Förg | Das Winterwunder von Dublin | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Förg Das Winterwunder von Dublin

Roman
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-492-99425-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-492-99425-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mit »Das Winterwunder von Dublin« legt SPIEGEL-Bestsellerautorin Nicola Förg, bekannt durch ihre äußerst erfolgreiche Alpen-Krimi-Reihe um Kommissarin Irmi Mangold (u. a. »Tod auf der Piste«, »Rabenschwarze Beute« und »Wütende Wölfe«), ihren ersten Weihnachtsroman vor. Sie verknüpft dabei eine Versöhnungsgeschichte unter Schwestern und die Story einer dramatischen Pferderettung mit ganz viel winterlicher Atmosphäre. Anfang Dezember kehrt Stella zu ihrer Familie nach Irland zurück: voller Vorfreude auf deutsch-irische Familienbräuche und stimmungsvolle Weihnachtstraditionen, aber auch in Erwartung eines anstrengenden Tauziehens mit ihrer erfolgreichen Schwester Luna. Vor allem freut sich Stella auf die gescheckte Stute Puzzle, ihr Halt in Jugendtagen. Doch Puzzle ist weg, womöglich ausgesetzt, wie viele irische Pferde, wenn sie zu kostspielig werden. Unterstützt von dem TV-Reporter Daniel, der einen Beitrag über Pferdeschicksale dreht, macht sich Stella auf die Suche. Sie findet sich an magischen Plätzen an der Westküste wieder, zweifelt an ihren Gefühlen, ihrer Intuition und ihrer Mission – bis die Weihnachtsfeiertage ihren vollen Zauber entfalten …
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Eins


Freitag, 14. Dezember

Es war der Geruch. Stella empfand es immer wieder: Irland konnte man riechen. Schon Dublin Airport roch anders als jeder Flughafen der Welt. Sie selber roch aber auch anders. Ihrem Gepäck entstieg der Geruch von Würze und Wald. Sie hatte einen in Netz und Packpapier eingewickelten Weihnachtsbaum als Sperrgepäck aufgegeben, es war gut, eine Mutter zu haben, die bei der Airline arbeitete.

»Madel, hat’s keine Bäume in Irland?«, fragte der Mann am Counter in München.

Inzwischen schon, aber eine Münchner Familie, die in Irland lebte, musste einen urdeutschen Baum haben, den Stella jedes Jahr, seit sie nun in München studierte, mitbrachte. Immergrüne Nadelbäume kamen an Weihnachten in Irland erst seit Queen Victorias Zeit zum Einsatz. Die Iren hatten früher Stechpalmen und Efeu als Dekoration verwendet. Manche taten das noch heute. Stellas Familie pflegte einen munteren Mix an Weihnachtbräuchen aus der alten und neuen Heimat. Stella würde wie jedes Jahr mit ihrer Schwester den traditionellen Stechpalmenkranz basteln, mit vielen Beeren, je mehr daran hingen, desto mehr Glück würde das neue Jahr bringen.

Stella zuckelte mit ihrem Gepäckwagen durch die Halle, die Geschäfte hatten schon ein weihnachtliches Gewand angelegt. Lichterketten, Sterne, vor einem Laden hockte ein gewaltiges Plüschrentier. Driving home for Christmas, schallte aus einem Lautsprecher. Stellas Gefühle waren gemischt, sie freute sich, alle wiederzusehen, und wusste auch, dass dieses »alle« über einen längeren Zeitraum nicht aufrechtzuerhalten war. Und doch würde sie bis zum 27. Dezember hier sein, vor allem wegen des St. Stephen’s Day, dem 26. Dezember – denn da war das Rennen! Ein Pferderennen am Strand, das sicher wieder ein großes Familienfest werden würde.

Sie verfrachtete ihren Wagen in einen Aufzug, parkte ihn dann in einem Gang und traf ihre Mutter im Büro. Eine eher linkische Umarmung folgte.

»Stella, du bist so blass und so dünn!«

»Mum, es ist Winter. Ich studiere, die haben keine Höhensonne in Hörsälen!«

»Aber eine Mensa. Isst du denn gar nichts?«

»Doch, jede Menge.«

Was nicht so ganz stimmte. Stella vergaß das Essen öfter mal, wenn sie allerdings zuschlug, konnte sie gute Portionen verdrücken, sie neigte einfach nicht zum Zunehmen.

»Müssen wir dich an Weihnachten etwas rausfüttern«, meinte ihre Mutter, und dann kam ein Anruf. Sie ging zum Telefon, unterbrach das Gespräch kurz, drückte Stella den Autoschlüssel in die Hand und flüsterte wie immer die eindrückliche Warnung, das Linksfahren zu beachten. Das kam so sicher wie das Amen in der Kirche, in die Stella nur selten ging. Und wie immer musste Mum weitertelefonieren, war auf dem Weg in ein Meeting.

»Stella, Herz, am Abend dann alles Weitere!« Sie winkte Stella zu und sie damit auch hinaus.

Seit Stella in München studierte, liefen die Treffen am Airport immer gleich ab. Ihre Mutter war stets busy, immer perfekt gestylt und auf Absätzen unterwegs, mit denen sich Stella den Knöchel gebrochen hätte. Aber sie war eben auch der Familientrampel, nach wem sie eigentlich kam, konnte auch mehrere Generationen zurück in der Familie nicht festgemacht werden. Als Teenager hatte Stella öfter mal gedacht, sie wäre adoptiert. Was definitiv nicht stimmte, dazu war die Ähnlichkeit zu ihrem Vater zu groß. Die schmale Gestalt, die blasse Haut, das dunkle Haar, die dunklen Augen, die ihn und seine Tochter immer etwas melancholisch aussehen ließen. Luna kam nach ihrer Mutter. Blond, blauäugig, üppiger in Optik und Auftreten. Luna studierte in London Mode, machte gerade ein Praktikum in Vancouver, Luna war mit fünfundzwanzig Jahren schon eine Kosmopolitin. Stella blieb der Trampel, ihre große Schwester, die nur knapp zwei Jahre älter war, hatte den falschen Namen bekommen: Luna hätte Stella heißen müssen, der Stern, der Star. Die Eltern hatten sich vertan bei der Namensgebung, sie, Stella, war viel eher der bleiche Mond …

Mit Mums kleinem Renault SUV verließ Stella das Parkhaus – Mum würde auf Luna warten, die am späten Nachmittag einzuschweben gedachte. Sie würden Pa treffen, der gerade einen Termin in der Stadt absolvierte, und Stella kam dafür wieder in die Innenstadt zurück. Es war Familientradition, die Weihnachtszeit Mitte Dezember in der George’s Street Arcade zu beginnen. Ein viktorianisches Shoppingcenter, das alljährlich in weihnachtlichem Glanz ertrank. Sie genehmigten sich dort in der Market Bar alljährlich den »Wir-läuten-Weihnachten-ein«-Drink. Mum und Luna ein Glas Champagner, sie ein Glas Weißwein und Pa ein Guinness.

Stella fuhr auf die Eins und nordwärts, durch unschöne Vororte; Dublin, die dirty old town, war keine Schicki-Metropole. Immer wenn sie direkt aus München angeflogen kam, wurde ihr das noch viel deutlicher: die Bayernhauptstadt so adrett, Dublin so kantig. Und wie immer verließ sie die Eins und bog auf die R 128 durch Lusk ab. Es war eklatant, dass der Speckgürtel von Dublin immer fetter wurde. Früher hatten die begüterten Leute auf der Halbinsel Howth gewohnt, und viel gediegenes alteingesessenes Volk lebte da immer noch in großen Villen. Aber Lusk und Rush zogen die Menschen aus der Hauptstadt an, zu Recht, zu schön waren die Strände. Der Speckgürtel von Dublin wurde immer fetter.

Zu Beginn, als ihre Eltern die Mädchen quasi entführt hatten, Stella war dreizehn, Luna fünfzehn gewesen, hatte sich Stella schwergetan. Was sie dann aber für ihre neue Heimat eingenommen hatte, waren all diese Geschichten gewesen, die imposanten Monumente, die mystischen Orte, die von der naturgewaltigen und rätselhaften Kultur der Bronzezeit und der Kelten lebten. Die Wurzeln wirkten so mächtig aus der Vergangenheit in die Gegenwart hinein, und Stella war ziemlich empfänglich für Schwingungen. Selbst gänzlich rationale Menschen wie ihre Eltern erlagen dem Zauber solcher Orte. Ihr neuer Wohnort Skerries lag nicht weit weg von den größten Attraktionen des Landes: Monasterboice mit dem schönsten Hochkreuz der Insel und Newgrange. Als sie zum ersten Mal dort gewesen waren, hatten sie nach Erwerb der Tickets zwei Stunden auf den Einlass warten müssen. Ihr Vater Thomas war nahe dran aufzugeben, er maulte und zeterte, die Mutter Anita hielt ihn unter Kontrolle, und schließlich konnten sie die Anlage betreten. Das megalithische Ganggrab, fünfhundert Jahre älter als die Pyramiden, tausend Jahre älter als Stonehenge. Die Menhire außen herum, die wie Wächter die Welt der Toten abzuschirmen schienen. Am kürzesten Tag des Jahres und zwei Tage davor und danach fiel ein Lichtspot durch die Roof Box und erhellte die hintere Grabkammer. Vater hatte geschwiegen und dann etwas Physikalisches gemurmelt. Stella war wie verzaubert, und in diesem Moment spürte sie eine Verbindung zu ihrer neuen Heimat, so zart, dass sie sie in ihrer Zartheit erschütterte. Stella hatte Newgrange noch viele Male besucht, der Vater einer Mitschülerin arbeitete bei Heritage Ireland. Sie war ganz alleine, und die Mauern raunten ihr etwas zu. Stella liebte die Geschichte, dass die DeLorean-Autofabrik hatte schließen müssen, weil man für ihren Bau einen Feenbaum gefällt hatte! Stellas Welt war voller Elfen, Feen und dem waterhorse, das sie ab und zu aus den Wellen auftauchen sah.

Stella hielt den Wagen an, stieg aus und ging in Lusk an den Strand hinunter. Es roch nach Salz, nach Algen, von irgendwoher wehte ein Hauch von Fish and Chips heran, und da war noch etwas, das Stellas Herz hüpfen ließ. Am Strand lagen Pferdeäpfel. Sie würde endlich wieder am Strand galoppieren können, schwerelos, zeitenlos, frei. Diese Freiheit war das, was sie im Studium in München am meisten vermisste. Sie hatte zu Beginn mal eine Reitstunde in der Universitätsreitschule gebucht, Pferdepo an Pferdepo, im Café feixende Zuschauer. Selten war sich Stella so gefangen vorgekommen. Und auch die Pferde in der Klinik, die dann manchmal draußen in kleinen Paddocks etwas Luft schnuppern konnten, erbarmten sie. Sie hatten nie den Strand von Skerries gesehen und waren nie mit ihren Hufen darüber geflogen. Es ging ein scharfer Wind, der Wolken über den Himmel jagte. Ab und zu schaffte es ein Sonnenstrahl hindurch und kitzelte eine Muschel im Sand. Irisches Wetter, alle Wetter an einem Tag. Es war Dezember, ihr deutsch-irisches Weihnachten stand vor der Tür, deshalb kam Stella jedes Jahr heim. Und vor allem wegen Puzzle.

Als Stella mit dreizehn in die neue Schule gekommen war, hatte sie erstmals eine Schuluniform tragen müssen. Vom altehrwürdigen gutbürgerlichen städtischen Münchner Theodolinden-Gymnasium in die Welt eines irischen College in Skerries geworfen zu werden war hart. Ihr Englisch war furchtbar gewesen. Die Lehrer hatten zwar immer versucht, sie aufzubauen und zu fördern, doch waren die ersten zwei Jahre hart. Was Stella dann gerettet hatte, waren zwei neue Freundinnen, die ihre Pferdebegeisterung teilten. Sie hatten Stella mitgenommen zu Darragh, einem brummigen Farmer, der einige eigene Pferde hielt und bei dem reiche Dubliner ihre Pferde untergestellt hatten, die nur am Wochenende zum Reiten kamen. Erin, eine ihrer beiden neuen Freundinnen, zwei Jahre älter als Stella, hatte eine Reitbeteiligung an einem Connemara-Wallach namens Luke. Stella und Zoe misteten Ställe aus und durften dafür die Pferde von Darragh reiten. Sie waren entzückt, als zwei junge Stuten auf dem Hof auftauchten. Darragh hatte sie durch irgendwelche dubiosen Geschäfte von einem Nachbarn bekommen, eine Tinkerstute und eine Connemara-Stute, die Rihany hieß. Der Tinker hatte noch...


Förg, Nicola
Nicola Förg, Bestsellerautorin und Journalistin, hat zwanzig Kriminalromane verfasst, an zahlreichen Krimi-Anthologien mitgewirkt, einen Island- sowie einen Weihnachtsroman vorgelegt. Die gebürtige Oberallgäuerin, die in München Germanistik und Geografie studiert hat, lebt heute mit Familie sowie Ponys, Katzen und anderem Getier auf einem Hof in Prem am Lech – mit Tieren, Wald und Landwirtschaft kennt sie sich aus. Sie bekam für ihre Bücher mehrere Preise für ihr Engagement rund um Tier- und Umweltschutz.



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