spürte, wie nass die Erde unter seinen Füßen war. Er stand neben dem Auto, aber er konnte sich nicht daran erinnern, wie er dahin gekommen war. Merkwürdig, er hatte an die Stimme im Radio gedacht und plötzlich stand er neben dem Auto.

Wieder das Lachen der Kinder.

Er stand neben dem Spielplatz, sah die kahlen Bäume dahinter.

Die Videokamera in seiner Hand war kaum größer als eine Zigarettenschachtel. Vielleicht ein bisschen größer. Das schwache Surren war kaum zu hören, als er auf den Knopf drückte und das filmte, was er sah.

Er ging näher. Überall waren Kinder, aber im Augenblick sah er keine Erwachsenen. Wo waren die denn alle geblieben? Man musste doch auf die Kinder aufpassen, sie könnten sich verletzen, wenn sie von dem rotgelben Klettergerüst oder von den Schaukeln sprangen.

Dort stand das Klettergerüst, gleich neben dem Eingang. Und dort stand jetzt auch er.

Ein Sprung.

Heeej! Heeej hopp!

Ein Lachen. Er lachte auch wieder, sprang, nein, hätte aber springen können. Jetzt half er einem Kind, es war ein Junge. Wieder hinauf, hinauf! Hinauf in den Himmel!

Er holte es aus der Tasche und zeigte es ihm. Guck mal, was ich hier habe.

Zum Eingang waren es drei Schritte, dann noch vier zum Auto. Die Schritte des Jungen waren kurz, sechs zum Eingang, acht zum Auto.

Kinder, überall Kinder, er dachte, er sei jetzt der Einzige, der den Jungen sah, auf ihn aufpasste. Die Großen standen dahinten mit Kaffeetassen, die in der kalten Luft dampften.

Mehrere Autos. Der Junge war jetzt überhaupt nicht mehr zu sehen, aus keiner Richtung. Nur er sah ihn, hielt ihn an der Hand.

Da ist es. Ja, ich hab eine ganze Tüte voll davon, stell dir vor. Jetzt öffnen wir die Tür. Kannst du ganz allein einsteigen? Wie groß du schon bist.

Die Wunde am Hinterkopf des Studenten sah aus wie ein Kreuz oder so was Ähnliches. Das Haar war abrasiert, die Wunde deutlicher zu sehen, es war grausig, aber er lebte noch. Gerade so eben, doch er hatte eine Chance.

Bertil Ringmars Gesicht schimmerte bläulich in der Beleuchtung des Entrees, als er das Krankenhaus verließ.

»Ich fand, das müsstest du sehen«, sagte Ringmar.

Winter nickte.

»Was war das für eine Waffe?«, fuhr Ringmar fort.

»Irgendeine Hacke. Ein … vielleicht ein Küchengegenstand oder Gartengerät. Oder ein landwirtschaftliches Werkzeug … Ich weiß es nicht, Bertil.«

»Da ist so was … ich weiß nicht. An irgendwas erinnert es.«

Winter zappte die Tür zu seinem Mercedes auf. Das Parkdeck war verlassen. Die Blinkleuchten flackerten wie warnend auf.

»Da müssen wir wohl einen Dorfältesten auf dem platten Land befragen«, sagte Winter, als er den Hügel hinunterfuhr.

»Jetzt mach dich nicht drüber lustig.«

»Lustig? Worüber soll ich mich denn lustig machen?«

Ringmar antwortete nicht. Der Linnéplatsen lag genauso verlassen da wie eben das Parkdeck.

»Das ist der Dritte«, sagte Ringmar.

Winter nickte, löste seinen Schlips und öffnete die beiden obersten Hemdknöpfe.

»Drei junge Männer niedergeschlagen mit einem Gerät, das wir nicht kennen«, sagte Ringmar. »Drei Studenten.« Er wandte sich zu Winter um. »Ist das schon ein gemeinsames Muster?«

»Weil es alles Studenten sind? Oder weil wir glauben, in den Wunden ein Kreuz zu sehen?«

»Weil es Studenten sind«, erwiderte Ringmar.

»Es gibt viele Studenten.« Winter fuhr westwärts. »An die fünfunddreißigtausend in dieser Stadt.«

»Mhm.«

»Ein beachtlicher Bekanntenkreis, selbst wenn sie nur untereinander verkehren«, sagte Winter.

Ringmar trommelte auf die Armlehne. Winter bog von der Autostraße ab und fuhr weiter nach Norden. Die Straßen wurden schmaler und die Villen größer.

»Eine Hacke«, sagte Ringmar. »Wer schleppt an einem Samstagabend eine Hacke mit sich rum?«

»Ich wage nicht einmal daran zu denken«, sagte Winter.

»Hast du hier in Göteborg studiert?«

»Nur ganz kurz.«

»Was hast du studiert?«

»Jura, reingeschnuppert. Ist nichts draus geworden.«

»Ich bin student of life gewesen«, sagte Ringmar.

»Wo? Und wann legt man darin sein Examen ab?«

Ringmar schnaubte.

»Du hast Recht, Erik. Man steckt ununterbrochen im Examen.«

»Von wem wird man belohnt?«

Winter wurde langsamer.

»Bieg nach rechts ab, dann umgehst du die Anschlussstelle«, sagte Ringmar.

Winter bog nach rechts ab, schlängelte sich an zwei parkenden Autos vorbei und hielt vor einer Villa aus Holz. Von drinnen fiel schwaches Licht auf den Rasen und durch die Ahornbäume, die wie Gliedmaßen aussahen, die sich in den Himmel reckten.

»Kommst du mit rein auf ein Butterbrot?«, fragte Ringmar.

Winter sah auf die Uhr.

»Oder wartet Angela mit Austern und Wein?«, frotzelte Ringmar.

»Dafür ist noch nicht die richtige Saison«, antwortete Winter.

»Du willst vermutlich Elsa gute Nacht sagen?«

»Sie schläft um diese Zeit schon«, sagte Winter. »Okay, auf ein Butterbrot. Hast du slowenisches Bier?«

Ringmar holte etwas zu essen aus dem Kühlschrank. Winter kam mit drei Flaschen aus dem Keller.

»Wahrscheinlich war da nur noch tschechisches«, sagte Ringmar über die Schulter.

»Ich verzeih dir«, sagte Winter und reckte sich nach dem Bieröffner.

»Geräucherte Maräne mit Rührei?«, fragte Ringmar vom Kühlschrank.

»Wenn wir Zeit haben«, sagte Winter. »Ein gutes Rührei braucht lange. Hast du...


Edwardson, Åke
Åke Edwardson, geboren 1953, lebt mit seiner Frau in Göteborg. Einige Monate im Jahr verbringt das Ehepaar im Süden Spaniens, in Marbella. Bevor Edwardson einer der weltweit erfolgreichsten Krimiautoren wurde, arbeitete er als Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten.

Åke Edwardson, geboren 1953, lebt mit seiner Frau in Göteborg. Einige Monate im Jahr verbringt das Ehepaar im Süden Spaniens, in Marbella. Bevor Edwardson einer der weltweit erfolgreichsten Autoren von Kriminalliteratur wurde, arbeitete er als Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten, schrieb Sachbücher und unterrichtete an der Universität Creative Writing.



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