E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Flörken Denkwürdigkeiten des Generals Dumouriez
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7526-5043-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Jahr 1793
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-7526-5043-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mitten in der Französischen Revolution veröffentlicht der General Dumouriez seine Erlebnisse im Frühjahr 1793. Im 1. Koalitionskrieg versucht er weiterhin, die Feinde Frankreichs abzuwehren, gleichzeitig die noch lebenden Mitglieder der königlichen Familie zu retten.
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Denkwürdigkeiten des Generals Dümouriez. Jahr 1793. Erstes Buch. Erstes Kapitel.
Allgemeine Lage der Dinge in Frankreich zu Anfang des Jahres 1793.
Man hat in dem vorhergehenden Abriß geseheng, mit welchem Muth die Franken ihre wiedererlangte Freyheit vertheidigt haben. Sie hatten sie durch zu gewaltsame Mittel erobert, um von diesem und ihren übrigen Vortheilen keinen Mißbrauch zu machen. Bis dahin siegreich, hielten sie sich für unüberwindlich, und suchten nicht ferner die Herzen der Völker zu gewinnen, von denen sie mit offenen Armen empfangen worden waren. Sie sahen nichts weiter vor Augen als weitläufige Eroberungen, und während sie durch ihre <4> mordbrennerischen Klubs die Gemüther tyrannisierten, vergriffen sie sich an das Eigenthum, und ließen ihren neuen Brüdern weder die physische noch die moralische Freyheit übrig. Alle Staatsmänner waren verschwunden um der Verfolgung der Ochlokratie zu entgehen, die vermittelt der schrecklichen Verbrüderung der Jakobiner alle Gewalt an sich gerissen hatte. Der König war in Fesseln; die Rechtschaffenen wurden unter den hämischen Benennungen der Feuillants, der Gemäßigten, der Politiker verfolgt; die Konstitution war umgestoßen; Paris stand in den Händen der Föderierten, die zwar Anfangs von der Girondeparthey berufen, allein gleich nach ihrer Ankunft von den Jakobinern verführt und hingerissen worden waren. Diese Föderirten drohten schon damals Pethion, Brissot, allen Häuptern der Girondisten mit der Guillotine, und vorzüglich dem General Dümouriez, den Marat, Robespierre und die übrigen Jakobiner für das Werkzeug und die Schutzwehr jener, <5> unter dem Nahmen der Politiker bekannten Parthey ausgaben. Diese Voraussetzung war grundfalsch. Dümouriez bekannte sich zu keiner der beiden Partheyen, achtete die eine so wenig als die andere, und hielt sie für das Wohl von Frankreich, woran er zu verzweifeln Ursache hatte, und dem nur eine neue Revolution, durch den Umsturz beyder Faktionen wieder aufhelfen konnte, für gleich sehr nachtheilig. Er hatte, um diese heilsame Veränderung hervorzubringen, nichts weiter als seine Armee, und man wird im folgenden Kapitel sehen, wie schwach dieses sein einziges und letztes Hülfsmittel war. Frankreich schien um diese Zeit eine Stufe des Wohlstandes erreicht zu haben, die die ganze Nation, und zumal die herrschende Parthey, die sich zugleich von außen verhaßt gemacht, und im Innern geschwächt hatte, schwindeln machte. Nach Italien zu begränzten, nachdem sich Savoyen und Nizza den Franken in die Arme geworfen hatte, die Alpen das Gebiet der Republik. Freylich war diese Vereinigung, das Werk eines <6> gewaltsamen Verfahrens. Klubs, die aus einer kleinen Anzahl verrufener Bürger, welche nur bei einer neuen Veränderung der Dinge eine politische Existenz erhalten konnten, bestanden, wurden in jeder Stadt errichtet, und von den jakobinischen Soldaten, die sich bei jedem Heere befanden, unterstützt. Ihre gewaltsamen Beschlüsse erhielten sogleich gesetzmäßige Kraft; man gab sich nicht einmal die Mühe, die Stimmen zu sammeln; man drohte, man zwang; patriotische Adressen liefen vom Fuße der Alpen, von den Bergen im Bisthum Basel, von Maynz, Lüttich und ganz Belgien ein; der Nationalkonvent bildete sich ein, oder stellte sich wenigstens so, als glaube er, daß das sanfte Joch der Freiheit jene Uebereinstimmung so vieler fremden Völker sich an die fränkische Nation anzuschließen, zur notwendigen Folge hätte. Genf war aus einer Republik ein großer Klub geworden. Claviere ließ seinen Groll an seinem Vaterlande aus; durch die Gunst der Girondisten zum Finanzminister ernannt, <7> hatte er den General Montesquiou gestürzt, der seiner Pflicht als Anführer der Armee getreu, zugleich jene Stadt und die ganze Schweiz von dem Einfluß der rasenden Jakobiner hatte befreien wollen. Das Fürstenthum Bruntrut hatte sich gleichfalls, betrogen durch die Vorspiegelungen des pariser Bischofs Gobet und seines Neffen Ringler, zweyer verächtlicher Ränkemacher, verleiten lassen, sich mit Frankreich zu verbinden, und mit diesem Lande alle Gefahren zu theilen. Cüstine hielt zwar Worms, Speyer und Maynz besetzt; allein Koblenz hatte er verfehlt, und Frankfurt hatte er räumen müssen, nachdem er den Geiz und den unruhigen Geist einer Nation, in deren Händen die Fackel der Philosophie zu einem mordbrennerischen Feuerbrande geworden war, in dieser Stadt bekannt und verhaßt gemacht hatte. Zwischen seiner Armee und dem Heere des Generals Dümouriez in den Niederlanden, stand ein drittes Korps unter der Anführung des Generals Beurnonville, dem <8> eine unüberlegte und zu spät unternommene Expedition auf Trier zur Schande, so wie seiner Armee zum Verderben gereichte; denn ein Drittel seiner Truppen wurde aufgerieben, und der Ueberrest zog sich nach Lothringen in die Kantonnirungsquartiere17 zurück, um sich von seinem Verluste zu erholen. Die Oesterreicher und Preußen hatten inzwischen die entstandene Lücke ausgefüllt; und ihre angenommene Stellung zwischen Koblenz, Trier und Luxemburg schnitt alle Kommunikation zwischen Cüstine und Dümouriez dergestalt ab, daß in den Operationen beider Armeen keine Uebereinstimmung herrschen konnte, welches nie hätte verhindert werden können, wenn durch Cüstines thörichten Stolz, durch die dummen Maaßregeln des Konvents, und die Treulosigkeit der Oberhäupter des Kriegsdepartements, eines Pache, Meusnier, und Hassenfratz18, welche, nur einzig darauf bedacht Dümouriez zu stürzen, die Armeen desorganisirt und ihnen alle Erhaltungsmittel abgeschnitten hatten, die Sachen nicht so weit <9> gekommen wären. Die Niederlande waren im Besitz der damals sogenannten belgischen Armee, die aus den beyden Heeren Dümouriez und des Generals Valence, der die Ardennen besetzt hielt, bestand. Letzter war nur 15 000 Mann stark. Beide Armeen erstreckten sich von Aachen bis zur Maas. Zahlreiche Klubs setzten alle Städte Belgiens in Bewegung. Der Konvent hatte seinerseits Kommissare dahin geschickt, um das verhaßte Dekret vom 15ten Dezember, welches alles Eigenthum sequestrirte, und durch eine tyrannische Härte, die die Vereinigung dieser schönen Provinzen mit der französischen Republik beabsichtete, diese Vereinigung unmöglich machte, in Ausführung zu bringen. Allein man wollte vorläufig alles baare Geld aus Belgien ziehen, und sodann erst die Vereinigung zu Stande bringen. Dieses war wenigstens Cambons Plan, dessen sich dieser große Finanzkundige öffentlich rühmte. Die sechs Konventskommissare, die man zu dieser Operation ausgesucht hatte, waren <10> gerade diejenigen, deren unmoralischer wilder Karakter gemacht schien, sie scheitern zu lassen. Danton, ein Mann von großer Energie, übrigens ohne Erziehung, und im moralischen und physischen Sinne gleich scheußlich; Lacroix, ein Betrüger, ein sinnlicher Wollüstling, ein Lanzenbrecher, kurz ein Mensch ohne Grundsätze; Camüs, der härteste, stolzeste, ungewandteste und pedantischste unter allen Jansenisten; Treilhard, ein Mann von ungefähr demselben Schlage; Merlin von Douay, ein ziemlich guter Mann, allein von schwarzer Galle und einem unverdauten überspannten Republikanismus angesteckt; Gossüin, ein wildes wüthendes Thier, voll der niederträchtigsten Ideen.19 <11> Ausser diesen sechs Kommissaren hatte die ausübende Macht oder das Konseil noch zwey und dreyßig andere ernannt, die aber alle vom pariser Jakobinerklub vorgeschlagen worden waren. Es waren mehrentheils wilde reißende Thiere und Bösewichte, die kaum den Fuß in diese reichen Provinzen setzten, als sie schon zu rauben und zu morden anfangen wollten. Sie hatten sich in dieses <12> mitleidswürdige Land getheilt, und während sie, mit den Waffen in der Hand, das Volk zwangen, auf seine Vereinigung mit der französischen Republik anzutragen, plünderten sie die Kirchen, die Schlösser, die öffentlichen Kassen, verkauften zum niedrigsten Preise das Mobiliarvermögen aller derer, die ihnen in dem Wege standen, und die sie unter der gehässigen Benennung der Aristokraten bezeichneten, und schickten eine Menge Hausväter, Greise, Weiber und Kinder als Geißel in die französischen Gränzfestungen. Im Norden und Westen von Frankreich fing man bereits an, den Keim des Mißvergnügens über eine so schreckliche und blutige Anarchie zu entwickeln; allein die Kontrerevolutionisten in der Vendee waren noch nicht gefährlich, und wären mit leichter Mühe unterdrückt worden, wenn es dem Nationalkonvente, oder der ausübenden Macht nicht gänzlich an Klugheit und Vorsicht gefehlt hätte. Was läßt sich aber von einer Regierungsform...