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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 368 Seiten

Reihe: Krieg der Schatten

Fortune New Sol

Roman
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7325-3044-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman

E-Book, Deutsch, Band 1, 368 Seiten

Reihe: Krieg der Schatten

ISBN: 978-3-7325-3044-1
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Lia wurde nur für einen Zweck kreiert: um die New Sol Raumstation in die Luft zu jagen. Sie ist eine genetisch gezüchtete Bombe. Es gelingt ihr, die Station zu erreichen, aber ihre Mission scheitert, als ihr interner Countdown eine Fehlfunktion hat und bei *00:02:33* stehen bleibt. Ohne Plan B und nur mit der gestohlenen Identität einer Toten ausgestattet, weiß Lia nicht, was sie tun soll. Gibt es eine Möglichkeit, den Countdown wieder in Gang zu bringen? Und will sie das überhaupt? 'Es wird glorreich sein. Das sagen sie zumindest. Natürlich habe ich es nie selbst erlebt. Noch nicht. Ich werfe einen Seitenblick zu Michael hinüber. Es ist schade, dass er nie fühlen wird, was ich fühlen werde, nie sehen wird, was ich sehen werde, nie erleben wird, was ich erleben werde. Diese Ehrfurcht erweckende Kraft, wenn man zur Nova wird.'

Margaret Fortune schrieb ihre erste Geschichte mit sechs Jahren, seitdem ist das Schreiben ihre absolute Leidenschaft. Sie hat bereits diverse Kurzgeschichten in Magazinen veröffentlicht, darunter im NEO-OPSIS SCIENCE FICTION MAGAZINE und im SPACE AND TIME MAGAZINE. NEW SOL ist ihr Debütroman. Die Autorin lebt in Wisconsin.

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1
Mein Name ist Lia Johansen, und ich war eine Kriegsgefangene. Ich geriet in Gefangenschaft, als die Aurora-Kolonie erobert wurde, und lebte fast zwei Jahre lang mit zehntausend anderen Zivilkolonisten in einem Internierungslager. Meine Eltern sind vor meinen Augen an Entkräftung und Krankheiten gestorben. Und ich habe um sie geweint. Oder nicht? Meine Erinnerungen sind meist sehr verschwommen, zusammenhangslos und bruchstückhaft, sie treiben davon, wann immer ich sie fassen will, und lassen meinen Kopf leer und ausgebrannt zurück. Momentan versuche ich vor allem, mir meinen Namen zu merken und meine Geschichte immer wieder durchzugehen, so wie sie es mir beigebracht haben. Mein Name ist Lia Johansen, und ich war eine Kriegsgefangene … Bis heute. Ich stehe am Aussichtsfenster auf dem Vordeck der Xenia Anneli und sehe zu, wie die New-Sol-Raumstation langsam vor uns auftaucht. Sie ist sogar noch größer, als ich sie mir vorgestellt habe, mit zwei konzentrischen Ringen, die durch Streben mit einem kreiselförmigen zentralen Kern verbunden sind. Die Station dreht sich auch wie ein Kreisel, und die Lichter blinken wie eine bunte Weihnachtsbaumbeleuchtung. Es sieht wirklich großartig aus. Großartig … und furchterregend. Ich strecke eine Hand aus, berühre das Fenster und fahre mit dem Zeigefinger langsam den gewundenen oberen Ring nach und die Oberseite des inneren Kerns. Man hat mir gesagt, dass mich dort die Freiheit erwartet. Es ist mein erster Schritt in ein neues Leben, nachdem ein Waffenstillstand mit der Tellurianischen Allianz geschlossen wurde und man uns Gefangene freigelassen hat. Aber wie soll ich ein neues Leben anfangen, wenn ich mich kaum an mein altes erinnere? Ein lautes Zischen lässt mich zusammenzucken, und ich ziehe erschrocken die Hand zurück, bevor ich begreife, dass es nur eine der Schubdüsen des Schiffes gewesen ist, die uns auf eine Lücke zwischen den Ringen zusteuert. Ich sehe mich um und schäme mich ein bisschen für meine Reaktion, aber andererseits habe ich allen Grund, nervös zu sein. Wir waren erst eine Woche unterwegs gewesen, als eine Tür mit defekter Steuerung mir einen bösen Stromschlag verpasst hat. Ich bin nicht schwer verletzt worden – eigentlich nur eine Verbrennung an der Fingerspitze –, aber der Stromstoß war trotzdem so stark gewesen, dass ich kurz das Bewusstsein verloren habe. Zwar kam ich nach wenigen Sekunden wieder zu mir, war aber die darauffolgenden anderthalb Tage leicht benommen und stand irgendwie neben mir. Diese Erfahrung möchte ich nicht so schnell noch einmal machen. Wieder trete ich vor die Aussichtsluke, achte jetzt jedoch darauf, nichts anzufassen. Wir fliegen gerade zwischen den Ringen hindurch, und ich kann die Andockrampen direkt vor uns sehen, die sich in der Mitte des zentralen Kerns der Station befinden. Das Schiff dreht sich langsam, um sich entsprechend auszurichten, und auf einmal kann ich zwischen den Ringen hindurch einen langen Streifen schwarzen Weltalls erkennen, der mit Sternen übersät ist. Diesen Anblick habe ich in den letzten drei Wochen immer vor mir gesehen, seitdem der Transporter die Tiersten-Internierungskolonie verlassen hat. Viele der anderen ehemaligen Gefangenen waren ihn rasch leid geworden und hatten sich lieber darüber unterhalten, wie ihr Leben wohl aussehen würde, sobald wir die Station endlich erreicht haben und wieder in den Sternenbund aufgenommen worden wären, doch ich war am Fenster geblieben und hatte hinausgesehen. Gut, normalerweise stand ich auf dem Achterdeck und blickte zurück, als gäbe es da etwas auf Tiersten, das ich einfach nicht loslassen kann. Dummerweise habe ich nicht die geringste Ahnung, was das sein könnte. Das Schiff bebt, als wir andocken, und das aufgeregte Schnattern der Passagiere wird noch lauter, obwohl uns der Captain per Durchsage bittet, ruhig zu bleiben, bis die Offiziere an Bord gekommen sind und uns aussteigen lassen. Aber ich kann es ihnen nicht verdenken, viele von ihnen sind weitaus länger in Gefangenschaft gewesen als ich. Sie haben Familien, die auf sie warten, ein Heim, in das sie zurückkehren können. Nicht, dass viele von ihnen auf New Sol zu Hause sind. Es ist nur eine Raumstation, ein Sprungbrett in den Sternenbund. Hier werden viele von ihnen in andere Schiffe umsteigen und in alle Richtungen weiterfliegen. Alle außer mir, wie es scheint. Für mich ist auf New Sol Endstation. Ich blinzle und frage mich, wo dieser Gedanke auf einmal hergekommen ist. Eine Erinnerung ist fast schon greifbar nahe, und ich versuche, sie festzuhalten, da ich instinktiv spüre, wie wichtig sie ist … Mein Name ist Lia Johansen, und ich war eine Kriegsgefangene. Doch die Erinnerung ist wieder weg, sie ist mir durch die mentalen Finger geglitten, und ich schüttle den Kopf. Vielleicht wird für mich New Sol die Endstation sein, vielleicht aber auch nicht. Da es die Aurora-Kolonie nicht mehr gibt und meine Eltern tot sind, werde ich vermutlich dorthin gehen, wo immer sie mich hinschicken. »Achtung! Achtung, bitte!« Ich drehe mich zum Eingang um und recke den Hals, um zwischen den beiden Damen mittleren Alters hindurchsehen zu können, die vor mir stehen. Ein Offizier in der steifen, schwarz-goldenen Uniform der Flotte gibt Anweisungen für unseren Ausstieg, und es bildet sich eine unordentliche Schlange vor der Tür. Ich stelle mich hinter den beiden Damen an, und merke, dass mir die Beine wehtun, weil ich eine Ewigkeit auf einem Fleck gestanden habe. Endlich setzt sich auch der hintere Teil der Schlange in Bewegung. Ich folge den anderen durch die Korridore und in die Andockrampe des Schiffes, zögere dann jedoch, als ich durch die Sicherheitsscanner in die dahinterliegende Station schauen kann. Nachdenklich sehe ich über die Schulter zurück in das Transportschiff und runzle die Stirn. Irgendwie nagt das Gefühl an mir, dass ich noch etwas zu erledigen hätte. Ein Offizier drängt mich, weiterzugehen, und ich zucke mit den Schultern. Was immer es auch war, jetzt ist es zu spät. Ich betrete den Andockring und nehme meinen ersten Atemzug als freie Bürgerin des Sternenbunds. Mattgraue Wände, der Boden aus Metallplatten und sanftes weiches Licht. Das ist alles, was ich sehe, bevor mich die anderen Gefangenen weiter durch den Gang schieben. Ich schaue mich im Gehen nach beiden Seiten um und lasse mich von der Menge vor mir leiten, ebenso wie von den lächelnden Offizieren, die in regelmäßigen Abständen an den Seiten stehen. In diesem Gang gibt es nicht viel zu entdecken, bist auf die zwei Reihen flacher blauer Lampen, die auf beiden Seiten in den Boden eingelassen wurden und die den ganzen Gang entlangzuführen scheinen. Ist das die Notbeleuchtung oder dienen sie noch einem anderen Zweck? Am Ende des Gangs leitet man uns in eine Art großen Frachtraum. Es ist ihnen gelungen, den Großteil der ursprünglichen Fracht vor unserer Ankunft wegzuschaffen, und die restlichen Fässer, Eimer und Kisten wurden an die Wände geschoben, damit wir alle Platz finden. Dennoch wird es verdammt eng, und die Menschen stauen sich in langen Reihen hinter behelfsmäßigen Kontrollpunkten, die mit einer Handvoll Offizieren bemannt sind. Viele Passagiere haben sich bereits auf den Boden gesetzt, während sie warten, andere treten auf der Stelle, für mehr ist hier kein Platz. Ich stelle mich ans Ende einer Schlange und sehe auf den großen Bildschirm, der über dem anderen Eingang hängt. Ein Name und ein Foto sind darauf zu sehen. Mir wird bewusst, dass es sich um den Namen und das Foto eines ehemaligen Gefangenen handelt, und der Sinn und Zweck dieses Bildschirms wird mir dann auch klar, als ich die wartende Menge hinter der Absperrung auf der anderen Seite der Tür entdecke. Nun weiß ich, was das Ganze soll. Der Bildschirm ist nicht für uns, sondern für sie bestimmt. Für die Stationsbewohner, die hergekommen sind, um herauszufinden, ob ihre Lieben zu den wenigen Glücklichen gehören, die freigelassen wurden. Ich staune darüber, wie lange einige von ihnen schon da stehen müssen, um nervös darauf zu warten, dass ein ganz bestimmter Name auf dem Bildschirm erscheint. Dann stelle ich mir vor, wie mein Name da oben zu sehen ist. Lia Johansen. Keine Familie, keine Verwandten, es wird niemand da sein, um sie abzuholen. Um mir die Zeit zu vertreiben, belausche ich die Unterhaltungen um mich herum. Ein Stück weiter links erzählt ein Vater seinen Kindern gerade vom alten Haus seiner Familie in der Devora-Kolonie. Sie sehen so jung aus, dass sie sich garantiert nicht mehr daran erinnern, falls sie es überhaupt jemals gesehen haben. Vor mir halten sich die beiden Damen mittleren Alters an den Händen und sagen keinen Ton, sehen sich aber immer wieder an, und in ihren Blicken spiegeln sich zu gleichen Teilen Hoffnung und Unglauben. Möglicherweise lauschen sie aber auch der Großmutter ein Stück hinter uns, die dem Kleinkind auf ihrem Schoß gerade ein altes Schlaflied von der Erde vorsingt. Jeder scheint irgendjemanden zu haben, und wenn es auch nur ein Freund ist, den man in den Monaten oder gar Jahren der Gefangenschaft gefunden hat. Jeder, außer mir. Nach zwei Jahren auf Tiersten müsste ich doch wenigstens ein paar dieser Leute kennen, aber falls dem so ist, erinnere ich mich nicht daran. Gut, allein in dem Lager, in dem ich lebte, wurden mehrere Tausend Gefangene festgehalten, und die kann ich unmöglich alle gekannt haben. Auf dem Transportschiff habe ich mich abgeschottet und jedem den Rücken zugedreht, der mich angesprochen hat. Es wäre doch sinnlos, mich an Menschen zu hängen, an die ich mich sowieso nicht...



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