Esterl / Mitterer | Wald | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2/2021, 168 Seiten

Reihe: ide - informationen zur deutschdidaktik

Esterl / Mitterer Wald

E-Book, Deutsch, Band 2/2021, 168 Seiten

Reihe: ide - informationen zur deutschdidaktik

ISBN: 978-3-7065-6178-5
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Wald ist Rückzugsort und Sehnsuchtsort, Ort der Erholung, aber auch des Geheimnisvollen, mitunter sogar Furchteinflößenden. Er ist ein beliebter Topos in Literatur (besonders in der deutschsprachigen) und Film und ein bedeutendes kulturwissenschaftliches Thema, das auch in Kunstprojekten aufgegriffen wird. Der Wald zeigt sich als liminaler Ort, als Ort der Selbstfindung, der Befreiung und des Ausgeliefertseins, aber auch der mystischen Erkundungen und Entdeckungen. Der Wald ist aber auch ein bedeutsames Symbol aktueller Umweltschutzbewegungen, gefährdet durch Abholzung und Zerstörung. Er stellt somit ein wichtiges Thema für Politische Bildung und Umweltbildung, für das Zusammenspiel von Natur und Gesellschaft und somit ein in den aktuellen Curricula verankertes Unterrichtsprinzip dar – im Unterrichtsfach Deutsch sowie als Gegenstand des fächerübergreifenden Unterrichts.

INHALT

Editorial
Ursula Esterl, Nicola Mitterer: „Der Wald kann seine Einsamkeit nicht beschützen“ (Maja Haderlap)
Den Wald betreten: der Wald aus kulturwissenschaftlicher und ökologischer Perspektive
Christian Hoiss: Den Wald ernten. Zum narrativen Umgang mit Holz im fachintegrativen Deutschunterricht
Georg Gratzer: Der Wald als Lebensraum und Garant für Biodiversität und Klimaschutz. Über die vielfältigen Rollen der Wälder in der Welt

Den Wald erlesen: der Wald als literarischer Topos
Günther Bärnthaler: Der Wald als Topos der Literatur vom Mittelalter bis in die Gegenwart
Christian Zolles: Denn im Wald da sind keine Räuberinnen. Entzivilisierte Waldheterotopien bei Elfriede Kern
Lukas Pallitsch: Die Seuche im Wald. Der Wald als Heterotopos in Adalbert Stifters Erzählung Granit
Joulia Köstenbaumer: Im russischen Märchenwald. Der Wald als mystischer, verwunschener Ort am Beispiel des russischen Volksmärchens

Den Wald wahrnehmen: der Wald als ästhetischer Erfahrungsraum in Musik und (bewegten) Bildern
Johannes Odendahl: Prophetische Vögel und entsorgte Hexen. Waldmotive in der musikalischen Romantik
Andreas Hudelist, Nicola Mitterer: Der Wald als Fluchtpunkt und Widersacher in Marlen Haushofers Die Wand und Julian Pölslers gleichnamigem Film
Gabriele Lieber, Bettina Uhlig: Unheimliche Begegnungen auf dem Weg zum Übergang. Bilderbücher zum Thema „Wald“ am Beispiel von Wolfsbrot und Tina hat Mut
Laura Puck, Katharina Blasge: Zwei Wege zum Wald. Didaktische Überlegungen zum Projekt „For Forest“ und zum Wald im Bilderbuch

Den Wald entdecken und schützen: der Wald als Lern- und Lebensraum
Marlene Zöhrer: Waldwissen. Vom Thema zum Lesen
Dieter Merlin: Wald im Film. Dokumentarisierende und fiktivisierende Lektüremodi als konzeptuelle Impulse einer theoriebasierten Filmdidaktik
Uschi Meixner: Im Wald. Lernen mit Kopf, Herz und Hand

Service
Clara von Münster-Kistner: Die ungebrochene Anziehungskraft des Waldes. Auswahlbibliographie

Magazin
Kommentar: Douglas Godbold: Walddiversität und menschliches Wohlbefinden: Dr. Forest
ide empfiehlt Sabine Fuchs: Linda Wolfsgruber (2020): Die kleine Waldfibel
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Weitere Infos & Material


INHALT

Editorial
Ursula Esterl, Nicola Mitterer: "Der Wald kann seine Einsamkeit nicht beschützen" (Maja Haderlap)
Den Wald betreten: der Wald aus kulturwissenschaftlicher und ökologischer Perspektive
Christian Hoiss: Den Wald ernten. Zum narrativen Umgang mit Holz im fachintegrativen Deutschunterricht
Georg Gratzer: Der Wald als Lebensraum und Garant für Biodiversität und Klimaschutz. Über die vielfältigen Rollen der Wälder in der Welt

Den Wald erlesen: der Wald als literarischer Topos
Günther Bärnthaler: Der Wald als Topos der Literatur vom Mittelalter bis in die Gegenwart
Christian Zolles: Denn im Wald da sind keine Räuberinnen. Entzivilisierte Waldheterotopien bei Elfriede Kern
Lukas Pallitsch: Die Seuche im Wald. Der Wald als Heterotopos in Adalbert Stifters Erzählung Granit
Joulia Köstenbaumer: Im russischen Märchenwald. Der Wald als mystischer, verwunschener Ort am Beispiel des russischen Volksmärchens

Den Wald wahrnehmen: der Wald als ästhetischer Erfahrungsraum in Musik und (bewegten) Bildern
Johannes Odendahl: Prophetische Vögel und entsorgte Hexen. Waldmotive in der musikalischen Romantik
Andreas Hudelist, Nicola Mitterer: Der Wald als Fluchtpunkt und Widersacher in Marlen Haushofers Die Wand und Julian Pölslers gleichnamigem Film
Gabriele Lieber, Bettina Uhlig: Unheimliche Begegnungen auf dem Weg zum Übergang. Bilderbücher zum Thema "Wald" am Beispiel von Wolfsbrot und Tina hat Mut
Laura Puck, Katharina Blasge: Zwei Wege zum Wald. Didaktische Überlegungen zum Projekt "For Forest" und zum Wald im Bilderbuch

Den Wald entdecken und schützen: der Wald als Lern- und Lebensraum
Marlene Zöhrer: Waldwissen. Vom Thema zum Lesen
Dieter Merlin: Wald im Film. Dokumentarisierende und fiktivisierende Lektüremodi als konzeptuelle Impulse einer theoriebasierten Filmdidaktik
Uschi Meixner: Im Wald. Lernen mit Kopf, Herz und Hand

Service
Clara von Münster-Kistner: Die ungebrochene Anziehungskraft des Waldes. Auswahlbibliographie

Magazin
Kommentar: Douglas Godbold: Walddiversität und menschliches Wohlbefinden: Dr. Forest
ide empfiehlt Sabine Fuchs: Linda Wolfsgruber (2020): Die kleine Waldfibel


Christian Hoiß Den Wald ernten
Zum narrativen Umgang mit Holz im fachintegrativen Deutschunterricht
Dieser Beitrag setzt sich mit einer Verzerrung in der gesellschaftlichen und literarischen Wahrnehmung des Waldes auseinander: Zwar ist der Wald für viele Menschen eine Quelle der Erholung, Imagination und Kreativität und fungiert als Flucht- und Rückzugsort. Doch die umwelthistorische Forschung zeigt, dass er seit jeher vor allem als wirtschaftliche Ressource (also zur Gewinnung von Holz) gedacht war. Daher geht der Beitrag literarischen Spuren nach, die speziell den menschlichen Umgang mit dem waldigen Stoff im Blick haben, den wir allgemein als Holz bezeichnen. Die Texte werden für fachintegrative Ansätze anschlussfähig gemacht und sensibilisieren im Sinne einer »Bildung für nachhaltige Entwicklung« (BNE) für das gegenwärtige Verhältnis der Menschen zur Natur. Wer Wald sagt, träumt! – So ließen sich die Verzerrungen in der gesellschaftlichen und literarischen Wahrnehmung des Waldes pointiert zusammenfassen. Der Wald ist zwar für viele Menschen eine Quelle der Erholung, Imagination und Kreativität und fungiert als Flucht- und Rückzugsort. Doch die umwelthistorische Forschung zeigt, dass Wald seit Menschengedenken vor allem als wirtschaftliche Ressource (also zur Gewinnung von Holz) gedacht war (vgl. Radkau 2018). Die literarische Tradition und ebenso die motiv- und gattungsgeschichtliche Forschung lassen diesen Aspekt aber nahezu komplett fallen: In der Regel wurde und wird der Wald als mystisch aufgeladener Raum, als Ort von Ursprünglichkeit und Natur jenseits zivilisatorischer Strukturen dargestellt. Nur selten finden sich literarische Stoffgeschichten, die die ökonomische Seite des Waldes in den Vordergrund rücken und sich mit dem Rohstoff Holz und seiner »Gewinnung« auseinandersetzen. Sie bieten Anlass dazu, das angedeutete traditionelle Deutungsspektrum zu erweitern, indem die Reduktion des Waldes auf seine Materialität in den Mittelpunkt gestellt wird (vgl. Anselm/Hoiß 2021). CHRISTIAN HOISS ist abgeordnete Lehrkraft und Koordinator des Zertifikatsprogramms »el mundo – Bildung für nachhaltige Entwicklung im Lehramt« an der LMU München. E-Mail: christian.hoiss@lmu.de Für den Deutschunterricht ist dies bedeutsam, weil eine literarische Begegnung mit dem Wald über die literarisch-ästhetischen Erfahrungen hinaus (selbst-)reflexive Prozesse anregen kann, die mit einer perspektivischen Brechung der gewohnten Wahrnehmung der Welt – im konkreten Fall: des Waldes – einhergehen. Dies ist auch für die Anliegen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) relevant, weil dadurch bei der Erschließung des Waldes neben den kulturellen auch die ökologischen, sozialen und ökonomischen Facetten der Beziehung der Menschen zu »ihren« Wäldern sichtbar werden. Der vorliegende Beitrag geht daher literarischen Texten nach, die speziell den menschlichen Umgang mit dem waldigen Stoff im Blick haben, den wir allgemein als Holz bezeichnen. Er macht diese Texte für fachintegrative Ansätze anschlussfähig, um die Potenziale einer interdisziplinären Betrachtung des Waldes vor Augen zu führen. Dabei steht der Gedanke im Vordergrund, dass auch Fächer wie Wirtschaft, Geografie, Biologie, Ethik, Religion, Fremdsprachen, Sport, Kunst, Musik etc. die literarischen Zugänge integrativ verwenden können und so neue Perspektiven auf ihren bisherigen »Gegenstand« Wald erhalten. 1. NaturenKulturen – kulturwissenschaftliche Grundlagen und Einordnung Der traditionelle literarische Wald ist nicht erst im 21. Jahrhundert eine Projektionsfläche für menschliche Bedürfnisse wie Stille und saubere Luft oder ein gemeinsamer Erfahrungsraum mit Tieren und Pflanzen geworden, die in einer zunehmend urbanisierten und industrialisierten Gesellschaft nicht mehr selbstverständlicher Bestandteil der alltäglich erfahrbaren Realität sind. Erich Kästner schrieb dazu bereits 1936: »Die Seele wird vom Pflastertreten krumm./ Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden/ und tauscht bei ihnen seine Seele um./ Die Wälder schweigen. Doch sie sind nicht stumm./ Und wer auch kommen mag, sie trösten jeden.« (Kästner 1959, S. 238) Kästners Gedicht folgt einem in der westlichen Philosophie seit Jahrhunderten dominierenden binären Denkmuster, das Natur und Kultur voneinander abzugrenzen versucht. Auch die literarischen Repräsentationen des Waldes folgten in der Vergangenheit weitestgehend diesem Paradigma1 – und dabei ist der Wald eigentlich das beste Beispiel für ein Ineinandergreifen der Sphären Natur und Kultur. Denn die europäischen Wälder sind größtenteils Kulturlandschaften, die im großen Stil von menschlicher Hand angelegt wurden. Dabei bleibt unklar, wie viel »Natur« wirklich in den Wäldern steckt. Der Soziologe Bruno Latour spricht von Naturen-Kulturen (franz. natures-cultures, Latour 1995), um die Produktion solcher hybriden Konstrukte analysieren und reflektieren zu können. Der Begriff lege nahe, dass Natur nicht immer und überall gleich sei und keinen universellen Gesetzen gehorche, sondern im jeweiligen kulturellen Kontext produziert werde. Eine klare Trennung zwischen Natur und Kultur existiere folglich nicht (vgl. Gesing u. a. 2018, S. 8). Dieser Paradigmenwechsel eröffnet einen Denkraum für die konstruktive Auseinandersetzung mit »dem« Wald im fachintegrativen Deutschunterricht. Verwendet man Wald zum Beispiel als Kollektivbegriff für eine zusammenhängende Menge an Bäumen und Pflanzen, ergeben sich für die Betrachtung der in der Literatur dargestellten Interaktion zwischen Mensch und Wald vielfältige Möglichkeiten. Allein die Annahme, es gäbe eine Form der Interaktion mit dem Wald – bei Kästner etwa wird der Wald zum Gesprächspartner –, entrückt ihn einem allgemein angenommenen Objektstatus. Als lebender (pflanzlicher) Ort von NaturenKulturen ist der Wald zudem für die kultur- bzw. literaturwissenschaftliche Pflanzenforschung (Cultural bzw. Literary Plant Studies) von Interesse, die ihr Augenmerk auf die Imaginations- und Darstellungsformen des Vegetabilen in Kunst und Literatur ebenso wie in der Alltagskultur richtet. Plant Studies »beschäftigen sich mit ethischen und philosophischen Fragen über den Status von Pflanzen, widmen sich den historischen wie gegenwärtigen Mensch-Pflanze-Verhältnissen und fragen nach den Praktiken der Interaktion zwischen Menschen und Pflanzen in Literatur, Kunst und Kultur« (Stobbe 2019, S. 95). 2. Der Wald als hölzerne Schatzkammer Nahezu konträr dazu gestaltet sich die Beschaffenheit des europäischen Waldes, den man aus einer Perspektive der Verwertbarkeit eigentlich als Plantage bezeichnen müsste, in der realen Welt. In Deutschland beispielsweise ist der größte Teil der Waldgebiete – verstanden als »natürliche oder quasinatürliche Lebensgemeinschaft, deren Aufbau von großflächigen Baumbeständen geprägt ist« (Lexikon der Geographie 2001, o. S.) – eigentlich den Forsten zuzuordnen, die sich durch eine vorrangig forstwirtschaftliche Nutzung und menschliche Aufsicht auszeichnen (vgl. ebd.). Man kann sie als anthropogene Biome ansehen: Großlebensräume, deren Existenz auf den Einfluss menschlicher Landnutzung zurückzuführen ist. Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe Wald und Forst nahezu synonym verwendet. Dabei unterliegt die vorherrschende Imagination von Wald als unberührter Wildnis (vgl. Schama 1996; auch Spanier 2015) einer doppelten Verzerrung: Ein als Wildnis gedachter Wald ist bereits eine kontrastive (und damit verzerrte) Imagination, die sich nur in Abgrenzung zu den in Europa dominierenden Kulturlandschaften denken lässt; zudem ist sie verzerrt, weil diese Imagination in Europa auf gerade einmal zwei Prozent der Flächen überhaupt noch zutrifft (vgl. Forest Europe 2015, S. 28). Dabei dient der Wald den Menschen in der Tat verschiedenartig als Ressource: in der Holzwirtschaft, als Lebensraum für Tiere (und damit auch als für den Menschen wichtige Basis für Biodiversität), für die Jagd, als Erholungsraum für die Bevölkerung, als Wasserspeicher und als Luftfilter. Ein interdisziplinärer Blick auf den Wald als Phänomen offenbart, dass es ihn – verstanden als Kollektivbegriff für eine zusammenhängende Menge an Bäumen und Pflanzen – nicht gibt. Was Wald (für uns) ist, wozu bzw. für wen er da ist und was mit ihm gemacht wird, lässt sich so pauschal nicht beantworten und rückt umweltethische Perspektiven in den Vordergrund, die die Bewertung von Natur zwischen ökologischen, ethischen und ökonomischen Argumentationsmustern vornehmen (vgl. Vogt 2021; Ott/Dierks/Voget-Kleschin 2016). Die umweltethische Perspektive führt vor Augen, dass das Verhältnis des Menschen zum Wald primär anthropozentrischen Wertvorstellungen folgt. Als hölzerne Schatzkammer diente der Wald dem Menschen nicht erst seit der Entdeckung des Feuers als wichtige Energiequelle, er bot Lebens- und Schutzraum, Nahrungsquellen und die...


IDE ist die Zeitschrift für den Deutschunterricht. IDE hält den Dialog zwischen der Praxis in der Schule und didaktischer Forschung aufrecht. IDE ist das Podium für den ständigen Erfahrungsaustausch zwischen DeutschlehrerInnen in der Praxis. IDE öffnet Klassenzimmer und Konferenzräume: Informationen und Kommunikation über Praxis und Projekte, über Erfahrungen, Reaktionen, über Wünsche und Horizonte. Für alle Schultypen. Für alle Schulstufen.
IDE – INFORMATIONEN ZUR DEUTSCHDIDAKTIK erscheint viermal im Jahr.


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