Folena | Valdombra (Bd. 1) | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 288 Seiten

Reihe: Valdombra

Folena Valdombra (Bd. 1)

Das Geheimnis des Drachen
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-649-65106-2
Verlag: Coppenrath
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das Geheimnis des Drachen

E-Book, Deutsch, Band 1, 288 Seiten

Reihe: Valdombra

ISBN: 978-3-649-65106-2
Verlag: Coppenrath
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein finsteres Tal, zwei mutige Kinder und ein fantastisches Lesevergnügen Im dunklen Tal Valdombra gibt es nur wenige Sonnenstunden. Als ihr Zuhause auch noch von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht wird, erfahren Isa und ihr Bruder Teo von einer fast vergessenen Legende: Ist es möglich, dass ein wundersames Wesen unter der Erde das Beben verursacht hat? Den Geschwistern bleibt wenig Zeit, um das herauszufinden. Denn die Bedrohung zerstört nicht nur die Dörfer Valdombras, sie droht auch, ihnen ihr letztes Licht zu nehmen... Können die Geschwister das Wesen zähmen und Valdombra vor der ewigen Dunkelheit bewahren? Ein unglaubliches Abenteuer beginnt, auf dem unzählige Gefahren lauern...

Martina Folena ist Theaterpädagogin und hat sich auf das Erzählen von Geschichten für Kinder spezialisiert. Ihr Roman Valdombra wurde mit dem dritten Platz des Batello-a-Vapore-Literaturpreises 2019 ausgezeichnet
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Jeder erste Tag des Monats


Am Tag vor der Katastrophe erwachte ich so früh, dass noch nicht einmal die Sonne aufgegangen war. Das einzig Gute daran, wenn man so früh aufsteht, ist das Brot, das der Bäcker dann gerade frisch aus dem Backofen geholt hat. Der Bäcker war der Einzige außer mir, der um diese Zeit schon auf den Beinen war. Er backt Brot in allen Formen: mit einem Loch in der Mitte wie ein Kringel oder verflochten wie ein Zopf, aber am liebsten mag ich die kleinen runden Brötchen mit Rosinen, gerade süß genug, um sich satt und zufrieden zu fühlen, aber nicht so sehr, dass einem davon schlecht wird. Denn von zu süßen Sachen wird mir immer schlecht.

Am Tag vor der Katastrophe sprang ich mit einem Satz die drei Stufen der Bäckerei hoch und bezahlte mit einer Münze, die so rund war wie das Brötchen. Dann lief ich direkt weiter zu der Straße, die zum Ende schmaler wird und in einen Pfad übergeht. Von dort aus kann man, wenn man will, bis hinauf zum Gipfel des Berges gelangen. Dafür braucht man dann einen ganzen Tag, aber ich wollte gar nicht bis ganz nach oben.

Der Aufstieg in die Berge war meine Aufgabe, weil ich die Ältere war; außerdem hatte Teo den Kopf immer in den Wolken. Beim letzten Mal, als man ihm eine wichtige Aufgabe gegeben hatte, war das übel ausgegangen: Er sollte ein Päckchen Streichhölzer besorgen, doch als er sie meinem Vater übergab, waren alle Köpfchen bereits abgebrannt. Als Erklärung meinte er, er hätte sie alle anzünden müssen, um zu überprüfen, ob sie auch wirklich funktionierten.

Teo ist übrigens nicht dumm, er versteht ganz genau, was man von ihm will, aber er lebt in seiner eigenen Welt. Er hätte niemals allein in die Berge gehen können. Daher fiel diese Aufgabe mir zu – und ich wollte ihn auch gar nicht dabeihaben. Er würde nur ständig stehen bleiben, um die Steine auf dem Weg zu zählen oder die Blätter an den Bäumen, und dann würden wir erst tief in der Nacht bei Clotilde ankommen.

So stieg ich an jedem ersten Tag des Monats allein hinauf. Das Tal unter mir lag noch im Dunkeln, obwohl es schon Morgen war. In unserem von Bergen umschlossenen Tal sind die Tage sehr kurz und die Nächte sehr lang, selbst im Sommer, und richtig heiß wird es auch nie.

Daher hat der Ort auch seinen Namen: Valdombra, das Finstertal.

Weil es bei uns immer so dunkel ist, fällt einem alles schwerer, auch die einfachsten Dinge wie Wäsche waschen, Holz hacken oder kochen, ganz zu schweigen von Lesen oder Malen oder dem Bearbeiten von Leder und Stein. Man braucht Licht, um Dinge so zu erledigen, wie es sich gehört, und zwar zu jeder Zeit, nicht nur während der wenigen Stunden, in denen die Sonne über die Gipfel kommt und das Tal in ihr Licht taucht.

Aus diesem Grund stieg ich an jedem ersten Tag des Monats auf den Berg, so wie es mein Vater gemacht hatte, als ich noch nicht alt genug dafür war, und jedes Mal dachte ich dabei: Meine Güte, Clotilde, musstest du dir wirklich so weit oben einen Platz zum Leben aussuchen? Hättest du nicht im Tal bleiben können, so wie wir anderen auch?

Nein, Clotilde hätte niemals in Talsend leben können, in einem der Steinhäuser mit den roten Dächern. Allein schon die Vorstellung war absurd.

Talsend ist der letzte Ort in Valdombra. Er liegt zwischen zwei Berggruppen eingequetscht und am Ende sitzt da noch ein einzelner Berg wie ein Korken auf einem Flaschenhals. Auch wenn seine Bewohner sagen, dass es sich hier gut lebt, so schön ruhig und ungestört, sieht man leider nie neue Gesichter in den Straßen. Die Menschen, die jenseits der Berge leben, besuchen lieber Lichtberg: Sie wagen sich nie bis ans Ende von Valdombra vor, bis in seinen dunkelsten Winkel.

Wenn man in Talsend etwas Farbe sehen will, muss man hoch hinauf in die Berge. Und Clotilde liebt die Berge mehr als alles andere auf der Welt … mit Ausnahme ihrer Bienen natürlich.

Auch an diesem Tag empfing mich wie immer das Summen von Clotildes Lieblingen. Als ich am Rand der Wiese ankam, dort, wo der Pfad im grünen Gras verschwindet, war ihr fröhliches Brummen fast ohrenbetäubend laut.

Clotildes Haus steht etwas weiter hinten: ein kleines Holzhaus mit nur einem Stockwerk, gerade groß genug für eine Person. Dahinter beginnt der Wald, der die gesamte Bergflanke bedeckt.

Aber das Beeindruckendste dort sind die Blumen, die überall auf der Wiese sprießen: Margeriten, so weit das Auge reicht, die im Wind hin und her wogen wie weiße Schaumkronen auf dem Meer, aber auch Goldköpfchen und Veilchen, lange Blütenstängel von Lavendel, die die Luft mit ihrem Duft erfüllen, stachelige Disteln und Löwenzahn, so gelb wie die Sonne.

Ich ging niemals allein auf die Wiese, sondern wartete, bis Clotilde mich abholte, denn ohne sie hätten die Bienen mich beim ersten Schritt am ganzen Körper gestochen.

Gleich darauf sah ich auch schon Clotilde, die barfuß über die Wiese lief. Sie kam auf mich zu, und wie immer funkelten ihre haselnussbraunen Augen voller Freude, als sie mich erkannte. Im Sonnenschein hatten ihre üppigen Locken die gleiche Farbe wie Lindenhonig.

»Hallo, Tilde«, sagte ich und lächelte, denn es war unmöglich, sie nicht zu mögen.

»Isa, ich hab schon auf dich gewartet«, erwiderte sie. »Ist Teo nicht mitgekommen?«

Das fragte sie mich jedes Mal, weil mein Vater anfangs stets uns beide mitgenommen hatte. Sie hatte Teo vom ersten Moment an sehr gemocht, und sie hatten immer jede Menge Dinge gefunden, über die sie reden konnten. Deshalb zuckte Clotilde enttäuscht mit den Schultern und seufzte. »Kommst du mit rein?«

Ich hatte es mir angewöhnt, bei Clotilde eine Brotzeit zu machen: Inzwischen war es später Vormittag und zum Mittagessen würde ich es niemals rechtzeitig zurück ins Tal schaffen. Clotilde hielt meine Hand, während wir die Blumenwiese durchquerten und die Bienen sich überall auf ihr niederließen. Wenn sie draußen unterwegs war, saß immer irgendwo eine Biene auf ihr: Sie landeten auf ihren Haaren, ihren Schultern oder ihrer Nase, als ob Clotilde selbst eine Blume wäre, nur um kurz darauf wieder abzuheben und die ordentlich aufgereihten Bienenstöcke neben ihrem Haus anzusteuern.

In der Küche setzte ich mich auf einen der zwei Stühle und streckte mit einem wohligen Seufzer die Beine aus. Sogar dort gab es Blumen: Sie standen auf der Fensterbank und in der Vase auf dem Tisch, und obwohl die Bienen die Wiese mit ihrer bunten Vielfalt natürlich bei Weitem vorzogen, summte es auch drinnen.

»Du hast mindestens drei Sommersprossen mehr als letzten Monat. Und deine Arme sind auch länger geworden!«, meinte Clotilde fröhlich, während sie Teller aus dem Schrank holte.

Ich rieb mir über die Nase. »Danke, Tilde. Wie ich sehe, hast du jetzt deine Frühlingsschürze an.«

»Gefällt sie dir?« Lächelnd drehte sie sich um sich selbst, um sie mir zu zeigen. »Ich habe endlich den Bund gerichtet.«

Was sie eigentlich meinte, war, dass sie den Bund etwas weiter gemacht hatte: Clotilde war nämlich das genaue Gegenteil von den blassen, schlanken Edelfräulein, die ich manchmal in meinen Schulbüchern abgebildet sah. Die frische Bergluft färbte ihre Wangen rot und der nahrhafte Honig ihrer Bienen hielt sie gesund. Wahrscheinlich hätte niemand vermutet, dass sie von Adel war, aber das kümmerte sie herzlich wenig.

Sie stellte mir ein großes Glas Wasser mit Holundersirup hin, und ich musste mich zurückhalten, es nicht auf einen Zug auszutrinken. Stattdessen nahm ich meinen Rucksack ab und breitete auf dem Tisch alles aus, was ich mitgebracht hatte: ein Päckchen Maismehl, einen Hartkäse und einen Weichkäse, ein Säckchen mit Salz und eines mit braunem Zucker, eine Wurstkette, ein Stück gereiften luftgetrockneten Schinken und schließlich eine Flasche Öl.

Clotilde klatschte begeistert in die Hände. Dann stellte sie noch ein Fladenbrot und ein Glas mit goldfarbenem Honig dazu. »Den Käse essen wir mit Birnen«, sagte sie und ging nach draußen, um das Obst direkt von den Bäumen hinter dem Haus zu pflücken.

Die Brotzeiten bei Clotilde waren die besten. Nach dem langen Aufstieg hatte ich immer großen Hunger und sie tischte mir jedes Mal etwas anderes auf: frittierte Apfelküchlein mit ein wenig geriebener Zitronenschale, frische Eier von den Hennen aus ihrem Hühnerstall, die sie mit Zucker zu einer schaumigen Creme schlug, dünnes, knuspriges Brot … Und immer gab es Honig dazu, in allen Farben und Geschmacksrichtungen.

Auch wenn es schön war, mit ihr zu essen, war das natürlich nicht der Grund, weshalb ich zu ihr kam. Nachdem wir zu Ende gegessen hatten, öffnete Clotilde die Luke im Küchenfußboden und kletterte in den kleinen Keller darunter. Aus den gut gefüllten Regalen nahm sie ein Dutzend fest in dunkles...


Martina Folena ist Theaterpädagogin und hat sich auf das Erzählen von Geschichten für Kinder spezialisiert. Ihr Roman Valdombra wurde mit dem dritten Platz des Batello-a-Vapore-Literaturpreises 2019 ausgezeichnet



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