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Falcke / Römer | Zwischen Urknall und Apokalypse | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Falcke / Römer Zwischen Urknall und Apokalypse

Die große Geschichte unseres Planeten
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-608-12372-2
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die große Geschichte unseres Planeten

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-608-12372-2
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Heino Falcke ist der Mario Götze der Radioastronomie.« Jörg Thadeusz, WDR  Vom Geheimnis des Lebens und von der Suche nach der Geschichte der Menschheit Der Astrophysiker Heino Falcke begibt sich mit dem Wissenschaftsjournalisten Jörg Römer auf die Suche nach den Ursprüngen unseres Universums und unserer Zivilisation. Sie fragen nach: Was war am Anfang? Woher kommt das Leben? Wie konnte unsere heutige Welt entstehen? Welche Rolle spielt Gott für unser Dasein? Wie geht es mit uns weiter? Eine atemberaubende Reise vom Anfang bis zum Ende unserer Welt. Seit Urzeiten erzählen Menschen sich mythische Geschichten über die Entstehung und den Untergang der Welt. Dank dramatischer Durchbrüche in der Forschung haben wir heute eine neue, große Erzählung über unseren Ursprung und unsere Zukunft. Aus einem Urchaos entstand vor 13,8 Milliarden Jahren in einem schicksalhaften Moment das erste Licht des Kosmos, danach Materie, Sterne, Galaxien und Planeten. Von einer Klimakatastrophe zur nächsten schlingernd entwickelte sich unsere Erde. Am Ende steht der weite Blick in die Zukunft: Hat die Welt ein Ende oder gelingt uns der Weg durch die Apokalypse? Heino Falcke und Jörg Römer gehen Herkunft und Zukunft unserer Welt auf den Grund. Sie sprechen mit Persönlichkeiten aus Quantenphysik, Evolutionsbiologie, Klimaforschung, Philosophie und Theologie und entwerfen eine anschauliche und lebendige Geschichte unseres blauen Planeten und der Entwicklung des Menschen. 

Prof. Dr. Heino Falcke, geboren 1966 in Köln, ist ein hochdekorierter Astrophysiker und Professor an der Radboud-Universität in Nimwegen. Er leitete den wissenschaftlichen Beirat des Event-Horizon-Telescope-Projekts, das am 10. April 2019 das erste Bild eines Schwarzen Lochs präsentierte.
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Kapitel 1

Der Ursprung


»Was war am Anfang?«, fragte das Kind. »Am Anfang war das Wort«, sagte der Prophet.

»Am Anfang war kein Mensch, keine Materie, kein Licht und keine Zeit. Nur das Wort schwebte brütend über dem Tohuwabohu. Und doch war schon alles da. Jeder Gedanke, der jemals gedacht wurde; jede Geschichte, die jemals geschrieben wurde; jeder Traum, der jemals geträumt wurde, war schon da, ohne dass sie schon gedacht, geschrieben oder geträumt waren. Denn alles, was jetzt ist, entstand aus dem, was damals noch nicht war – mithilfe des Wortes, das so ist, wie es ist und das Innere unserer Welt zusammenhält. Es sind die ungeschriebenen Regeln, nach denen sich alles entwickelt. Aus diesem mächtigen Wort des Anfangs entstanden Licht, Zeit, Materie, Erde, Mond und Sterne, Pflanzen, Tiere und letztlich der Mensch.

Der Anfang des Wortes aber liegt hinter einem undurchdringlichen Vorhang verborgen. Was vor dem Anfang war, weiß kein Mensch. Was nach dem Anfang kam, können wir ahnen und danach schauen mit unserem Geist und unserem Gerät. Das Wort, das den Kosmos schuf, schuf auch dich, mein Kind.«

Auge in Auge mit dem Urknall


Im Oktober 2021 führte mich Thomas Hertog, einer der letzten Studenten des berühmten Physikers Stephen Hawking, in der belgischen Stadt Leuven (Löwen) durch eine Ausstellung, die Teil eines großen Events mit dem passenden Namen »Knallfestival« war – ein Stadtfestival über den Urknall. Die Ausstellung in der ehrwürdigen Universitätsbibliothek aus dem 17. Jahrhundert hatte er selbst mit zusammengestellt. Sie enthielt Kunstwerke sowie Memorabilia aus der Wissenschaft. In einem Raum hingen ein paar unscheinbare Bleistiftzeichnungen auf vergilbtem Millimeterpapier an der Wand, bei denen jemand fein säuberlich geschwungene Linien gezogen hatte. Alle Linien fangen links unten in einem Punkt an, streben nach oben und gehen dann fächerförmig auseinander. Einige Kurven beschreiben einen weiten Bogen und fallen wieder zu Boden, andere verharren erst, um sich dann immer schneller nach oben zu schrauben und scheinbar im Unendlichen zu verschwinden.

»Das sind Originalzeichnungen von Georges Lemaître«, sagte Thomas fast beiläufig. Mir stockte der Atem. Normalerweise bin ich nicht leicht zu beeindrucken, und als Protestant bin ich auch kein Freund von Heiligen- oder Reliquienverehrung, aber ich hatte plötzlich das Gefühl, mich auf heiligem Boden zu befinden. Wie Moses vor dem brennenden Dornbusch stand ich vor diesem Stückchen Papier. Zum Glück zog es mir nur im übertragenen Sinne die Schuhe aus, in denen ich schon den ganzen Tag unterwegs war.

Diese Grafik erkennt jede Astronomiestudentin, die jemals eine Vorlesung über Kosmologie gehört oder auch nur ein entsprechendes Lehrbuch angeschaut hat, sofort. Sie beschreibt die Entwicklung des gesamten Universums in einem einfachen Bild. Auf der x-Achse ist horizontal die Zeit eingetragen, die y-Achse zeigt in vertikaler Richtung die Größe des Universums.

»Als er das etwa 1927 oder 1928 gezeichnet hatte, war Lemaître der einzige Mensch auf der ganzen Welt, der verstanden hatte, was der Lauf des Universums ist«, fügte Thomas hinzu. »Und hier, siehst du diese kleine Beschriftung?« Ich musste meine Brille aufsetzen, um zu erkennen, was dort klein mit blauer Tinte geschrieben steht: »t = 0«, las ich. Der Buchstabe »t« steht in der Physik für die Zeit, von »tempus« im Lateinischen oder heute oft »time« im Englischen. »t = 0« bedeutet: Hier ist der Ursprung der Zeit, der absolute Nullpunkt der Zeitkoordinate unseres Universums. Unser Weltall hat einen Anfang! Heute nennen wir das den Urknall. Was für eine fundamentale Entdeckung, was für ein monumentaler Gedanke! Dieser Gedanke war in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts eine absolute Häresie, und Lemaître, der nicht nur Universitätsprofessor, sondern nach seinen Erlebnissen im Ersten Weltkrieg auch Priester geworden war, stand damals unter Generalverdacht, sein biblisches Weltbild mit der reinen Wissenschaft zu vermengen.

Der berühmte und in seiner Zeit tonangebende Physiker Sir Arthur Eddington, der in einer kühnen Expedition mithilfe einer Sonnenfinsternis die Relativitätstheorie von Albert Einstein als Erster bewiesen hatte, nannte den Gedanken, das Universum könne einen Anfang gehabt haben, »widerlich«. Und Einstein sagte über Lemaître, dass seine Mathematik zwar korrekt, aber seine Physik »abscheulich« sei.

Ja, in der Physik wird nicht immer mit dem feinen Florett gefochten, sondern manchmal auch mit der Keule. Dabei hatte der arme Lemaître nur ausgerechnet, was die Relativitätstheorie von Albert Einstein hergab. Aber anscheinend war der Gedanke an einen physikalischen Ursprung des Alls damals selbst für den genialen Begründer der Relativitätstheorie zu groß – er traute seiner eigenen Theorie nicht. Noch kühner war aber, dass Lemaître sogar schon sichtbare Anzeichen für sein neues Modell des Kosmos ausgemacht hatte. Er stellte nämlich fest, dass die gerade erst neu entdeckten Milchstraßen, die aus Hunderten von Milliarden Sternen bestehen, alle von uns wegstreben.

Der Bedenker des Urknallmodells Georges Lemaître (rechts) im Jahr 1933 im Gespräch mit Albert Einstein, dessen Allgemeine Relativitätstheorie er zur Berechnung seiner Weltmodelle benutzt hatte.

Es waren nur zwei Absätze in einem französischsprachigen Artikel (den damals viele ignorierten), in dem das Hubble-Lemaître-Gesetz, das heute aber über jeden Zweifel erhaben ist, formuliert wurde: Je weiter wir hinausschauen ins All, je weiter wir dadurch in die Vergangenheit zurückschauen, desto schneller fliegen alle Galaxien auseinander und voneinander weg.

Lemaître war ein wahrer Visionär und Prophet einer neuen Zeit, der bis zu seinem Lebensende nach weiteren Beweisen für seine kühne Theorie suchte. Weltruhm, den er nicht suchte, blieb ihm zu Lebzeiten verwehrt. Es brauchte vier Jahrzehnte und drei weitere Nobelpreise, bis deutlich wurde, dass einer dieser dünnen Bleistiftstriche Lemaîtres unserem heutigen Universum entspricht.

Die Galaxien in unserem Universum gleichen aufgeklebten Punkten auf der Oberfläche eines aufgeblasenen Luftballons, der einstmals zusammengezogen auf kleinstem Raum in einer Tüte lag. Natürlich ist unser Raum dreidimensional, aber einen zusammengeknüllten dreidimensionalen Raum können wir uns nicht gut vorstellen. Heute ist das Universum groß und ausgedehnt, der Ballon ist aufgeblasen. Die Galaxien sind weit voneinander entfernt, aber alle Punkte in unserem heutigen Weltraum, so weit sie heute auch auseinanderliegen möchten, liegen damals, im Anfang, ganz dicht beieinander.

Das ist eigentlich unvorstellbar. Der Ort, an dem jetzt in 55 Millionen Lichtjahren Entfernung ein supermassereiches Schwarzes Loch im Herzen der Galaxie M87 liegt, ist damals direkt neben dem Ort, an dem heute mein Sofa steht, auf dem ich schreibe. Das ganze sichtbare Universum passt in mein Wohnzimmer: das Volumen meines Sofas, meines Hauses, des Kölner Doms, der Raum unserer Erde, des Sonnensystems, unserer Milchstraße – einfach alles. Damals, am Anfang.

Bläst man den Ballon auf, so bewegen sich alle Punkte voneinander weg, und zwar desto schneller, je weiter sie voneinander entfernt sind. Eine Galaxie, die auf der Oberfläche des Ballons ein Viertel Ballonumfang von unserer Milchstraße entfernt ist, bewegt sich auch einen Bruchteil eines Viertels Umfang pro Atemstoß von uns weg. Eine Galaxie, die aber schon einen halben Ballonumfang entfernt ist, bewegt sich doppelt so viel pro Atemstoß von uns weg. Je weiter weg, desto schneller – genauso wie im Hubble-Lemaître-Gesetz angegeben. Dies gilt für jeden beliebigen Punkt auf der Ballonoberfläche. Wo immer man auch sein Kreuzchen macht, jeder andere Fleck wird sich mit jedem Atemstoß desto schneller von diesem Kreuzchen entfernen, je weiter er davon weg ist. Was für ein kühner Gedanke! Der unglaubliche Lemaître beschrieb das Universum zwar nicht als Luftballon, aber als expandierenden Raum, der mit einem »Uratom« begann, quasi als kosmisches Ei, aus dem das ganze All explosionsartig geschlüpft ist.

Der Ur-Doppelknall


vor 13,8 Ga
Urknall und Inflation

Heute reden wir sogar über zwei Urknalle, die vor 13,8 Milliarden Jahren (13,8 Ga) direkt hintereinander passiert sind, wobei die Physik des ersten viel spekulativer als die des zweiten ist. Beim ersten Knall dehnt sich der Raum und mit ihm eine geheimnisvolle Energie innerhalb von 10–33 bis 10–32 Sekunden schlagartig aus – das sind 32 Nullen hinter dem Komma. Dieser kurze Moment ist sozusagen der erste Ur-Atemstoß beim Aufblasen des kosmischen Ballons, der unser Universum werden soll. Mindestens hundertmal Milliarden mal Milliarden mal Milliarden wird der Durchmesser des fast leeren Weltraums inflationär größer – und so nennen wir diese Zeit auch die Phase der Inflation. Aber nicht nur der Raum wird größer, auch die verfügbare Energie. Aus der Masse einer einzelnen Erbse – und Masse ist laut Einstein immer auch Energie – wird ein ganzes Universum mit genügend...


Falcke, Heino
Prof. Dr. Heino Falcke, geboren 1966 in Köln, ist ein hochdekorierter Astrophysiker und Professor an der Radboud-Universität in Nimwegen. Er leitete den wissenschaftlichen Beirat des Event-Horizon-Telescope-Projekts, das am 10. April 2019 das erste Bild eines Schwarzen Lochs präsentierte.

Römer, Jörg
Jörg Römer, geboren 1974, studierte Mesoamerikanistik, Vor- und Frühgeschichte sowie Lateinamerikastudien in Hamburg. Seit Oktober 2015 Redakteur bei DER SPIEGEL im Ressort Wissenschaft/Gesundheit. An der Astronomie fasziniert ihn die Forschung im Grenzbereich. Sie steht für ihn für die unbändige Neugier des Menschen, nach dem Ursprung des Seins zu fragen.

Prof. Dr. Heino Falcke, geboren 1966 in Köln, ist ein hochdekorierter Astrophysiker und Professor an der Radboud-Universität in Nimwegen. Er leitete den wissenschaftlichen Beirat des Event-Horizon-Telescope-Projekts, das am 10. April 2019 das erste Bild eines Schwarzen Lochs präsentierte.

Jörg Römer, geboren 1974, studierte Mesoamerikanistik, Vor- und Frühgeschichte sowie Lateinamerikastudien in Hamburg. Seit Oktober 2015 Redakteur bei DER SPIEGEL im Ressort Wissenschaft/Gesundheit. An der Astronomie fasziniert ihn die Forschung im Grenzbereich. Sie steht für ihn für die unbändige Neugier des Menschen, nach dem Ursprung des Seins zu fragen.



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