E-Book, Deutsch, Band 11
Reihe: Belgravia
Fellowes Belgravia (11) - Erben
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-20734-2
Verlag: C.Bertelsmann
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, Band 11
Reihe: Belgravia
ISBN: 978-3-641-20734-2
Verlag: C.Bertelsmann
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Charles kann sein Erbe antreten - er wird der rechtmäßge Viscount Bellasis und auch seiner Beziehung zu maria steht nichts mehr im Weg ...
Julian Fellowes, der Autor von 'Downton Abbey', entführt die Leser ins 19. Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht eine unerhörte Liebesgeschichte. Fellowes lässt dabei die Zeit Charles Dickens' lebendig werden, zeigt, wie sich der alte englische Adel und die Händler, die mit der Errichtung des Commonwealth reich und mächtig geworden sind, arrangieren müssen. Dabei ist ganz in der Nähe des Buckingham Palastes das teuerste Viertel Londons, Belgravia, entstanden.
Julian Fellowes wurde 1949 in Ägypten geboren, wuchs in England auf und studierte in Cambridge. Er ist Schauspieler und preisgekrönter Autor von Romanen, Drehbüchern und Theaterstücken; für »Gosford Park« wurde er mit einem Oscar ausgezeichnet, die Serie »Downton Abbey« hat ihn weltweit berühmt gemacht. 2009 wurde er in den Adelsstand erhoben. Julian Alexander Kitchener-Fellowes, Baron Fellowes of West Stafford, lebt mit seiner Frau Emma im Südwesten der englischen Grafschaft Dorset.
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Erben Caroline Brockenhurst starrte ihre Besucherin an. Sie konnte kaum aufnehmen, was ihr da berichtet wurde. »Ich begreife nicht«, sagte sie schließlich. Das wunderte Anne nicht. Es war ein großer Brocken, der da geschluckt und verdaut werden musste. Sie hatte nicht wenig darüber nachgedacht, wie sie die Situation am besten erklären sollte, war aber am Ende zu dem Schluss gekommen, dass sie es einfach sagen musste. »Wir wissen jetzt, dass Ihr Sohn vor seinem Tod rechtsgültig mit unserer Tochter Sophia verheiratet war. Charles Pope ist ein ehelicher Sohn und in der Tat keineswegs Charles Pope. Er ist Charles Bellasis, ganz genau gesagt Viscount Bellasis, und der rechtmäßige Erbe seines Großvaters.« Als James Trenchard an jenem Tag nach Hause gekommen war, platzte er schier vor Freude. Er hielt den Beweis in Händen, auf den er gewartet hatte. Seine Anwälte hatten die Eheschließung gemeldet, und der zuständige Parlamentsausschuss, das Committee of Privileges, hatte sie anerkannt. Der Vorgang würde bis zum Abschluss zwar noch einige Zeit in Anspruch nehmen, aber die Anwälte hatten das Beweismaterial genau geprüft und sahen kein Hindernis. Mit anderen Worten, es war nicht nötig, die Ehe länger geheim zu halten. Anne hatte beschlossen, sofort Lady Brockenhurst zu verständigen. Sie war einfach hinübergegangen und hatte sie alleine vorgefunden. Und jetzt hatte sie ihr die Neuigkeit offenbart. Caroline saß da wie vom Donner gerührt, während ihr zahllose Gedanken durch den Kopf jagten. Konnte Edmund wirklich geheiratet haben, ohne es ihnen zu sagen? Und dann auch noch die Tochter von Wellingtons Proviantmeister? Erst brodelte Empörung in ihr. Wie hatte das nur geschehen können? So ein raffiniertes kleines Luder! Sophia war hübsch gewesen, so viel hatte ihre Schwester, die Duchess, ihr erzählt, aber was für eine Intrigantin obendrein! Doch dann drang langsam die größere Wahrheit durch. Sie hatten einen rechtmäßigen Erben, sie und Peregrine. Einen fleißigen, begabten und klugen noch dazu. Natürlich müsste er sein Gewerbe sofort aufgeben, aber das würde er sicher tun. Sobald er über die Tatsachen im Bilde wäre. Er könnte seine Fähigkeiten in Lymington oder auf ihren anderen Gütern nutzen. Dann gab es noch die Londoner Immobilien, die seit einem Jahrhundert oder länger nicht mehr in Schuss gehalten wurden. Es warteten so viele Aufgaben auf ihn. Caroline richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Frau, die ihr gegenübersaß. Von Freundschaft konnte man nicht gerade sprechen, selbst jetzt noch nicht, aber es gab zwischen ihnen auch keine Feindseligkeit mehr. Dafür hatten sie zu vieles gemeinsam durchgestanden. »Und er weiß nichts? Charles, meine ich.« »Nichts. James wollte erst absolut sichergehen, dass keine Hindernisse auftauchen, die ihn enttäuschen könnten.« »Ich verstehe. Wir sollten ihm gleich morgen früh eine Nachricht schicken. Kommen Sie doch morgen Abend zum Dinner, dann können wir es ihm gemeinsam erzählen.« »Was ist mit Lord Brockenhurst? Wo ist er jetzt?« »Auf der Jagd in Yorkshire. Er kommt morgen zurück, hat er zumindest geschrieben. Ich werde ihm ein Telegramm schicken, dass er unbedingt in London Station machen muss und nicht nach Hampshire weiterreisen soll.« Sie dachte kurz nach. »Mr Trenchard konnte die Ehe also anerkennen lassen. Aber auf der Geburtsurkunde steht immer noch der Familienname Ihrer Tochter.« Anne lächelte. »Alle Ehemänner sind vor dem Gesetz die Väter jedes während der Ehe geborenen Kindes.« »Auch wenn sie tot sind?« »Wenn ein Kind innerhalb von neun Monaten nach dem Tod des Mannes geboren wird, dann geht das Gesetz davon aus, dass er der Vater ist, ob seine Frau seinen Namen angenommen hat oder nicht, ob es im Geburtsregister mit dem Namen des Vaters eingetragen ist oder nicht.« »Kann ein Ehemann ein Kind nicht auch leugnen?« Anne dachte nach. »Dafür muss es ein Prozedere geben, aber in diesem Fall verrät uns ein Blick in Charles’ Gesicht, wer der Vater war.« »Das stimmt natürlich.« Jetzt endlich ließ sich die Countess von dem warmen Gefühl der Erleichterung und unbändiger Freude durchfluten. Sie hatten einen Erben, den sie bereits außerordentlich bewunderten, und er würde bald eine Familie gründen, die sie und Peregrine lieben würden. Annes Gedanken mussten eine ähnliche Richtung genommen haben, denn sie fragte plötzlich: »Wo ist Lady Maria? Was weiß sie bereits?« Caroline nickte. »Ich habe ihr erzählt, dass Charles unser Enkel ist, da ich dachte, ihre Mutter ließe sich dadurch beschwichtigen. Ich habe mich geirrt. Jedenfalls weiß Maria so weit Bescheid.« Sie strich ihre Röcke glatt und gab sich schon der Vorfreude hin, der jungen Dame bei ihrer Rückkehr das Neueste verkünden zu können. »Wo ist sie jetzt?«, erkundigte sich Anne. »Bei Lady Templemore. Ihr Bruder ist gestern Abend aus Irland eingetroffen, und ein Lakai hat Maria heute Vormittag die Aufforderung überbracht, sich zum Dinner einzufinden. Sie ist nach Hause gefahren, um ihren Bruder zu sehen, aber auch, um ihn beim Umstimmen ihrer Mutter um Hilfe zu bitten. Ich bin versucht, eine kleine Nachricht zu schicken, dass keine Überredung mehr nötig sein wird, aber man sollte den Dingen wohl erst einmal ihren Lauf lassen.« Reginald Grey, der sechste Earl of Templemore, war ein Mann von echten Prinzipien, auch wenn er seine Ansichten nicht ganz so temperamentvoll vertrat wie seine Schwester. Auf seine Art sah er gut aus, ein rechtschaffener Mensch, wenn auch vielleicht nicht der Spritzigste. Aber er liebte seine Schwester heiß und innig. Sie hatten zusammen viel durchgemacht, Maria und er, hatten hinter dem Flurgeländer vor den Kinderzimmern gekauert und die Zwistigkeiten verfolgt, die sich unten abspielten, und diese verstörenden Jahre hatten zwischen ihnen ein Band geknüpft, das sich nicht leicht zerreißen ließe, wie sich ihre Mutter finster eingestand. Die Familie saß zusammen in Lady Templemores Salon, und man spürte gleich, dass die Stimmung im Raum nicht gerade überschäumte. »Wie läuft es denn zu Hause?«, fragte Maria in einem Versuch, der Konversation aufzuhelfen. Sie trug eine Abendrobe aus blassgrüner Seide, mit Stickereien um den tiefen Ausschnitt, der ihre wohlgeformten Schultern und ihr Dekolleté hübsch zur Geltung brachte, auch wenn die Wirkung an ihren Bruder verschwendet war. »Es läuft sehr gut. Wir haben zwar vor Kurzem zwei Pächter verloren, aber ich habe ihr Land selbst übernommen. Damit bewirtschafte ich ungefähr tausend Morgen direkt. Und ich habe beschlossen, mehr aus der Bibliothek zu machen. Nach meiner Rückkehr kommt ein Möbelschreiner, mit dem ich den Einbau neuer Bücherregale besprechen werde. Ich möchte auch die Kamineinfassung aus dem Blauen Zimmer dorthin versetzen lassen. Ich glaube, das wird den Raum um einiges aufwerten.« Maria hörte aufmerksam zu, als wollte sie zeigen, dass sie erwachsen war und erwachsene Entscheidungen traf. »Bestimmt. Die Idee hätte Papa gefallen.« »Euer Vater hat in seinem ganzen Leben kein Buch gelesen«, warf Lady Templemore ein. »Nicht, wenn es sich vermeiden ließ.« Sie erhob sich und arrangierte die Gruppe von Meißner Porzellanfiguren auf dem Kaminsims neu. Sie machte es ihren Kindern nicht leicht. Reggie Templemore fand es nicht sinnvoll, noch länger um den heißen Brei herumzureden. »Ich habe euren Briefen entnommen, dass es zwischen euch in letzter Zeit Unstimmigkeiten gegeben hat.« Lady Templemore entzog den Nippes ihre Aufmerksamkeit. »Das hast du richtig entnommen«, sagte sie. Maria beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. »Ich bin dem Mann begegnet, den ich heiraten werde. Ich hoffe, ich kann das mit deiner Erlaubnis und deinem Segen tun. Ich würde gern an deinem Arm zum Altar schreiten. Aber ob du die Verbindung nun billigst oder nicht, einen anderen Mann heirate ich auf gar keinen Fall.« Reggie hielt die Hände hoch, wie um ein scheuendes Pferd zu beruhigen. »Brrr!« Er versuchte, die Situation mit einem Lächeln zu entschärfen. »Wir brauchen keine Kampfreden zu schwingen, wenn wir drei unter uns sind.« »Maria schlägt eine großartige Partie aus, die unser beider Leben grundlegend verbessert hätte. Sie kann kaum von mir erwarten, dass ich ihre Entscheidung gutheiße.« Corinne kehrte zu ihrem Sessel zurück. Wenn nun der Moment für die Auseinandersetzung gekommen war, dann wollte sie sich ihr auch stellen. Reggie wartete, bis das gesträubte Gefieder der beiden wieder geglättet war. »Ich kenne diesen Mann natürlich nicht. Und es tut mir leid, wenn Maria nicht zu der Wohltäterin wird, die sie hätte werden können, aber ich kann nicht behaupten, dass ich es heftig bedaure, John Bellasis als Schwager zu verlieren. Seine Persönlichkeit besaß nie so viel Reiz wie seine Position.« »Danke«, sagte Maria, als hätte ihr Bruder den Streit schon für sie entschieden. »Er mag mich nicht, und ich mag ihn auch nicht. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.« »Warum hast du seinen Antrag dann angenommen?«, fragte ihre Mutter. »Weil du mich hast spüren lassen, dass ich eine schlechte Tochter wäre, wenn ich ablehnen würde.« »So ist es recht. Schieb mir die Schuld zu. Wie immer.« Mit einem Seufzer lehnte sie sich zurück. Kaum zu glauben, aber Lady Templemore hatte das unbehagliche Gefühl, dass ihr die Dinge aus den Händen glitten. Sie hatte gehofft, ihr Sohn würde seiner Schwester ein wenig Vernunft beibringen, aber er stellte sich anscheinend von vornherein auf Marias Seite. »Ich glaube nicht, dass du begreifst,...