Friedlaender / Müller | Die Macht am Rhein | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 251 Seiten

Reihe: Kommissare Rosenthal und Fett

Friedlaender / Müller Die Macht am Rhein

Polit-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 1, 251 Seiten

Reihe: Kommissare Rosenthal und Fett

ISBN: 978-3-8392-6094-4
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Kein



Ein Mann liegt tot in einer Pferdebox auf der Rennbahn Köln-Weidenpesch. Wer ist der Mörder des Aachener Medienzars Verhülsten? Notgedrungen kooperieren Kommissarin Rosenthal aus Köln und Kommissar Fett aus Aachen. Eine Spur führt sie zu vier aufrechten Politikern, die das zerfallende System unter Kanzlerin Merkel umtreibt. Zeitgleich erschüttern Bauskandale Aachen, Bonn, Köln und Düsseldorf. Hatte Verhülsten seine Finger im Spiel und musste deshalb sterben?
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Golf oder Goethe
Ein Junisonntag wie aus dem Bilderbuch. Kommissarin Theresa Rosenthal genoss die Sonne. Sie hatte es sich mit einem Cappuccino, Schokoladenkeksen und einem Buch auf ihrer Dachterrasse gemütlich gemacht und freute sich auf eine ruhige Lesestunde zur Tageszeit. Sonst nutzte sie die schlaflosen Nachtstunden für ihre Lektüre, bis ihr das Buch aus der Hand sackte. In der nächtlichen Lesezeit kamen deshalb oft ganze Sätze abhanden. Völlig bei Sinnen schien sie in diesen Wachphasen nicht zu sein. Außerdem war Samstagnacht wieder mal die Hölle los gewesen. Theresa wohnte nahe der Innenstadt im Belgischen Viertel von Köln. Der Brüsseler Platz war in den letzten Jahren zur beliebten Partyzone mutiert. Bei schönem Wetter standen die jungen Leute mit Bierflaschen draußen. Der steigende Alkoholpegel heizte die Stimmung an, und um Mitternacht erreichte das Grölen ihre Penthouse-Etage. Die Mitarbeiter vom Ordnungsamt waren machtlos und zogen beschimpft und bespuckt ab, manchmal wurden sie tätlich angegriffen. Köln verteidigte seinen Ruf als Dauerpartystadt. Anstelle von massiven Eingriffen beriefen die Stadtoberen Schlichter. Null Erfolg. Das fröhliche Feiern gehöre zum Kölner Lebensstil, verteidigten Politik und Verwaltung ihr lasches Vorgehen. Bloß keine Unterbrechung der großen Sause. Vom Christopher Street Day direkt in den Karneval, mittlerweile auch Jeck im Sunnesching; jeder fremde Brauch wurde übernommen, willkommener Partygrund: Oktoberfest und Halloween; vom 11.11. direkt in den Weihnachtsmarkthype. Ums liebe Herzjesulein ging es dabei lange nicht mehr. Glühwein saufen und Randale selbst auf dem Weihnachtsmarkt am Dom, dessen Mauern mittlerweile wegbröselten, weil die Besoffenen das Weltkulturerbe bei Druck anpinkelten. Toll, überlegte Theresa: Eine Stadt pinkelt sich weg. Die Geschäftsleute in der Altstadt, an den Ringen, Zülpicher Straße stöhnten, weil sie morgens, bevor sie ihre Geschäfte öffneten, erst Müll und Exkremente wegschieben mussten. Nur die Kneipenwirte waren zufrieden mit den Kölsch-Umsätzen, kümmerten sich aber wenig um die Hinterlassenschaften ihrer saufenden Gäste. Reg dich ab, ermahnte Theresa sich, genieß den schönen Sonntag. Komm runter! Mit großem Vergnügen machte sie sich an Rüdiger Safranskis Goethe-Biografie. Der Autor war ein kenntnisreicher und genialer Erzähler, seine Schilderungen so lebendig, als habe er selbst mit Goethe im Weimarer Gartenhaus geplauscht. Sie stockte bei einem Zitat des alten Klassikers: »Es liegt nun einmal in meiner Natur, ich will lieber eine Ungerechtigkeit begehen, als Unordnung ertragen.« Hat eine Menge mit meiner Arbeit zu tun, dachte sie. Dann polterte der komplette Safranski auf den Terrassenboden, wodurch Theresa Rosenthal aus einem Sekundenschlaf aufschreckte. Wieder hellwach, überlegte sie, ob es nett wäre, ein paar Bälle von der Driving Range zu schlagen. Seit sie es mit zwei Todesopfern auf dem Golfplatz Siebeneichen zu tun gehabt hatte, kämpfte Rosenthal mit dem kleinen weißen Ball. Der irische Trainer des Golfclubs, ursprünglich ein Verdächtiger in dem damaligen Fall, hatte sie zu diesem Ballsport, den sie früher nicht ganz ernst genommen hatte, verführt. Tatsächlich war sie mittlerweile vernarrt ins Golfspiel. Ihr Mann Georg, eher der No-Sports-Typ, belächelte seine Gemahlin, wenn sie mit ihren Schlägern abzog. Aber Georg war auf einer Lesereise für sein neues Buch, und sie könnte, ohne seinen feinen Spott im Rücken, das Haus verlassen. Deshalb hielt sie nichts ab, außer dem jungen Goethe. Golf oder Goethe, überlegte sie, hob das Buch vom Boden auf, klappte es zu, womit die Entscheidung für Golf gefallen war. Sie ging in ihr Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Das Telefon an ihrem Bett klingelte. »Theresa? Komm aus deiner Sonnenliege hoch«, meldete sich ihr Kollege Marco Bär. »Es gibt Arbeit.« »Kann nicht sein«, murrte die Kommissarin. »Morden am Sonntag ist verboten.« »Wir wissen nicht genau, ob es Mord war. Merkwürdige Umstände.« »Wo?« »Weidenpesch. Pferderennbahn.« »Ist heute ein Rennen?«, wollte Rosenthal wissen. »Ja, großer Auftrieb. Die ersten Rennen sind gelaufen, sodass sich die meisten Leute auf dem Gelände aufhalten«, erklärte Bär. »Du wirst gut durchkommen.« »Das ist ein unendlicher Trost für mich«, bemerkte Rosenthal schlecht gelaunt. »Wo treffen wir uns?« »Bei den Ställen. Der Tote liegt in einer Box.« »Für tote Pferde sind wir gar nicht zuständig.« »Haha. Das Pferd lebt, der Mann ist tot.« »Und, soll ich das Pferd verhaften?« »Du bist heute so witzig«, lachte Bär. »Galgenhumor. Okay, Golfschläger wegpacken. Pferde satteln. Bin gleich da.« Die Anfahrt über die Rennbahnstraße, die bei Beginn der Veranstaltungen meist verstopfte, war zu dieser Zeit tatsächlich kein Problem. Irgendwie wurstelte sich die Kommissarin durch, befragte einige Parkplatzwächter und Pförtner und fand endlich die Zufahrt zu den Ställen. Kollege Bär stand am Eingang mit einem Mann mittleren Alters, dem Aussehen nach wahrscheinlich ein Stallknecht oder wie das hieß. Die Welt der Pferde war Theresa Rosenthal fremd. Im Grunde hatte sie Angst oder zumindest Respekt vor den Viechern, besonders wenn sie die Augen verdrehten und die Ohren nach hinten legten. Ihr Versuch, sich auf dem Rücken eines Pferdes zu halten, war einst kläglich gescheitert, aber das würde hier nicht nötig sein. Ein bunt gekleideter Jockey in seidigem Hemd und mit gelb-grüner Kappe kam auf einem schnaubenden Gaul auf sie zugeritten. Erschrocken wich sie zurück. »Pferde sind wohl nicht so dein Ding?«, begrüßte Marco Bär seine Kollegin. »Nee, ich trau den Viechern nicht über den Weg.« »Da muss ich dir recht geben, vor allem wenn ich den Mann, der im Stall liegt, anschaue«, stimmte Bär ihr zu. »Sieht übel zugerichtet aus. Einer der Stallknechte hat das Pferd gerade aus der Box gezogen. Es spielte völlig verrückt.« »Weiß man, wer der Tote ist?«, wollte Rosenthal wissen. »Ist bekannt wie ein bunter Hund. Armin Verhülsten, große Nummer aus Aachen. Verleger.« Bär hatte sich offensichtlich schon umgehört. Der Tote in der Pferdebox bot keinen schönen Anblick. Bär hatte sie vorgewarnt. Ein von Pferdehufen zertrampelter Körper war nicht gerade das, wovon man sich an einem sonnigen Terrassen- oder Golfsonntag gern stören ließ. Rosenthal warf einen kurzen Blick auf den zertrümmerten Schädel. Das war der Job für den Rechtsmediziner und die KTU. »Wer ist der Besitzer des Pferdes?«, wollte sie von Bär wissen. »Ein Mann namens Heiko Selig«, informierte er sie. »Er hält sich wahrscheinlich im Hippodrom auf, das ist das Restaurant an der Rennbahn. Da ist großer Bahnhof. Irgendeine Firma sponsert das Event.« Die Kommissare gingen hinüber ins Hippodrom, während der Sprecher das nächste Rennen annoncierte. Sie erreichten das Restaurant in dem Moment, als die Jockeys versuchten, ihre Pferde in die Starteinrichtung zu manövrieren, die genau vor der Terrasse aufgebaut war, um den dortigen Gästen einen exklusiven Blick auf den Beginn des Rennens zu garantieren. »Krösus kommt als letzter Kandidat heran«, kommentierte der Rennbahnsprecher. »Er geht hinein in die Box, alles startklar für den Preis der Bartels-Bank.« Die beiden Kommissare erschraken, als sich die Boxen krachend öffneten und die Pferde losrasten. »Die Kandidaten sind auf der Reise«, hörte man die Stimme des Kommentators durch die Lautsprecher dröhnen. »Die Distanz: 2.000 Meter. In gewohnter Manier übernimmt Monbijou die Führung, gefolgt von Wüstenfuchs, an der Innenseite auf Platz drei My fair Lady, um Anschluss bemüht ist außen Nobleman.« Rosenthal und Bär blieben stehen und beobachteten, wie die Pferde im Pulk auf der gegenüberliegenden Seite galoppierten. »Monbijou marschiert, gefolgt von Krösus. Es tut sich seit dem Start gar nichts. Die Jockeys scheinen zufrieden mit ihren Positionen. Die ersten biegen in die Zielgerade ein. Valungo greift außen an.« Die Stimme des Sprechers wurde hektischer. »Monbijou weiter vorn, wird jetzt innen angegriffen von Wüstenfuchs, mit einer halben Pferdelänge Abstand folgt Valungo, es prescht von hinten heran Krösus.« Immer aufgeregter klang der Kommentator. »Krösus oder Monbijou, Krösus! Monbijou ist einen Kopf vorn. Monbijou!«, jubelte der Sprecher, als sei er selbst der Besitzer des Gewinners. Die Pferde donnerten an den Kommissaren vorbei ins Ziel, das sich ebenfalls vor der Nase der exklusiven Gäste befand, gefeiert von denen, die auf den Gewinner gesetzt hatten. Rosenthal spürte, wie die knisternde Spannung, die in der Luft lag, sich auf sie übertrug. Als sich die Stimmung beruhigte, begab sie sich mit dem Kollegen auf die Suche nach Gesprächspartnern. »Wo fangen wir an in diesem Gedränge?«, fragte Bär ratlos. »Am besten bei den Sponsoren, die werden die meisten der Gäste kennen«, schlug Theresa Rosenthal vor. »Vorläufiger Einlauf für das Bartels-Bank-Rennen«, hörten sie den Sprecher. »Erster Monbijou, zweiter Krösus, an dritter Stelle Valungo und, wichtig für Ihre Viererwette, der vierte Platz für Sonnyboy.« Sie erwischten Herrn Voss, Partner beim großen Immobilienmakler »Voss und Felten«. Man merkte, die Todesnachricht kam ihm ungelegen. »Ich will nicht herzlos sein«, sagte Ronald Voss, »aber wir geben eine Stange Geld aus, um unsere Kunden und Partner bei dieser Einladung zu hätscheln. Ich kann die Veranstaltung nicht abblasen.« »Müssen Sie nicht«, beruhigte Theresa...


Müller, Olaf
Maren Friedlaender, in Kiel geboren. Studium der Psychologie, Journalistin, lange Jahre beim ZDF in der Innenpolitik tätig. Lebt heute in Köln. Unterwegs in verschiedenen Welten: schreibend, aber auch aktiv in der Politik; für einige Jahre Mitglied des Kulturausschusses. Seit drei Jahren wöchentliche Glosse, in der sie mal schmunzelnd, mal bissig die Stadt aufs Korn nimmt. Im Gmeiner-Verlag erschienen ihre Krimis „Rheingolf“ und „Berlin.Macht.Männer.“
Olaf Müller, gelernter Buchhändler, studierte Germanistik und Komparatistik an der RWTH Aachen. Als Mitarbeiter eines Landtagsabgeordneten und im Kulturausschuss der Kommune sammelte er politische Erfahrungen. Seit 2007 leitet er den Kulturbetrieb der Stadt Aachen. Im Gmeiner-Verlag erschienen seine Krimis „Rurschatten“ und „Allerseelenschlacht“.


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