E-Book, Deutsch, Band 66, 192 Seiten
Reihe: Julia Saison
Faith Hazienda der Träume
1. Auflage 2009
ISBN: 978-3-86295-394-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 66, 192 Seiten
Reihe: Julia Saison
ISBN: 978-3-86295-394-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Julie kann ihr Glück kaum fassen: Ihr neuer Job führt die Erzieherin auf eine prunkvolle Hazienda mitten in Mexiko. So idyllisch es hier im Herbst auch ist, so turbulent sind Julies Gefühle für den Vater ihres kleinen Schützlings. Immer, wenn sie dem Bildhauer mit den dunklen Augen begegnet, knistert es zwischen ihnen heiß. Und Rafael Vegas glühende Blicke zeigen ihr deutlich, wie leidenschaftlich er sie begehrt. Wie gern würde sie sich der ersehnten Erfüllung in seinen Armen hingeben. Doch um Rafael kursieren düstere Gerüchte, die ihre Liebe zu ihm auf eine harte Probe stellen
Barbara Faith de Covarrubias wurde am 19. Februar 1921 geboren. Von 1978 bis zu ihrem Tod am 10. Oktober 1995 schrieb sie vor allem für Silhouette mehr als 40 Liebesromane. Die meisten ihrer Romane spielen in Mexiko, Spanien, USA oder Marokko, darum sind auch ihre Protagonisten häufig lateinamerikanischer Herkunft.
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1. KAPITEL
Gemächlich fuhr der voll besetzte Bus durch die mexikanische Berglandschaft. In jedem noch so kleinen Dorf gab es einen Zwischenstopp.
Julie Fleming genoss die langsame Fahrt. Sie hatte keine Eile und blickte voller Begeisterung aus dem Fenster. Sie konnte sich kaum satt sehen an dem üppigen Farbenspiel der Natur. Nach neun Stunden hatte der Bus sein Ziel erreicht: Patzcuaro. Hier würde Julie in der nächsten Zeit arbeiten. Professor Melendez, der Leiter einer Sprachenschule, an der sie seit zwei Jahren Englisch unterrichtete, hatte ihr diesen Ferienjob vermittelt.
„Sie erhalten ein fantastisches Honorar“, hatte er begeistert erzählt. „Ich habe Sie empfohlen, weil Sie eine meiner besten Englischlehrerinnen sind.“
Julies künftiger Arbeitgeber war Rafael Vega, ein reicher Südamerikaner. Sie sollte seinem sieben Jahre alten Sohn Englischunterricht erteilen, weil er nächstes Jahr in den USA eingeschult wurde. Drei Monate lang würde sie den Jungen unterrichten und in dieser Zeit auf dem Anwesen der Familie in Janitzio wohnen.
„Wo liegt das?“, hatte Julie Professor Melendez gefragt.
„Janitzio ist eine kleine Insel im Patzcuaro-See. Es ist bestimmt interessant, die Ferien einmal so zu verbringen. Sie haben sicher schon von Rafael Vega gehört, oder?“
„Nein, der Name sagt mir nichts.“
„Vega ist ein bekannter Bildhauer, in Lateinamerika ist er sogar berühmt. Vor zwei Jahren hat er in NewYork ausgestellt, davor in Paris und Madrid. Seit dem Tod seiner Frau vor einem Jahr ist es jedoch still um ihn geworden. Angeblich verlässt er die Insel nur selten.“
Der Professor griff nach einer würzigen kubanischen Zigarre und zündete sie an.„Seine Frau, Margarita Villa real, war Schauspielerin, als sie Vega kennenlernte. Sie war eine Schönheit. Man erzählt sich, dass Vega sie angebetet habe. Ihr Tod soll ihn in eine tiefe Krise gestürzt haben. Es geht das Gerücht …“ Er verstummte nachdenklich.
„Was für ein Gerücht?“, fragte Julie neugierig.
„Er soll wie ausgewechselt sein. Kunstkritiker behaupten, er habe seine schöpferische Kraft verloren. Außerdem ist er mehrfach in Schlägereien geraten. Über die Prügelei mit seinem ehemaligen Agenten, Felipe Gonzalez, hat die Presse in Mexiko City ausführlich berichtet.“
„Das verspricht ja lustig zu werden.“
„Bitte?“
„Unter einem netten Mann stelle ich mir etwas anderes vor.“
Melendez lächelte lässig. „Er ist eben Künstler, meine Liebe. Jedenfalls war er es. Künstlern wird zugestanden, etwas unnormal zu sein.“
Hoffentlich ist er nicht zu verrückt, dachte Julie jetzt besorgt, als sie durch ihre blonden Locken strich und sich suchend nach einem Taxi umsah.
Wenig später befand sie sich auf der Fahrt zum Pier. Angesichts des bunten Treibens am Seeufer hob sich ihre Stimmung sofort. Sie stieg aus dem Taxi, ließ sich ihr Gepäck reichen und betrachtete fasziniert die Händler. Lautstark wurden Schmetterlingsnetze, Strohhüte, Postkarten, Aschenbecher und Blumentöpfe aus Ton, Glaslampen, Brieftaschen, Gürtel und Lederjacken angeboten. Aus den kleinen Restaurants am Seeufer wehte ein Duft von Grillfisch und Krabben herüber.
Ein Junge lief auf Julie zu. „Darf ich Ihr Gepäck tragen?“, fragte er eifrig. Als sie nickte, fügte er hinzu: „Brauchen Sie eine Fahrkarte? Ja? Gut, dann kommen Sie mit.“
Erleichtert folgte sie ihm und bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge zum Fahrkartenschalter. Schließlich hatte sie ein Ticket erstanden und ließ sich von dem Jungen auf eine Barkasse führen, auf der schon einige Passagiere warteten.
Strahlend nahm er die zehn Pesos in Empfang, die sie ihm zum Dank reichte, und verließ das Schiff.
Die Barkasse mochte etwa zehn Meter lang sein. Entlang der Seiten waren Sitzbänke angebracht. Eine kürzere Bank befand sich in der Mitte. Julie schätzte, dass etwa sechzig bis siebzig Menschen auf dem Schiff Platz fanden. Sie war, stellte sie mit einem Blick fest, die einzige Nordamerikanerin an Bord.
Die Gruppe der Reisenden war bunt gemischt. Mädchen in T-Shirts und hautengen Jeans, Damen mittleren Alters in luftigen bunten Kleidern und mit Strohhüten auf dem Kopf und verliebte Pärchen, die Händchen hielten und nur Augen füreinander hatten. Auch einige Ehepaare mit kleinen Kindern hatten sich auf dem Schiff eingefunden.
Kurz bevor die Barkasse ablegte, kamen vier Musiker an Bord und begannen, auf zwei Gitarren, einer Geige und einem ramponierten Horn zu musizieren, sobald das Schiff unterwegs war. Sie spielten traditionelle Weisen, und ein kleines Mädchen, das auf dem Schoß seiner Mutter saß, begann, im Takt in die Hände zu klatschen.
Julie lehnte sich über die Reling. Der Himmel war tiefblau. Über den Bergen zogen weiße Wolken auf. Seidenreiher schritten auf den Sandbänken umher. Eine leichte Brise kräuselte die Oberfläche des Sees. Sie freute sich immer, wenn sie am oder auf dem Wasser sein konnte. Dieser Ferienjob versprach eine nette Abwechslung zu ihrer täglichen Arbeit zu werden. Außerdem verdiente sie dreimal mehr als an der Sprachenschule in Guadalajara. Das Geld hatte sie schon für einen sechsmonatigen Aufenthalt in Spanien eingeplant.
Neugierig betrachtete sie die Fahrgäste in ihrer Nähe. Ein kleiner Junge rutschte vom Sitz und taumelte gegen ihre Beine. „Cuidado, niño“, sagte sie und hielt ihn fest, damit er nicht hinfiel.
„Sie sprechen Spanisch?“ Die Mutter des Kindes lächelte erfreut und erzählte, sie lebten in Morelia und seien auf einem Tagesausflug nach Patzcuaro gewesen.
„Ich wohne in Guadalajara“, erzählte Julie. „Ursprünglich komme ich aber aus Florida.“
Der Kleine zog sich wieder auf den Sitz und schob sich zwischen seine Mutter und Julie. Bereitwillig machte Julie ihm Platz und ließ erneut den Blick über den See gleiten, in dem sich noch vor wenigen Minuten die Sonne gespiegelt hatte. Doch inzwischen hatten die eben noch harmlos wirkenden weißen Wolken einen bedrohlichen Grauton angenommen. Schon fielen die ersten Regentropfen. Es donnerte, über den dunklen Himmel zuckten orangefarbene Blitze. Ein plötzlicher Sturzbach ergoss sich über die schutzlosen Passagiere, und ein heftiger Sturm erfasste das Schiff.
Einige Fahrgäste beeilten sich, Segeltücher zum Schutz der Mitreisenden herabzulassen. Das kleine Mädchen, das noch eben zur Musik in die Hände geklatscht hatte, begann zu weinen. Eine dicke Frau rutschte von der Bank, als das Schiff von den Wellen auf die Seite gedrückt wurde. Jemand schrie voller Angst: „Wir müssen umkehren.“
„Dafür ist es zu spät“, hörte Julie einen Mann erwidern. „Wir haben schon die Hälfte der Strecke zurückgelegt.“
Julie hielt sich mit aller Kraft fest. Eine Plane hatte sich aus ihrer Befestigung gelöst. Mit bebenden Händen versuchte Julie, den Schutz wieder festzuzurren. Als es ihr endlich gelang, war sie völlig durchnässt und zitterte vor Kälte.
Die Musiker hatten aufgehört zu spielen. In der plötzlichen Dunkelheit konnten die Passagiere einander kaum erkennen. Die Paare hielten sich schweigend an den Händen, Mütter umarmten schützend ihre Kinder.
Zwanzig Minuten vergingen, dann dreißig. Ein Mann in Julies Nähe schaute durch einen Spalt zwischen den Segeltuchplanen und sagte erleichtert: „Wir haben es fast geschafft. Ich kann die Insel schon sehen.“
Auch Julie riskierte einen Blick auf den von Böen und Regen aufgepeitschten See. In einiger Entfernung erhob sich Janitzio wie ein großer dunkler Fels inmitten des Wassers. Einige Lichter flackerten auf der Insel, verloschen jedoch plötzlich, und das Eiland lag in unheilvoller Dunkelheit.
Julie versuchte, sich selbst aufzumuntern. Diese Barkassen verkehrten seit Jahren auf dem See. Sicher hatten sie schon so manchen Sturm überstanden. Wahrscheinlich waren die Schiffe auch immer so überfüllt wie heute. Wenn etwas passierte … Eine Frau schrie angstvoll auf, als das Schiff erneut schlingerte. Julie rutschte von der Bank und fiel auf die Knie. Ein älterer Mexikaner half ihr mit einem beruhigenden Lächeln wieder auf die Beine.
„Gracias“, sagte sie leise. Der Schreck saß ihr noch in den Gliedern. „Muchas gracias.“
Die nächste Viertelstunde schien endlos. Die Barkasse schlingerte und rollte. Der Regen schlug gegen die schützenden Planen, hohe Wellen brachen sich am Schiffsrumpf. Kinder klammerten sich verängstigt an ihre Eltern. Eine alte Dame neben Julie betete unablässig einen Rosenkranz. Endlich rief jemand die erlösenden Worte: „Wir sind da!“ Mit einem letzten Ruck legte das Schiff an.
Die Passagiere drängten zum Landungssteg. Julie griff nach ihrem Gepäck und ließ sich von der Menge mitreißen.
„Warten Sie, ich helfe Ihnen.“ Ein junger Mann nahm ihr den Koffer ab, ein anderer half ihr vom Schiff.
Es goss in Strömen, der Sturm riss sie beinahe um, als sie den Pier entlang ging. Es war stockdunkel, noch immer waren die Lichter in den Gebäuden erloschen.
Hoffentlich holt Señor Vega mich ab, dachte Julie. Allerdings hatte er sie einige Stunden eher erwartet. Ob er trotz der Verspätung noch am Hafen war?
Suchend sah sie sich um. Doch weit und breit war niemand zu sehen, der auf sie wartete. Bedrückt machte sie sich durch den prasselnden Regen auf den Weg zu einem Lokal direkt am See. Als sie näher kam, ging gerade die Beleuchtung wieder an. Erleichtert betrat Julie das Gasthaus und bat eine Frau hinter...




