Fischer | Bürgermeister Dombrowski und die Via Romea | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 134 Seiten

Fischer Bürgermeister Dombrowski und die Via Romea


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-4782-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 134 Seiten

ISBN: 978-3-7578-4782-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
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Die Via Romea soll als neuer Pilgerweg ins Leben gerufen werden und von Stade im Norden nach Rom führen. Bürgermeister Dombrowski erhofft sich dadurch eine Belebung seines Städtchens, denn der Weg wird durch seine Stadt führen. Er brennt für das Projekt und ist Feuer und Flamme. Eine Gründungsversammlung wird einberufen und bald darauf begibt man sich auf den Weg nach Italien. Eine große Anzahl von Empfängen mit ausgiebigen Schlemmereien erwartet die Wanderer. Viele Bürgermeister und vor allem die schöne Bürgermeisterin bieten unvergessliche Erlebnisse. Aber es kommt anders als geplant. Zwei Muslime begleiten die Pilger-Wanderer und sorgen zunächst für Verwirrungen. Das Ansinnen der beiden, sich dem Koran zuzuwenden wird abgelehnt. Zum Schluss jedoch machen sie Bürgermeister Dombrowski einen Vorschlag, den er nicht ablehnen wird.

Achim Fischer, in Posen geboren, aufgewachsen in Potsdam und München, studierte Pädagogik, Politische Wissenschaften und Publizistik in Bochum und Berlin. Er leitete die VHS über viele Jahre in Ochsenfurt. "Bürgermeister Dombrowski und die Via Romea" ist sein fünftes Buch.

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I
BÜRGERMEISTER FELIX DOMBROWSKI Man versetze sich einmal in die Lage eines Bürgermeisters. Man stelle sich vor, man stehe einer Gemeinde vor, einer Gemeinde oder lieber einer Stadt, einer Stadt überschaubaren Ausmaßes von, sagen wir, von zwölftausend Seelen, einer Stadt wie zum Beispiel Ochsenfurt am unterfränkischen Main. Der Begriff Seele ist hier nicht versehentlich genannt, sondern bewusst anstelle von Einwohnern gewählt, um sogleich anzudeuten, hier walte ein Bürgermeister im Rathaus, dem die Geschicke seiner Bürger zu Herzen gehen und der für sie starkes Mitgefühl empfindet. Er weiß um die Sorgen und Nöte seiner Mitbürger, weiß durch jahrelange Erfahrungen und Anwesenheit auf den örtlichen Markt-, Wein-, Pfarr- und Feuerwehrfesten, die ohne Zahl sind, weiß durch die unzähligen Stadtrats- und Ausschusssitzungen, die regelmäßig erst spät in den Wirtshäusern ein Ende finden, weiß von den auf sich genommenen Jubiläen, Ehrungen und Geburtstagsfeiern, deren Zahl Legion ist, weiß also, dass seine Ochsenfurter in allererster Linie Seelen sind. Und erst in zweiter Linie Einwohner. Die Einwohner sind Sache des Einwohnermeldeamtes, dort werden sie sortiert, katalogisiert und statistisch aufbereitet. Der Bürgermeister aber ist um ihr Wohlsein besorgt, um ihr Wohlbefinden in allen Belangen, was seiner tiefsten inneren Überzeugung entspricht. Er sieht in ihnen, insbesondere wenn er die Augen ein wenig verengt und zu dem Butzenglas der Fenster in seinem Arbeitszimmer hin blinzelt, vorrangig Seelen, die seiner Fürsorge im umfassenden Sinn bedürfen. Zudem sind Wahlen grundsätzlich eher mit Seelen, denn mit Einwohnern zu gewinnen, was ebenfalls seiner tiefsten inneren Überzeugung entspricht. Es ist Bürgermeister Felix Dombrowski, der da in seinem Ohrensessel sitzt und über die Aussichten und Perspektiven seiner Stadt brütet. Er sieht dunkle Wolken aufziehen, die keineswegs erst am fernen Horizont auftauchen, sondern sich schon seit längerem vorangearbeitet haben und drohen, die Stadt zu verdüstern. Er zupft sich am Ohrläppchen, wischt sich über die Nase und versinkt in tiefes Grübeln. Die Züge seines Gesichtes sind von bemerkenswerter Zeitlosigkeit, womit zum Ausdruck gebracht werden soll, sein Konterfei fände passend einen Platz in jeder mittelalterlichen Portraitgalerie. Allenfalls die Frisur zeigt die Nähe zur heutigen Zeit an, denn die vollen grauen Haare sind exakt gescheitelt und sorgfältig geschnitten. Ein grauer Bart umkränzt Kinn und Wangen und verleiht ihm in all seiner Ratlosigkeit, die ihn gerade heimsucht, etwas Ehrfurchtgebietendes. Der Schädel wirkt breit und kräftig und jederzeit willig zum Trotz, den aufzubieten sein Träger in der Lage ist, wenn Widrigkeiten sein Wohlwollen kreuzen. Der breite Nasenrücken verrät eben diese Entschlossenheit zur Durchsetzung seines Willens, während hingegen die hellen Augen es vermögen, in Verständnis, ja selbst Güte dreinzublicken, was so manchen Gesprächspartner unmittelbar für ihn einnimmt. Eine gewisse Majestät liegt in seinem Wesen. Einmal, bei einem der Rosenmontagsumzüge durch die Stadt, hatte man ihn als König ausstaffiert, mit einer Krone, einem Zepter und einem purpurnen Mantel versehen und auf einem der Umzugswagen auf einen Thron gesetzt. Der Jubel des Faschingsvolkes bei seinem Erscheinen kannte dabei keine Grenzen. Wohl denkbar, dass sich anfänglich in die ausbrechende Begeisterung ein im Ulk gegründeter Überschwang mischte, doch erkennbar wurde vielmehr die aufrichtige Bereitschaft und der Wunsch des Volkes, seinem König zu huldigen, der seinerseits die Huldigungen mit gemessenen Gesten wie selbstverständlich entgegennahm. Die Szene des königlichen Bürgermeisters im Beifallsturm und Getöse der Menge hatte sich aus der Stimmung des Faschingsumzuges ganz und gar herausgelöst, sich verwandelt und ihre eigene Wirksamkeit geschaffen. Der Strukturwandel ist es, der ihm zu schaffen macht. Die Stadt hat mit dem allgegenwärtigen Strukturwandel zu kämpfen. Großstadtmenschen haben kein Verständnis für die Maße und Verhältnisse der Kleinstadt. Sie meinen, sie bräuchten nur daherzukommen, sich auf den Marktplatz zu stellen und sich überlegen lächelnd umzuschauen, bräuchten sich über die hohe Mauer vor der Kirche und das Straßenpflaster lustig zu machen. Ja, das meinen sie. Dabei bedurfte es immenser Anstrengungen, die sich über mehr als anderthalb Jahrzehnte hinzogen, um die Modernisierung des Marktplatzes in Einheit mit dem Ensemble des Kirchplatzes in die Wege zu leiten und zu einem guten Ende zu bringen. Die Experten der Planungsbüros gaben sich über all die Jahre im Rathaus die Klinke in die Hand und legten Gestaltungsvorschlag um Gestaltungsvorschlag vor, bis man sich aus dem Dickicht der Konzepte eines Tages rettete, indem man einer Kombination aus den drei überzeugendsten den Zuschlag erteilte. Ein Befreiungsschlag, der in seiner Entschlossenheit und Wucht an die Zerschlagung des gordischen Knotens mahnte! Die Frage der Finanzierung blieb die gesamte Zeit über eine Gleichung mit vielen Unbekannten, denn Freistaat, Bezirk, Kreis und nicht zuletzt die Stadt kämpften erbittert um ihre jeweiligen Anteile an den Kosten der Generalsanierung der „Wohnstube“ der Stadt, wie es hieß. Aber auch in dieser schwierigen Frage der Kostenverteilung konnte eines Tages Einigung erreicht werden, und die Baumaßnahmen nahmen ihren Anfang. Der Platz rund um die Stadtpfarrkirche St. Michael, 1276 erstmals urkundlich erwähnt, wurde aufgebrochen. Das Ergebnis war das, was Fachleute vorausgesagt hatten, nämlich dass in geringer Bodentiefe eine ganze Reihe von Skeletten zum Vorschein kam. Der Platz um die Kirche war eben der Kirchhof, der in vergangenen Zeiten üblicherweise als letzte Ruhestätte galt. Erst nach den großen Pestilenzen und Seuchen verlegte man den Friedhof in den Außenbereich. Die ausgegrabenen Knochen wurden von Staub und Erde gesäubert, mit nummerierten Banderolen versehen und archiviert. Man überließ sie dem Beinhaus in der neben der St. Michaelskirche gelegenen Friedhofskapelle St. Kilian. Der Kirchplatz wurde neu gepflastert. Die große Freitreppe, die von der Hauptstraße zur Kirche hinaufführte, musste weichen, und man errichtete statt ihrer, aus statischen Gründen, wie es hieß, denn die Kirche drohte in ihrer Gesamtheit abzurutschen, eine imposante Mauer, die sich über die gesamte Front hinzieht. Das Katzenkopfpflaster auf den Hauptstraßen der Innenstadt hatte ebenfalls ausgedient. Die Stadt erhielt eine neue Pflasterung, die keinem Stöckelschuh mehr zum Hindernis werden konnte und nicht nur Inline- und Skateboardfahrern eine geschmeidig glatte Fahrbahn bot. Da konnte man sie wieder gelegentlich hören, die lästerlichen Stimmen aus der Großstadt, die in hochmütigem Gestus meinten, der ausführende Architekt habe sich wohl von seinem Wohnort Stuttgart-Degerloch inspirieren lassen und die dortigen Einkaufspassagen für die Pflasterung zum Vorbild genommen. Nein und abermals nein! Die Bewohner der Stadt haben mit der Renovierung ihren Frieden geschlossen und sind einverstanden mit dem Erreichten. Erst kürzlich hat die Stadt einen städtebaulichen Preis erhalten, ein Umstand, den damals bei der Sanierung niemand jemals für möglich gehalten hatte. Der Strukturwandel ist es, der Bürgermeister Dombrowski zu schaffen macht, der Strukturwandel in seiner ganzen Erbarmungslosigkeit. Er zupft sich am Ohrläppchen, wischt sich über die Nase und fingert aus der untersten Schublade seines Schreibtisches das Exemplar eines Flugblattes hervor, das vor etlichen Jahren in Umlauf kam, als es darum ging, ein Theater in der Stadt in dem leerstehenden Flockenwerk zu gründen. Ein Theater sollte in der Stadt aufleben, und zwei in der Region bekannte Theaterleute waren angetreten, die Leitung des Projekts zu übernehmen. Ein Projekt, das die Fantasie Purzelbäume schlagen ließ. Dies hätte eine Blutzufuhr ohnegleichen für den Kreislauf der Stadt bedeutet. Das Flugblatt stellte mit Donnerstimme die Fragen an die Bürgerinnen und Bürger: Was wollt ihr im Flockenwerk haben? Wollt ihr einen Drogeriemarkt? – Nein, denn wir haben deren drei in der Stadt… Wollt ihr einen weiteren Lebensmittelmarkt? – Nein, denn wir haben schon deren fünf… Wollt ihr ein Autohaus? – Nein, wir haben Autohäuser in Fülle… Wollt ihr eine Metzgerei? – Nein, denn wir haben die besten im Überfluss… Wollt ihr eine Bäckerei? – Nein, wir haben einen Reichtum an ihnen ohnegleichen… Wollt ihr ein Theater? – Wollen wir, ja, ein Theater wollen wir! So sah das noch vor einigen Jahren aus. Ein Theater hatten sie gewollt… Und jetzt? Bürgermeister Dombrowski hat einen Abscheu davor, sich mit Versäumnissen zu beschäftigen, insbesondere dann, wenn man ihn mit ihnen in Verbindung brächte. Ein Theater! Ein richtiges Theater! Was hätte das...



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