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E-Book

E-Book, Deutsch, 198 Seiten

Frank Trenck

Roman eines Günstlings
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-10-560906-4
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)

Roman eines Günstlings

E-Book, Deutsch, 198 Seiten

ISBN: 978-3-10-560906-4
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Leben des Freiherrn von der Trenck ist die Geschichte einer großen tragischen Liebe, bestimmt von Leidenschaft und Freiheitsdrang und überschattet von der rätselvollen Gestalt Friedrichs des Großen.
Der ungestüme 17jährige Offizier, der Adjutant des Königs, verliebt sich heimlich in die Prinzessin Amalie von Preußen. Er wird gefangen gesetzt, entflieht und führt ein unstetes abenteuerliches Wanderleben. Friedrich der Große verfolgt seinen einstigen Günstling auch außerhalb seines Landes und läßt ihn abermals in den Kerker werfen.
Dennoch hält Trenck das Andenken dieses einsamen Mannes, der seine Liebe zerstört hat, in Ehren und widmet seine Memoiren 'dem Geist Friedrichs des Einzigen'. Ungewöhnlich wie sein Leben ist auch der Tod dieses deutschen Adligen, den die freiheitlichen Ideen der Französischen Revolution begeisterten.
(Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

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Erstes Buch
Erstes Kapitel
DER KADETT im Regiment Gardes-du-Corps, Friedrich Freiherr von der Trenck, stand inmitten seiner Quartierstube, die nichts weiter aufwies als zwei Betten und Tisch und Schrank und Stühle aus Tannenholz, und betrachtete seine neue Uniform. Deren Stücke lagen ausgebreitet auf einem der Betten, beleuchtet von zwei Kerzen, die der junge Herr rechts und links entzündet hatte, und ihre Pracht kontrastierte beinahe anstößig mit der kahlen Umgebung. Es lagen dort ein Rock aus scharlachrotem Samt, mit reicher silberner Fransenarbeit verziert und sowohl vorne als auf dem Rücken mit einem großen, leuchtenden Silberstern bestickt, ferner ein Hut aus feinem, schmiegsamstem Filz mit breiten, silbernen Tressen und hochragender, schneeweißer Feder, silberne Sporen, eine silberne Feldbinde und, als Hauptstück, ein eleganter Küraß, ein Brustharnisch, der völlig mit massivem Silber überzogen war und ganze Strahlenbündel, ein wahres Feuerwerk von Silber in die braune Freudlosigkeit der Kommißkammer hinaussandte. Es war der Hochbegriff einer Galauniform, stoffgewordener Traum eines Knabenherzens, und der hier in Hemd, Kniehosen und Strümpfen vor seinem Bett stand und den Schatz enthusiastisch betrachtete, war denn auch beinahe ein Knabe, wenig über siebzehn. Er war ungewöhnlich groß und vom vollkommensten Wuchs, in den Schultern breit, schmal in den Hüften, Hände und Füße stark und doch adelig gebildet, mit einem ebenmäßigen und feinen Gesicht, das vom Leben noch ungezeichnet war, aber von Natur aus geprägt mit dem Siegel des Geistes und der Leidenschaft. Dieses Knabenantlitz konnte bedeutend scheinen, und es mußte beunruhigen, denn im Blick der weitgeschnittenen Augen, in den Linien des reichen Mundes, sogar im Muskelspiel der Wangen war etwas Maßloses, das dem jugendlichen Frieden der breiten und glatten Stirn schicksalhaft widersprach. Maßlos war auch in diesem Augenblick die Freude, der er sich hingab. Er stand da mit unersättlichen Augen und preßte, um sich zu bändigen, so fest seine Fäuste ineinander, daß ihm die Knöchel weiß wurden. Ja, dies war nun die Uniform eines Offiziers bei den Gardes-du-Corps, die schönste und prächtigste in ganz Europa, und sie kostete weit über tausend Taler, der Silberharnisch allein schon über siebenhundert. Um diese Prunkmontur zu beschaffen, war er vor drei Wochen, gleich nachdem er eingestellt und als Kadett vorläufig eingekleidet worden, mit der täglichen Post nach Berlin hinübergefahren, ohne Urlaub, was dem Unkundigen schlecht hätte bekommen können. Um sieben am Morgen fuhr er ab und stand um zwölf in der ihm unbekannten, weitläufigen Stadt, der die noch lückenhaft bebauten Plätze und Avenuen ein Aussehen gaben ähnlich dem eines Menschen, der zu weite Kleider trägt. Aber er hatte sich zurechtgefunden. Er hatte seinen Purpursamt bei Prager in der Spandauer Straße gekauft, die Fransen dazu bei Pailly Unter den Linden, das Tressenwerk und die Feldbinde im Ephraimschen Hause am Mühlendamm. All dies trug ein Lohndiener hinter ihm her zum empfohlenen Schneider. Den Harnisch aber und die Sporen hatte er An der Stechbahn bei Frommery bestellt. Heute nun waren die fertigen Stücke alle zusammen hier angelangt. Da lagen sie und strahlten. Auf der Silberwölbung des Panzers zuckte und flackerte plötzlich das Licht. Trenck wandte sich um, nicht ganz ohne Hast. Aber es war nur ein Stubengenosse, von Rochow, der eintrat. Die Herren schliefen paarweise beisammen in der Kaserne, so wenig komfortabel war das Leben in der Leibeskadron des vornehmsten Regiments in Preußen. Der Leutnant kam heran. Er sah zart, vornehm und klug aus und mochte zwanzig sein. „Oh, ich störe in der Andacht“, sagte er mit einer sympathisch belegten Stimme, „du hältst Gottesdienst vor deiner Zukunft, wie ich sehe.“ Trenck, in Verlegenheit, gab keine Antwort. „Ich möchte dich nur kurz aufmerksam machen, lieber Trenck, daß du diese hübschen Sachen noch eine Weile in den Kasten schließen mußt, denn Panzer und Silberzeug sind noch nichts für kleine Kadetten.“ „Ich nehme an“, sagte Trenck wenig verbindlich, „daß die Sachen nicht sehr lange im Kasten liegen werden.“ „Da nimmst du vermutlich etwas Falsches an. Man hat dich hier bei den Offizieren einquartiert, das ist eine ungeheure Ehre, zweifellos. Aber vom Schlafen bei den Offizieren bis zum Offizierwerden ist immerhin ein Schritt. Also gib nur acht, daß deine Achillesrüstung nicht blind wird!“ Trenck antwortete wieder nicht, und als der andere nach ihm hinblickte, sah er ihn finster und rot vor Zorn. Er trat auf ihn zu. „Trenck, ich bitte dich ernstlich, nimm dich zusammen! Du kannst doch nicht solch ein Gesicht ziehen, wenn sich ein Kamerad einen Scherz mit dir macht – ein Vorgesetzter, müßte ich eigentlich sagen“, fügte er verdrossen hinzu. „Ins Bett jetzt, es ist zehn vorbei.“ Sie beschäftigten sich schweigend mit ihrer Toilette. Im wesentlichen bestand sie darin, daß sie ihre ganze Unterkleidung, Hemd und Strümpfe, aber auch die Kniehose, mit einer genau gleichen Garnitur vertauschten. Als sich der Offizier eben seinem Lager zukehren wollte, fühlte er von rückwärts Trencks Hand auf seinem Arm. Er wandte sich um, sah den jungen Menschen an und lächelte. „Es ist ja alles gut“, sagte er höchst liebenswürdig. „Nur bezähme dich um Gottes willen! Schlaf wohl.“ Sie löschten das Licht und streckten sich auf die sehr kurzen und unbequemen Ruhestätten hin, Trenck auf der seinen mußte sich förmlich zusammenkrümmen. Sie lagen in fast vollkommener Stille, selten einmal scholl aus den Ställen unter ihnen ein Klirren oder ein Wiehern oder ein Hufschlag herauf. Von draußen kam kein Laut. Um diese Stunde bewegte sich in ganz Potsdam kein Mensch mehr auf den Straßen umher, es war so gut wie verboten. Auch keinerlei Helligkeit drang durch das vorhanglose Fenster herein, der Mond war noch nicht aufgegangen, und die Stadt war ohne Beleuchtung. „Ist es nicht eigentlich unwürdig, daß wir hier so ohne Licht liegen müssen?“ sagte Trenck nach einer Weile, da er an Rochows Atemzügen erkannte, auch jener liege noch wach. „Es ist Befehl, also ist es nicht unwürdig.“ „Ist es nicht unwürdig, daß dort überm Kanal der Kommandeur uns beaufsichtigt und es meldet, wenn nach zehn Uhr noch ein Fenster hell gewesen ist?“ „Er hat den Befehl, also ist es nicht unwürdig.“ „Ach Rochow, rede nicht so tugendhaft! Du bist ja doch von unsern sechs Herren der allerkritischste. Meinst du, ich weiß das nicht?“ „Solche Bemerkungen schicken sich nicht für einen Kadetten.“ Diesmal war Trenck nicht beleidigt. Rochow vernahm im Dunkeln, wie er sich emporstützte auf seinem Strohsack. „Aber ich kann dir versichern“, rief er herüber, „daß ich als blutjunger Student, als ein halbes Kind, in Königsberg hundertmal mehr Freiheit genossen habe.“ „Woraus man vielleicht nur schließen muß, daß halbe Kinder noch nicht auf eine Universität gehören.“ „Oh, ich war auch der Einzige. So jung wie ich war keiner, bei weitem nicht.“ „Liebster Trenck, das weiß ich ja alles, du hast ja die Güte gehabt, mir das mehrfach zu erzählen. Ich weiß, wer mein Stubengenosse ist! Ich weiß, daß sie dich mit dreizehn Jahren schon immatrikuliert haben, und daß du der Benjamin warst unter dreitausend Studenten. Ich weiß auch, was du alles studiert hast: Jus und Mathematik und Philosophie und Naturwissenschaft, und daß du vier Sprachen sprichst und daß du mit vierzehn dein erstes Duell gehabt hast, weil dir die Nase eines Herrn von Wallenstein nicht gefiel …“ „Wallenrodt!“ korrigierte Trenck. „O Vergebung: Wallenrodt. Und daß du voriges Jahr öffentlich zwei gelehrte Disputationen durchgefochten hast, und daß du ein großes, großes Licht bist. Und nur eines weiß ich nicht: warum du mit solchen Gaben ausgerüstet nichts Besseres zu tun gewußt hast, als dem ersten besten Wink zu folgen und hier in unser Strafregiment einzutreten.“ „Strafregiment!“ rief Trenck und merkte gar nicht, daß er den Standpunkt wechselte. „Das erste Europas!“ „Herr Baron sind in superlativischer Laune. Gleich das erste Europas! Jedenfalls das geplagteste. Jedenfalls das einzige Garderegiment, in dem die Offiziere täglich drei Stunden lang beim Pferdeputzen dabei sein müssen, jedenfalls auch das einzige, bei dem sie in Hosen und Strümpfen schlafen, weil so ziemlich jede Nacht zwei- oder dreimal Alarm geblasen wird.“ „Ganz sicher das einzige, Rochow. Aber warum? Doch nur, weil diese eine kleine Truppe die Muster- und Pflanzschule der ganzen preußischen Reiterei sein soll, – darum wird von uns das Riesige gefordert, darum wird einem nicht einmal der Schlaf gegönnt. Wer das Höchste nicht leistet, soll ausscheiden, beim geringsten Verstoß wird er davongejagt.“ „O ja“, sagte Rochow. „Aber wer es leistet“, schloß Trenck kindlich verzückt, „wer seinen Mann steht, wer sich bewährt, der wird dereinst auch General und Feldmarschall.“ „Bravo Trenck, so ist’s recht. Hier wird jeder Feldmarschall!“ Aber Trenck ließ sich nicht beirren. Sein Innerstes kehrte sich hervor, sein Ehrgeiz, seine ungemessene Ruhmsucht. „O Rochow“, sagte er laut und pathetisch in das Dunkel hinein, „das war schon ein Glückstag für mich, als der Baron Lottum nach Königsberg kam. Es gibt doch Fügungen. Bei meinem Großvater mußte er zu Mittag speisen, und ich war dabei!“ „Wie heißt dein Großvater eigentlich?“ „Es ist der Gerichtspräsident von Derschau.“ „Ah,...


Frank, Bruno
Bruno Frank wurde 1887 in Stuttgart geboren, studierte erst Jura und erwarb dann in Tübingen den Dr. phil. Er reiste in Frankreich und in den Mittelmeerländern und wohnte meist in München. 1933 ging er über Österreich und England nach Kalifornien, wo er im Sommer 1945 einem Herzschlag erlag. Neben seinem Roman „Cervantes“, dem Sinnbild des auch in Sklavenketten souveränen Geistes, sind vor allem seine Theaterstücke bekannt, von denen die Komödie „Sturm im Wasserglas“ auch im Ausland immer wieder aufgeführt wurde.

Bruno FrankBruno Frank wurde 1887 in Stuttgart geboren, studierte erst Jura und erwarb dann in Tübingen den Dr. phil. Er reiste in Frankreich und in den Mittelmeerländern und wohnte meist in München. 1933 ging er über Österreich und England nach Kalifornien, wo er im Sommer 1945 einem Herzschlag erlag. Neben seinem Roman „Cervantes“, dem Sinnbild des auch in Sklavenketten souveränen Geistes, sind vor allem seine Theaterstücke bekannt, von denen die Komödie „Sturm im Wasserglas“ auch im Ausland immer wieder aufgeführt wurde.



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