E-Book, Deutsch, Band 3166, 64 Seiten
Reihe: Perry Rhodan-Erstauflage
Fröhlich Perry Rhodan 3166: Der Genetische Algorithmus
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-8453-6166-6
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Perry Rhodan-Zyklus "Chaotarchen"
E-Book, Deutsch, Band 3166, 64 Seiten
Reihe: Perry Rhodan-Erstauflage
ISBN: 978-3-8453-6166-6
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
In der Milchstraße schreibt man das Jahr 2072 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Dies entspricht dem Jahr 5659 nach Christus. Über dreitausend Jahre sind vergangen, seit Perry Rhodan seiner Menschheit den Weg zu den Sternen geöffnet hat. Noch vor Kurzem wirkte es, als würde sich der alte Traum von Partnerschaft und Frieden aller Völker der Milchstraße und der umliegenden Galaxien endlich erfüllen. Die Angehörigen der Sternenvölker stehen für Freiheit und Selbstbestimmtheit ein, man arbeitet intensiv zusammen. Doch entwickelt sich in der kleinen Galaxis Cassiopeia offensichtlich eine neue Gefahr. Dort ist FENERIK gestrandet, ein sogenannter Chaoporter. Nachdem Perry Rhodan und seine Gefährten versucht haben, gegen die Machtmittel dieses Raumgefährts vorzugehen, bahnt sich eine unerwartete Entwicklung an: FENERIK stürzt auf die Milchstraße zu. In der Heimatgalaxis der Menschheit wappnen sich die freien Völker so gut es geht gegen die unbekannten Absichten und Machtmittel des Chaoporters. Wenig genug ist bekannt: Für zwei durch die Havarie mit der LEUCHTKRAFT ausgeschaltete Quintarchen wird Ersatz benötigt, und Reginald Bull ist einer der möglichen Kandidaten. Von besonderer Bedeutung für FENERIK ist außerdem womöglich DER GENETISCHE ALGORITHMUS ...
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1. FENERIKS Atem »Willst du sterben?«, fragte Apehei das Kind. Es mochte vier oder fünf Zyklen alt sein, zu jung jedenfalls, um FENERIKS Atem selbst zu bewältigen. Apehei wusste nicht einmal, ob es sich um ein Mädchen oder einen Jungen handelte. Seine Kopffedern wiesen noch den kindstypischen Weißton auf, in dem sich das Blau der Ausgewachsenen bestenfalls als zarter Schimmer zeigte. Erst wenn sein Körper die Hormonproduktion startete, würden die Federn nachdunkeln und der Genetische Schild aktiviert werden. In etwa 20 Zyklen. Wenn das Kind Glück hatte, vielleicht sogar schon in 15. Falls es so lange lebte. Apehei bemerkte die vergrößerten Pupillen und den gelblichen Tränenfilm in den dunkelblauen Augen des Kindes. Es hatte Angst, zumindest ein bisschen. Das war gut. Ein erster wichtiger Schritt. Aber er reichte nicht aus. »Willst du sterben?«, fragte sie erneut, lauter diesmal. Das Kind zuckte zusammen und senkte eingeschüchtert den Blick. Apehei schaute zu den Eltern. Sie standen etwas abseits in der kleinen Wohnung neben einem Wandbord, auf dem eine zischende, dampfende Aromaglobe einen schwefeligen Hauch verbreitete. Sie hielten sich an den Händen, starrten sie an – und schwiegen. Genau wie es ihnen Apehei vor wenigen Minuten eingetrichtert hatte. Sie fragte sich, warum sie den Auftrag überhaupt angenommen hatte. Ondrell und Myriala gehörten nicht gerade zu den privilegiertesten Kejis. Sie lebten weit außerhalb der Zentralstadt in einem Wohnzirkel, hielten sich mit dem Anbau dürrer Lamicsträucher mehr schlecht als recht über Wasser und konnten Apeheis Dienste keinesfalls ausreichend bezahlen. Warum also war sie gekommen? Die Antwort war so schlicht wie bitter: weil sich sonst niemand um das Kind kümmerte. Nicht die Genetische Behörde, nicht die Zentralstadtförderung, leider nicht seine Eltern und schon gar nicht FENERIK – und das, obwohl der Chaoporter in gewisser Weise für die Hilfsbedürftigkeit des Kindes verantwortlich war. Dennoch: Vielleicht hätte sie den Auftrag ablehnen sollen. Jede andere Absorbiererin hätte es getan oder es gar nicht erst so weit kommen lassen. Sie hätte die Verbindungsanfrage bereits in dem Moment abgewiesen, in dem der Kontakter anzeigte, dass der Anrufer und potenzielle Auftraggeber in den Außenbezirken lebte. Apehei hingegen – die dumme, gutmütige Apehei mit dem viel zu weichen Herzen – akzeptierte die Anfrage nicht nur. Nein, sie stieg nach dem kurzen Gespräch auch sofort in ihren Schweber und raste los. In eine Gegend, in die sie unter anderen Umständen keine Zehenspitze gesetzt hätte. Hin zu den Ausgestoßenen, den Unerwünschten und Vergessenen, den genetisch Missglückten, deren einziger positiver Beitrag zur Gesellschaft darin bestand, dass sie sich früher oder später gegenseitig umbrachten. Zumindest war das die offiziell vorgeschriebene Sichtweise der Zentralstadtförderung. Apehei hatte schon oft genug Aufträge in den Außenbezirken angenommen, um zu wissen, dass die Wahrheit darüber hinausging. Gewiss, dort draußen herrschten Mord und Totschlag, doch die Unerwünschten lebten nicht an diesem Ort, weil sie kriminell waren – sie waren kriminell, weil sie dort lebten. Weil ihnen keine andere Wahl blieb. Illustration: Dirk Schulz Einmal testete die Genetische Behörde eine neue, vielversprechende Genkombination, die unerwarteterweise zu porösen Falthäuten, Schwachsinn oder kaum belastbarem Knochenbau führte. Ein anderes Mal verwandelte eine mentale Renovierung ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft in einen lallenden Idioten. Warum sollten wir uns um die Produkte unserer Wissenschaft kümmern? Steckt sie in die Außenbezirke, dort schlagen sie sich schon irgendwie durch. Natürlich kam so etwas nicht häufig vor. Aber es kam vor. Ein Detail, das die ZSF nur allzu gerne zu erwähnen vergaß, wenn sie ihre offizielle Sichtweise verkündete. Nur selten legte ein Unerwünschter diesen Status ab und durfte in die Zentralstadt zurückkehren, nämlich dann, wenn ihn die Genetische Behörde zu einer neuerlichen mentalen Renovierung vorlud. Falls er diese Vorladung erhielt. Falls er ihr folgte – und falls die Renovierung in einer grundlegenden Wesensänderung resultierte, die ihn für die Gesellschaft oder für FENERIK wieder interessant machte. Die ZSF mochte es anders sehen, Apehei jedoch war der Ansicht, dass auch die Unerwünschten das Anrecht auf ein kleines Zipfelchen Glück hatten. Und welches größere Glück konnte es geben als ein eigenes Kind? Auf natürliche Weise empfangen und geboren, ohne dass die Genetische Behörde das Erbgut vermaß, nach ihren Vorstellungen veränderte und nach der Geburt erneut vermaß? Apehei wusste, dass die ZSF ihre Einsätze in den Außenbezirken missbilligte. Wen scherten die unerwünschten Kinder der unerwünschten Eltern? Die Zentralstadtförderung würde es eher begrüßen, die Bälger an FENERIKS Atem zugrunde gehen zu lassen. Aber Absorbiererinnen waren selten und ihre Dienste zum Wohle der Kinder in der Stadt so hoch begehrt, dass die ZSF dafür aufkam – und Apehei bei ihrem Privatvergnügen gewähren ließ. Als wäre es tatsächlich ein Vergnügen. So senkte sie also eine halbe Stunde nach Ondrells Anruf den Schweber über dem mittleren der drei mindestens 50 Stockwerke hohen, ringförmigen Wohnzirkel. Weitläufige, größtenteils verwildert wirkende Lamichaine umgaben die schäbigen Gebäude. Ein riesiges Gelände, um dessen Erträge sich allerdings Tausende von Unerwünschten stritten, vermutlich sogar prügelten oder noch Schlimmeres. Apehei stieg aus und schickte das Fahrzeug per Fernsteuerung wieder in die Luft. 200 Meter über dem Dach würde es auf seine Besitzerin warten. Apehei mochte gutmütig und weichherzig sein und deshalb von der ZSF als dumm angesehen werden. So dumm, den Schweber in den Außenbezirken leicht zugänglich stehen zu lassen, war sie allerdings nicht. Ein Mann mit struppigen Kopffedern eilte durch den Regen auf sie zu. Die goldene Gesichtshaut hatte ihren metallischen Schimmer verloren und wirkte matt und stumpf. Dunkle Flecken auf den Wangen und um die Lippen – schlecht verheilte Geschwüre – zeugten von übermäßigem Harzkonsum. Erstaunlich, dass eine Pflanze, aus deren Blüten sich köstliches Lamicox keltern ließ, zugleich berauschendes und süchtig machendes Harz in sich trug. Statt von den Federn abzuperlen, wie es bei einem gesunden Keji der Fall gewesen wäre, sickerte der Dauerregen bei dem Mann hindurch und rann ihm über das Gesicht. »Bist du Ondrell?«, fragte Apehei. »Bin ich. Und du die Abosbie... Asorb... Absro...« »So ist es«, sagte sie, um ihrem Gegenüber zu ersparen, sich länger mit dem schwierigen Wort abmühen zu müssen. »Gut. Hab dich angerufen.« »Ich weiß.« Sonst wäre ich nicht hier. »Du hast gesagt, es ginge um euer Kind? Ranpui?« »Ranpui, ja. So heißt es.« »Ein ungewöhnlicher Name. Ein Junge oder ein Mädchen?« »Ja.« Und nach kurzem Zögern: »Hat Myriala ausgesucht. Den Namen, nicht das Kind. Nicht dass du denkst, wir hätten es gestohlen oder so was.« »Das denke ich nicht. Keine Sorge.« »Weiß man ja nie bei euch Städtern. Soll ich dich hinführen?« »Das wäre hilfreich.« Apehei hoffte, bei Ondrells Gefährtin auf etwas mehr Intelligenz zu treffen. Andernfalls wäre es schwierig, den beiden ihre Vorgehensweise zu erklären. Und die Vergangenheit hatte gezeigt, dass Eltern, die nicht verstanden, was sie tat, bei der Absorption eher hinderlich als hilfreich waren. Sie wurde enttäuscht. Als sie die Wohnung betrat, empfingen sie der von einer Aromaglobe nur unzureichend überdeckte säuerliche Geruch der Sucht und eine Frau, durch deren Federn an einigen Stellen die Kopfhaut schimmerte. Auch ihre Wangen und Lippen verunzierten zahlreiche dunkle Flecken. »Gut, dass du endlich kommst«, sagte Myriala. »Ranpui ist krank.« »Was fehlt eurem Kind?« »Hörst du nicht zu?« Myriala glotzte sie an, als wäre Apehei nicht bei Verstand. »Ranpui ist krank. Hab ich doch gesagt.« »Aber euch ist klar, dass ich keine Heilerin bin, sondern Absorbiererin. Ich kann nur helfen, wenn FENERIKS Atem ...« »Was weiß denn ich? Ranpui hat einen roten Ausschlag neben den Augen und ist ganz heiß. Keine Ahnung, was das für eine Krankheit ist. Aber Deslin hat gesagt: ›Myriala‹, hat er gesagt, ›wenn Ranpui mal einen roten Ausschlag neben den Augen hat und ganz heiß wird, müsst ihr gleich Apehei rufen.‹ Genau das hat er gesagt.« Apehei erinnerte sich an Deslin. Vor nicht ganz zwei Zyklen hatte sie seine Tochter vor dem Ausbrennen bewahrt. »Na schön. Das klingt nach FENERIKS Atem.« »Was soll 'n das sein?«, fragte Ondrell. »FENRICHS Atem?« Apehei schloss kurz die Augen und bemühte sich um Geduld. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass die beiden nichts dafürkonnten, wie sie waren. Welches gescheiterte Experiment der Genetischen Behörde oder welche mentale Renovierung an ihrem Mangel an geistiger Kapazität auch schuld sein mochte, Ondrell und Myriala waren Produkte der Gesellschaft der Kejis. Und somit Produkte von FENERIK. Sie hatten das gleiche Anrecht auf Leben, auf Glück und auf Hilfe wie jeder andere. Apehei trat an ein kleines schmutziges Fenster und zeigte hinaus zu den dichten Wolken, aus denen es nahezu ununterbrochen regnete. »Ihr wisst, was darüber liegt?« »Klar«, sagte Myriala. »Die Dunkelheit mit ihren Kriechblitzen. Sieht man ja immer mal durch eine Wolkenlücke. Wir sind...