E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Fabri Cretaceous-Zone
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7407-6036-6
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Prähistorische Spezies
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
ISBN: 978-3-7407-6036-6
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Virus befällt Tiere und aktiviert dabei uralte Gene. Es baut die DNA um und gleicht sie so der DNA verwandter oder ähnlicher Spezies an - selbst längst ausgestorbener. Es kommt zur Katastrophe, als das Virus in einem Institut ausbricht, das Ähnlichkeiten zwischen Reptilien, Vögeln und Dinosauriern erforscht.
Ansgar Fabri, geboren 1982, arbeitet seit seinem 20. Lebensjahr als Journalist (Rheinische Post) und war mit 21 Jahren Gewinner eines bundesweiten Literaturwettbewerbs von Amnesty International und Aktion Mensch. Seine prämierte Kurzgeschichte »Alltagsszene« erschien im Buch »Voll die Helden« (Arena Verlag), das als Schullektüre genutzt wurde. Seit seinem 25. Lebensjahr veröffentlicht er Romane, Kurzgeschichten und Fachbücher bei Verlagen, außerdem organisierte er Buchpublikationen für Institutionen. Sein Debüt als Selfpublisher (»Zirkus der dunkelsten Stunde«) wurde bei TWENTYSIX ein Top-5-Bestseller. »Feuerernte« erreichte beim Wettbewerb »Bestseller von morgen« des KI-Unternehmens QualiFiction Platz 3. Bei TWENTYSIX wurde das Buch ein Nr.1-Bestseller. Die erste Fassung des Romans entstand in etwa 20 Tagen bei dem internationalen Roman-Schreib-Marathon »NaNoWriMo«, womit Fabri zu den Gewinnern 2019 gehörte. Fabri machte sein Diplom in Sozialer Arbeit und absolvierte die Weiterbildung zur Lehrkraft für Deutsch als Fremdsprache. Er arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Niederrhein, an der er seit seinem 28. Lebensjahr als Lehrbeauftragter für Kreatives Schreiben unterrichtet. Weitere Lehrtätigkeiten: u.a. für ein Projekt des Literaturbüros NRW, die VHS Düsseldorf und VHS Mönchengladbach (Kreatives Schreiben), außerdem an der Hochschule Düsseldorf, am Institut für Internationale Kommunikation Düsseldorf, der VHS Düsseldorf und dem Goethe-Institut (Deutsch als Fremdsprache). Mit seiner Frau, der Kulturpädagogin Nadine Fabri, und seinem Sohn Noah lebt er in Mönchengladbach.
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Prolog
Von dem, was der Soldat Jac Ducan an diesem Tag erlebte, hätte er sicher noch nach Jahrzehnten seinen Enkeln erzählt. Es wäre eine jener Geschichten gewesen, die Kinder immer wieder hören wollten, obwohl sie sie nicht glauben konnten, aber dennoch ängstigte. Doch Ducan wusste, dass dies niemals passieren würde, auch wenn er lange genug überleben würde, um jemals Großvater zu werden. Selbst für das Militär hatte er ungewöhnlich viele Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben müssen, die ihm langjährige Gefängnisstrafen androhten, sollte er gegen die Vereinbarungen verstoßen. Umso größer war seine Neugier darauf, was ihn und die anderen Rekruten an diesem Morgen in dem fensterlosen Betonbau erwartete, der versteckt in einem Kiefernwald auf einem weitläufigen Militärgelände lag. Auf der Fahrt in dem gepanzerten Truppentransporter hierher hatte Ducan 19 Kameraden auf den Sitzbänken gezählt. Wenn er den Gerüchten Glauben schenkte, würde mindestens die Hälfte der Soldaten den Betonbau freiwillig vorzeitig verlassen und die vorgesehene Weiterbildung nicht absolvieren. Mit einem Summen teilte sich die schwere Metalltür zu dem Gebäude, sie traten ein und folgten dem mit schwarz-gelben Streifen markierten Weg durch den düsteren Bau. Ein anderer Soldat stieß ihm leicht in die Seite und raunte: „Lass mich raten: Du bist Biologe.“ Irritiert blickte Ducan seinen Kameraden an: „Wes Taggert“ stand auf dessen Namensschild auf der Brusttasche seiner Uniform. Ducan nickte. „Mit Masterabschluss“, antwortete er lakonisch und blickte wieder nach vorn. Sie gingen auf eine Sicherheitsschleuse aus zwei hohen Gittertüren zu, wie Ducan sie in einem Hochsicherheitsgefängnis erwartet hätte. Ungefragt fuhr Taggert fort: „Ich habe eine Gabe dafür zu erkennen, wer, was studiert hat. Ich bin übrigens Meteorologe. Fast alle hier haben studiert. Die meisten Naturwissenschaften. Du bist der sechste Biologe hier.“ Hinter ihnen schloss sich die Gittertür, die vor ihnen öffnete sich. „Du hast sie alle gefragt?“, wollte Ducan wissen. Taggert zuckte mit den Schultern. „Klar!“ Ducans Stirn legte sich in Falten. „Findest du nicht, dass du für einen Soldaten ziemlich viele Fragen stellst?“ Taggerts Gegenfrage traf Ducan wie ein Schlag: „Fragst du dich denn nicht auch, warum etwa 90 Prozent der Soldaten, die vor uns diese Weiterbildung absolviert haben, tot sind oder als vermisst gelten?“ Sie erreichten eine Panzerglasscheibe in einer Betonwand, die Ducan an ein Haifischbecken erinnerte, das er als Kind in einem Zoo gesehen hatte, doch jenseits der dicken Scheibe stand kein Wasser. Stattdessen wucherten meterhohe Farne in dem Raum, dessen Größe sie unmöglich einschätzen konnten. Ein weißhaariger Mann, den Ducan an der Uniform und den Reihen bunter Abzeichen darauf als General identifizierte, erklomm die Stufen, die zu einer kleinen Plattform neben der Panzerglasscheibe führten. Er stützte sich auf ein Metallgeländer und ließ kurz den Blick über die Rekruten wandern. „Ich bin General O’Brix und für die streng geheimen Einsätze verantwortlich, die Sie hoffentlich nur sehr selten ausführen müssen“, begann der Weißhaarige und kam ohne Umschweife zur Sache: „Wir zeigen Ihnen gleich ein Tier, das wir gefangen haben. Nach der Ausbildung wird es Ihre Aufgabe sein, solche und ähnliche Kreaturen zu finden und unschädlich zu machen. Sagen Sie mir gleich, was das Ihrer Meinung nach für eine Spezies ist.“ Vermutlich aus einer Dachklappe geworfen, fiel etwas längliches Grünes zwischen Farn und Glasscheibe, durch die die Soldaten irritiert blickten. Jac Ducan erkannte eine südostasiatische Peitschennatter, die züngelnd an der Glaswand entlangglitt. Einmal hatte er im Studium beobachtet, wie so eine Schlange geduldig auf Beute gelauert hatte und dann blitzschnell eine Echse gepackt, getötet und gefressen hatte. „Wir sollen Schlangen jagen?“, fragte ein Rekrut hinter Ducan. O’Brix antwortete nicht, er blickte ernst auf die Schlange. Es dauerte weniger als zehn Sekunden, bis aus den Farnen ein etwa menschengroßes Reptil schnellte – eines, das auf den Hinterbeinen lief und mit seiner langen Schnauze voller spitzer Zähne die Schlange packte, sie herumwirbelte und mit Klauen an den Reptilienhänden zerfetzte. Viele zuckten bei der Attacke zusammen. Alle verzogen die Gesichter, als das zweibeinige Reptil mit dem langen Hals die Schlange verschlang. „Was ist das?“, fragte O‘Brix in die atemlose Stille. „Das kann doch nicht sein!“, stammelte jemand. „Das ist keine Antwort auf meine Frage!“ Stille. „Aber das sieht ja aus wie ein Dinosaurier!“, traute sich Taggert das auszusprechen, was wohl alle längst dachten. Von der Schlange waren nur einige Blutspritzer auf der Panzerglasscheibe geblieben, die zweibeinige Echse verschwand lautlos in der Vegetation. Der Spuk war vorbei. Ducans naturwissenschaftlicher Verstand lief auf Hochtouren. „Wie kann das denn sein?“, traute er sich schließlich laut zu fragen. Zum ersten Mal verzog O’Brix das Gesicht zu einem Lächeln, doch es wirkte freudlos, müde. „Meine Erklärungen werden bei Ihnen Stirnrunzeln und skeptische Blicke hervorrufen. Besonders Rekruten mit naturwissenschaftlichem Hintergrund tun sich schwer, das anzunehmen“, begann er. Dann: „Das kann ich gut verstehen. Sehr wahrscheinlich werden die heutigen Erklärungen schon in wenigen Jahren überholt sein. Oder zumindest ergänzt oder verfeinert. Aber mit Sicherheit wird es auch dann noch schwer zu glauben sein.“ Hinter O’Brix senkte sich ein Bildschirm von zwei Meter Höhe und 2,70 Meter Breite herab. Doch Ducan fiel es schwer, den Blick von dem Fenster zu nehmen und sich zu konzentrieren, selbst als wurmförmige Gebilde auf dem Bildschirm aufleuchteten, die er als Mikroskopaufnahmen von Viren erkannte. „Was wir wissen?“, fuhr O‘Brix fort und trat einen Schritt zur Seite, um den Blick auf die Aufnahmen freizugeben. „Es existiert ein sehr altes Virus, das bei infizierten Tieren zu extremen Veränderungen der Genetik und Anatomie führt. Es entstehen so aber keine monströsen Mutanten. Nein, die Natur weicht gewissermaßen auf eine alternative Form aus. Der befallene Organismus gleicht sich notgedrungen einem ähnlichen Organismus an. So haben wir viel über Verwandtschaften von Arten und bislang unbemerkte Ähnlichkeiten gelernt.“ Atemlos hörte Ducan zu. Er versuchte, das Gehörte mit dem im Studium Gelernten in Einklang zu bringen. Verblüfft schüttelte er den Kopf, als O’Brix weiterdozierte: „Bis heute sind offenbar viele Gene in Reptilien erhalten, die eine direkte Verwandtschaft mit bestimmten Dinosauriergattungen nahelegen. Längst wissen wir, dass es auch bei Vögeln so ist. Eine Infektion mit dem Virus aktiviert alte Gene beziehungsweise zwingt die DNA zu einem Umbau. Das führt bei einigen Spezies zur besagten Angleichung mit einer verwandten oder ähnlichen Spezies. Wir müssen berücksichtigen, dass derzeit 11.440 Reptilienarten auf dem Planeten leben. Bei den Vogelarten ist es noch komplizierter: Wendet man das phylogenetische Artkonzept an, zählen wir etwa 18.000 Vogelarten, die auf allen Kontinenten leben. Wie viele prähistorische ,Ziel-Spezies‘ denkbar sind, können wir noch gar nicht abschätzen. Wissenschaftler vermuten, dass es etwa 3.400 Dinosauriergattungen gegeben haben könnte. Oft bilden sich bei den infizierten Tieren sonst unscheinbare Körperteile stärker aus. Oder es entwickeln sich sogar neue, wie Hornkämme, Hautpanzer oder gar Hörner. In jedem Fall wachsen die Tiere, und wir sprechen hier nicht selten von Verdoppelungen oder gar Verdreifachungen der Körpermasse.“ O’Brix schwieg einen Moment und ließ das Gesagte auf die Soldaten wirken. „Was das bedeutet, können Sie sich vorstellen, wenn Sie sich bewusst machen, dass ein Afrikanischer Strauß bis zu 2,8 Meter hoch werden kann. Ein männlicher Komodowaran misst von der Schnauze bis zur Schwanzspitze 2,6 Meter und bringt bis zu 91 Kilogramm auf die Waage. Einige Krokodile erreichen bis zu sechs Meter Länge!“, erklärte er, während hinter ihm auf dem Bildschirm Bilder der verschiedenen Tiere abliefen. „Die Reihe der Tiere, die bei einer Infektion mit dem Virus ein ernsthaftes Problem darstellen, lässt sich leicht fortsetzen: Raubvögel wie Kondore mit Spannweiten von etwa drei Metern oder Uhus mit ihrer Körperhöhe von 70 Zentimetern und 180 Zentimetern Spannweite“, fuhr O’Brix fort. „Von Helmkasuaren, einer 1,70 Meter hohen Vogelart mit groteskem, helmartigem Horngewebe auf dem Schädel, weiß man, dass sie Menschen töten können und es auch durchaus tun. Wer von ihrer dolchartigen, 12 Zentimeter langen Mittelkralle getroffen wird, kann leicht verbluten. Man stelle sich vor, was das Virus bei so einem...




