Edwardson | Segel aus Stein | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 512 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

Edwardson Segel aus Stein

Der sechste Fall für Erik Winter
12001. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8437-0574-5
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Der sechste Fall für Erik Winter

E-Book, Deutsch, 512 Seiten

Reihe: Ullstein eBooks

ISBN: 978-3-8437-0574-5
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Anonyme Briefe aus Schottland, der Klang von Cool Jazz, ein verschwundener Mann und die dunklen Schatten der Vergangenheit: Als Erik Winter sich auf die Suche nach dem Vater seiner Jugendliebe Johanna Osvald macht, ahnt er noch nicht, worauf er sich einlässt. Denn ihm steht nicht nur eine Reise in die kargen Highlands, sondern vor allem in die Abgründe der menschlichen Seele bevor ...

Åke Edwardson, geboren 1953, lebt mit seiner Frau in Göteborg. Einige Monate im Jahr verbringt das Ehepaar im Süden Spaniens, in Marbella. Bevor Edwardson einer der weltweit erfolgreichsten Krimiautoren wurde, arbeitete er als Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten.
Edwardson Segel aus Stein jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2


Bis zum Meer waren es zweihundert Meter, vielleicht zweihundertfünfzig. Sie gingen über ein Feld, auf dem noch niemand Pfade getreten hatte. Das machen wir jetzt, dachte er, wir treten hier Pfade.

Der Himmel war hoch, ein endloser Raum. Die Sonne stach durch die Sonnenbrille. Das Meer bewegte sich, aber nur wenig. Die Oberfläche glänzte wie Silber und Gold.

Elsa rief etwas übers Wasser und kam am Ufer auf sie zugelaufen über die kleinen Steine, die sich zu Hunderttausenden mit Millionen von Millionen Sandkörnern mischten.

Erik Winter drehte sich zu Angela um, die in der Hocke saß und Sand durch ihre Finger rieseln ließ.

»Wenn du mir sagen kannst, wie viele Sandkörner du da gerade in der Hand hast, dann bekommst du einen schönen Preis«, sagte er.

Sie schaute auf, hob die andere Hand, um die Augen gegen die Sonne abzuschatten.

»Was für einen Preis?«, fragte sie.

»Sag erst, wie viele Sandkörner du in der Hand hast.«

»Wie soll ich das schätzen können?«

»Ich weiß es«, antwortete er.

»Was ist es für ein Preis?«, wiederholte sie.

»Die Zahl!«, verlangte er.

»Vierzigtausend«, sagte sie.

»Falsch.«

»Falsch?«

»Falsch.«

»Wie zum Teufel willst du das wissen?« Sie richtete sich auf und schaute nach Elsa, die in fünfzehn Meter Entfernung Steine sammelte. Angela konnte nicht sehen, wie viele es waren. Sie ging näher auf den Mann ihres Lebens zu, bevor er »Intuition« auf ihre Frage antworten konnte.

»Ich möchte meinen Preis haben. Ich möchte meinen PREIS haben!«, sagte sie.

»Du hast nicht richtig geantwortet.«

»DEN PREIS, DEN PREIS!«, rief sie und ging auf Winter los. Sie probierte einen Schultergriff, und Elsa schaute auf und ließ einige Steine fallen. Erik sah sie und lachte seine vierjährige Tochter an und dann die andere Frau in seinem Leben und versuchte sich jetzt an einem halben Nelson, gar nicht schlecht, und er spürte, wie die Füße in den Sandalen rutschten und wie die Sandalen im Sand rutschten und wie er tatsächlich das Gleichgewicht verlor und langsam zu Boden ging, wie von einem Magnet angezogen. Angela fiel auf ihn. Er lachte immer noch.

»DEN PREIS!«, rief Angela noch einmal.

»DEN PREIS!«, rief Elsa, die zu den Kämpfenden gelaufen war.

»Okay, okay«, sagte Winter.

»Wenn du es wirklich weißt, dann gib zu, dass ich richtig geraten habe«, sagte Angela und hielt seine Arme fest. »Gib es zu!«

»Du warst ziemlich nah dran«, antwortete er. »Das gebe ich zu.«

»Her mit dem Preis!«

Sie saß jetzt rittlings auf seinem Bauch. Elsa saß auf seinem Brustkorb. Er konnte immer noch leicht atmen. Er hob den rechten Arm und zeigte landeinwärts.

»Was?«, sagte sie. »Was ist da?«

Er wedelte mit der Hand.

»Der Preis«, sagte er. Er spürte die Sonne in den Augen. Die Sonnenbrille war ihm heruntergefallen. Er nahm den Duft von Salz, Sand und Meer wahr. Er könnte lange, lange so liegen. Und oft. Hier gehen. Pfade durch das Feld treten.

Vom Haus aus.

Von dem Haus, das dort hinten im Kiefernwäldchen stehen könnte.

Sie spähte über das Feld. Sie sah ihn an. Aufs Meer. Wieder aufs Feld. Sah ihn an.

»Ist das wahr?«, sagte sie. »Meinst du das wirklich?«

»Ja«, antwortete er, »du hast Recht. Wir kaufen das Grundstück.«

Aneta Djanali hatte ihren Polizeiausweis noch in der Hand, als die Frau die Tür schloss, die sie zuvor geöffnet hatte. Aneta Djanali hatte nicht einmal ihr Gesicht sehen können, nur einen Schatten und ein Augenpaar, das aufblitzte im schwindenden Tageslicht, dem einzigen Licht hier drinnen.

Sie klingelte noch einmal. Neben ihr stand eine junge Polizistin. Sie war noch nicht sehr viele Monate im Beruf. Ein Rookie, direkt vom Gymnasium. Angst scheint sie nicht zu haben, dachte Aneta Djanali, aber sie findet das hier auch nicht besonders witzig.

»Verschwinden Sie«, ertönte eine Stimme durch die Tür. Die Stimme klang schon gedämpft, bevor sie durch das doppelte Furnier oder was immer es war, drang, das sie vom verlängerten Arm des Gesetzes trennte.

»Wir müssen uns einen Augenblick unterhalten«, sagte Aneta Djanali zur Tür. »Über das … was passiert ist.«

Ein Murmeln war zu hören.

»Ich habe nicht verstanden«, sagte Aneta Djanali.

»Es ist nichts passiert.«

»Bei uns ist eine Anzeige eingegangen«, sagte Aneta Djanali.

Wieder ein Gemurmel.

»Wie bitte?«

»Von hier ist die nicht gekommen.«

Aneta Djanali hörte, wie hinter ihr eine Tür geöffnet und sofort wieder geschlossen wurde.

»Es ist nicht das erste Mal«, sagte sie. »Es war nicht das erste Mal.«

Die junge Polizistin neben ihr nickte.

»Frau Lindsten …«, sagte Aneta Djanali.

»Gehen Sie weg.«

Es war an der Zeit einen Entschluss zu fassen. Sie konnte hier nicht stehen bleiben und die Situation dadurch vielleicht verschlimmern.

Sie könnte sich den Anblick von Anette Lindstens Gesicht einfach erzwingen. Es könnte übel zugerichtet sein. Die Frau könnte noch neue Verletzungen davontragen, wenn sie sich jetzt nicht Zugang zu ihrer Wohnung verschaffte.

Es könnte das einzig Richtige sein. Die Entscheidung darüber musste jetzt auf der Stelle fallen. Eine Entscheidung von vielleicht großer Tragweite für die Zukunft.

Aneta Djanali entschied sich, steckte den Ausweis, den sie immer noch in der Hand hielt, weg, gab dem uniformierten Mädchen ein Zeichen, drehte sich um und ging.

Keine der beiden Polizistinnen nahm den Fahrstuhl nach unten. Die Wände des Treppenhauses waren voll geschmiert, tausend hingekritzelte Nachrichten in Schwarz und Rot.

Der Wind hatte zugenommen. Sie hörte die Straßenbahnen am Citytorget. Die massiven Häuser schienen sich auch zu bewegen, sie waren überall, manchmal verdeckten sie auch den Himmel. Das Gebäude auf der Fastlagsgatan schien sich vom einen Ende des Horizonts bis zum anderen zu erstrecken.

Jetzt wurde ein Teil abgerissen, quer über dem Hügel war ein Krater. Häuser, die vor vierzig Jahren gebaut worden waren, wurden abgerissen, und der Himmel wurde wieder sichtbar, wenigstens für eine Weile. Heute war er blau, entsetzlich blau. Ein Septemberhimmel, in dem die ganze Farbe des Sommers gesammelt war. Fertig. Hier bin ich, der nordische Himmel.

Es war warm, eine reifere Wärme, wie akkumuliert.

Brittsommer, dachte sie. In Schweden nennt man ihn Brittsommer, aber ich weiß immer noch nicht, warum. Wie oft hab ich mir schon vorgenommen, das herauszufinden. Das musste etwas mit dem Kalender zu tun haben.

Rein zufällig warf sie einen Blick auf das Straßenschild, wo sie geparkt hatten: Allerheiligenstraße, du lieber Himmel, kreisförmig um den Kortedala Torg fanden sich alle Jahreszeiten versammelt: der Adventspark, die Pfingststraße, die Weihnachtsstraße, Aprilstraße, Junistraße.

Eine Septemberstraße konnte sie nicht entdecken. Sie sah die Dämmerungsstraße, die Morgenstraße.

Hier wird man ja zermahlen von allen Stunden des Tages und Jahres und aller Zeiten, dachte sie, als sie wegfuhr, in eine andere Zivilisation im Süden. Es war ein Gefühl, als überschreite sie Grenzen.

Auf dem Citytorget spielten Kinder, die sprachen Arabisch. Frauen mit bedeckten Haaren kamen aus dem Lebensmittelladen. An der Ecke war eine Spielhalle, in der auch Gemüse verkauft wurde. Gegenüber lag ein Blumengeschäft. Die Sonne warf Schatten, die den Platz in einen schwarzen und einen weißen Teil trennten.

»Ist dir Anette Lindsten schon mal begegnet?«, fragte sie die junge Polizistin auf dem Sitz neben sich.

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

»Wer hat sie schon mal gesehen?«

»Du meinst, wer von den Kollegen?«, fragte die junge Polizistin.

Aneta Djanali nickte.

»Niemand, soviel ich weiß.«

»Niemand?«

»Sie hat nie jemanden reingelassen.«

»Aber fünf Mal hat jemand angerufen und angezeigt, dass sie misshandelt wurde?«

»Ja.«

»Jemand, der seinen Namen genannt hat?«

»Äh … ja. Es war eine Nachbarin.« Das Mädchen wandte sich ihr zu. »Die, mit der wir eben gesprochen haben.«

Aneta Djanali näherte sich der City. Sie fuhr an den Fabriken in Gamlestaden vorbei. Die ersten Häuser von Bagaregärden tauchten auf. Sie waren für eine andere Zivilisation gebaut worden. Schöne Häuser, nur für eine Familie oder zwei. Man konnte um sein Haus herumgehen und genießen, dass man dort lebte und das Geld hatte, das nötig war, damit es die ganze Woche lang Samstag sein konnte. Sie überlegte plötzlich, ob es in der Gegend, die sie verlassen hatten, eine Samstagstraße gab. Vielleicht nicht, vielleicht machten die Stadtplaner bei Dienstag Halt, oder bei Montag. Montagstraße. Da war die Grenze. Die ganze Woche Montag.

»So kann das doch nicht weitergehen«, sagte Aneta Djanali.

»Woran denkst du grade?«

»Woran ich denke? Ich denke daran, dass es an der Zeit ist, den Tatort zu untersuchen.«

»Ist das denn statthaft?«

»Kennst du die Polizeigesetze nicht?« Aneta Djanali warf der jungen Kollegin einen raschen Blick zu, die wie ertappt aussah, wie durchgefallen bei einer Prüfung.

»Das läuft unter öffentlicher Klage«, sagte Aneta Djanali mit nachsichtiger Stimme. »Wenn ich den Verdacht habe, dass jemand misshandelt wird, kann ich mir Zugang verschaffen und überprüfen, wie sich die Sache verhält.«

»Und willst du es tun?«

»Bei Lindstens eindringen? Vielleicht ist es an der Zeit.«

»Sie sagt, dass sie jetzt allein wohnt.«

»Aber der Mann besucht sie noch?«

Die junge...


Edwardson, Åke
Åke Edwardson, geboren 1953, lebt mit seiner Frau in Göteborg. Einige Monate im Jahr verbringt das Ehepaar im Süden Spaniens, in Marbella. Bevor Edwardson einer der weltweit erfolgreichsten Krimiautoren wurde, arbeitete er als Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten.

Åke Edwardson, geboren 1953, lebt mit seiner Frau in Göteborg. Einige Monate im Jahr verbringt das Ehepaar im Süden Spaniens, in Marbella. Bevor Edwardson einer der weltweit erfolgreichsten Autoren von Kriminalliteratur wurde, arbeitete er als Journalist u. a. im Auftrag der UNO im Nahen Osten, schrieb Sachbücher und unterrichtete an der Universität Creative Writing.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.