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E-Book

E-Book, Deutsch, 285 Seiten, kartoniert

Reihe: Systemische Therapie

Eickhorst / Röhrbein "Wir freuen uns, dass Sie da sind!"

Beratung und Therapie mit Vätern

E-Book, Deutsch, 285 Seiten, kartoniert

Reihe: Systemische Therapie

ISBN: 978-3-8497-8025-8
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Thema Väter in Therapie und Beratung erlebt unterschiedliche Wellen der Aktualität. Bei der Arbeit mit Familien und Paaren erscheint es heute dringlicher und komplexer denn je.

Dieses Buch gibt Beraterinnen und Beratern in verschiedenen Kontexten zunächst im Überblick Konzepte und Forschungsergebnisse an die Hand. Dem folgt eine breit gefächerte Einsicht in bewährte Praxis der Arbeit mit Vätern auf so unterschiedlichen Feldern wie Frühe Hilfen, Suchtberatung, Behinderung, Strafvollzug oder Gewalt.

Die Beiträge des Bandes zeigen, welche enorme praktische Relevanz systemische Ansätze in der Beratungs- und Therapiepraxis haben können, ganz besonders in der Arbeit mit Vätern.

Mit Beiträgen von: Volker Baisch • Jörn Borke • Andreas Eickhorst • Jürgen Haas • Michael Matzner • Thomas H. Meyer-Deharde • Melanie Mohme • Christoph Moormann • Hans-Georg Nelles • Elisabeth Nicolai • Rainer Orban • Jürgen Rams • Rüdiger Retzlaff • Ansgar Röhrbein • Sabine Röhrbein • Eberhard Schäfer • Felicia Schröck • Marc Schulte • Jochen Schweitzer • Heike Stammer • Seyhan Tasdemiroglu • Hella-Talina Tatomir • Ludger Thiesmeier • Mete Tuncay • Reiner Weik • Thomas Wendland.
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Zielgruppe


Sozialpädagogen,
Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutenFamilienberater
Schulpädagogen und Sozialarbeiter
Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe
Familientherapeuten
Paartherapeuten

Weitere Infos & Material


1;Inhalt;6
2;Vorwort;11
3;Einleitung: Väter – eine lohnenswerte Zielgruppe;12
4;I Vaterschaft heute;20
4.1;1 Vatersein heute – Hintergründe und Fakten;21
4.1.1;Zur Bedeutung von Vätern für die Entwicklung von Kindern;21
4.1.2;Väter und Vaterschaft in Deutschland: Daten und Fakten;24
4.1.3;Vaterschaft aus der Sicht von Vätern: Ergebnisse und Erkenntnisse einer empirischen Studie;29
4.1.4;Anregungen zur Förderung aktiver Vaterschaft;32
4.2;2 Alle Väter haben Rechte – Gesetzliche Grundlagen zu Vaterschaft und Familie;34
4.2.1;Einleitung;34
4.2.2;Sorgerechtliche Betrachtung;34
4.2.3;Sorgeerklärung;35
4.2.4;Gerichtliche Übertragung der Mitsorge;36
4.2.5;Aufenthalt des Kindes;38
4.2.6;Alleinige elterliche Sorge;39
4.2.7;Umgangsrechtliche Betrachtung;40
4.2.8;Was es noch zum Begriff des Vaters zu sagen gibt;42
4.2.9;Bestehende Ehe;43
4.2.10;Vaterschaftsanerkennung;43
4.2.11;Gerichtliche Feststellung der Vaterschaft;43
4.2.12;Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters;44
4.2.13;Schlussbetrachtung;44
4.3;3 Väter und Karriere – Entweder und/oder? Es ist immer besser, mehr als zwei Möglichkeiten zu haben;46
4.3.1;Was Väter wollen;47
4.3.2;Gemeinsam ist es zu schaffen;48
4.3.3;Alles ist Verhandlungssache;50
4.3.4;Leitfaden: Wie sage ich es meinem Chef?;52
4.3.5;Und die anderen?;54
4.3.6;Dimensionen väterbewusster Unternehmenskulturen;54
4.3.7;Möglichkeiten erweitern – Was Berater und Therapeuten zur Vereinbarkeit wissen sollten;55
4.4;4 Moderne Väter: Personalberatung im Spannungsfeld zwischen Familie und Beruf;58
4.4.1;Einleitung;58
4.4.2;Moderne Väter – Im Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit;59
4.4.3;Beratung für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf am Beispiel der Väter gGmbH;63
4.4.4;Nutzen von Väter-Beratung für Unternehmen;67
4.4.5;Aussicht;68
5;II Arbeiten mit Vätern: Es kommt auf die Haltung an!;72
5.1;5 Erfolgsfaktoren für die Arbeit mit Vätern oder: Was Akteure in Unterstützungs- und Hilfesystemen beachten sollten, wenn sie Arbeit mit Vätern auf den Weg bringen wollen;73
5.1.1;Einleitung;73
5.1.2;Das Väterzentrum Berlin;73
5.1.3;Erfolgsfaktoren für die Arbeit mit Vätern;74
5.1.4;Ein ressourcenorientierter, wertschätzender Blick auf Väter;75
5.1.5;Der Standort oder: Das sozialräumliche System;79
5.2;6 Väter sind wert-voll – Ambulante Arbeit mit Vätern in der Jugendhilfe;87
5.2.1;Einführung;87
5.2.2;Die Väter – eine schwierige Klientel. Wirklich?;87
5.2.3;Werte schätzen;89
5.2.4;Das Modell der Synergetik;92
5.2.5;Wie nutze ich diese Überlegungen nun in der Arbeit mit Vätern?;95
5.2.6;Was – sonst noch – wirklich wichtig ist!;99
5.2.7;Schlussbemerkung;100
5.3;7 Wenn Väter Gewalt anwenden – Eine Annäherung im Dialog;101
6;III Arbeit mit Vätern in unterschiedlichen Situationen und Kontexten;114
6.1;8 Unterstützung von Vätern rund um die Geburt am Beispiel der Kursmodule Väter an den Start;115
6.1.1;Einführung;115
6.1.2;Vaterschaft;117
6.1.3;Fit für den Start – und das Baby kann kommen;118
6.1.4;Väter an den Start;119
6.1.5;Einblicke in die Praxis;124
6.2;9 Die Rolle der Väter in der primären Triade – Chancen des »Lausanner Trilogspiels« für Diagnostik, Therapie und Beratung;128
6.2.1;Fallbeispiel: Familie M. mit Tochter Leonie (sechs Monate)18;129
6.2.2;Theoretischer Hintergrund;131
6.2.3;Der konkrete Ablauf eines LTP;134
6.2.4;Aspekte der Auswertung;136
6.2.5;Die Väter im LTP;137
6.2.6;Resümee und Ausblick;139
6.3;10 Früh übt sich – Arbeit mit Vätern im Kontext Früher Hilfen;141
6.3.1;Familienallianz;142
6.3.2;Elterliche Identität;143
6.3.3;Partnerschaftliche Identität;143
6.3.4;Maternal Gatekeeping;144
6.3.5;Co-Parenting: Gemeinsam Eltern sein;145
6.3.6;Gesellschaftliche Überforderung der Elternschaft;145
6.3.7;Väterliche Identitätsfindung;146
6.3.8;Beteiligung von Vätern in der frühen Kindheit;147
6.3.9;Die Einbeziehung der Väter in die Frühen Hilfen;148
6.3.10;Fazit;151
6.4;11 Herzlich willkommen! – Väter erobern die Kita: Wie man Väter in der Kita fördern kann;153
6.4.1;Einführende Gedanken;153
6.4.2;Väter und Männer in der Welt der Kindertageseinrichtungen;154
6.4.3;Was Väter suchen – Erfahrungen aus der praktischen Arbeit;155
6.4.4;Väterarbeit als eine Säule der Elternarbeit entwickeln – Eine Herausforderung für die Kita;156
6.4.5;Vätergruppe auf Zeit – Ein Praxisbeispiel;158
6.4.6;Fazit;162
6.5;12 »Papa, meld uns da an!« – Mit Vätern und Kindern unterwegs;163
6.5.1;2002, das Jahr unseres ersten Vater-Kind-Wochenendes;164
6.6;13 Regenbogenväter: Alles anders und doch gleich – Ein Blick in eine homosexuell geprägte Familienstruktur;171
6.6.1;Interview;171
6.7;14 Baba zeigt Gesicht;180
6.7.1;Projektplanung und -verlauf;180
6.7.2;Methoden – Haltungen – Erfahrungen: Den Kontext betrachten;182
6.7.3;Arbeit im Tandem;184
6.7.4;Niederschwelliges Angebot: Männercafé;184
6.7.5;Themen gemeinsam entwickeln;185
6.7.6;Biografisches Arbeiten – Anerkennung geben – sich seiner selbst vergewissern – in die Eigenaktivität kommen;185
6.7.7;Baba zeigt Gesicht – Eine Fotoausstellung zum Thema »Vater sein bedeutet«;187
6.7.8;Väter sprechen über sich;188
6.7.9;Väter werden öffentlich;189
6.7.10;Die Geschichte von Osman;190
6.7.11;Väter zeigen ihr Gesicht;191
6.7.12;Vielfalt dokumentieren – die Bilder im Kopf erweitern;192
6.8;15 Väter von Kindern mit Behinderungen;194
6.8.1;Allgemein;194
6.8.2;Eltern-Kind-Kommunikation und Behinderung;198
6.8.3;Stresserleben;199
6.8.4;Väter und das betroffene Kind;200
6.8.5;Väter und Partnerschaft;201
6.8.6;Väter und Geschwister;202
6.8.7;Väter und das Helfernetz;202
6.8.8;Väter und ihre Freunde;203
6.8.9;Beziehung des Vaters zur Herkunftsfamilie;203
6.8.10;Zusammenfassung;204
6.9;16 Der Vater fehlt! – Von der (Un-)Möglichkeit, die Suchthilfe väterspezifisch auszurichten;205
6.9.1;Sucht und Suchthilfe;205
6.9.2;Suchtbelastete Familien;207
6.9.3;Institutionelle Zugangsbarrieren und Zugangsbarrieren in der personalen Beratung für abhängige Väter;211
6.9.4;Fallvignette Herr K.;212
6.9.5;Handlungsempfehlungen für eine väterspezifische Suchthilfe;213
6.10;17 Väter in der lösungsorientierten Begutachtung;220
6.10.1;Zur lösungsorientierten Begutachtung;221
6.10.2;Neutralität und Allparteilichkeit als Grundhaltung;221
6.10.3;Zu den Vätern;222
6.10.4;Psychische Folgen der juristischen Auseinandersetzung;226
6.10.5;Konkrete Handlungsstrategien;228
6.10.6;Was läuft schon gut, und was könnte noch besser laufen?;229
6.10.7;Zu schlechter Letzt;232
6.10.8;Zu guter Letzt;232
6.11;18 Wenn Väter neu ins Leben treten – Balanceakte der Ambivalenz;234
6.11.1;Wo ist der Vater?;234
6.11.2;Aller Anfang ist ein Anfang;235
6.11.3;Es ist eine komplexe Jonglage;236
6.11.4;Der Startschuss für mehr;238
6.11.5;Jetzt wird es spannend;238
6.11.6;Moderation von vielen Themen;239
6.11.7;Aura, ihr Vater und das Gewicht der Wörter;241
6.11.8;Ein paar Gedanken zum Schluss;246
6.12;19 »Hinter verschlossenen Türen? Arbeit mit Vätern im geschlossenen Strafvollzug;248
6.12.1;Einleitung/Kontextbeschreibung der Arbeit;248
6.12.2;Zu uns;249
6.12.3;Systemische Einleitung/Grundlagen;250
6.12.4;Was aber tun wir im geschlossen Männervollzug?;252
6.12.5;Systemische Interventionen in der Vätergruppe;253
6.12.6;Skalierung;253
6.12.7;Reframing;256
6.12.8;Mnemotechnische Prinzipien, Perspektivenwechel und wertschätzende Konnotation: Blickwinkel erweitern;256
6.12.9;Abschlussintervention;258
6.12.10;Rucksack;258
6.12.11;Resümee;259
7;Literatur;261
8;Über die Autoren;279
9;Über die Herausgeber;286


1    Vatersein heute – Hintergründe und Fakten Michael Matzner Zur Bedeutung von Vätern für die Entwicklung von Kindern Väter sind wichtige Bezugs- und Bindungspersonen ihrer Kinder Die Bindungsforschung (Grossmann u. Grossmann 2008a) zeigt auf, dass schon Babys Beziehungen aktiv gestalten und frühzeitig, ungefähr gegen Ende des ersten Lebensjahres, zu mehreren Personen Bindungen mit differenten und spezifischen Qualitäten entwickeln können. Der Vater ist somit eine alternative und gleichwertige Bezugsund Bindungsperson für das Kind. Außerdem ermöglicht er dem Kind ergänzend zur Mutter-Kind-Dyade die Konstruktion eines weiteren psychischen Systems in Form der Mutter-Vater-Kind-Triade, womit er auch die Individuation des Kindes fördert. Väter zeigen Neugeborenen gegenüber ebenfalls ein »intuitives Elternverhalten« und sind »gleichermaßen in der Lage, ein Kind von Geburt an mit der notwendigen Sensitivität angemessen zu betreuen und zu versorgen, sein Bedürfnis nach Kommunikation zu stillen und seine Entwicklung entsprechend zu fördern. Beide Eltern entwickeln unter entsprechenden Bedingungen enge emotionale Beziehungen zum Kind, und das Kind seinerseits entwickelt enge emotionale Beziehungen zu beiden Elternteilen, und zwar individuelle Beziehungen, die eigenständig zu sehen sind« (Fthenakis 1988, S. 283). Außerdem können zwei elterliche Bezugspersonen Einseitigkeiten in der Erziehung vermeiden und einer symbiotischen Beziehung zwischen dem Kind und einem Elternteil – zumeist der Mutter – vorbeugen. Väter besitzen »distinktive Charakteristiken« Väter erfüllen spezifische Funktionen und haben deswegen eine besondere Bedeutung für die Entwicklung ihrer Kinder. Man spricht von den »distinktiven Charakteristiken« des Vaters (Seiffge-Krenke 2004, 2009). Viele Väter gehen mit Kindern anders um als Mütter und ermöglichen ihnen damit wichtige Erfahrungen. Die Betonung spielerischer Aktivitäten fördert die Motorik und die körperliche Entwicklung des Kindes. Väter stimulieren Kinder visuell und akustisch stärker und haben mit ihnen einen aufregenden Körperkontakt. Sie sind eher taktil und kinästhetisch orientiert, während Mütter eher emotional interagieren und auf Nähe bedacht sind. Das Toben und Kämpfen mit dem Vater ist gerade für Jungen sehr wichtig. Es fördert die Übung des Umgangs mit Konfrontationen, Mut und Selbstbehauptung, die Beherrschung der Emotionen, den Respekt vor dem Gegner, das Deuten seiner Körpersprache, das Aneignen von Regeln und nicht zuletzt das konstruktive Kanalisieren von körperlichen Aggressionen und Kräften (Le Camus 2001; Pollack 1998). Dabei sind Väter mit Söhnen tendenziell strenger, wilder und direktiver im Spiel und mit ihren Töchtern eher weicher, vorsichtiger und unterstützender. Interessanterweise sprechen Väter auch anders als Mütter mit ihren Kleinkindern. Ihr Vokabular ist oft präziser und umfassender, sodass die Kinder ihren Wortschatz erweitern können (Seiffge-Krenke 2004; Grossmann u. Grossmann 2008a; Le Camus 2006). Darüber hinaus lenken Väter Lernvorgänge ihrer Kinder oft anders. Sie sind herausfordernder, erschließen ihren Kindern die Umwelt, konfrontieren sie mit Risiken und Gefahren, belassen ihnen größere Freiräume und fördern damit ihre Selbstständigkeit (Seiffge-Krenke 2004, 2009; Ahnert 2010). Ballnik, Martinetz und Ballnik (2005) sprechen in diesem Zusammenhang von der »Weltöffnungsfunktion« des Vaters. Die distinktiven Charakteristiken von Müttern und Vätern sind »zumindest partiell von ihrem biologischen Geschlecht bestimmt« (Le Camus 2006, S. 124). Wenn es also um die optimale Förderung von Jungen und Mädchen geht, sind Väter und Mütter nicht austauschbar. Le Camus (2006) betont wie die Mehrzahl der Experten die große Bedeutung von Elternschaft im Sinne des doppelten Unterschieds der Generationen und der Geschlechter. Infolgedessen favorisiert er einen engagierten Vater, der sich dennoch von der Mutter unterscheidet, indem er sich bewusst zur Ungleichheit der Geschlechter und Generationen bekennt. Dem widerspricht nicht, dass Väter manchmal »mütterlich« bzw. Mütter »väterlich« mit ihren Kindern umgehen: »Erst die ausgewogene Mischung beider Erfahrungen, ›mütterlicher‹ und ›väterlicher‹ Anteile, ermöglicht den für jedes Kind und jeden Jugendlichen so wichtigen Entwicklungsprozess von Loslösung und Individuation« (Seiffge-Krenke 2004, S. 208 f.). Präsente Väter sind für Jungen die wichtigsten Identifikationsobjekte und Rollenmodelle und fördern das emotionale Wohlbefinden und die Beziehungsfähigkeit ihrer Söhne Als Mann in der Familie und Liebespartner der Mutter fungiert der Vater als männliches Rollenmodell und Identifikationsobjekt, womit er eine selbstbewusste und stabile sexuelle Identität des Sohnes fördert. Bereits im zweiten Lebensjahr entdecken Jungen ihre Männlichkeit und entwickeln sie in Interaktion mit ihrer sozialen Umwelt (Le Camus 2006). Dabei geht es für sie darum, Geschlechtsidentität und -sicherheit zu erwerben, indem sie sich als Jungen zunehmend männlich bzw. jungenhaft verhalten, was immer man sich darunter auch vorstellt. Diese Entwicklung der männlichen Identität geschieht einerseits über eine gewisse Abgrenzung von Weiblichkeit, Mädchen und Frauen und andererseits über die Orientierung an realen Jungen und an Männern im sozialen Nahbereich bzw. an männlichen Protagonisten in den Medien. Allerdings garantiert die Präsenz und Anwesenheit eines Vaters oder anderen Mannes allein noch nicht die Entwicklung einer positiven männlichen Identität und Persönlichkeit. Die Art und Weise, wie sich Väter als »leitendes männliches Modell« (Schon 2000) verhalten und welche geschlechtsspezifischen Erwartungen sie an Jungen haben, kann ja sehr verschieden sein. Präsente, liebevolle, Schutz gewährende und Grenzen setzende Väter, die ihre alltäglichen Schwächen und Probleme durchaus nicht verbergen sollten, leisten für die Entwicklung der männlichen Identität der Söhne einen entscheidenden Beitrag (ebd.). In der Zeit der Pubertät kann ein präsenter Vater als Reibungsfläche für die Auseinandersetzung mit männlicher Autorität und Macht dienen und bei der Suche des Sohnes nach Identität, Selbstständigkeit, Sicherheit, Werten, Normen und Zielen eine größere Bedeutung haben als der mütterliche Elternteil. Die Resilienzforschung zeigt ebenfalls die große Bedeutung von Vätern als Identifikationsmodell ihrer Söhne auf. Eine Erkenntnis der bekannten Kauai-Studie von Emmy Werner (1999, S. 29) bestand darin, dass »widerstandsfähige Jungen […] oft aus Haushalten mit klaren Strukturen und Regeln (kommen), in denen ein männliches Familienmitglied (Vater, Großvater, älterer Bruder oder Onkel) als Identifikationsmodell dient und in denen Gefühle nicht unterdrückt werden.« Väter und Töchter Dass Väter auch eine besondere Bedeutung für die Entwicklung von Mädchen haben, wird oft übersehen. Die Vater-Tochter-Beziehung zeichnet sich im Unterschied zur Mutter-Tochter-Beziehung durch Differenz und Verschiedenheit aus. So sind Väter für ihre Töchter die ersten erwachsenen Vertreter des männlichen Geschlechts. Das Mädchen nimmt den einzigen Mann in der Familie nicht nur als Vater, sondern auch als Mann und Partner der Mutter wahr, was sich auf ihre späteren Vorstellungen von Männlichkeit, Weiblichkeit und Partnerschaft auswirkt. In Untersuchungen wurde festgestellt, dass Väter mit Töchtern oft anders umgehen als mit Jungen. Sie behandeln sie sanfter und fördern ihr weibliches Verhalten. Damit stärken Väter die Herausbildung einer stabilen weiblichen Identität. Die gewisse, zumal körperliche Distanz, die Töchter und Väter ab der Pubertät oft zueinander entwickeln, fördert eine konstruktive und instrumentelle Vater-Tochter-Beziehung, während sich innerhalb der Familie das expressive Mutter-Tochter-Verhältnis nicht selten als am konfliktreichsten darstellt. Darüber hinaus leisten Väter oft wichtige Beiträge zur beruflichen Entwicklung ihrer Töchter (Seiffge-Krenke 2004). Väter und Vaterschaft in Deutschland: Daten und Fakten Verbreitung von Kinderwunsch und Kinderlosigkeit bei Männern Knapp zwei Drittel der jungen Männer und drei Viertel der jungen Frauen geben in Befragungen einen positiven Kinderwunsch an. Junge Frauen wünschen sich durchschnittlich 1,74 und junge Männer 1,57 Kinder (Bayerisches Staatsministerium 2006). In einer aktuellen Studie mit 1133 kinderlosen Männern und 670 Vätern wurde als optimales Alter für die erste Vaterschaft die Zeit zwischen dem 25. und dem 32. Lebensjahr mit 79,3 % am häufigsten genannt. 11,1 % sprachen sich für die Phase zwischen 18 und 24 aus, und 9,5 % nannten 33 Jahre und älter. Als die wichtigsten persönlichen Voraussetzungen für die Umsetzung eines Kinderwunsches nannten junge Männer: eine gefestigte Partnerschaft (66,1 %), ein für die Ernährung der Familie ausreichendes Einkommen (58,9 %) sowie einen sicheren Arbeitsplatz (56,6 %) (Zerle u. Krok 2009). Damit bestätigt sich, dass eine stabile Partnerschaft sowie die berufliche Entwicklung und Situation für die männliche Familienplanung zentral ist (Hofmeister, Baur u. Röhler 2009; Schmitt 2004). Werte aus dem Jahr 2001 weisen daraufhin, dass Männer häufiger als Frauen kinderlos sind bzw. auch bleiben und dass sie ihre Elternschaft länger hinausschieben. Letzteres hängt vor allem mit ihrer längeren biologischen Fruchtbarkeit sowie mit dem Altersunterschied in Paarbeziehungen zusammen. Außerdem ist zu beachten, dass...


Andreas Eickhorst, Dr. rer. nat., Dipl.-Psychologe; Promotion über Vatererleben; wiss. Referent beim Nationalen Zentrum Frühe Hilfen am Deutschen Jugendinstitut in München; zuvor Koordinator des Frühe-Hilfen-Projektes "Keiner fällt durchs Netz" am Universitätsklinikum Heidelberg; Mitglied im Väter-Experten-Netz Deutschland sowie im Münchner Informationszentrum für Männer; Vorsitzender im Augsburger Väterverein Papagen.
Ansgar Röhrbein, Dipl.-Päd.; leitet das Märkische Kinderschutz-Zentrum in Lüdenscheid. Nebenberuflich arbeitet er als Lehrtherapeut für das Helm-Stierlin-Institut (hsi) in Heidelberg und das Institut für systemische Forschung, Therapie und Beratung (ISFT) in Magdeburg, wo er gleichzeitig zweiter Vorsitzender ist. Als Supervisor begleitet er Teams und Unternehmen auf dem Weg zu einer fürsorglichen Mitarbeiterkultur und väterfreundlichen Rahmenbedingungen. Er ist Mitglied im Väterexperten-Netz Deutschland (VEND e.V.) und gestaltet die Väterarbeit in NRW aktiv mit.


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