Frank World of Nightwalkers - Verbotenes Begehren
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8025-9459-5
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 01, 384 Seiten
Reihe: World-of-Nightwalkers-Reihe
ISBN: 978-3-8025-9459-5
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Krieger Ram ist auf der Suche nach der passenden Gefährtin für seinen König. Er findet sie in der jungen Sterblichen Docia, die er fortan beschützen soll. Doch dann verliebt er sich in sie. Kann er eine Frau für sich beanspruchen, die vom Schicksal dazu auserkoren wurde, Gemahlin eines Königs zu sein?
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Docia stieß einen verärgerten Laut aus. Fast hätte sie sich ihren Kaffee auf die Schuhe gekippt, als sie mit einem Satz einem Wagen auswich, der dicht an dem Gehsteig entlangraste, von dem sie gerade hatte treten wollen. Es war ein Wunder, dass sie nicht überfahren worden war, dass der größte Teil ihres Kaffees noch im Becher war und ihr das Mobiltelefon nicht aus der Hand fiel.
»Hallo? Jackson?«, sagte sie rasch. »Den letzten Teil habe ich nicht mehr mitbekommen.«
»Nicht so wichtig, Sissy. Ich habe nur über Landon gelästert. Ich glaube, ich wandere bald wegen Mordes in den Knast.«
»Das kannst du nicht tun«, entgegnete sie. »Du weißt, was mit Cops im Gefängnis passiert?«
»Ach, Mist. Du hast recht. Ich bin total neben der Spur.«
Docia biss sich auf die Lippen und versuchte nicht zu lachen. Obwohl er scherzte, wusste sie, dass ihr Bruder wirklich außer sich war. Und ganz und gar nicht in Form. Das war so, seit sein Partner Chico vor sechs Monaten eine Kugel in den Schädel bekommen hatte. Jackson trauerte auf seine Weise, und das hieß, dass er viel weniger Geduld hatte, als er normalerweise an den Tag legte. Leider war Landon kein gefühlsbetonter Typ, der Verständnis dafür hatte, dass Jackson sich einfach aus dem Staub machte. Es war wichtig, dass sie ihrem Bruder half, sich wieder zu fassen.
»Wie geht es Sargent?«
Jackson hielt einen Moment inne. »Er ist undiszipliniert und geht mir auf die Nerven. Außerdem läuft er immer weg.«
»Ach du Schande!« Das war nicht gut. Wenn Jackson Sargent nicht unter Kontrolle hatte, zog das einen Haufen Probleme nach sich. Doch ihr Bruder hatte eine besondere Vorliebe für diese Polizeihundewelpen. Kein Hund könnte Chico wohl jemals ersetzen. Vielleicht war es noch zu früh für einen neuen Hund. Er hätte warten sollen. Sich mehr Zeit lassen. Doch als einer von nur zwei Hundeführern bei der Polizei von Saugerties konnte er es sich nicht leisten, zu warten, bis er einen getöteten Hund ersetzte. Vor allem, wenn man bedachte, wie viel Zeit, Geld und Anstrengung in die Ausbildung eines Hundes flossen. Das Department brauchte den Hund dringend, und er musste gut trainiert sein. Sie wussten auch, dass Jackson der beste Mann dafür war. »Nun, du bekommst ihn schon noch in den Griff«, sagte sie ohne den geringsten Zweifel daran. »Er ist erst ein Jahr alt.«
»Ja, na ja, als Chico ein Jahr alt war, hat er auf ein Fingerschnippen gehorcht.«
»Ja«, sagte sie und trat erneut vom Gehsteig, »aber er ist nicht Chico, mein Schatz. Es ist nicht fair ihm gegenüber, das von ihm zu erwarten. Du hast ihn noch nicht so lange.«
Wieder war da dieses kurze Schweigen. Docia konnte beinahe sehen, wie er zustimmend nickte. Jackson war sachlich, engagiert und sehr ehrgeizig. Es lag ihm nicht, eine Niederlage hinzunehmen. Er musste mit dem Herzen dabei sein.
»Ich weiß«, sagte Jackson nur, und sein Tonfall verriet, dass er den klugen Rat seiner Schwester aufgenommen hatte. »Wo bist du denn?«
Docia musste lächeln über den Themenwechsel. Er brauchte ein wenig Raum, und den würde sie ihm geben. Sie war einfach froh, dass er mit ihr darüber sprach. Er war in ein tiefes Loch gefallen, als Chico gestorben war. Ein paar Leute zuckten nur mit den Schultern und sagten, es war ja »bloß ein Hund«, doch Chico war für Jackson genauso ein Partner gewesen wie ein Mensch. Unter den Kollegen spottete kaum einer. Sie hatten Chico als Polizeihund respektiert. Sogar der lästige Polizeichef Avery Landon.
»Nun, ich bin gerade an vorbei, was mich daran erinnert, dass ich schon lange keine Pediküre mehr hatte. Oder ein Waxing.«
»Okay, das muss ich nicht unbedingt wissen, Sissy.«
»Pff«, erwiderte sie. »Tu bloß nicht so, als würdest du es nicht mögen, ein Mädchen mit einem …«, sie nahm die Hand mit dem Kaffee und machte eine kreisende Bewegung vor ihrem Körper, so als könnte er sie sehen, »gestutzten Busch.«
»Ich spreche nicht über den Busch meiner Schwester!«, brachte er mühsam heraus.
»Du Weichei!«
»Du Biest!«
Sie drückte einen Knopf und lächelte, als die Verbindung abbrach. Sie liebte es, ihn so in Verlegenheit zu bringen. Dabei freute sie sich diebisch. Nun, er hatte das Thema wechseln wollen. Das hatte er jetzt davon. Sie steckte das Telefon in ihre Tasche, eine hübsche kleine rosa-graue Tasche, die sie in einer Wiederauferstehungsboutique hier am Ort gesehen hatte. So nannte sie Trödel- und Secondhandläden gern. Nur in ihren Träumen konnte sie sich eine neue Designer-Handtasche leisten. Die leicht abgewetzten Kanten auf dem Boden sah man fast gar nicht, und zu ihrer Winterjacke mit der Kunstfellkapuze sah sie einfach entzückend aus. Sie würde die Kombination den ganzen Winter über tragen, weil sie sich keine andere leisten konnte, doch sie war völlig zufrieden mit dem, was sie hatte, und verschwendete keine Zeit und keine Gedanken an das, was sie nicht hatte.
Sie richtete den Blick bewusst geradeaus, als sie an Krauses Süßwarenladen vorbeiging. Die rot-weiß gestreifte Dekoration an den Säulen schrie geradezu danach, dass man sich die Nase am Schaufenster platt drückte und die Berge von köstlicher Schokolade roch. Doch sie hielt tapfer stand. Sie war sowieso schon ziemlich spät dran. Sie war auf dem Weg zu einem netten kleinen Büro mit einem mürrischen Chef, mit dem sie Ärger bekäme, wenn sie zu spät kam.
Ein paar Minuten später trat sie auf die grüne Stahlbrücke mit dem taillenhohen Betongeländer, das jedoch niedrig genug war, um ihr einen Blick auf das Wasser des Esopus River zu gewähren, der in den größeren und viel majestätischeren Hudson River mündete. Die Strömung war stärker als normalerweise zu dieser Jahreszeit, weil das Wetter für den Winter ungewöhnlich warm war … wenn man fünf Grad als warm bezeichnen konnte. Es fror also nicht, daher schwamm auf dem Hudson zu ihrer Linken nicht eine einzige Eisscholle, und der Fluss unter ihr strömte nicht träger dahin auf dem kurzen Stück, bis er über trügerisch warm aussehende braungraue Felsen hinabstürzte. Doch das war nichts im Vergleich zum Sommer. Da rauschte der reißende Strom in rasender Geschwindigkeit hinab, was viel eher einem heftigen Vulkanausbruch glich.
Sie war in romantischen Tagträumen gefangen, wie sie feststellte, und beschleunigte den Schritt, während sie über die Brücke ging. Die Brücke selbst war ein Überbleibsel aus einer Zeit, als die Fahrzeuge noch nicht besonders schnell fuhren und die Fahrer die Kurve auf die Brücke und die schmale Brücke selbst noch nicht entgegen jeder Vernunft und entgegen den Verkehrsregeln in zu gewagtem Tempo nahmen. So war kaum genug Platz, dass ein Fußgänger sie sicher überqueren konnte. Es war jedoch der einzige Weg, auf dem sie zur Arbeit kam, nachdem ihr schwerer Volvo letzte Woche wegen kaputter Lichtmaschine liegen geblieben war und sich nicht mehr vom Fleck bewegte. Das kostete schlappe zweihundertfünfzig Dollar, die sie aber erst hatte, wenn sie am Freitag ihren Gehaltsscheck bekam. Zum Glück war es nur noch ein Tag bis dahin.
»Bad Boys«, der Titelsong der TV-Serie erklang in ihrer Tasche, als sie fast in der Mitte der Brücke war. Geschickt zog Docia das Handy ganz unten aus ihrer kleinen Tasche und hielt es ans Ohr.
»Ich dachte, ich hätte dich mit meinem Gerede über das Büschestutzen abgeschreckt«, sagte sie und unterdrückte ein Kichern, als Jackson ins Stottern geriet.
»Das – das hast du auch. Bitte sprich einfach nicht mehr davon. Nicht so früh am Tag. Nein, streich das für den Rest des Tages.«
»Rufst du nur an, um mich herumzukommandieren, oder gibt es einen anderen Grund?«
»Ich meine es ernst, Sissy! Versprich mir, dass du es nicht mehr erwähnst.«
»Ich leg gleich auf«, drohte sie.
»Du benimmst dich wie ein kleines «, schimpfte er.
Docia kicherte und hatte bereits die perfekte Retourkutsche. Von wegen. Doch als sie den riesigen SUV entdeckte, der auf ihrer Seite der Brücke auf sie zuraste, sodass ein Funkenregen sprühte, als er das Geländer streifte wie ein Liebhaber, der mit der Zunge über den Hals seiner Partnerin fährt, blieb ihr die deftige Erwiderung im Halse stecken.
Sie ließ alles fallen. Kaffeebecher. Telefon. Hübsche grau-rosa Handtasche. Und irgendwie gelang es ihr, auf das Geländer zu klettern, damit sie nicht zu Hackfleisch wurde, als der SUV so nah an ihr vorbeirauschte, dass er ihren Rock erfasste und zerriss.
So nah, dass der Beifahrer sich mit seinem mächtigen Oberkörper aus dem Fenster lehnen und sie mit einem kräftigen Stoß vom Geländer schieben konnte.
Einen Moment lang war um sie herum nichts als Luft, ein Augenblick, in dem sie scharf einatmete und schwerelos durch die Luft zu schweben schien. Die eingesogene Luft hörte sich in ihren Ohren so laut an, und der Schrei, der folgte, nicht laut genug. Und kurz bevor sie in die Schlucht aus Felsen und Wasser unter sich stürzte, weil die Schwerkraft doch nicht außer Kraft gesetzt war, hatte sie nur einen einzigen Gedanken, nämlich dass die Strömung hoffentlich stark genug war, um ihren toten Körper aus dem Zuständigkeitsbereich von Jackson fortzutragen.
Mehr Zeit hatte sie nicht, bevor sie mit Kopf und Rücken auf den Felsen aufschlug und ein Strom eisigen Wassers sie mitriss und gegen eine weitere Felsgruppe schleuderte, so als hätte jemand sie in eine mit Steinen gefüllte Teufelsmaschine im Waschsalon...




